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Die Aufrichtung der strengen monarchischen Gewalt und die Zertrümmerung der alten Kirchenverfassung ist durch die Stadien Pseudoisidor, Gratian und die Bettelorden bezeichnet; denn die letzteren zerrütteten durch die besonderen Rechte, die sie erhielten, die localen Gewalten (Bischöfe, Presbyterien, Pfarrer) vollends und waren ganz der päpstlichen Leitung unterstellt. Alle Prämissen, aus welchen die Nothwendigkeit der Unfehlbarkeit des Papstes folgte, waren bei einander; auch hat Thomas, nachdem neue Fälschungen hinzugekommen waren, sie streng entwickelt. Dennoch- obgleich die Lehre längst feststand,

haec auctoritas, etsi data sit homini et exerceatur per hominem, non humana sed potius divina, ore divino Petro data sibique suisque successoribus in ipso quem confessus fuit petra firmata, dicente domino ipsi Petro (Mt. 16, 19). Quicunque igitur huic potestati a deo sic ordinatae resistit, dei ordinationi resistit, nisi duo sicut Manichaeus fingat esse principia, quod falsum et haereticum iudicamus, quia testante Mose non in principiis sed in principio coelum deus creavit et terram. Porro subesse Romano pontifici omni humanae naturae declaramus, dicimus, definimus et pronuntiamus omnino esse de necessitate salutis."

1 Janus S. 166: „Bereit allenthalben als päpstlich delegirte, von den Bischöfen völlig unabhängige, die Weltpriester und Pfarrer an Vollmacht übertreffende Agenten aufzutreten und einzugreifen, bildeten sie eigene Kirchen in der Kirche, arbeiteten für die Ehre und Grösse ihrer Orden und für die Macht des Papstes, auf welcher ihre privilegirte Stellung beruhte."

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* Hier kommen besonders die pseudocyrillischen Stellen in Betracht; s. die werthvolle Untersuchung von Reusch, Die Fälschungen in dem Tractat des Thomas v. Aquin gegen die Griechen, Abhandl. d. k. bay. Akad. der Wissensch. III. CI. 18. Bd. 3. Abth. 1889. Ueber Thomas als den Normaltheologen für die L. v. d. Unfehlbarkeit s. Langen, Das Vatic, Dogma. 3 Thl. S. 99 ff., Leitner, Der hl. Thomas über das unfehlbare Lehramt des Papstes 1872, Delitzsch, Lehrsystem der römischen K. I S. 194 ff. Thomas, Summa Sec. Sec. qu. 11 art. 2: „Sic ergo aliqui doctores videntur dissensisse vel circa ea quorum nihil interest ad fidem utrum sic vel aliter teneatur, vel etiam in quibusdam ad fidem pertinentibus, quae nondum erant per ecclesiam determinata. Postquam autem essent auctoritate universalis ecclesiae determinata, si quis tali ordinationi pertinaciter repugnaret, haereticus censeretur. Quae quidem auctoritas principaliter residet in summo pontifice." Sec. Sec. qu. 1 art. 10 („utrum ad summum pontificem pertineat fidei symbolum ordinare?"): Hier wird, wie gewöhnlich, die These zuerst verneint; dann heisst es: „editio symboli facta est in synodo generali, sed huiusmodi synodus auctoritate solius summi pontificis potest congregari. Ergo editio symboli ad auctoritatem summi pontificis pertinet." Ferner: „Nova editio symboli necessaria est ad vitandum insurgentes errores. Ad illius ergo auctoritatem pertinet editio symboli, ad cuius auctoritatem pertinet finaliter determinare ea quae sunt fidei, ut ab omnibus inconcussa fide teneantur. Hoc autem pertinet ad auctoritatem summi pontificis, ad quem maiores et difficiliores ecclesiae quaestiones referuntur (folgt eine Decretalenstelle). Unde et dominus (Lc. 22, 32) Petro dixit, quem summum pontificem constituit: Ego pro te rogavi etc. Et huius ratio

dass die römische Kirche in Folge eines besonderen göttlichen Schutzes nicht völlig vom Glauben abfallen könne und der gottgesetzte Hort der Lehrreinheit und Lehreinheit sei hat sich ausserhalb der Gruppen, die unter dem Einfluss des Dominikanerordens standen, die Lehre von der Unfehlbarkeit nicht durchgesetzt. Die Geschichte der Päpste war noch zu bekannt, selbst in dem kanonischen Rechtsbuch war Widersprechendes enthalten1, und so grosse Päpste wie Innocenz III. haben die Möglichkeit, dass ein Papst in Glaubenssachen in eine Sünde fallen könne, eingeräumt und für diesen Fall die Zuständigkeit des Gerichts der Gesammtkirche anerkannt. So war es möglich, dass sich an der Universität Paris ein entschiedener Widerspruch festsetzte, der z. B. in Bezug auf eine Lehre Johann's XXII. zur Bezichtigung der Häresie des Papstes führte. Die Unsicherheit, in der sich noch manche kirchliche Lehren (und Theorien für die Praxis, z. B. betreffs der Ordination) befanden, und die schwankende Stellung, welche die Päpste zu ihnen einnahmen, verhinderte es auch, die dogmatische Autorität derselben für eine absolute zu nehmen 3. Obgleich den Geschichtsfälschungen durch Herausgabe von Geschichtsdarstellungen, die den grossen Kampf des Papstthums und Kaiserthums in unglaublicher Weise übermalten, um 1300 die Krone aufgesetzt wurde und die Grundsätze der thomistischen Politik sich immer mehr einbürgerten, so blieb die entscheidende Frage nach der Unfehlbarkeit ungelöst. Ja seit dem Jahre 1330 hörte jene Litteratur, in der das Papalsystem in ausschweifendster Weise ausgebildet wurde, überhaupt auf. Erst nach 120 Jahren setzte sie

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est: quia una fides debet esse totius ecclesiae secundum illud I Cor. 1, 10: Id ipsum dicatis omnes, et non sint in vobis schismata. Quod servari non posset nisi quaestio exorta determinetur per eum, qui toti ecclesiae praeest, ut sic eius sententia a tota ecclesia firmiter teneatur, et ideo ad solam auctoritatem summi pontificis pertinet nova editio symboli, sicut et omnia alia quae pertinent ad totam ecclesiam, ut congregare synodum generalem et alia huiusmodi.“ Der Lehrsatz, dass jedem Papst persönliche Heiligkeit zukomme (Gregor VII.), ist nicht mehr wiederholt worden, weil, wie Döllinger (Janus S. 168) vermuthet, die Gefahr vorlag, aus mangelnder Heiligkeit auf die Unrechtmässigkeit eines Papstes zu schliessen.

1 S. den dem Bonifaz zugeschriebenen Kanon Gratian's „Si Papa“, dist. 6, 40. 2 S. das Zugeständniss in Eymerici Director. Inquis. p. 295 (citirt nach Janus

S. 295).

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S. die Frage der Reordinationen in Bezug auf „Simonisten“.
Martin von Troppau und Tolomeo von Lucca.

Thomas, de regimine principum, fortgesetzt von Tolomeo.

• Die excessivsten Werke sind die des Augustinus Triumphus († 1328) und des Franciskaners Alvarus Pelagius († nach 1340). Gieseler II, 3, 2. Aufl. S. 42 ff. und 101 ff., giebt aus der Summa de potestate eccl. des Ersteren und aus dem Werk

wieder ein, als es galt, dem Concil von Basel gegenüber die alten Ansprüche des Papstthums zu retten und durchzusetzen. Damals hat der Cardinal Torquemada jene Vertheidigung des Papalsystems geschrieben1, welche auf streng thomistischer Grundlage ruhend, noch im Reformationszeitalter für die bedeutendste Leistung der päpstlichen Partei gegolten hat. Aber seit der Mitte des 15. Jahrhunderts war das päpstliche System überhaupt wieder im Aufschwung, nachdem durch die glänzende, aber verschlagene Politik Eugen's IV. der Sturm der Concilien glücklich beschworen war. Nur die französische Nation behauptete den einmal gewonnenen Boden der Freiheit gegenüber dem Papst (Pragmatische Sanction von Bourges 1430). Die übrigen Nationen kamen durch die Concordate wieder in die alte Abhängigkeit vom Autokrator in Rom2; ja sie wurden theilweise geradezu von ihren Landesherren verrathen, sofern diese es als vortheilhaft erkannten, ihren Aufstieg zur vollkommenen Fürstengewalt dadurch zu beschleunigen, dass sie sich mit dem Papste in die Landeskirche theilten. Diesem Schicksal verfiel schliesslich auch (durch das Concordat von 1517) die französische Landeskirche, so jedoch, dass der König den Haupttheil der Gewalt über sie erhielt. Während die Päpste beim Uebergang des 15. zum 16. Jahrhundert in Kriegen, Wohlleben und gröbster Simonie verwilderten, führten Cajetan und Jacobazzi die strengste Papaltheorie, der Erstere einschliesslich der Lehre von der Unfehlbarkeit, durch. Die Hoffnungen der Völker auf de planctu ecclesiae des Letzteren reiche Auszüge, die da zeigen, dass im 19. Jahrhundert die Papstverherrlichung nicht weiter getrieben werden konnte. Augustinus behauptete generell: „nulla lex populo christiano est danda, nisi ipsius papae auctoritate"; denn nur die päpstliche Gewalt sei immediate von Gott und sie umschliesse die iurisdictio et cura totius mundi. Alvarus hat die Identificirung Christi und des Papstes zum Blasphemischen gesteigert und zugleich den Papst für den rechtmässigen Inhaber des imperium Romanum seit den Tagen des Petrus erklärt. Beide unterscheiden im Grunde den Papst von Gott nur dadurch, dass dem irdischen „dominus deus noster papa" die Anbetung nur „ministerialiter“ zukomme.

1 De Pontifice Maximo et generalis concilii auctoritate; s. auch seine Summa

de ecclesia und den Apparatus super decreto unionis Graecorum.

"Rom verstand aber diese Concordate stets als Gnadenacte, durch welche nur der Partner gebunden sei. Diese Auffassung ist schon früher von den römischen Kanonisten vertreten und aus der Oberherrlichkeit des Papstes über alle Menschen abgeleitet worden.

* Man denke an die Entwickelung des Territorialfürstenthums im 15. Jahrhundert. Grosse (Kaiser Friedrich III.) und kleine Herren weitteiferten förmlich bis tief ins 16. Jahrhundert hinein, die Selbständigkeit ihrer Landeskirchen zu schädigen. Den Vortheil haben vorübergehend die Landesfürsten gehabt, aber den bleibenden Vortheil der Papst.

In der Zeit des Streits der Päpste mit den Concilien war die Frage nach der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubenssachen zurückgetreten. Auf dem Unions

das Concil waren vernichtet, die alte Tyrannei wieder aufgerichtet: man klagte wohl, dass die kirchliche Despotie schlimmer sei als die der Türken, aber man fügte sich. Die Klagen waren um 1500 vielleicht schmerzlicher als zu irgend einer Zeit; aber der Abfall war gering, die Actionen seltener. Die Häresie" schien spärlicher und zähmer geworden als im 13. und 14. Jahrhundert, zumal nachdem sich die husitische Bewegung erschöpft hatte. Die „Ketzer“ waren, so schien es, wirklich zu den Stillen im Lande geworden, die den offenen Bruch mit der Kirche scheuten; ihre Frömmigkeit schien minder aggressiv. „Man fühlte ziemlich allgemein, es sei der Kirche mit der Reformation, wie ehedem dem Könige von Rom mit den sibyllinischen Büchern ergangen; sie müsse nun, nachdem die von der Curie ausgestreute Saat der Corruption seit 50 Jahren viel üppiger emporgeschossen, und die Kirche selbst keine Anstrengung mehr zu ihrer Rettung gemacht, um viel theuereren Preis und mit noch geringerer Aussicht auf Erfolg erkauft werden. Das Lateranconcil am Anfang des 16. Jahrhunderts, welches allen Wünschen der Völker Hohn sprach und die Papaltheorie in strengstem Sinn declarirte2, als hätte man nie zu Constanz und Basel getagt, wurde stillschweigend anerkannt. Aber es war die Stille vor dem Sturm. Ihn sollte der Papst noch erleben, der sein Amt mit den Worten angetreten hatte: „Volo, ut pontificatu isto quam maxime perfruamur“ 3.

An dieser grossartigen Entwickelung der Papaltheorie ist die Theologie vor Thomas gar nicht, auch nach ihm nur gering betheiligt gewesen. Die Jurisprudenz hat die Entwickelung geleitet, sich lediglich auf äussere, grösstentheils gefälschte historische Zeugnisse stützend und mit dialektischer Kunst deducirend. Der mangelnde Antheil der Theologie ist aus einem Doppelten zu erklären. Erstlich hatte Rom allein an der ganzen Theorie ein wirkliches Interesse; in Rom aber hat die Theologie weder im Alterthum noch im Mittelalter je geblüht. Weder

concil zu Florenz wurde sie nicht erwähnt. Auch Torquemada hat die Möglichkeit zugestanden, dass ein Papst in eine Häresie fallen könne; indessen daraus eine Ueberordnung des Concils über ihn nicht abgeleitet, da ein häretischer Papst ipso facto von Gott abgesetzt sei. Diese undurchführbare hülflose Annahme hat erst Cajetan abgethan, indem er zu der Lehre des Thomas, die sich auf erdichtete Väterstellen gründete, zurückkehrt, selbst eine neue Fälschung hinzufügend, sofern er den zu Constanz festgestellten Satz: „error est, si per Romanam ecclesiam intelligat universalem aut concilium generale", unterschlug. Von ihm stammt auch der berühmte Satz, die katholische Kirche sei die geborene Magd des Papstes.

1 Janus S. 365.

2 Der Papst, heisst es in der Bulle „Pastor aeternus", hat die „auctoritas super omnia concilia"; er allein darf sie berufen, versetzen und auflösen.

* Ueber die Ueberlieferung dieses Worts s. Janus S. 381 n. 407.

um die Schriftauslegung noch um die dogmatischen Arbeiten der Väter hat man sich in Rom bemüht. Wer Theologie studiren wollte, ging nach Frankreich. An der Curie galt nur der Rechtsgelehrte etwas; in Rom bestand seit Innocenz IV. eine Rechtsschule; die grosse Mehrzahl der Cardinäle waren studirte Juristen, nicht Theologen, und die grossen Päpste des Mittelalters, Alexander III., Innocenz III. und IV., Bonifacius VIII. u. s. w., sind als geschätzte Rechtsgelehrte auf den päpstlichen Stuhl gekommen1. Als es schon viel zu spät war, da erkannten Männer mit hellem Blick, wie Roger Baco, oder fromme Patrioten, wie Dante, dass das Verderben der Kirche von den Decretalen herrühre, die man statt der Kirchenväter und der hl. Schrift studire. Der Erstere besonders hat mit erhobener Stimme die Forderung gestellt, dass die Kirche von dem verweltlichten Kirchenrecht befreit werden müsse, welches sie vergifte. Im 14. und 15. Jahrhundert hat man stets wie über das Papstthum so über das verdorbene Kirchenrecht („Juristen böse Christen") als die eigentliche Quelle alles Uebels geklagt. Es war der Geist des alten Roms, der über dem mittelalterlichen lagerte, jener römische Geist der Jurisprudenz, jetzt aber entartet zu einem mit dreisten Fälschungen operirenden Geist der Tyrannei. Allein der mangelnde Antheil der Theologie an der Ausbildung des hierarchischen Kirchenbegriffs erklärt sich nicht nur aus dem Mangel der Theologie in Rom, sondern zweitens auch aus der glücklichen Unfähigkeit der Theologie (bis über die Mitte des 13. Jahrhunderts), sich auf diesen Kirchenbegriff herabzustimmen. Wer als Theologe über die Kirche nachsann, forschte in den Werken der Kirchenväter, vor Allem Augustin's. Da aber trat der spirituelle Kirchenbegriff (d. h. die Kirche als corpus Christi, als multitudo fidelium, als universitas Christianorum u. s. w.) so stark hervor, dass er zunächst das Nachdenken fesselte, und man zu dem hierarchischen vom papalen zu schweigen nicht sicher vordrang oder ihn nur streifte. So erklärt es sich, dass alle die grossen Theologen vor Thomas von Anselm ab, auch die gregorianisch gesinnten, als Theologen der Ausbildung des hierarchischen Kirchenbegriffs sehr geringen Vorschub geleistet haben. Sie lehren und schreiben wie Augustin, ja sie bleiben sogar hinter ihm in der Präcision der Kirche als externa societas noch zurück. Die Theologie hat für die

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1S. Döllinger, Ueber das Studium der deutschen Geschichte (Akad. Vorträge II S. 407 ff. 418 f.).

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* S. Hugo v. St. Victor, de sacr. II, p. II c. 2 sq. Der Lombarde hat in seinen Sentenzen das Papstthum schlechterdings nicht berührt! Soweit auf die Kirche überhaupt von Anderen eingegangen wird, wird nicht einmal die Sicherheit Cyprian's in der Fassung des hierarchischen Kirchenbegriffs erreicht. Stoffreiche

Harnack, Dogmengeschichte III.

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