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vertheidigte sich vor Karl1, soll aber schliesslich widerrufen haben, da alle Bischöfe seine Lehre als Irrthum bezeichneten. Der Widerruf ist zwar mehrfach bezeugt, aber doch nicht über jeden Zweifel erhaben, da wir hören, dass Felix nach Rom geschickt und dort so lange vom Papst gefangen gehalten worden ist, bis er sich herbeiliess, ein orthodoxes Bekenntniss zu beschwören. Er kehrte nun nach Spanien (in sein Bisthum?) zurück, sagte sich aber bald von dem erzwungenen Widerruf los und begab sich nach Toledo, um sich der fränkischen Censur zu entziehen. Der Versuch Alcuin's, durch ein sehr freundliches Schreiben, das den Geist Augustin's athmete, den hochgeschätzten Bischof für die Kirche wiederzugewinnen (793), kreuzte sich vielleicht mit dem Unternehmen der Häupter des Adoptianismus, durch eine Encyklica an die Bischöfe des Frankenreichs und einen Brief an Karl auf dem Wege von Vorstellungen, zugleich eine neue Untersuchung erbittend, ihre Lehre in der Kirche zu behaupten. Elipandus sieht noch immer in dem gemästeten" Beatus seinen Hauptgegner, der sein Gift der Kirche eingeträufelt und die Bischöfe verführt habe; er beschwört den Kaiser um gerechtes Gericht: er möge den Felix wieder einsetzen und sich den Abfall Konstantin's zum Arianismus zur Warnung dienen lassen; die Irrlehre, die jetzt durch Beatus der ganzen Kirche drohe, sei nichts geringeres als die Leugnung, dass Christus sein Fleisch aus der Jungfrau angenommen habe. Auf der glänzenden Frankfurter Synode liess Karl eine neue Untersuchung vornehmen (794), nachdem er an den Papst berichtet hatte. Gelehrte Bischöfe und Theologen waren von allen Seiten zusammengerufen. In zwei Synodalschriften (die italienischen Bischöfe unter Paulin von Aquileja votirten besonders) verwarf die Versammlung den Adoptianismus. Dasselbe that eine gleichzeitig zu Rom versammelte Synode. Alle diese Beschlüsse übersandte Karl mit einem eigenen Brief an Elipandus. Dem Streit hier weiter nachzugehen, hat kein Interesse, da neue Momente nicht hervortraten. Man hat aber den Eindruck,

'Der König hat in dem Streit das volle Gefühl der Verantwortlichkeit als christlicher König in Verbindung mit einem hohen Streben nach Gerechtigkeit bewiesen. Die Thesen seiner Theologen überzeugten ihn wirklich. Diese haben ihn als Beschützer des Glaubens, als David und Salomo, hoch gefeiert. Alcuin adv. Elipand. I, 16 (vom Könige): „catholicus in fide, rex in potestate, pontifex in praedicatione, iudex in aequitate, philosophus in liberalibus studiis, inclytus in moribus (?), et omni honestate praecipuus." Ep. 100 ad domnum regem: „hoc mirabile et speciale in te pietatis dei donum praedicamus, quod tanta devotione ecclesias Christi a perfidorum doctrinis intrinsecus purgare tuerique niteris, quanta forinsecus a vastatione paganorum defendere vel propagare conaris. His duobus gladiis vestram venerandam excellentiam dextra laevaque divina armavit potestas."

Harnack, Dogmengeschichte III.

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dass im saracenischen Spanien und der angrenzenden Provinz der Adoptianismus bis gegen 799 Fortschritte gemacht hat. Selbst das persönliche Wirken berühmter Lehrer wider denselben (Benedict von Aniane, Leidrad von Lyon) hatte zuerst wenig Erfolg. Aber das fränkische Spanien konnte sich doch nicht dem Einfluss des ganzen Reiches entziehen, ja es gelang schliesslich, den Felix selbst auf der Synode zu Aachen (799) wiederum zum Widerruf zu bewegen. In dieser Zeit war neben Paulin1 Alcuin unermüdlich in zum Theil umfangreichen Schriften gegen die Häresie thätig (libell. adv. Felic. haer., IV lib. adv. Elipandum, VII lib. adv. Felic.). Es ist interessant zu sehen, wie dieser Angelsachse, der Schüler Beda's, in der Christologie ganz von den Griechen abhängig ist.und hier die augustinische Tradition verlassen hat. Durch die Romanisirung Englands waren sowohl Augustin als die griechisch-römische speculative Theologie dort heimisch geworden. Aber in den Fragen, über die sich die Griechen überhaupt geäussert, erschienen sie doch noch immer als die ehrwürdigeren, zuverlässigeren und gelehrteren. Sie waren die Vertreter der sublimen Theologie des Geheimnisses der Menschwerdung". Die Lateiner waren im Grunde nur so weit zu berücksichtigen, als sie mit den Griechen stimmten. Wie gross ist doch das imponirende Ansehen und die Macht einer älteren Kultur, und wie zwingend ist jeder Fortschritt", den sie erlebt, auch wenn derselbe unmerklich in ein Raffinement übergeht, welches eine neue Barbarei heraufführt! Was Alcuin ausführt, könnte ebenso gut bei Cyrill, Leontius oder Johannes Damascenus stehen, ist zum Theil wirklich genau so dort zu finden: Christus ist der persönliche Gott-Logos, der die unpersönliche Menschennatur an sich genommen und in die volle Einheit seines Wesens verschmolzen hat. Mithin ist Christi Menschheit, auch abgesehen von der Sünde, keineswegs der unseren in allen Stücken gleich, sondern von ihr sehr verschieden. Da sie die Eigenschaften der Gottheit erhalten hat, so ist alles menschlich-Beschränkte, was sich im Leben Jesu zeigt, freiwillige Uebernahme, resp. Accommodation, Pädagogie oder Schein. Mit den Berichten der Evangelien räumt Alcuin ebenso gründlich auf, wie die monophysitischen und die kryptomonophysitischen Griechen. Christus war für diese Frömmigkeit in keinem Sinn mehr menschliche Person, ja die Frömmigkeit empfand sich schwer verwundet, wenn ihr vorgehalten wurde, sie solle sich ein wahrhaft menschliches Bewusstsein in Christus denken. Nicht nur die Zerreissung des einen Christus, sondern vielmehr die An

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1 S. über seine Polemik Bach S. 121 ff.

2 Vor Allem gilt das von Cyrill.

wendung solcher Kategorien auf ihn, die für die Gläubigen galten, wurde als blasphemisch abgelehnt'. In der That ist es richtig, dass der Glaube an Christus als den Erlöser kein Interesse daran hat, das breit auseinanderzulegen, worin Christus uns gleichartig ist. Allein die

1S. die Analyse der Christologie Alcuin's bei Bach S. 128 ff. Alcuin will zeigen, dass 1) alle Aussagen der Schrift und der Väter über Christus die concrete Person in beiden Naturen zum Subject haben, dass 2) der Begriff der adoptio weder in der Schrift noch bei den Vätern sich finde, somit neu und falsch ist, dass 3) die adoptianische Theorie widerspruchsvoll sei und den Glaubensgrund stürze. Er sucht zu zeigen, dass die adoptio, wenn sie etwas Anderes bedeuten soll als assumptio, zur Häresie führe. Die Assumption soll eben das Naturverhältniss ausdrücken, in welches die Menschheit durch die Incarnation zur Gottheit getreten ist und welches durch die adoptio, die ein Gnadenverhältniss bezeichne, aufgehoben wird. Wohl redet auch Alcuin davon (nach Augustin), dass in Christus die Gnade gewesen sei, denn sie schliesst das natürliche Sohnesverhältniss nicht aus, wie die adoptio es thut. Das stärkste Argument Alcuin's liegt aber darin, dass er die passive Adoption desshalb für unmöglich erklärt, weil ja der Menschensohn, bevor er wirklicher Gottessohn war, überhaupt nicht da war. Weder er noch Paulin denken daran, dass der Mensch Christus vor dem Gottmenschen Person gewesen sei. Er hat ja seine Person von Anfang an an dem Gottessohn gehabt. Denkt man also abstract, so darf man nicht an einen homo Christus denken, der vor der Menschwerdung da war, sondern an die menschliche Natur, die erst durch die Assumption Person geworden und zwar sofort zu einem wesentlichen Bestandtheil der Person des Gottmenschen geworden ist. Daher ist diese Natur auch abgesehen von der Sünde der unsrigen unendlich überlegen und unähnlich. Daher ist die Agnoëtenlehre, gegen die übrigens auch schon Gregor I. in Briefen scharf zu Felde gezogen ist, zu verwerfen; darum ist die Knechtsgestalt des Gottessohnes in jeder Hinsicht anbetungswürdig, weil sie nicht naturnothwendig war, sondern in jedem Act frei übernommen. Also hatte Christus weder die Taufe, noch die Adoption nöthig und ist auch als Mensch kein gewöhnliches Geschöpf, sondern immer der Gottmensch. „Es behielt der Gottmensch trotz der Assumption der menschlichen Natur die eine Proprietät in der Person des Sohnes bei." Die Menschheit ist nur wie ein Unpersönliches zu dieser Einheit der Person des Gottessohnes hinzugekommen, und es blieb dieselbe Proprietät in zwei Naturen im Namen des Sohnes, welche ehedem in einer Substanz war". Aber sehr ungeschickt ist es, wenn Alcuin hinzufügt (c. Felic. II, 12): in adsumtione carnis a deo persona perit hominis, non natura"; denn er nahm ja gar nicht an, dass vorher eine „persona hominis" bestanden hat. Man kann diesen lapsus nur daraus erklären, dass Alcuin noch nicht jede Erinnerung an Augustin's Christologie durch die cyrillische bei sich ausgetilgt hat. Mit Recht bemerkt Bach S. 136f. (gegen Dorner), dass kein einziger Gegner der Adoptianer daran gedacht hat, „dass die Persönlichkeit zur Vollständigkeit des menschlichen Wesens gehöre, sondern dass sie das entschiedene Gegentheil (wie er, Bach, selbst) gelehrt haben". Bach's eigene Erklärung der obigen Stelle, die nur als lapsus verständlich ist, ist übrigens ganz unrichtig. Er will unter persona „die Person des Menschen als solchen, der humanitas, und nicht des Menschen Christus" verstehen.

Epist. ad. Carol. M.: „Quid enim prodest ecclesiae dei Christum appellare adoptivum filium vel deum nuncupativum ?"

Adoptianer hatten doch innerhalb der Gleichartigkeit, die sie geltend machten, ihn als das Haupt der Gemeinde bezeichnet und einen Weg nachgewiesen, auf dem man den homo Christus als Erlöser und Fürsprecher erfassen könne1. Aber wie heute, so hatte das schon damals bei solchen keinen Credit, die einmal in die Mysterien eingeweiht waren. Wer an dem Taumelkelch jener Mystik, die da verheisst, alles werthlose Gestein in Gold zu verwandeln, auch nur genippt hat, der sieht überall das Geheimniss der Vergottung, und so leicht ruft dann kein Wachender den Träumenden ins Leben zurück 2. Denn das ist das letzte Interesse dieser Speculation: aus der Verwandelung der unpersönlichen Menschensubstanz ins Göttliche (bei Christus) die gottmenschlichen Genussmittel im Diesseits abzuleiten. Schon bei Beatus entpuppt sich die realistische Abendmahlsauffassung als ein entscheidendes Motiv gegen den Adoptianismus, und auch bei Alcuin ist dasselbe nachzuweisen. So hängt die christologische Controverse mit den magischen Vorstellungen vom Abendmahl als dem Centrum der kirchlichen Lehre und Praxis eng zusammen. Um so lehrreicher ist es, dass, wie wir sehen werden, an

1 Die Ausführungen Felix' über den Menschen Christus als sacerdos, sacrificiam, caput ecclesiae sind augustinisch, ja zum Theil präciser als bei Augustin. Beachtenswerth ist, welche Rolle im Streit der Gedanke Christi als des Haupts der Gemeinde spielt. Man ist darauf nicht gefasst, wenn man von der älteren Ueberlieferung herkommt. Die stärkere Betonung Christi als des Priesters und Opfers ist bereits durch die Alles beherrschende Rücksicht auf die Messe bestimmt.

2 Weil dieses pseudo-christliche Interesse von dem Adoptianismus nicht corrigirt worden ist, so musste er ebenso eine Halbheit bleiben, wie der Nestorianismus. Das ist der letzte Grund seines schnellen Todes. Adoptianismus und eucharistischer Christus passen nicht zusammen.

8 S. Bach S. 119 f. Beatus hat, wie Cyrill, darauf hingewiesen, die concrete Einheit der Person Christi erweise sich darin am klarsten, dass man ja in dem Abendmahl den ganzen Christus anbete, und dass das Fleisch Christi Princip des ewigen Lebens sei. Wofür die Gegner der Adoptianer im letzten Grunde gestritten haben, das hat Bach S. 120 als seine eigene Meinung in trefflichen Worten entwickelt: „Mit einem tiefrealistischen Blicke weisen Beatus und Eterius im Gegensatz zur Aeusserlichkeit des Elipandus auf die centrale Bedeutung Christi im gesammten ethisch-sacramentalen Wesen des Christenthums und im sittlich freien Leben der Menschheit hin. Es ist das organisch-physische Verhältniss Christi zur Menschheit und die Physiologie der Gnade in ihrem inneren Verhältniss zur menschlichen Freiheit damit angedeutet, welche in dem concreten Gottmenschen ihre Lebenswurzel hat. Ein getrennter Christus kann nicht neues physischethisches Lebens ferment der Menschheit sein." Dieser materialistische Spuk nennt sich leider auch im Protestantismus Christenthum.

* Bei ihm und Paulin freilich nur in unbedeutenden Ansätzen, wesshalb Bach den Paulin „minder tiefsinnig und gründlich wie Beatus nennt. Wie die Speculation zu diesem gekommen ist, weiss man nicht.

die Bilder noch nicht gedacht ist, während doch der Orient schon längst bei seiner kryptomonophysitischen Christologie ebensowohl diese als das Abendmahl im Auge hatte. Hier ist die angelsächsisch-fränkische Kirche hinter ihrem Führer noch zurückgeblieben".

Felix wurde in Lyon bei Leidrad internirt. Die Zurückführung der fränkischen Adoptianer machte jetzt grosse Fortschritte, und Felix selbst musste seine Gemeinde ermahnen, den Irrthum, den er sie einst gelehrt, aufzugeben. Allein im Herzen war er keineswegs völlig überzeugt, wie Papiere bewiesen, welche Leidrad's Nachfolger, Agobard, nach dem Tode des unglücklichen Bischofs fand. Agobard hat es noch für nöthig gehalten, den todten Felix zu widerlegen. Hatte der aggressive Adoptianismus im Frankenreich auch bald ausgespielt, so hat ihn die kecke Dialektik des 11. und 12. Jahrhunderts als Schullehre doch wieder erweckt1, und er ist dann, ohne freilich mehr als theologischen Streit zu erregen, durch alle Jahrhunderte des Mittelalters hindurch gegangen. Wie im saracenischen Spanien die „Häresie" allmählich erloschen ist, ist wenig bekannt. Unbeanstandet ist sie dort schon zur Zeit des Elipandus nicht gewesen. Noch um 850 hat sie Anziehungskraft besessen; dann aber kamen Zeiten, in denen. das Bewusstsein, mit der ganzen Kirche zusammen zu stehen, den christlichen Spaniern werthvoller sein musste als die Behauptung einer berechtigten Eigenthümlichkeit.

Die entscheidende Folge des ganzen Streits war, dass man im Abendland das eigene, frühere christologische Schema beseitigte und innerhalb des Dogmas um des Abendmahls und der imponirenden Ueberlieferung der Griechen willen dachte wie diese. Die Einheit Christi wurde festgehalten; aber diese Einheit absorbirte die Menschheit und rückte den dei filius incarnatus tremendus in die Ferne. Die strenge Dogmatik gestattete nur noch, ihn sich im Abendmahl nahe zu bringen. Aber das schliesst nicht aus, dass neben der dogmatischen Theorie, zunächst noch verborgen, das Bild des demüthigen Mannes der Leiden sich fortpflanzte, wie es Augustin aufgegangen war und wie es in noch lebendigerer Verdeutlichung die Kraft der Frömmigkeit in der Zukunft werden sollte.

1b. Der Streit über die Prädestination 3.

Der Aufschwung der theologischen Wissenschaft im 9. Jahrhundert führte zu eingehender Beschäftigung mit Augustin. Allein man war

'S. Bach II S. 390 ff.

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* S. die Briefe des Alvar, Baudissin, a. a. O., Bach I S. 146 ff.

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Quellen, gesammelt von dem Jansenisten Maugin, Veterum auct. qui IX.

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