Obrázky na stránke
PDF
ePub

und dogmatische Bemühung des Hippolyt scheint für das Abendland von Anfang an und völlig verloren gewesen zu sein.

Aber auch Tertullian hat sich durch seinen Montanismus schliesslich um die directe Wirksamkeit in der Kirche gebracht. Das, was er erarbeitet hat, ging auf Cyprian über und ist von diesem, freilich mit starken Verkürzungen und Abschwächungen, in Curs gesetzt worden. Cyprian wurde für die Zeit von 260 bis Ambrosius, ja eigentlich bis Augustin und Hieronymus, der lateinische Kirchenschriftsteller xat' èέoxýv. Alle die bekannten und unbekannten lateinischen Schreiber neben und nach ihm haben nur eine beschränkte Wirkung gehabt: Cyprian hat die folgenden 120 Jahre der abendländischen Kirche als erbaulicher und normativer Schriftsteller beherrscht wie ein Souverän. Seine Autorität stand dicht neben der der hl. Schriften, und sie dauerte noch zu Augustin's Zeit fort1.

Einen eigenen theologischen Gedanken hat Cyprian kaum gehabt; denn auch die Schrift de unitate ecclesiae" ruht auf Gesichtspunkten, die theils den älteren katholischen Vätern entnommen, theils von der römischen Kirche, in der sie heimisch waren, entlehnt sind. In der höchst massgebenden Schrift „de opere et eleemosynis" sind die tertullianischen Gedanken von dem Verdienst und der Satisfaction streng ausgebildet und fast ohne Rücksicht auf die Gnade Gottes in Christo der Busspraxis zu Grunde gelegt. Das ist vielleicht überhaupt die höchste Bedeutung Cyprian's, dass er, durch die Folgen des decianischen Sturmes bestimmt, das, was nachmals Busssacrament genannt worden ist, begründet hat freilich mehr von den Verhältnissen geschoben als sie

Schriften sind sehr alt und für die Kenntniss des alten lateinischen Christenthums wichtig. Ich habe das an dem Tractat de aleatoribus dargethan (Texte und Unters. V, 1); aber man lese auch die Schrift „de duobus montibus", um ein Bild von der theologischen Einfalt und dem Archäistischen dieser Lateiner zu gewinnen. Und doch ist dem Verfasser der genannten Abhandlung die Formulirung gelungen (c. 9): ,,Lex Christianorum crux est sancta Christi filii dei vivi.“ Am lehrreichsten sind die Instructionen Commodian's. Charakteristisch ist für diese ganze Litteratur der grosse Einfluss des Hirten des Hermas und demgemäss auch die Richtung des Interesses auf die Kirche. Fort und fort beschäftigten sich auch die ungebildeten Schriftsteller mit ihr; s. das karthag. Symbol: „credo remissionem peccatorum per sanctam ecclesiam."

1 S. einen kurzen Nachweis hierfür in meinen Texten und Unters. V, 1 S. 2. Für die Bekanntschaft auch des Orients mit Cyprian hat Pitra in den Analecta Sacra neues Material beigebracht. Die unvergleichliche Autorität Cyprian's im Occident wird vornehmlich durch Lucifer, Prudentius, Optatus, Pacian, Hieronymus, Augustin und das Mommsen'sche Verzeichniss der hl. Schriften bezeugt. Der Stuhl von Karthago hiess in der Folgezeit „cathedra Cypriani“, wie der Stuhl von Rom cathedra Petri". Optat. I, 10,

beherrschend und dazu römischen Einflüssen nachgebend, die schon seit Calixt in dieser Richtung wirkten. Die Herrschaft der Hierarchie in der Kirche auf den Gebieten des Sacraments, des Opfers und der Disciplin hat er festgestellt, den Episkopalismus besiegelt, die Auffassungen von einem Rechtsverhältniss des Menschen zu Gott, von dem Gnadenmittel der Busswerke, von den satisfactorischen Sühnleistungen des Christen eingebürgert, auch schon die klerikale Sprache geschaffen mit ihrer feierlichen Würde, dem kaltblütigen Zorn und dem Missbrauch biblischer Worte zur Deutung und Kritik der Zeitverhältnisse - eine Umbildung des tertullianischen Sprachgeistes. Das Interesse, welches Tertullian an der antignostischen Theologie genommen hat, hat Cyprian keineswegs geerbt. Er ist, wie alle grossen Kirchenfürsten, Theologe, nur soweit er Katechet ist. Um so fester hält er an dem Symbolum und weiss in wenigen Worten seinen unzweifelhaften Inhalt anzugeben und es auch gegen verwandte Richtungen, wie die des Novatian, geschickt zu kehren.

Das hatte man von Rom gelernt, wo man schon seit dem Ende des 2. Jahrhunderts gegenüber den bunten Lehrmeinungen einwandernder morgenländischer Christen das „apostolische" Symbolum mit Virtuosität und Tact handhabte. Die römischen Bischöfe des 3. Jahrhunderts haben sich nicht auf dogmatische Dispute eingelassen; die beiden einzigen, die es versuchten und der Kirche unzweifelhaft grosse Dienste geleistet haben, Hippolyt und Novatian, haben sich die Sympathien des Klerus und der Majorität nicht erhalten können. Man lebte als Christ im Abendland nicht im Dogma, sondern man war der kurzen „lex" gehorsam, die das Symbol darstellte', imponirte dem Morgenland durch die Sicherheit, in der man, wenn es nöthig war, in dogmatischen Fragen Stellung nahm, einem eigenen, von Tertullian gebildeten und von Novatian ausgeführten Schema in der Trinitätslehre und der Christologie folgend, und arbeitete daneben an der Befestigung des Kirchen

1

Welche Verdrehungen man sich erlaubte, um den Christen als an die „lex“ gebunden darzustellen, zeigt z. B. die Ausführung in der pseudocyprianischen Schrift de XII abusiris saeculi c. 12: „dum Christus finis est legis, qui sine lege sunt, sine Christo sunt; igitur populus sine lege populus sine Christo est." Dem gegenüber sind Erkenntnisse wie die, welche Tertullian beiläufig (de spect. 2) ausspricht, dass der natürliche Mensch „deum non novit nisi naturali iure, non etiam familiari" ohne Wirkung geblieben.

S. darüber Bd. I S. 511f. 543 f. und im II. Bd. an verschiedenen Stellen; vgl.

Reuter, Augustin. Studien S. 153-230. Da die Einsicht in den straffen Zusammenhang des Heilsguts (apdapoia) und der Menschwerdung dem Abendland nie ganz aufgegangen ist, so ist ein rationalistisches Element in Bezug auf die Person Christi, welches sich dann im Pelagianismus völlig enthüllt hat, hier stets vorhanden

wesens, an der Ausbildung einer erfüllbaren kirchlichen Sittenregel, sowie an der Disciplinirung und Erziehung der Gemeinde durch den Gottesdienst und die Bussordnungen'. Wie man hier Strenge und Milde zu paaren verstand, die Christenheit gegen die Welt abgrenzte, aber ein Leben in der Welt ermöglichte und selbst den gröbsten Sündern noch nachging, zeigen die Kanones von Elvira. Ein geschlossenes, fast militärisch organisirtes Kirchenwesen war die Folge. An seiner Spitze stand der römische Bischof, der trotz des in abstracto gleichen Rechtes aller Bischöfe doch eine einzigartige Stellung einnahm, nicht nur als Repräsentant, sondern auch als wirksamer Vertreter der kirchlichen Einheit, die jedoch durch den Novatianismus, dann durch den Donatismus, schwer erschüttert wurde.

Als Konstantin der Kirche Duldung und Privilegien verlieh und den freiesten Verkehr der Landeskirchen ermöglichte, war Rom bereits wieder eine lateinische Stadt, die römische Gemeinde eine völlig lateinische geworden, und auch sonst im Abendland war das einst so mächtige griechische Element zurückgetreten. Man wusste es allerdings dort nicht anders, als dass man mit dem Morgenland eine Kirche bilde; man war auch wirklich in den Grundgedanken der Lehre von Gott, von Christus und vom ewigen Heil mit der Richtung des Morgenlandes, welche Athanasius vertrat, einig. Aber die Interessen gingen doch vielfach auseinander und factisch verstand man sich wenig mehr, zumal seitdem im Morgenland die kappadocische Orthodoxie zum Siege kam. Die Schwächung der Centralgewalt hatte seit der Mitte des 3. Jahrhunderts alle Provinzen wieder sich selbst zurückgegeben und damit das Nationalitätsprincip entbunden, welches überall zu einer völligen Reaction des Particularismus geführt hätte, wenn nicht einzelne kraftvolle Regenten, die Völkerwanderungen und die Kirche diesem einen Damm entgegengesetzt hätten, der sich freilich im Morgenland schliesslich als zu schwach erwies.

Die grossen dogmatischen Kämpfe waren es, welche die Landeskirchen nöthigten, über ihre eigenen Grenzen zu blicken. Aber die Theilnahme des Westens für den Osten in umgekehrter Richtung hat sich nie ein lebendiges Interesse entwickelt ist keine allgemeine gewesen. Das Abendland hat sein eigenes Schema in Bezug auf Christus erst vollendet, nachdem es die in der Bussdisciplin gewonnenen Auffassungen auf das Werk Christi übertragen hatte. Das ist aber sehr allmählich geschehen.

1 Sehr lehrreich sind auch hier die Instructionen Commodian's.

2 Eine Ausnahme von kurzer Dauer bildet das Interesse der Antiochener für das abendländische Schema der Christologie im eutychianischen Streit; s. die Briefsammlung des Theodoret und seinen Eranistes, sowie die Werke Theodor's von Mopsueste.

und natürliche mehr gewesen. Sie ist in der Regel aus zeitweiligen Nöthigungen oder aus herrschsüchtigen Absichten entsprungen. Dennoch ist sie von unsäglicher Bedeutung für die abendländische Theologie geworden; denn auf Grund der Beziehungen mit dem Orient, in welche der arianische Kampf die abendländische Kirche brachte, sind abendländische Christen dazu geführt worden, sich zwei grosse Erscheinungen der morgenländischen Kirche näher zu betrachten, die wissenschaftliche (origenistische) Theologie und das Mönchthum.

Es mag nun gleich hier gesagt sein, dass die so entstandene Berührung und Beeinflussung schliesslich den Geist und die Richtung der abendländischen Kirche im Tiefsten nicht verändert haben. Sofern eine dauernde Veränderung im 5. Jahrhundert eingetreten ist, ist sie nicht von hier abzuleiten. Aber als Einschlag kann das Capital und der Impuls, den man vom Orient erhielt, nicht hoch genug gewerthet werden. Man braucht nur die Schriftstellerei der von den Griechen nicht beeinflussten lateinischen Theologen mit der des Hilarius, Victorinus Rhetor, Ambrosius, Hieronymus, Rufin und der von ihnen abhängigen Schriftsteller zu vergleichen, um den ungeheuren Abstand zu erkennen. Die exegetisch-speculative Wissenschaft der Griechen wurde in das Abendland importirt, dazu das Mönchthum und das Ideal gottinniger Virginität als die praktische Anwendung dieser Wissenschaft".

[ocr errors]

Für beides war das Abendland nicht disponirt, und da Veränderungen der Regeln für das praktische Leben sich immer am schwersten durchsetzen, kostete die Einbürgerung des Mönchthums erbitterte Kämpfe. Aber bei den geistigen Führern des Abendlandes setzte sich das Ideal der Virginität in dem Sinne des Liebesbundes mit Christus sehr bald durch (schon früher Cypr. de hab. virg. 22: „virginibus nec maritus dominus, dominus vester ac caput Christus est ad instar et vicem masculi“) und gewann durch Ambrosius dieselbe Bedeutung für das Abendland, die es für das Morgenland durch die Auslegungen des Hohenliedes (Origenes) und durch Methodius gewonnen hatte. Ja, erst im Abendlande wurde das Ideal so zu sagen individualisirt und erzeugte eine Fülle von Formen, in denen es sich mit der

1

3

1 Z. B. des Lucifer, soweit er den Griechen nicht einfach nachspricht; s. über seine Theologie" die Monographie Krüger's 1886.

2

1 S. Jovinian und Vigilantius, sowie die Kämpfe des Mönchthums in Spanien und Gallien (vgl. die Werke des Sulpicius Severus).

Früher hiess es von der Kirche (Cypr., de unit. 6): „sponsa Christi, unius cubiculi sanctitatem casto pudore custodit." Später wurde dieser unschöne Gedanke auf die einzelne Seele übertragen und damit der erotische Spiritualismus erzeugt.

[ocr errors]

passionirten Christusliebe vermählte oder diese hervorrief1. Die theologische Wissenschaft der Griechen liess sich nicht einbürgern, selbst wenn der Moment minder ungünstig gewesen wäre gerieth ihr Ansehen ja doch gerade damals im Orient selbst ins Schwanken, nachdem die Kappadocier auf kurze Zeit Glauben und Wissen versöhnt zu haben schienen. Wo man sich einmal gewöhnt hat, einen Complex von Gedanken als unverbrüchliches Gesetz, als Rechtsordnung, anzusehen, da ist es nicht mehr möglich, für ihn dauernd die innere Theilnahme zu erwecken, welche an den Gebieten haftet, in denen das geistige Leben sich abspielt, und wenn es wirklich gelingt, ihm eine gesicherte Stellung zu verschaffen, so nimmt doch seine Behandlung einen anderen Charakter an: man ist ihm gegenüber unfrei. In der That ist das Abendland dem eigentlichen Dogma gegenüber stets unfreier gewesen als das Morgenland in der klassischen Zeit der kirchlichen Theologie. Man dachte im Abendland über und hin und her wider das Dogma; aber in demselben dachte man wenig.

Allein wie gross ist doch das Capital, welches die Griechenschüler, vorzüglich Hilarius, Ambrosius und Hieronymus, dem Abendland aus dem Orient gerettet haben zu einer Zeit, da die griechische Sonne den Westen bereits nicht mehr erwärmte! In dem, was sie an philosophischen, historischen und theologischen Elementen in das Abendland übergeführt haben, liegt auch eine der Wurzeln Augustin's. Er hat von dem Schüler der Kappadocier, Ambrosius, exegetischspeculative Wissenschaft gelernt und sich nur mit ihrer Hülfe aus dem Manichäismus befreit. Er hat sich in der neuplatonischen Philosophie der Griechen heimisch gemacht, und hier sind ihm die Werke eines anderen Griechenschülers, des Victorinus Rhetor, zu Hülfe

1 S. die Ausführungen Bd. II S. 9 ff. Den lateinischen Schriftstellern am Ende des 4. Jahrhunderts ist die Vorstellung des Methodius ganz geläufig, dass in jedem Christen Christus geboren werden muss, und dass man sich nur so das Erlösungswerk aneignen kann. So singt Prudentius: „Virginitas et prompta fides Christum bibit alvo cordis et intactis condit paritura latebris." Ambrosius, Exposit. in ev. sec. Luc. 1. II c. 26: „Vides non dubitasse Mariam, sed credidisse et ideo fructum fidei consecutam ... Sed et vos beati, qui audistis et credidistis; quaecunque enim crediderit anima et concipit et generat dei verbum et opera eius agnoscit. Sit in singulis Mariae anima, ut magnificet dominum; sit in singulis spiritus Mariae, ut exultet in deo. Si secundum carnem una mater est Christi, secundum fidem tamen omnium fructus est Christus. Omnis enim anima accipit dei verbum, si tamen immaculata et immunis a vitiis intemerato castimoniam pudore custodiat.“ 2 Von dem älteren Vermittler griechischer Exegese, Victorin von Pettau, ist abzusehen, da bei ihm trotz aller Abhängigkeit von Origenes der lateinische Geist die Oberhand hatte und auch seine Wirksamkeit eine beschränkte gewesen zu sein scheint.

« PredošláPokračovať »