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Schon frühere Verordnungen v. 3. Febr. 1833, durch den Druck zur öffentlichen Kunde gekommen, verlangen, dass der Lehrer nicht blos unterrichten, dass er auch erziehen solle; ein neueres h. Ministerialrescript v. 10. Febr. d. J. an die Kreisregierungen, Rectorate und Scholarchate gerichtet, spricht diese Forderung noch bestimmter also aus: ,,Seine Maj. der König wollen Allerhöchst Ihr Volk fortschrei,,ten sehen auf der Bahn der Vervollkommnung; dieser Fort,,schritt soll aber bekanntlich ein allseitiger sein, er soll ,,Seele und Körper, Geist und Gemüth in gleichem Maasse ,,umfassen; Lehren und Erziehen sind, wie schon öfters be„merkt worden, die grosse Doppelgrundlage, auf welcher ,,das Bildungssystem des bayerischen Monarchen beruht; die ,,Menschen verständig, aber auch zugleich religiös und tu,,gendhaft, also eines zweckmässigen Gebrauches des Er,,lernten fähig zu wissen, ist der erklärte und unwiderruf,,liche Wille des erhabenen Königlichen Herrn."

Kann die jetzt erst erfolgte Inspection bezeugen, dass wir diesen Forderungen Folge leisten, so könnte sie, wenn sie um viele Jahre früher erschienen wäre, mit gleicher Wahrheit melden, dass wir ihnen sogar zuvorgekommen, dass unsers Königs edler Geist und Willen seinen hiesigen Dienern zur Richtschnur diente, noch ehe er durch seine Organe sich so vernehmlich aussprach, ja wir glaubten uns sogar durch den Geist schon der älteren Schulverordnungen dazu aufgefordert und verpflichtet.

Gewiss hat jedoch unsere hohe Staatsregierung auch leidige Beobachtungen und Erfahrungen der entgegengesetzten Art gemacht; das bezeugen die gewichtigen Worte des hochgestellten Mannes, die jüngst in unserer Ständeversammlung vernommen, durch die öffentlichen Blätter zur Kunde Europas kamen: Die Regierung hat das religiöse und sittliche ,,Princip in der Erziehung wieder hergestellt, sie hat den ,,Irrthum jener Lehrer berichtigt, welche allmählich gewöhnt

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,worden waren, blos in dem Unterrichten die Aufgabe ihres ,Wirkens zu erblicken. Das Kind mochte moralisch gut oder ,,schlecht werden, es mochte Religion und Glauben in sich ,,aufnehmen, oder die höchsten Güter des Lebens, den ein „zigen wahren Trost in trüben Tagen, aus seinem Herzen »gerissen sehn, gleichgültig blickte mancher Schulmann dar„über hinweg, wenn nur gut recitirt wurde, was gute und ,,böse Worte, was eine oft auf Kosten der Gesundheit ge,,steigerte Anstrengung dem Gedächtniss eingeprägt hatte, ,, wenn nur hohle Worte erklangen, um kurz darauf zu ver,,hallen, und ein zerstörtes wüstes Gemüth als einziges Er,,gebniss der Schule zurückzulassen. Dieser Zustand der „Dinge konnte nicht bleiben etc." *).

Nur böswillige Missdeutung könnte behaupten, dass diese Worte ein allgemeines Verdammungsurtheil des bayerischen Lehrerstandes aus der vorigen Regierungsperiode enthalten. Näher aber liegt der Schluss, dass mit jenem Nachtgemälde geist- und herzlosen Unterrichtes wenigstens ein herrschender Geist geschildert worden. Auch das wäre beklagenswerth genug.

Wollte nun der Lehrer in einer Provinzstadt, der nur Beruf und Macht hat, seine nächste Umgebung zu kennen, das Urtheil des hochgestellten Staatsmannes, der von seiner Höhe herab allein das grosse Ganze eines Volks und Reiches zu überschauen vermag, einer Prüfung unterwerfen, so hiesse das mit Recht eine unverzeihliche Vermessenheit; aber zu verargen war' es auch dem niedersten nicht, wenn er bei einer Unzufriedenheit seines Königs oder seiner hohen Obern, welche die Mehrzahl seiner Standesgenossen trifft, der Minderzahl anzugehören dringend wünscht. Gleichgültigkeit gegen

*) S. Verhandlungen der bayerischen Ständeversammlung v. 20. Juni 1837. Bd. VI. S. 414. Augsburger Allgemeine Zeitung v. 27. Juni 1837. Ausserord. Beil. Nr. 306. S. 1225.

Tadel kann nie ein Lob sein; sie ist nur das traurige Erbtheil des Hochmuths, der sich selbst genug ist; oft ist es zwar Pflicht des tüchtigen Mannes, den Tadel zu ertragen, such ihm zu trotzen, nöthigenfalls ihn selbst zu verachten, selbst wenn er von einer Mehrheit kömmt; denn nicht um mit aller Welt in Frieden zu leben, ist der Mann hingestellt in das bewegte Leben widerstrebender, feindseliger Ansichten, und kein rechter Mann hat es je allen recht gemacht. Aber seinem Herrn und König muss und soll jeder Diener zu Dank arbeiten, und gegen jeden Vorwurf, selbst jeden Verdacht muss er sich, wofern er kann, rechtfertigen, reinigen, verwahren; wofern er es nicht kann, seine Ehre befleckt fühlen. Solche Denkart kommt dem Herrn zu gut, und ein Diener, der ihrer entbehrt, ist nicht fern von dem Wege des Verräthers.

Nach diesem Grundsatz, dem Sie, verehrte Anwesende, Ihren Beifall nicht versagen werden, darf ich wohl in dieser mir vergönnten Stunde das Vertrauen aussprechen und die Wahrscheinlichkeit darzuthun versuchen, dass jenes nächtliche Gemälde des bayerischen Schulwesens nicht von uns erer Schulanstalt entnommen, und von jenem umfassenden Tadel nicht die Lehr- und Erziehungskunst der hiesigen Lehrer getroffen werde. Ich möchte Sie überzeugen, dass wir von jeher Erziehung mit dem Unterricht zu verbinden bemüht waren, und nicht das eine noch das andere zu unserer Aufgabe machten, sondern den innigen, sich durchdringenden Verein beider, den wir Bildung nennen.

Wie könnten wir hiezu eine günstigere Stunde finden, als diese, wo mir ein äusserer Beruf aufgibt, vor den hohen Behörden dieser Stadt, welche theils ihr Amt, theils ihr Gemüth unserem Thun und Treiben mit aufmerksamen Blick zu folgen veranlasst, vor den gebildetsten urtheilsfähigsten Eltern und Jugendfreunden Rechenschaft von unserem Wollen und Wirken zu geben, und wo ich Ihr Zeugniss ansprechen darf?

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Ja ich selbst finde eine besondere persönliche Aufforderung dazu in dem Umstand, dass ich, seit achtzehn Jahren durch Königliche Gnade zur Leitung dieser Schule berufen, mich zu den ältesten Gymnasialvorständen unseres Vaterlandes zählen darf, und die mehrsten und wichtigsten Schicksale und Umwandlungen unseres Schulwesens mit erlebt habe. Daher, wenn unsere Schule wirklich jenem düstern Gemälde gleicht oder glich, so hab' ich länger als andere in der Verblendung gelebt und muss mich schwerer als jeder andere belastet fühlen.

So erlauben Sie mir, mich und meine Mitarbeiter in die Stellung eines Angeklagten zu versetzen, der sich zu reinigen gedrungen fühlt, und verzichten Sie unter den dargelegten Verhältnissen darauf, den Spruch, dass jeder, der sich rechtfertigt ohne verklagt zu sein, sich selbst verklage, auf uns und unsere Lage anzuwenden.

Erwarten Sie nicht, dass ich die Zeugnisse herbeirufe, in denen bald die hohe Kreisregierung, bald die höchste Staatsregierung alljährlich den Stand unserer Schule in ehrenvollen Worten als befriedigend anerkannt, und dabei die gute Zucht, die doch der sichtbare Theil der Erziehung ist, besonders hervorgehoben hat; erwarten Sie nicht, dass ich auf Erscheinungen hinweisen werde, die uns zu dem schmeichelhaften Glauben hinführen könnten, als geniesse unser Gymnasium auch im Ausland eines guten Rufs und Namens; befürchten Sie aber auch nicht, dass ich durch ein vollständiges System und pädagogisches Glaubensbekenntniss, oder durch Aufzählung unserer sämtlichen Einrichtungen Ihre Geduld ermüden werde.

An der Stelle des vielen, was sich zudrängt, lassen Sie mich gleichsam als Probe, dass wir unsere Aufgabe zu verstehn suchen, einzelnes herausheben, was wir in der sittlichen Erziehung hauptsächlich ins Auge fassten, nicht mittelst eigener Schulverbote und Schulgesetze, noch mittelst

eigener Unterweisung und Vorträge, nein, vielmehr so, dass es unsichtbar, unhörbar den gesamten Unterricht, die gesamte Schulzucht durchdringen sollte. Was ich zum Stoff meiner Betrachtung wähle, das sind drei verkehrte Richtungen der Jugend, zu welchen der Geist unseres Jahrhunderts mit besonderer Bereitwilligkeit den Weg weist. Und woon Männer mit welthistorischem Blick recht thun, unsere Zeit als die Periode der Emancipation zu bezeichnen, so sind jene fehlerhaften Neigungen mit der Emancipationssucht blutsverwandt, ob in aufsteigender Linie als Eltern, oder in absteigender als Kinder, wag' ich nicht zu entscheiden; ihre Namen aber sind nicht unbekannt; sie heissen Misologie, Präcocität und Plebejität. Diesen Schlangen den Kopf zu zertreten, ist unser ernstes Bestreben, und der Weg zu diesem Sieg der häufige Gegenstand unserer Berathungen, wenn uns Lehrer Amtspflicht, oder wenn uns Freundschaft zusammenführt.

Lassen Sie mich diese drei Feinde Ihnen im Lichte zeigen und wie wir gegen sie ankämpfen, mit wenigen Zügen andeuten.

Ungern gebrauche ich die fremden Namen, ungern gestehe ich mein oder meiner Muttersprache Unvermögen, jene Abneigung einzelner, ihren Geist durch Studium, durch Wissenschaften, durch Bücher zu bilden, so kurz und bündig zu bezeichnen, wie die Griechen und die Gelehrten es thun, durch Misologie. Es ist nicht Verachtung der Geistesbildung überhaupt, es ist nur der Hass des natürlichsten Wegs zu ihr, ein Hass, der bald in der Trägheit, bald im Hochmuth seine Wurzel hat. Die Vorarbeit der edlen Geister der Vorzeit, die Errungenschaft der Jahrhunderte, das Erbtheil der Jahrtausende wird verschmäht, alles Alte gilt für veraltet, alles Gewordene für todt, nur das Werdende hat Geltung. Allein

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