Obrázky na stránke
PDF
ePub

vergebung und Vollendung in der Liebe die Hauptsache (10—15; 25–33; 41–52; 64–83). Alles wird als ein innerlicher Process vorgestellt, dem der kurz behandelte alte dogmatische Stoff als untergeordnet erscheint. Daher tritt auch der dritte Artikel in den Vordergrund; den wenigen Worten desselben ist die Hälfte des ganzen Buchs gewidmet. Schon im Aufriss zeigt sich das Neue: auf Glaube, Hoffnung und Liebe kommt Alles an, so innerlich ist die Religion (3-8). Im ersten Artikel ist keine Kosmologie gegeben, ja es wird ausdrücklich die Physik als Inhalt der Dogmatik (9. 16 f.) abgelehnt. Daher fehlt auch jede Logoslehre. Die Dreieinigkeit, als Dogma überliefert, wird in strengster Einheit gefasst; sie ist der Schöpfer. Im Grunde ist sie eine Person; die „Personen“ sind, wie uns Augustin in anderen Schriften belehrt, innere Momente in dem einen Gott; sie haben keine kosmologische Bedeutung. So hat auch die ganze Dreieinigkeit den Menschen Christus im Schosse der Maria geschaffen; der hl. Geist ist nur genannt, weil „spiritus" auch eine Bezeichnung ist für „donum dei". Alles in der Religion bezieht sich auf Gott als die einzige Quelle alles Guten und auf die Sünde; diese wird vom Irrthum unterschieden. Damit ist mit dem alten Intellectualismus gebrochen, wenn auch ein Rest desselben in der Behauptung, die Irrthümer seien sehr kleine Sünden, geblieben ist. Sofort wo an die Sünde gedacht wird, wird an die gratia gratis data, die prädestinatianische Gnade, gedacht. Sie steht der vererbten Sünde Adams gegenüber; sie macht den gebundenen Willen erst frei. Mit dem Hinweis auf die misericordia praeveniens und subsequens schliesst die Auslegung des ersten Artikels. Wie anders hätten die Worte desselben gelautet, wenn Augustin denselben hätte frei entwerfen können!

Nicht anders steht es beim zweiten Artikel. Das, was das Symbol wirklich enthält, ist ganz kurz berührt (die Wiederkunft ist nur erwähnt ohne eine einzige chiliastische Bemerkung). Dagegen treten folgende Gesichtspunkte in den Vordergrund: die Einheit der Christuspersönlichkeit als des homo, mit dessen Seele sich das Wort verbunden hat, die prädestinatianische Gnade, die diesen homo mit der Gottheit in die Einheit der Person gebracht hat, obgleich er keine Verdienste besass (daher die Parallele mit unserer Wiedergeburt), die feste Verknüpfung des Todes Christi mit der Erlösung vom Teufel, der Versöhnung und der Taufe (Sündenvergebung) einerseits, aber die Betrachtung der Erscheinung und der Geschichte Christi als der Hoheit in der Demuth und als des Vorbildes der vita Christiana andererseits. Die erlösende Bedeutung Christi (§§ 41-52 sind wieder Sünde und Erbsünde, nun

aber unter dem Gesichtspunkt der Tilgung durch die aus dem Tode Christi fliessende Taufe, behandelt) ist für Augustin ebenso stark in dieser Demuth in der Hoheit und in dem Vorbild des christlichen Lebens (s. den hl. Bernhard und Franciskus) ausgedrückt, wie in seinem Tode. Zwischen diesen beiden Gesichtspunkten wechselt er. Die Menschwerdung tritt ganz zurück oder wird unter eine Beleuchtung gestellt, die den Griechen völlig fremd war. So ist der zweite Artikel ein ganz anderer geworden.

In dem dritten Artikel ist die Unbefangenheit und Sicherheit, mit der eine immerwährende Sündenvergebung in der Kirche gelehrt wird, die Hauptsache und das Neue. Betrachtet man die Stellung der alten Kirche, Augustin's und Luther's, zu den Sünden der getauften Christen, so kann man bei äusserlicher Beurtheilung sagen, man sei immer laxer geworden, und die steigende Hervorhebung der Gnade (des religiösen Factors) sei nur ein Mittel gewesen, um den strengen Anforderungen des Evangeliums an die Moral (das christliche Leben) zu entfliehen. Diese Beurtheilung ist auch richtig, wenn man auf die grosse Menge sieht, welche den Führern gefolgt ist. Allein bei ihnen selbst waren die neuen Erkenntnisse durch eine Vertiefung des Sündenbewusstseins und eine Versenkung in die Grösse der Gnade Gottes, wie Paulus sie gelehrt, hervorgerufen. Augustin steht zwischen der alten Kirche und Luther. Die Frage der persönlichen Heilsgewissheit hat ihm noch nicht die Seele getroffen; aber die Frage, wie werde ich meiner Sünden ledig und mit Gottes Kraft erfüllt, war seine Grundfrage. Im Anschluss an das vulgär Katholische schaut er auf gute Werke aus (Almosen, Gebet, Askese), aber er fasst sie als Product der Gnade und des Willens, der unter der Gnade steht; er warnt ferner vor jedem äusserlichen Thun. Wie er alle Kultusmystik bei Seite lässt, so weiss er sehr wohl, dass mit Almosen allein nichts zu erkaufen ist, sondern dass es auf eine innere Umbildung, ein reines Herz und einen neuen Geist, ankommt. Zugleich ist er gewiss, dass auch nach der Taufe immerfort der Weg der Sündenvergebung dem Bussfertigen offen steht, und dass der die Sünde wider den hl. Geist begeht, der an diese Sündenvergebung in der Kirche nicht glaubt. Das ist eine völlig neue Deutung des evangelischen Spruches. Noch ausführlicher, als im dritten Artikel zum dritten Mal die Südenvergebung behandelt ist, ist auch das Schlussglied des Symbols (resurrectio carnis) erklärt. Aber die Hauptsache ist hier nach kurzer Erörterung des eigentlichen Themas die Prädestinationslehre und eine als 'Die Prädestinationslehre vor Augustin in der katholischen Kirche nahezu

1

Lehre ebenfalls wesentlich neue Betrachtung, die an Stelle der origenistischen Lehre von der Apokatastasis tritt die Annahme eines Zwischenzustandes und einer Läuterung der Seelen in demselben, zu welcher die Opfer und Gebete der Ueberlebenden beitragen können.

-

Die Frömmigkeit: Glaube und Liebe statt Furcht und Hoffnung; die Religionslehre: etwas höheres als Alles, was Lehre heisst, ein neues Leben in der Kraft der Liebe; die Lehre von der Schrift: die Sachen (das Evangelium, Glaube, Liebe und Hoffnung Gott); die Trinität: der eine lebendige Gott; die Christologie: der eine Mittler, der Mensch Jesus, mit dessen Seele die Gottheit sich verbunden hat, ohne dass sie es verdiente; die Erlösung: der Tod zum Besten der Feinde und die Demuth in der Hoheit; die Sacramente: das Wort neben den Zeichen; die Seligkeit: die beata necessitas des Guten; das Gute: die Seligkeit in der Abhängigkeit von Gott; die Geschichte: Gott wirket Alles nach seinem Wohlgefallen. Damit vergleiche man die Dogmatik der Griechen!'

Auch der Umfang und die Stellung des Dogmas ist durch diese Umbildung modificirt worden. Die alten Dogmen der ungetheilten Kirche wurden, eben weil sie in den Hintergrund rückten und nicht unerhört ist die Kraft seines religiösen Lebens gewesen, wie der Chiliasmus die Kraft der nachapostolischen Kirche und die Mystik die Kraft der griechischen war. Wohl hat die Prädestinationslehre bei Augustin neben der biblischen und der neuplatonischen auch eine starke religiöse Wurzel die gratia gratis data. Aber diese allein erklärt die Bedeutung nicht, welche die Lehre bei ihm gewonnen hat. Wie Alles, was in der Natur lebt und wirkt, an ein Anderes gebunden ist und sich nie in freiem Zustand findet, so giebt es auch keine destillirte Frömmigkeit. Im Gegentheil, solange wir Menschen Menschen sind, wird gerade die lebendigste Frömmigkeit am wenigsten isolirt und frei sein. Nur der Dogmatiker vermag eine solche zu construiren. Aber die Geschichte lehrt, dass alle grossen religiösen Persönlichkeiten ihren Heilsglauben mit Ueberzeugungen unauflöslich verbunden haben, die dem reflectirenden Verstand als ungehörige Zugaben erscheinen. In der Geschichte des Christenthums sind es die drei genannten der Chiliasmus, die Mystik, die Prädestinationslehre. An diesen Rinden ist der Glaube gewachsen, wie der Saft der Pflanze nicht in der Mitte des Stammes strömt, sondern an der Peripherie, wo Stamm und Rinde sich treffen. Entblösst den Baum, und er wird vertrocknen! Daher ist es zwar wohl gemeint, aber thöricht, wollte man annehmen, Augustin hätte es besser gemacht, wenn er seine Lehre ohne die Prädestinationslehre vorgetragen hätte.

Eine ausgezeichnete Vergleichung zwischen Origenes und Augustin findet sich bei Bigg, The Christian Platonists p. 284-290. Er hat die Widersprüche in Augustin's Lehre von dem Urstand, der Erbsünde und der Gnade scharf hervorgehoben, aber auch den Fortschritt Augustin's über Origenes nicht verkannt. Entwickelt man Augustin's Lehre von der Prädestination aus, dann hat Bigg Recht, wenn er sagt: „Aug. system is in truth that of Gnostics, the antecestors of the Manichees. For it makes no real difference whether our doom is stamped upon the nature given to us by our creator, or fixed by an arbitrary decree."

mehr der Ausdruck der Frömmigkeit selber waren, starrer; sie empfingen mehr und mehr den Charakter einer Rechtsordnung. Die neuen Dogmen (die Sünden- und Gnadenlehren) dagegen, in denen die Frömmigkeit lebte, erhielten in ihrer positiven Ausgestaltung noch nicht die Stellung und den Werth der alten, wie sie auch nicht in runden Formeln ausgeprägt wurden. Somit wurde durch Augustin die Kirchenlehre in der Dogmengeschichte nach Umfang und Bedeutung unsicherer. Sie wurde einerseits in das Evangelium selbst zurückgeführt, andererseits grenzte sie sich nun viel weniger scharf als früher gegen die Theologie ab, da den neuen Gedanken die sichere Formulirung fehlte. Um das alte Dogma, welches sich in erstarrter Giltigkeit behauptete, bildete sich ein grosser unsicherer Kreis von Lehren, in welchem die wichtigsten Glaubensgedanken lebten, und der doch von Niemandem überschaut und festgefügt werden konnte. Das ist der Zustand des Dogmas im Mittelalter. Neben der Erstarrung beginnt bereits der Process der inneren Auflösung.

Unter den Stürmen der Völkerwanderung, unmittelbar bevor die Macht der Barbarei einbrach, hat Gott der Kirche einen Mann geschenkt, der geistliche Dinge geistlich gerichtet und die Christenheit gelehrt hat, was christliche Frömmigkeit sei. Soweit wir zu urtheilen vermögen, wären die jungen germanisch-romanischen Völker völlig unfähig gewesen, das ihnen als Gesetz und Kultus in festen Formeln überlieferte Kirchenthum, die damalige christliche Religion, je sich innerlich anzueignen und von der Schale bis zum Kerne vorzudringen, wenn ihnen nicht mit diesem Kirchenthum Augustin überliefert worden wäre. Den Muth, die Kirche, und die Kraft, sich selber zu reformiren, haben sie aus Augustin geschöpft, oder vielmehr aus dem Evangelium unter Anleitung Augustin's.

Fünftes Capitel: Geschichte des Dogmas im Abendland bis zum Beginn des Mittelalters (von 430-604).

Welchen Antheil in diesem Zeitraume das Abendland an den christologischen Streitigkeiten des Morgenlandes genommen, welchen hohen Aufschwung das Papstthum durch die Nachfolger des Damasus, ferner durch Leo I. und seine Nachfolger erhalten hat, wie es im 6. Jahrhundert in die ostgothisch-byzantinischen Wirren hineingezogen worden

1

1 Der Widerstand der Pelagianer und Genossen war auch ein Widerstand gegen neue Dogmenbildung überhaupt. Ganz wie einst die Eusebianer im arianischen Kampf, haben sie sich auch aus formellen Gründen gegen die neue Dogmenbildung der nordafrikanischen Kirche gesträubt.

und in ihnen (unter Justinian) nahezu untergegangen ist, wie das 5. Concil einen Riss im Abendland hervorgerufen und die Stellung des Papstthums erschüttert hat, wie es aber durch Gregor I. seine Bedeutung wiedergewonnen und verstärkt hat, das ist, soweit es für die Dogmengeschichte von Bedeutung, in dem II. Bande unseres Werkes dargestellt worden. Ebendort ist auch der wichtigen Schrift gedacht, in welcher Vincentius von Lerinum, auf den Schultern Augustin's stehend, die antiquitas catholicae fidei, d. h. den katholischen Traditionsbegriff, dargestellt hat 3. Das ganze Abendland wurde in unserer Periode 1 Freilich musste Gregor das 5. Concil nahezu preisgeben.

2 Das Papstthum hat seit den Tagen des Damasus bis zum Ende des 5. Jahrhunderts den grössten Aufschwung genommen: damals hat es sich entschieden, dass der Primat eine bleibende Institution der katholischen Kirche werden sollte. Der Aufschwung ist eine Folge davon gewesen, dass in jenem Jahrhundert mehrere ganz besonders befähigte, geschickte und thatkräftige Bischöfe den Stuhl des hl. Petrus besessen haben. Allein in noch weit höherem Masse haben die äusseren Verhältnisse den Fortschritt bedingt. Die wichtigsten seien hier genannt: 1) Die dogmatischen Wirren im Orient gaben den Päpsten Gelegenheit als Schiedsrichter aufzutreten, resp. die „dem Stuhle des hl. Petrus eigenthümliche“ Lehrcorrectheit in hellem Lichte strahlen zu lassen. 2) Das untergehende weströmische Kaiserthum stützte sich zuletzt (s. die ep. Valent. III. an Leo I.) auf den römischen Bischof; als es versank, war dieser der natürliche Erbe desselben, da die politische Centralgewalt im Westen dahin war und der byzantinische Kaiser nicht die Gewalt, der germanische Bandenführer nicht das Ansehen hatte, sie herzustellen. 3) Die Stürme der Völkerwanderung trieben die Katholiken der abendländischen Länder, welche von Arianern besetzt wurden, in die Arme Roms; geschah dies nicht sofort, so hörte doch der Widerstand dort auf, den die Provinzen, besonders Nordafrika, gegen die Ansprüche des römischen Bischofs früher geleistet hatten. 4) Die Patriarchatsverfassung hat sich niemals im Abendland durchgesetzt; damit war die Entwickelung zur Primats verfassung für die Zukunft sichergestellt. 5) Die Auseinandersetzungen mit der politischen Gewalt Ostroms und des dortigen Hof bischofs nöthigten die römischen Bischöfe, ihre besondere Stellung, die sie der Welthauptstadt verdankten, jetzt ganz und gar von der geistlichen (apostolischen, petrinischen) Würde abzuleiten, um nicht gegenüber Konstantinopel den Kürzeren zu ziehen. Aber diese ausschliessliche Fundamentirung des römischen Stuhls auf Petrus war in einer Zeit, wo alles Politische schwankte oder zusammenbrach, das Religiöse aber respectirt wurde, die sicherste Grundlage. Selbst der Gedanke der politischen Souveränetät, soweit ein solcher Gedanke im römischen Reich überhaupt aufkommen konnte, scheint den Nachfolgern Leo's aufgedämmert zu sein. Jedenfalls stand das Papstthum am Ende des 5. Jahrhunderts so fest, dass selbst die Stürme des 6. Jahrhunderts es nicht mehr zu entwurzeln vermochten. Dass im Abendland (ausserhalb Roms) die Theorie des römischen Bischofs (nach Mtth. 16) nur langsam Anerkennung fand, und dass man sich selbständig zu halten versuchte, soweit die Noth es gestattete, soll ausdrücklich bemerkt sein. Die Theologen wussten nur davon, dass der römische Bischof die kirchliche Einheit repräsentire, und stimmten der päpstlichen Schlussfolgerung, dass Rom die Kirche zu leiten habe, nicht zu. 9 Bd. II S. 105 ff.

[ocr errors]
« PredošláPokračovať »