Obrázky na stránke
PDF
ePub

Wissenschaft aufhöre und der todte Schatz beginne. Für den sachkundigen und erfahrenen Lehrer nehme ich die Einsicht in Anspruch, dass vieles Unscheinbare und an sich Nichtige durch seinen eigenen Zusammenhang oder durch die Kunst der Verbindung ein unentbehrliches Glied der Kette bildet, und auf mittelbarem Wege dem Verstande Licht oder dem Gemüthe Wärme bringt, während es vereinzelt wie werthlose Kleinigkeit und feiler Gelehrtenkram erscheint. Denn das ernstlichste Bestreben, durch eine Wissenschaft oder Kunst nicht für die Schule, sondern für das Leben zu bilden, schliesst die Gründlichkeit nicht aus, darf sie nicht ausschliessen. Kein Lehrgegenstand aber ist fähiger von Knaben und Junglingen mit Gründlichkeit und, ich möchte sagen, selbst bis zu einem Grad der Vollendung und Meisterschaft aufgefasst zu werden, als eben die alten Sprachen; da halte man schon desshalb diesen Lehrgegenstand fest und übe den Schüler, nach unseres Dichters Rath:

Freunde, treibet nur alles mit Ernst und Liebe; die

beiden

Stehen dem Deutschen so schön, den ach! so vieles

entstellt.

Aber wenn heutiges Tags die allgemeine Bildung noch mehr Lehrzweige verlangt als die frühere Zeit, so müssen sich als nothwendige Folge, da weder die Dauer der Tageszeit noch die Gelehrigkeit der Geister in gleichem Maasse gestiegen ist, auch die Ansprüche an die philologische Bildung etwas herabstimmen. Jene Macht über die lateinische Sprache, welche ehemals ein unerlässliches Merkmal jedes Gebildeten und eine fast unbewusste Wirkung des Schullebens war, ist allmählich durch die öffentliche Meinung auf den Kreis der Gelehrten beschrankt worden. Keine Energie der Regierungen, keine Kunst der Methode, kein Eifer der Lehrer kann jenen Zustand zurückführen, denn er war nur möglich durch die allgemeine Achtung, welche der lateini

schen Sprache die Würde einer lebenden Sprache verlieh und sie mit dem Alltagsleben verbrüderte, durch das lebendige Gefühl der Unentbehrlichkeit ihres Besitzes, ein Gefühl, dessen nur die seltenern Naturen entbehren können, und endlich durch die noch mangelhafte Ausbildung der modernen und volksthümlichen Denk- und Sprechweise, welche gegenwärtig der Aneignung der alten Sprachform wie ein eifersüchtiger Dämon entgegenarbeitet. Aber noch hat jene Sitte sich soweit in Kraft erhalten, dass die Erlernung dieser Sprache keinem Sachverständigen als ein Zeitverlust gilt, und dass die Meisterschaft in ihr als ein Schmuck des Gebildeten betrachtet wird. Drum sei es ferne von uns, auf dieses Bildungsmittel zu verzichten.

Die Schulsprache der Pädagogik hat sich gewöhnt, dem klassischen Unterricht die übrigen Lehrfächer unter dem Namen Realien entgegenzusetzen und versteht unter ihnen den Unterricht in Geschichte und Geographie, in Naturlehre und Naturgeschichte und Mathematik, ja wir hören wohl sogar die Religion und die Muttersprache dazu zählen. Von der ernsteren Betreibung dieser Lehrfächer erwarten viele, ja man kann sagen die entschiedene Mehrheit derer, die über Jugendbildung miturtheilen, das neue Heil, den wahren Segen. Ich kann versichern, dass diese sämtlichen Lehrfächer ihre Stelle, so wie in unserer allgemeinen Schulgesetzgebung, so auch in unserer Anstalt einnehmen, dass sie mit Ernst und Gewissenhaftigkeit und auch innerer Theilnahme gelehrt werden, aber doch vielleicht in anderem Geist und mit anderer Tendenz, als jene Reformatoren meinen. Es herrscht über den Werth und die Wirksamkeit einiger von diesen Unterrichtszweigen so manches erklärliche Vorurtheil, so manche überspannte Erwartung, dass ich gern diese Gelegenheit ergreife, mich theils offen ankämpfend, theils leiser andeutend auszusprechen, in welchem Geiste diese Realien von uns behandelt werden.

Der Unterricht in der Weltgeschichte ist erst durch die neuere Pädagogik in den Kreis der Schule eingeführt. Auf der Anstalt, welcher ich meine Schulbildung danke *), fehlte er ganz, und ich glaube behaupten zu können, gleichzeitig auf allen Gelehrtenschulen, welche seit ihrer Gestaltung durch unsere grossen Reformatoren keine neue Reformation erfahren hatten. Wurde auch auf die alte Geschichte von Griechenland und Rom Rücksicht genommen, so blieb doch die Kenntniss des Mittelalters und vollends der neuern Zeit völlig dem späteren academischen Studium aufgespart, und das Interesse an dieser Wissenschaft ward mehr für eine freie Kunst angesehn, etwa wie die Musik, als für einen wesentlichen Theil der Jugendbildung. Ja wer die Geographie mit Vorliebe trieb und durch solcher Art Kenntnisse sich auszeichnete, stand in geringem Ansehn bei Lehrern und Mitschülern, als einer der dem leichtesten und fast mechanischen Geschäft sich am liebsten zuwende, lieber einsammle als verarbeite, und die eigentliche Mühe des Denkens scheue, Für diese Ansicht ist die Zeit vorüber. Die wissenschaftliche Bildung hat sich mit dem thätigen Leben in dem letzten Menschenalter so befreundet und verbrüdert, dass der Gebildete an den Interessen seiner Zeit und wie sie geworden, Antheil nehmen muss, und wie ist das möglich ohne Geschichte? Zu diesen Kenntnissen soll nach den Forderungen unseres Jahrhunderts schon die Schule vorbereiten, anregen und anleiten. Diess geschieht, es geschieht auf allen vaterländischen Schulen, es geschieht auf der hiesigen sogar durch einen besonderen, der Geschichtsforschung ergebenen

*) Schulpforte, in den Jahren 1807 bis 1810, also in der Zeit als sie noch eine sächsische Fürsten- oder Klosterschule war, und ehe sie an das K. Preussen abgetreten, nach der Form der preussischen Gymnasien neu organisirt wurde.

Lehrer.

Aber dem Erwarten jener Ueberspannten, velche von dem Geschichtsstudium den Haupteinfluss auf die geistige Entwickelung des Knaben und Junglings hoffen, dem kann nicht entsprochen werden, soll nicht entsprochen werden. Ich sage, es kann nicht, eben weil die Weltgeschichte ein so erhabener Gegenstand wirklich ist, wie jene Ueberspannten behaupten, und eben desshalb zu gross und zu riesenhaft nicht blos durch die Masse ihres Umfangs, sondern mehr noch durch die Tiefe ihrer Idee, um selbst von dem geistvollsten Jüngling in ihrer wahren Bedeutung aufgefasst zu werden; ich sage, es soll nicht, weil dieses Studium mit praktischer Beziehung so früh getrieben, zur Frühreife und Altklugheit führt. Oder ist es etwa die Aufgabe der Schule, ihren Zögling so reif zu entlassen, dass er im achtzehnten Jahre das vermöge, was streng genommen nur grossen Geistern gewährt ist, seine Zeit zu begreifen, und ein festes, sicheres politisches Urtheil dem reifen, lebenserfahrenen und geprüften Mann gegenüber verfechten könne? Ist es nicht genug, wenn seine Gefühle frisch genug und seine Vorkenntnisse vollständig genug sind, um seinen Blick über den engen Kreis der nächsten Umgebung und des egoistischen Interesses hinauszuwerfen und die Ereignisse mit wissbegierigem Sinne aufzufassen ?

Der Unterricht in der Religion ist gesetzlich einem geistlichen Lehrer übergeben, welcher unter Mitaufsicht der kirchlichen Behörde nicht Natur- oder Gefühlsreligion, nicht Religionsphilosophie lehrt, sondern positives Christenthum im Sinne des evangelischen Lehrbegriffs, aber auch dieses nicht in einer systematischen Form, welche dem academischen Vortrage ungebührlich vorgreifen würde, sondern mittelst Erklärung der heiligen Schrift. Diese Schrift dem jugendlichen Gemüthe aufzuschliessen und nahe zu bringen und theuer zu machen, dem Knaben in der Uebertragung, dem Jünglinge in der Ursprache, das ist die höchste Aufgabe

dieser Lehrer. Denn wie unendlich viel ist gewonnen, wenn der einzelne in den späteren Jahren des zum Unglauben hinneigenden Zweifels eine Krisis, von welcher selten ein selbständiger Geist verschont bleibt mit jenem kindlichfrommen Zweifler fühlt, der von sich bekannte, dass er irre geworden sei in seinem Glauben, aber Gott inbrünstig gebeten habe, es möchte dennoch seinem Zweifel zum Trotz das wahr sein, was er sonst mit solcher Freude geglaubt habe und jetzt nicht mehr glauben könne. Wohl dem, der christliche Worte und Lehren zu seinen Jugenderinnerungen zählen kann!

Klagt man vielleicht, dass bei diesem Unterricht der neunjährige Knabe so manchen heiligen Spruch, der durch seine Tiefe das Fassungsvermögen dieses Alters weit übersteigt, hören und selbst dem Gedächtniss einprägen müsse? Kein ernster Pädagog wird behaupten, dass der Knabe nichts lernen dürfe, als was er sogleich ganz bemeistern könne. So wie wir manches für ein künftiges Vergessen lehren und lernen, so noch mehr für ein künftiges Verständniss. Und wer von uns sollte nicht an sich selbst die wohlthätige Erfahrung gemacht haben, wie wir ein geistiges Besitzthum allmählich in uns wachsen oder licht werden sehen? Dazu aber ist kein Buch so geeignet als eben die heilige Schrif, jenes einzige Werk, welches zugleich für den Ungelehrtesten kein verschlossener Schatz bleibt, und doch zugleich von dem Gelehrtesten nie ganz zu ergründen und zu begreifen ist.

Für den mathematischen Unterricht ist durch die Schulordnung selbst und ihre Ausführung an hiesiger Anstalt so gesorgt, dass ich einer Erläuterung erhoben bin. An ihn schliesst sich zugleich derjenige Theil der Naturwissenschaft an, welcher der geeignetste scheint für den Schulunterricht, die mathematische Geographie, welche Anlass genug giebt, die allgemeinsten und nothwendigsten Belehrungen aus der

« PredošláPokračovať »