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stand seine Unfähigkeit einsah, den Feststellungen der Autorität nachzukommen, und desshalb die Segel strich. Man wird diese Frage zwar

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Früchte des Geistes). Hierauf folgt die Lehre vom Wesen der Sünde (vernunftund naturwidrig), der Eintheilung der Sünden, dem Verhältniss der Sünden zu einander, dem Subject (der Wille), den Ursachen (inneren und äusseren) der Sünde, der Erbsünde und den Wirkungen derselben (die Verschlechterung der Natur, die Verfinsterung = macula, der reatus poenae, Todsünden und lässliche Sünden). Dies Alles gehört zu den inneren Principien des sittlichen Handelns. Den Beschluss dieses Theils bildet die Erörterung der äusseren Principien, nämlich des Gesetzes und der Gnade. Das „Gesetz" wird nach allen Seiten erörtert, als ewiges Gesetz (das ist das Gesetz, nach welchem Gott selbst handelt und dessen Abstrahlungen alle für die Creaturen giltigen Gesetze sind), als Naturgesetz, als menschliches Gesetz, als alttestamentliches, als neutestamentliches Gesetz und als Gesetz der „Räthe“ zu besonderer Vollkommenheit. Das neutestamentliche Gesetz ist aber, da es im Grunde ein inneres, durch die Gnade eingegossenes ist, das Gesetz der Gnade, und somit ist der Uebergang zu dem zweiten äusseren Princip der sittlichen Handlungen gewonnen zur Gnade, welche den Menschen zum Guten unterstützt. Die Gnade ist das äussere Princip des übernatürlich Guten; sie ist auf intellectuellem Gebiet nicht nothwendig zur Erkenntniss der natürlichen Wahrheiten, wohl aber zur Erkenntniss der übernatürlichen Wahrheiten; ebenso ist sie nöthig, um das übernatürlich Gute thun zu können. Hier wird scharf gegen den Pelagianismus polemisirt: der Mensch kann sich auch nicht durch natürlich gute Acte auf die Gnade genügend vorbereiten; er kann sich weder selbst bekehren, noch je selbständig im Guten beharren. Eine Untersuchung über das Wesen, die Eintheilung, die Ursachen und die Wirkungen der Gnade (Rechtfertigungslehre, Lehre von der Verdienstlichkeit der guten Werke) bildet den Beschluss. Der II. Theil 2. Abtheilung enthält nun die specielle Ethik, nämlich erstlich die genaue Darlegung der theologischen Tugenden (Glaube, Hoffnung und Liebe), die Gebote dieser Tugenden und die Sünden wider dieselben, sodann die Erörterung der Cardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit (hier ist Q. 57-123 die ausführlichste Darlegung gegeben, sofern auch die ganze Religiosität unter diesen Titel gestellt ist), Muth und Mässigkeit, endlich die Erörterung der besonderen Tugenden, d. h. der Gnadengaben und Standespflichten (Q. 171–189). Unter diesem Titel werden a) die Charismen, b) die beiden Lebensformen (das beschauliche und das thätige Leben), c) die Stände der Vollkommenheit (nämlich der Stand der Bischöfe als der Virtuosen der Nächstenliebe und der Stand der Mönche mit besonderer Berücksichtigung der Bettelmönche) besprochen. Der III. Theil soll nun nachweisen, durch welche Veranstaltung und Mittel die Rückkehr der vernünftigen Creatur zu Gott auf dem Wege des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe möglich geworden ist, nämlich durch Christus und die Sacramente. Hieran soll sich die Eschatologie schliessen. Daher wird hier 1) gehandelt von Christus und zwar von seiner Menschwerdung und seinen Naturen. Nach einer Erörterung der Nothwendigkeit der Menschwerdung (um der Sünde willen, und da eine satisfactio de condigno erforderlich war) zur Wegschaffung der Erbsünde wird die personale Einheit, die göttliche Person Christi und die menschliche Natur desselben dargelegt (wobei Q. 8 auf die Kirche als auf den mystischen Leib Christi hingewiesen und der Gedanke „Christus" das Haupt der Menschheit stark betont wird); sodann werden die Consequenzen der personalen Union (Idiomencommunication) und alle Verhältnissbeziehungen des Gottmenschen auseinan

nicht unbedingt bejahen, aber noch viel weniger verneinen dürfen. Die Kirche, wie sie damals schon war und wie sie heute noch ist, braucht Beides; sie kann es nicht entbehren, dass man ihre articuli fidei und Praktiken auch beweist und die Vernunft derselben ans Licht stellt, aber sie kann es noch viel weniger entbehren, dass man sich ihrer Autorität blindlings unterwirft.

In dieser Beziehung hat Thomas offenkundig noch zu wenig gethan. Die Verhältnissbestimmung von ratio und auctoritas ist freilich bei ihm ganz besonders verworren, die Ansprüche des Glaubens (als Autoritätsglauben) und des Wissens sind schlechterdings nicht geklärt oder gar ausgeglichen, und er hat nicht wenige Sätze ausgesprochen, in denen er sich der Autorität völlig unterwirft, damit dem „Glauben" sein „Verdienstliches" nicht abhanden komme (s. den oben citirten Satz: „Utitur tamen sacra doctrina etiam ratione humana, non quidem ad probandam fidem, quia per hoc tolleretur meritum fidei"). Allein sein eigentliches Interesse an der Theologie ist doch noch dasselbe wie das Augustin's. Die Theologie ist Gotteserkenntniss im strengen Sinne, die Nothwendigkeit, die in Gott hervorgehoben wird, soll auch die ganze Erkenntniss von ihm durchdringen. Die articuli fidei und alle Ergebnisse des Welterkennens sollen in die Einheit dieser die Seele wahrhaft befreienden und zu Gott zurückführenden Erkenntniss eingeschmolzen werden. Im letzten Grunde ist das grandiose und complicirte System doch höchst einfach. Wie der vollkommene gothische Dom, weil ein in Wahrheit organischer Stil in ihm ausgeprägt ist, einen einzigen architektonischen Gedanken ausdrückt und ihm Alles unterwirft, auch alle praktischen Bedürfnisse des Kultus ihm dienstbar macht, ebenso kündet

dergesetzt. Hierauf folgt 2) ein Abschnitt über das Werk Christi, der aber fast gar keine Speculation enthält, sondern die Geschichte Christi von seinem Eintritt in die Welt an erbaulich erläutert (Q. 27-31 die Lehre von der Maria). Bei dem Leiden und Tod Christi tritt der Gesichtspunkt des „conveniens" im Unterschied von dem „necessarium" stark hervor. Unmittelbar an das Werk Christi wird die Sacramentslehre (Q. 60 sq.) angeschlossen; denn die Erlösung wird den Einzelnen nur durch die Sacramente zu Theil, die von Christus ihre Wirksamkeit haben und durch die die Menschen in Christus incorporirt werden. Die Darlegung beginnt mit der allgemeinen Sacramentslehre (Wesen, Nothwendigkeit, Wirkung, Ursache, Zahl, Zusammenhang); dann folgt die Erörterung der Taufe, Firmelung, Eucharistie und Busse. Hier hat Thomas die Feder niederlegen müssen. Es war ihm nicht vergönnt, seine „Summe“ zu Ende zu führen. Das Fehlende ist, wie bemerkt, aus seinen übrigen Werken später ergänzt worden; dieses Supplement aber lässt die Straffheit der von ihm selbst in der Summe gegebenen Ausführungen etwas vermissen, da es wesentlich aus Bemerkungen und Einzeluntersuchungen zum Text des Lombarden geflossen ist. Schliesslich sei bemerkt, dass in der Summe Wiederholungen nicht nur nicht vermieden sind, sondern in ungemessener Weise begegnen.

dieser Gedankenbau, obgleich alle kirchlichen Lehren unterwürfig und treu berücksichtigt sind, doch von dem einen Gedanken, dass die Seele von Gott ausgegangen ist und zu ihm durch Christus zurückkehrt, und selbst die augustinisch-areopagitische Wendung dieses Gedankens, dass Gott Alles in Allem ist, ist von Thomas nicht verleugnet.

Aber diese Haltung ist gefährlich. Aus ihr wird sich immer wieder die „Aftermystik", wie die Katholiken sie nennen, entwickeln, in der das Subject seine eigenen Wege zu gehen trachtet und die vollkommene Abhängigkeit von der Kirche vermeidet. Doch der Gang der wissenschaftlichen Entwickelung ist der Kirche zu Hülfe gekommen, und fast kann man sagen, dass sie auch hier Feigen von den Dornen eingesammelt hat. Das hingebende Studium des Aristoteles und der durch die Philosophie und die Beobachtung geschärfte Sinn lähmten die Zuversicht der Theologen in Bezug auf die Rationabilität und strenge Nothwendigkeit der geoffenbarten Glaubensartikel. Sie begannen darauf zu verzichten, sie mit der Vernunft zu bearbeiten und sie als Glieder eines Systems einem einheitlichen Gedanken unterzuordnen. Ihr wissenschaftlicher Sinn war erstarkt, und indem sie sich nun den geoffenbarten Sätzen zuwandten, fanden sie in denselben nicht Nothwendigkeit, sondern Willkür. Ferner, je weiter sie in der Psychologie und Weltwissenschaft kamen und lernten, was wirkliche Erkenntnisse sind, um so skeptischer wurden sie gegen das „Allgemeine": „latet dolus in generalibus". Sie fingen an, das innere Interesse für dasselbe und den Glauben an dasselbe einzubüssen. Die „Idee", welche Substanz" sein soll, und die „Nothwendigkeit" der Allgemeinheiten verschwand ihnen; sie verloren die Zuversicht zu jenem Wissen, das Alles weiss. Das Einzelne in seiner concreten Ausprägung gewann für sie Interesse: der Wille regiert die Welt, der Wille Gottes und der Wille der Einzelnen, nicht eine unfassliche Substanz oder ein construirter Universalintellect. Diesen ungeheuren Umschwung bezeichnet in der mittelalterlichen Wissenschaft Duns Scotus, der scharfsinnigste scholastische Denker', aber erst seit Occam ist er vollendet.

1 S. Baur, a. a. O. II S. 235: „Die durchgängige Rationabilität des kirchlichen Glaubens oder die Ueberzeugung, dass sich für alle Lehren des kirchlichen Systems irgend welche rationes auffinden lassen, durch die sie auch für die denkende Vernunft festgestellt werden, war die Grundvoraussetzung der Scholastik. Aber in dieser Voraussetzung wurde die Scholastik, nachdem sie in Thomas und Bonaventura ihren Culminationspunkt erreicht hatte, selbst wieder irre. Diesen für die Geschichte der Scholastik sehr bedeutenden Wendepunkt, von welchem aus sie immer mehr in sich zu zerfallen begann, bezeichnet Duns Scotus." (Lehre von der doppelten Wahrheit als Folge des Sündenfalls!). Neben und nach Duns Scotus ist es namentlich der doctor resolutissimus Durandus gewesen, der, zuerst Thomist, zum Nominalismus

Man sollte erwarten, dass die Folge dieses Umschwungs entweder der Protest gegen die Kirchenlehre oder der Versuch, sie auf ihre Grundlagen zu prüfen und kritisch umzugestalten, gewesen wäre. Allein es hat 200 Jahre gedauert, bis diese Folgen im Socinianismus einerseits, in der reformatorischen Theologie andererseits eintraten. Zunächst geschah etwas ganz Anderes: man steigerte die Autorität der Kirche und schob, sich ihr völlig unterwerfend, ihr die Verantwortung der Glaubensartikel und der Principien ihres Handelns zu1. Was einst die ratio im Bunde mit der auctoritas getragen hatte, sollte jetzt die letztere allein tragen. Aber man empfand diese Verschiebung keineswegs als einen Act der Verzweiflung, sondern als einen selbstverständlichen Act des Gehorsams gegenüber der Kirche, so vollkommen beherrschte dieselbe, mochte sie auch in der Gegenwart im Staube liegen, die Gemüther.

Indem der Nominalismus die Herrschaft in der Theologie und in der Kirche gewann, war der Boden für die dreifaltige Entwickelung der Lehre in der Zukunft gewonnen: der nachtridentinische Katholicismus, der Protestantismus und der Socinianismus sind von hier aus zu verstehen 2.

Der Nominalismus zeigt einerseits eine Reihe bedeutender Vorzüge: es ist ihm aufgegangen, dass die Religion etwas Anderes ist als die Erkenntniss und Philosophie; es ist ihm ferner die Bedeutung des Concreten gegenüber den Hohlheiten der Abstractionen aufgegangen, übergegangen ist und die Denkweise desselben eingebürgert hat (s. seinen Commentar zum Lombarden). Er wirkte im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts, s. über ihn Werner im 2. Bd. der „Scholastik des späteren Mittelalters".

1 Auch an der Sufficienz der Bibel hat Duns (gegen Thomas) gezweifelt.

2 Der Nominalismus hat sich erst nach einem harten Kampf in der Kirche durchgefochten. Seit den Tagen Roscellin's galt er als verdächtig, und das Eintreten Occam's für ihn konnte nicht günstig sein (Occam's Schriften 1339 von der Pariser Universität verboten). Allein seit der Mitte des 14. Jahrhunderts setzte er sich durch, und selbst Dominicaner obgleich der Streit der Thomisten und Scotisten fortdauerte traten für ihn ein. Ja, als Wiclif und andere Reformer (Augustiner) sich wiederum des Realismus annahmen, wandte sich das Blatt. Der Realismus wurde nun seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts kirchlich verdächtig (des Spiritualismus, des Determinismus und der intellectualistischen Mystik wegen, die das Kirchenthum zu gefährden schienen). Die wichtigsten Vertreter der nachscotistischen Scholastik sind Petrus Aureolus, Johann von Baconthorp, Durandus und Occam. Ueber die „theologische Denkauffassung und den allgemeinen Denkhabitus" dieser Gelehrten s. Werner, Nachscotist. Scholastik S. 21 ff. Ueber die durch Capreolus geübte thomistische Censur an der nachscotistischen Scholastik s. ebendort S. 438 ff. Dass der Nominalismus trotz seines dogmatischen Probabilismus das Dogma wenigstens Anfangs nicht erweicht hat, dafür bietet der fanatische Angriff auf die Sonderlehre des Papstes Johann XXII. das beste Beispiel.

und er hat diese Erkenntniss, z. B. in der Psychologie, in glänzender Weise zum Ausdruck gebracht 1; er hat, indem er die Bedeutung des Willens erkannte, auch in Gott dieses Moment hervorgehoben, die Persönlichkeit Gottes streng betont und somit jener areopagitischen Theosophie, welche immerfort in Gefahr stand, die Welt und die vernünftige Creatur in Gott aufgehen zu lassen, ein Ende bereitet2; er hat endlich, indem er die Speculation einschränkte, die Positivität der historischen Religion deutlicher hervortreten lassen. Allein dieser Fortschritt in der Erkenntniss wurde durch zwei schwere Opfer theuer erkauft der Nominalismus hat erstens mit der Zuversicht, zu einem absoluten einstimmigen Wissen zu gelangen, auch die Zuversicht zum kategorischen Imperativ, zur strengen Nothwendigkeit des Sittlichen in Gott und des Sittengesetzes eingebüsst, und er hat zweitens in die geschichtlichen Grössen, unter die er sich beugte, die Kirche mitsammt ihrem ganzen Apparat eingerechnet die Gebote des Religiösen und Sittlichen sind arbiträr, aber die Gebote der Kirche. sind absolut. Der Ruhepunkt in den Zweifeln und Unsicherheiten des Verstandes und des Gemüthes ist die Autorität der Kirche.

Weder dieses noch jenes war eine Neuerung im strengen Sinn3. Durch das Bussinstitut war längst eine Unsicherheit über das Sittliche verbreitet: es galt nur in der Theorie auszusprechen, was seit Jahrhunderten Grundgedanke der Praxis geworden war das souveräne Recht der Casuistik'. Ferner, durch das contradictorische Ver

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1 S. Siebeck, Die Anfänge der neueren Psychologie in der Scholastik, i. d. Ztschr. f. Philos. u. philos. Kritik 1888. 1889.

2 Duns hat auch die thomistische Idee, dass in den geschöpflichen Dingen die absolute göttliche Urform abgebildet sei, aufgegeben und ist zu einer naturalistischen Lehre von der Welt an der Hand des Aristoteles übergegangen.

Noch weniger ist, wie vielfach geschieht, der Jesuitenorden mit seiner casuistischen Dogmatik und Ethik hier verantwortlich zu machen, als habe er die Neuerung erst gebracht. Dieser Orden ist lediglich in das Erbe des mittelalterlichen Nominalismus eingetreten.

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* An die Stelle der speculativen Scholastik trat die empiristisch-casuistische. Die Nominalisten suchten mit einem ungeheuren Aufwand von Scharfsinn und Speculation zu zeigen, dass es eine speculative Scholastik nicht geben könne. Als sie diesen Beweis" geliefert hatten, blieben lauter hohle Formen nach, die nothwendig zusammenstürzen mussten oder nur durch den Zwang einer mächtigen Anstalt aufrecht erhalten werden konnten. Was dem Nominalismus trotz aller seiner Fortschritte nicht aufgegangen ist, war die Idee der Persönlichkeit (s. erst die Renaissance), darum auch nicht die Person Christi (s. die Reformation) und vor Allem nicht die Geschichte (s. das 18. und 19. Jahrhundert). An der Stelle der Geschichte steht ihm noch immer die starre Kirche. Nicht anders verhält es sich noch heute mit der Wissenschaft der Jesuiten. Folgerecht spielen sie mit der Geschichte und wissen sie amüsant im Tone des Weltmanns und mit leichtem Spott zu

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