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dass bei dem guten Schüler das Gefühl der Ehrfurcht einem andern wenn auch sonst schönen Gefühle weiche; denn von jener Liebe, welche die Philanthropinen übten, und um welche sie warben, ist zur Vertraulichkeit, von dieser zur Gleichstellung und dann zur Missachtung kein gar zu schwerer noch zu seltener Uebergang, und dann kein Rückschritt mehr; die ehrwürdige Erscheinung aber kann sich auch zum Gegenstand der Liebe gestalten, sobald sie will und es dienlich findet.

Diese drei Kräfte, die Ehrliebe bei den gesamten Schülern, die Freude und Liebe zu dem Lehrgegenstand vorzüglich bei dem Jüngling, die Ehrfurcht und Liebe gegen den Lehrer vorzüglich bei dem Knaben, sollten, dünkt mich, ausreichen, um jugendlichen Geistern Schwungkraft zu verleihen und zugleich das Gemüth und Herz, dessen Ausbildung und Sorge kein wahrer Lehrer den Eltern allein zuweisen wird und darf, rein und unschuldig zu erhalten und zu veredeln, anstatt es zu gefährden oder gar zu vergiften. Wo diese Kräfte zusammenwirken, da kann ein Gebrauch wie die Austheilung von Preisen unschädlich fortbestehn, und wenn ja etwas zu fürchten bleibt, so ist es die Möglichkeit, er könne chr zu bedeutungslos als zu bedenklich erscheinen. Wer aber durch die Aussicht auf solche Auszeichnung den Ehrgeiz anzuspornen nöthig hat, der misstraut, mit Recht oder mit Unrecht, ner eigenen Kraft, und bleibe fern. Denn er glaube nicht, dass er, der das innerlich verzehrende und nach aussen verwüstende Feuer angezündet, dasselbe auch wieder löschen könne nach Gefallen; das vermag er so wenig, als der Rebell, der die Galeerensclaven befreite zu seinen Zwecken, sie bewegen wird, nach seinem Willen zurückzukehren in ihre Eisen.

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V. *).

Hochverehrte Versammlung!

Wenn die ursprüngliche Bestimmung der Worte, die ich alljährlich von dieser Stelle zu sprechen habe, darin besteht, die Freunde der gelehrten Schulbildung von dem Zustand der Anstalt zu unterrichten und anzudeuten, was im nun geschlossenen Schuljahr im allgemeinen erstrebt und geleistet worden, so muss ich die heutige Rechenschaft mit dem Bekenntniss eröffnen, dass nicht alle Hoffnungen, die ich im vorigen Jahre aussprechen durfte, in Erfüllung gegangen sind. Eine neue Ordnung war es, die ich damals anzukündigen hatte, eine langerwartete, welche einem schwankenden Zustand, in dem die sämtlichen Anstalten unseres Vaterlandes durch theilweise Veränderungen sich befanden, ein schnelles leichtes Ende machen sollte. Die Reihe der Jahre, welche der Ausarbeitung des neuen Schulplans gewidmet worden waren, die Namen der Männer, die gemeinsame Hand ans Werk gelegt hatten, der erklärte Wille des Monarchen, das Schulwesen endlich geordnet und gehoben zu sehn, die Vorbereitungen, welche schon damals eingeleitet waren, diess

*) Gehalten bei der öffentlichen Preisvertheilung am 31. August 1830, nachdem der neue Schulplan vom 8. Februar 1829 durch die im allgemeinen noch geltende Schulordnung von 1830 modificirt worden. Zur Erläuterung dient Fr. Thiersch über gelehrte Schulen. Dritter oder constructiver Band. 1829. Und C. Roth Wünsche zur Fortbildung des bayerischen Lehrplans. Nürnberg 1830.

alles liess nicht zweifeln, dass wir nach Jahresschluss von dem Gedeihen eines umgestalteten Gymnasiums und von den Früchten einer neuen Ordnung würden Rechenschaft geben können. Allein Schwierigkeiten, die durch öffentliche Stimmen angeregt, von Schulmännern zum Theil bestätigt und nur von der höchsten Vollzugsbehörde in ihrem ganzen Gewicht gefühlt wurden, haben die wirkliche Ausführung des neuen Schulplans aufgehoben und gehindert. Und wenn diese neue Verzögerung an manchen Orten zu neuen Verwickelungen Anlass gegeben, so hat die hiesige Anstalt durch den Grundsatz, den sie befolgte, die früher bestandenen Einrichtungen in ihrem ganzen Umfang so lange festzuhalten, bis der neue Schulplan in seinem ganzen Umfang wirklich in Vollzug gesetzt sei, die Gefahr neuer Verwickelungen und Schwierigkeiten vermieden und eine noch vermehrte Durchkreuzung verschiedener Gesetzgebungen abgewehrt.

Wir stehn nun abermals wie beim Schluss des vorigen Jahres an der Schwelle einer neuen Ordnung. Denn unser freisinniger Monarch hat wenigstens die achtbaren Stimmen, welche sich gegen den neuen Schulplan erhoben, nicht überhört noch missachtet, und einen geänderten Schulplan, in welchem viele Zweifel und Schwierigkeiten der vorigen gehoben sind, seinem Volke dargeboten. Wenn Schweigen ein sicheres Zeichen der Zustimmung heissen darf, so scheint die öffentliche Meinung durch jene Aenderungen versöhnt und beschwichtigt, und ist ein neuer Verzug und Aufschub so wenig zu besorgen als zu wünschen.

Was eben dieser neuen Ordnung ihre Ausführung erleichtert und ihren Bestand sichert, das ist die Verzichtleistung auf eine allgemeine Uniform aller vaterländischen Gymnasien. Wenn irgend etwas, so ist diess gewiss ein bedeutender Schritt zum Besseren, nicht blos desshalb, weil das wahre Leben und die freie Entwickelung durch jene Gleichförmigkeit ohne Rücksicht auf die Eigenthümlichkeit der Per

sonen oder die Bedürfnisse des Orts und der Zeit gehemmt wird, sondern schon aus dem Grunde, weil selbst bei der gewissenhaftesten Beachtung des allgemein Verordneten doch immer die Verhältnisse einzelne Abweichungen gebieten, während jede Gesetzgebung doch vor allem zu verhüten hat, dass eines ihrer Gesetze mit Recht und ungestraft umgangen werden könne.

Dieser wohlthätige Grundsatz zeigt sich unter anderem auch in jenem Theil der neuen Schulordnung, welcher die Abfassung der längst gewünschten Schuldisciplingesetze in die Hände der einzelnen Lehrercollegien legt. „Der Gymnasialrector, heisst es, hat in Verbindung mit den Lehrern zur Einhaltung eines festgeregelten Lebens der Schüler besondere, den Bedürfnissen des Jünglings und den Verhältnissen des Orts entsprechende, Schulsatzungen zu entwerfen und nach erfolgter Genehmigung der Kreisregierung in Anwendung zu bringen."

Die Lehrer werden es nun ihr erstes Geschäft sein lassen, diesem ehrenvollen Auftrag nachzukommen und der Art und Weise, wie sie bisher die vorliegenden, nicht alle Verhältnisse umfassenden Disciplinargesetze in Anwendung brachten, einen festeren Bestand zu geben.

Ohne nun dieser collegialischen Berathung und der höheren Bestätigung vorgreifen zu wollen, sei es mir erlaubt, in dieser Stunde auszusprechen, welche Grundsätze der Erziehung und welcher Geist bisher die Disciplin an hiesiger Studienanstalt und ihre Handhabung geleitet haben, und auch die Grundlage der neu zu entwerfenden Disciplinarordnung bilden werden.

Wir müssen aber hier gleich vorne eine Ansicht prüfend ins Auge fassen, welcher wir nicht selten begegnen, und welche unter den Wohlmeinenden um so mehr Freunde findet, als sie die Farbe der Humanität trägt. Das ganze Schulleben, meinen viele, soll nur ein Wiederschein des Familienlebens

sein und sei in der einzelnen Erscheinung in dem Grade vollkommen, in welchem die Schule keinen Unterschied von dem väterlichen Hause fühlen lasse. Ich trage kein Bedenken, ein solches Verhältniss nicht etwa ein zu hoch gestelltes unerreichbares Ideal, sondern eine dem innersten Wesen der öffentlichen Schule widerstrebende Vorstellung zu nennen. Sie beruht auf der Verwechselung der Schule mit dem Erziehungsinstitute, und selbst dieses wird sich, wenn es als Staatsanstalt für bestimmte Zwecke des öffentlichen Lebens errichtet ist, bei weitem nicht alle Seiten des Familienlebens zum Vorbild nehmen dürfen, ohne seines Zweckes zu verfehlen. Nur und einzig Privaterziehungsanstalten können sich anheischig machen, ohne Beeinträchtigung ihrer Zwecke dem Zögling alles das wieder zu geben, was er mit dem Abschied aus dem elterlichen Hause verlässt.

Die öffentliche Schule aber darf die Unähnlichkeit und selbst eine Art Gegensatz gegen das häusliche Leben nicht scheuen, falls sie eine höhere Bedeutung anzusprechen das Recht hat, als blose Ergänzung des Privatlebens zu sein. Was für den Mann sein Amt und Beruf, der ihn täglich aus dem ruhigen Frieden seines Hauses, aus dem gemüthlichen Kreis der Seinen abruft zu Ernst und Arbeit oder gar zum Kampf, das ist für den Knaben die Schule. Und sehn wir nicht mit jedem jungen Jahre, wie tief diess Bewusstsein in dem Knaben selbst liegt? mit demselben aus edlem Stolz und wohlanständiger Schüchternheit gemischten Gefühl, mit welchem der Mann seine erste Amtshandlung verrichtet, die ihm als Wahrzeichen für seine fernere Brauchbarkeit und Tüchtigkeit im Leben gilt, verlässt auch der achtjährige Knabe zum erstenmal das elterliche Haus und tritt in den neuen Kreis seines jugendlichen Staatslebens. Und wie bald erfährt er hier den Ernst des Lebens, den ihm die Mutterliebe bis dahin entrückte oder verhüllte! wie bald erfährt er im Kleinen und Erträglichen, was der Dichter dem rei

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