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Wessel darauf zurück." Ritschl vermuthet aber, dass die Idee des Strafwerthes des Todes Christi, die von Athanasius ab sporadisch immer wieder in der Kirche aufgetaucht ist, nicht von Biel und Wessel zu den Reformatoren gelangt sei'.

B. Die scholastische Sacramentslehre2.

Die Unsicherheit der Scholastiker in Bezug auf die Erlösungslehre und die Beobachtung, dass sie die Behandlung derselben ebenso der Schule überlassen konnten, wie die Lehren von der Trinität und von den Naturen in Christo, erklärt sich daraus, dass in der Sacramentslehre das festgestellt wurde, was der Glaube an die göttliche Gnade in Christus bedurfte. In den Sacramenten stellt sich diese Gnade dar, und speciell im Abendmahlssacrament ist sie deutlich und fassbar durch die Transsubstantiationslehre auf die Menschwerdung und den Tod Christi zurückgeführt. Das genügte. Jene Thatsachen bilden nunmehr nur die Voraussetzungen; der Glaube lebt in der Anschauung und im Genuss der Sacramente. Diese aber sind der Kirche übergeben und werden von der Hierarchie (als Diener, Priester und als Richter) verwaltet. So ist der Anschluss an Christus, der durch die Sacramente allein zu Stande kommt, zugleich durch die Kirche vermittelt, ja Christus und die Kirche sind geradezu in Eins gesetzt, sofern dieselbe Kirche, welche die Sacramente verwaltet, auch als der mystische Leib Christi mit ihm gleichsam eine mystische Person ist. Dies ist der Grundgedanke des mittelalterlichen Katholicismus, der auch von den Meisten unter denen festgehalten worden ist, welche der herrschenden Hierarchie Opposition gemacht haben.

Die Sacramentslehre der Scholastiker wurzelt in der Augustin's; aber sie geht weit über dieselbe (formell und materiell) hinaus. Vor Allem trat im Mittelalter nicht nur der Zusammenhang zwischen verbum und sacramentum, den Augustin so energisch geltend gemacht hatte, sondern das verbum überhaupt hinter dem sacramentalen Zeichen zurück. Die Auffassung wurde noch magischer und desshalb anstössiger. Andererseits lässt sich nicht leugnen, dass der Katholicismus in seinen sieben Sacramenten ein pädagogisch sehr wirksames und eindrucksvolles Institut ge

1 Auf die Geschichte der Lehre von der Schrift hat man im Rahmen der Dogmengeschichte nicht einzugehen, da die Lehre sich nicht geändert hat, auch die Unsicherheiten über den Kanon nicht weggeräumt worden sind, und die geringen Unterschiede in der Fassung des Inspirationsbegriffs nicht ins Gewicht fallen. Die Geschichte des Bibelverbots, resp. der Einschränkung des Gebrauchs der Bibel bei den Laien, aber gehört nicht hierher.

2 Münscher § 138-152. Hahn, Lehre v. d. Sacramenten 1864; derselbe, Doctr. romanae de num, sacram. septennario rationes hist. 1859. Schwane, a. a. O. S. 579-693.

schaffen hat, welches aber in Wahrheit nicht der Heilsgewissheit des Einzelnen dient, sondern seiner Erziehung als Gliedes der Kirche. Und doch muss man die mittelalterliche Sacramentslehre als die consequente Ausgestaltung der altkatholischen Grundauffassung betrachten, wenigstens in der thomistischen Form; denn die Definition der Gnade bei Thomas (P. III Q. 62 Art. 1): gratia nihil est aliud quam participata similitudo divinae naturae, secundum illud II Pet. 1: magna nobis et pretiosa promissa donavit, ut divina simus consortes natura", lässt überhaupt keine andere Form der Gnade zu, als die magisch-sacramentale. Augustin's Auffassung, die übrigens im letzten Grunde jene eben genannte nicht negirt, ist hier zurückgedrängt und kommt nur so weit in Betracht, als sie mit der „participata similitudo divinae naturae" vermittelt werden kann. Daher die weitere Zurückschiebung des Verbums, welches schon bei Augustin - obgleich er das Verdienst hat, es beachtet zu haben nicht zu seinem vollen Rechte gekommen ist.

Eine straff ausgebildete Sacramentslehre konnte es so lange nicht geben, als nicht die Zahl der Sacramente fest bestimmt war. Hier aber herrschte, da das Alterthum nichts Sicheres überliefert hatte, Jahrhunderte hindurch das grösste Schwanken - so schwierig war es, etwas zu bestimmen, was nicht schon die Ueberlieferung der alten Zeit bestimmt hatte. Die Sacramentslehre hat sich demgemäss unter der Erschwerung entwickelt, dass man nicht sicher wusste, auf welche hl. Handlungen die allgemeinen Begriffe anzuwenden seien. Doch operirte die Theologie schon längst mit der Siebenzahl, bevor die Kirche sie in officieller Weise anerkannt hatte.

Die Siebenzahl hat sich in folgender Weise entwickelt: Aus dem kirchlichen Alterthum waren als hl. Handlungen im eminenten Sinn nur Taufe und Abendmahl überliefert, die Taufe schloss aber das Chrisma ein. Dieses konnte man besonders zählen oder nicht. Daneben gab es eine unbestimmte Menge hl. Handlungen, die ganz verschieden gezählt wurden (die Zählung des Areopagiten war nicht massgebend). Bernhard z. B. redet von vielen Sacramenten und nennt selbst zehn'. Auch Hugo v. St. Victor weist der Taufe und dem Abendmahl eine ganz besondere Stelle an. Allein gerade er hat zur Erweiterung des Begriffs beigetragen. Sowohl bei ihm nämlich als bei Abälard3 werden als die sacramenta maiora oder spiritualia die Taufe, Eucharistie, Confirmation, Oelung*

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1 S. Hahn S. 103 f. und überhaupt die ausführlichen Nachweisungen S. 79-133.
2 Summa sentent. tract. 5-7.
3 S. Deutsch, Abälard S. 401 ff.

* Die letzte Oelung kann unter dem Titel „Sacrament" nicht höher als bis zu Innocenz I. (ep. ad Decent.) hinaufgeführt werden.

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und Ehe1 aufgezählt. Wie diese Zusammenstellung entstanden ist, ist unbekannt. Sie blieb aber in der Schule Abälard's bestehen, d. h. sie wurde nicht wieder vermindert, sondern nur noch vermehrt. Hier mag Robert Pullus eingewirkt haben, der in seinen Sentenzen nicht die Oelung und Ehe, sondern die Beichte und Ordination neben den drei anderen Sacramenten aufzählt. Aus der Combination dieser Zählungen mag die Siebenzahl der Sacramente entstanden sein. Die heilige Zahl hat wohl auch gerade diese Zusammenstellung sichergestellt. Sie findet sich zuerst in dem Sentenzenbuch Alexander's III., als er noch Magister Rolandus war', und dann bei dem Lombarden 8. Dieser aber trägt sie nicht als anerkannten Lehrsatz vor, sondern ohne besondere Betonung als seine Ansicht. Auch blieb das Schwanken in der Folgezeit bestehen. Die Beschlüsse der grossen Concilien von 1179 und 1215 setzen noch den Zustand voraus, dass über die Zahl der Sacramente nichts bestimmt ist. Allein die grossen Scholastiker des 13. Jahrhunderts, welche vom Lombarden abhängig sind, haben sämmtlich die Siebenzahl der Sacramente recipirt und zum Theil auch schon wenn auch unter Hervorhebung der Taufe und namentlich des Abendmahls, welches z. B. von Thomas als das „potissimum inter alia sacramenta sacramentum“ bezeichnet wird

9 innerlich zu begründen versucht 10. Erst zu Florenz

1 Die Ehe ist natürlich von ältester Zeit her auf Grund des Epheserbriefs sehr oft Sacrament genannt worden.

Sentent. V, 22. 24; VII, 14.

3 Wie allmählich das „Busssacrament" entstanden ist, hat unsere ganze Darstellung in den früheren Capiteln gezeigt; s. Steitz, Das römische Busssacrament 1854. Gregor I. nannte die reconciliatio des Sünders ein Sacrament. Seit Petrus Damiani (69. orat.) ist die Beichte oft so bezeichnet worden, z. B. auch von Bernhard.

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* Die Ordination ist seit Augustin sehr häufig „Sacrament" genannt worden; aber auch Fürstensalbungen, Bischofsweihe, Kirchweihe u. s. w.galten als Sacramente. Vorübergehend findet sich auch eine Sechszahl. Die Erwägungen über die Sacramente stehen übrigens im 12. Jahrhundert im engsten Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Häretiker (Katharer). Es mag sein, dass es späterer Forschung gelingt, die Fixirung der Siebenzahl als die directe Folge dieses Kampfes nachzuweisen.

S. Hahn S. 113 f.

Denifle i. Archiv f. Litt.- u. K.-Gesch. d. Mittelalters Bd. I S. 437. 460.467. 8 Sentent. IV dist. 2 A. Die frühere Annahme, schon Otto von Bamberg habe die Siebenzahl, ist widerlegt; s. Hahn S. 107.

9 P. III Q. 65 Art. 4: „sacramentum eucharistiae est potissimum inter alia sacramenta. Gründe: 1) weil in ihm Christus substantialiter enthalten ist, nicht nur eine virtus instrumentalis participata a Christo, 2) weil alle anderen Sacramente auf dieses Sacrament sicut ad finem abzwecken (dieses wird nun an jedem einzelnen nachgewiesen), 3) weil fast alle sacramenta in eucharistia consummantur.“

10 L. c. werden die Sacramente nach ihrem Werth abgestuft: „aliorum sacra

(1439) ist eine sichere kirchliche Erklärung über die Siebenzahl der Sacramente erfolgt1.

mentorum (d. h. die Eucharistie als höchstes Sacrament vorweggenommen) comparatio ad invicem potest esse multiplex. Nam in via necessitatis baptismus est potissimum sacramentorum, in via autem perfectionis sacramentum ordinis; medio autem modo se habet sacramentum confirmationis. Sacramentum vero paenitentiae et extremae unctionis sunt inferioris gradus a praedictis sacramentis, quia, sicut dictum est, ordinantur ad viam Christianam non per se, sed quasi per accidens, scil. in remedium supervenientis defectus. Inter quae extrema unctio comparatur ad paenitentiam, sicut confirmatio ad baptismum; ita scil. quod paenitentia est maioris necessitatis, sed extrema unctio est maioris perfectionis." Aber Q. 65 Art. 1 ist die Siebenzahl ausführlich gerechtfertigt. Die Sacramente sind eingesetzt „ad perficiendum hominem in his quae pertinent ad cultum dei secundum religionem Christianae vitae et in remedium contra defectum peccati. Utroque modo convenienter ponuntur VII sacramenta. Vita enim spiritualis conformitatem aliquam habet ad vitam corporalem." In dem körperlichen Leben des Einzelnen kommt sein individuelles Wohl und sein Wohl als sociales Wesen in Betracht. Dieses wird nun scholastisch in mehreren Untertheilen ausgeführt, und nun gezeigt, dass im geistlichen Leben die Taufe die Geburt (Wiedergeburt) bedeute, die Confirmation das augmentum (robur), die Eucharistie die Nahrung, die Busse die Heilung bei eingetretenen Krankheiten, die letzte Oelung die Wegräumung der „reliquiae peccatorum". Diese 5 Sacramente beziehen sich auf das Individuum. Auf den Menschen als animal sociale auch in

geistlichen Dingen bezieht sich der Ordo und die Ehe. Beweis: die potestas regendi multitudinem et exercendi actus publicos ist im geistlichen Leben nöthig, und die Ehe besorgt die propagatio tam in corporali quam in spirituali vita. In derselben Weise wird nun gezeigt, dass auch contra defectum peccati jedes einzelne Sacrament seine Bedeutung hat und die Siebenzahl conveniens ist (z. B. der ordo contra dissolutionem multitudinis und die Ehe in remedium contra concupiscentiam personalem et contra defectum multitudinis, qui per mortem accidit). Dazu erwähnt Thomas noch eine andere Betrachtung, die er bei Anderen gefunden hat: „fidei respondet baptismus et ordinatur c. culpam originalem, spei extrema unctio et ordinatur c. culpam venialem, caritati eucharistia et ordinatur c. poenalitatem malitiae, prudentiae ordo et ordinatur c. ignorantiam, iustitiae paenitentia et ordinatur c. peccatum mortale, temperantiae matrimonium et ordinatur c. concupiscentiam, fortitudini confirmatio et ordinatur c. infirmitatem." Man mag diese Versuche belächeln; aber man wird doch nicht leugnen können, wie zweckmässig diese Zusammenstellung von 7 Sacramenten ist, welche das Leben begleiten. Besonders ist die Einordnung des Ordo einerseits, der Ehe andererseits ein Meisterstreich einer vielleicht unbewussten Politik.

1 Eugen IV. in der Bulle „Exultate deo" (Mansi XXXI p. 1054): „(Sacramentorum septem novae legis) quinque prima ad spiritalem uniuscuiusque hominis in se ipso perfectionem, duo ultima ad totius ecclesiae regimen multiplicationemque ordinata sunt (ganz nach Thomas, s. oben); per baptismum enim spiritualiter renascimur, per confirmationem augemur in gratia et roboramur in fide, renati autem et roborati nutrimur divina eucharistiae alimonia. Quod si per peccatum aegritudinem incurrimus animae, per paenitentiam spiritualiter sanamur, spiritualiter etiam et corporaliter, prout animae expedit, per extremam unctionem; per ordinem vero ecclesia gubernatur et multiplicatur spiritualiter, per matrimonium corporaliter augetur." Harnack, Dogmengeschichte III.

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Die technische Bearbeitung des Begriffs des Sacraments beginnt bei Hugo v. St. Victor. Er geht von der augustinischen Definition: „rei sacrae signum“ („invisibilis gratiae visibilis forma“) aus, aber sie erscheint ihm ungenügend, weil zu weit. Er fügt ein Doppeltes hinzu: erstens dass das Sacrament mit der heiligen Sache, die es bedeute, eine natürliche Aehnlichkeit haben müsse; zweitens dass es auch Träger dieser heiligen Sache sei und sie dem Empfänger des Zeichens mittheile. Daher (de sacram. christ. fid. I, 9, 2): „Sacramentum est corporale vel materiale elementum foris sensibiliter propositum ex similitudine repraesentans, ex institutione significans et ex sanctificatione continens aliquam invisibilem et spiritalem gratiam", oder (Summa tract. IV, 1): „sacramentum est visibilis forma invisibilis gratiae in eo collatae, quam scil. confert ipsum sacramentum, non enim est solummodo sacrae rei signum sed etiam efficacia." Das Sacrament hat ferner von der Natur die similitudo, durch die Einsetzung die significatio, die efficacia durch das Weihewort des Priesters, oder die erste vom Schöpfer, die zweite von Christus' und die dritte vom Dispensator (!). Dieser deutsche Mystiker" ist mithin der Erste gewesen, der die verderbliche Definition fixirt hat, welche das Sacrament so traurig veräusserlichte und das verbum elimirte. Die augustinische Unterscheidung von sacramentum und dem Heilsgut im Sacrament (res sacramenti oder res cuius sacramentum est) hat Hugo beibehalten.

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Hugo's Definition ging auf den Lombarden über und ist in der Kirche nicht mehr verdrängt worden. Durch sie sind die Sacramente im engeren Sinn aus dem Bereich der Sacramentalien" herausgehoben worden: die Sacramente sind nicht nur signa, sondern sie sind Träger und causae der Heiligung. Der Lombarde definirt (Sent. IV, Dist. 1 B): Sacramentum proprie dicitur, quod ita signum est gratiae dei et invisibilis gratiae forma, ut imaginem ipsius gerat et causa existat. Non ergo significandi tantum gratia sacramenta instituta sunt, sed etiam sanctificandi. Quae enim significandi gratia tantum instituta sunt, solum signa sunt et non sacramenta, sicut fuerunt sacrificia carnalia et observantiae ceremoniales veteris legis." Es sind aber ferner die Sacramente ,,signa data" (non naturalia), nämlich in dem Sinn, dass sie auf freier göttlicher Einsetzung beruhen. Von Hugo unterscheidet sich der Lombarde somit darin, dass er nicht ein corporale vel materiale elementum für nothwendig hält, sondern nur irgend ein signum, welches also auch in einer Handlung bestehen kann, und ferner darin, dass er nicht sagt,

'Aber Hugo verzichtete noch darauf, alle Sacramente auf die Einsetzung Christi zurückzuführen.

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