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über jene ausgesprochen zu haben. Sieht man sich in dieser Beziehung z. B. die zwölfte Satire an, so kann man, wenn man darauf ausgehen will, in ihr alle dieselben scheinbaren Mängel nachweisen, deren halber Kempf die XVte Satire für unecht erklärt hat. Auch in der zwölften, ebenfalls in Briefform abgefassten Satire tritt der Dichter mehr als Erzähler eines Schiffbruches, denn als Satiriker auf, so dass man die Tendenz des Gedichts nicht sogleich deutlich erkennen kann. Es herrscht dort ein ähnliches Missverhältniss zwischen den einzelnen Theilen des Gedichts, wie in der XVten Satire und die überraschenden Schlussbemerkungen scheinen auch dort dem Inhalte und der Tendenz des übrigen Gedichts nicht ganz zu entsprechen. Auch dort ist an die Stelle der dem Juvenal sonst so eigenthümlichen Strenge und Schärfe geschwätzige Wortfülle getreten. Es fehlt da nicht an Digressionen (V. 5761. V. 101-110), an Sätzen, welche den bündigen Zusammenhang unterbrechen (V. 25-29. V. 36. V. 41 fg.), nicht an genaueren Beschreibungen von Oertlichkeiten, mit deren Kenntniss der gelehrte Dichter angeblich prahlen will (V. 70-74. V. 75— 82), nicht an Wiederholungen und vermeintlichen Tautologien (V. 5-9. V. 11 fg. V. 15 fg. V. 37 fg. verglichen mit V. 43 und 52; ferner V. 49. V. 62 fgg.), nicht an Sentenzen (V. 50 fg. V. 55), und dennoch ist es Niemandem eingefallen, die Echtheit dieser Satire in Zweifel zu ziehen. Ueberhaupt herrscht, wie dies schon Andre ganz richtig bemerkt. haben (2), in den letzten Satiren Juvenals nicht

(2) W. E. Weber sagt in s. Uebers. S. 227.: «Verkennen lässt sich endlich auch nicht, dass im Ganzen der Ton aller späteren Satiren ungleich gelassener ist, und von einem durch missgeschaffne Zeiten minder gereizten Sinne zeugt, was man theils Juvenals zunehmendem Alter, theils gewiss auch der grösseren Würde des Trajanischen Regierungssystems zuschreiben darf. Ebenso bemerkt Jahn in sein. Recens. der Heinrichsch. Ausgabe 26. zu Anf.: «Die letzten Satiren unterscheiden sich von den ersten sechs in Ton und Färbung sehr; in den

mehr dieselbe scharf züchtigende Heftigkeit, mit der er in den ersten Satiren die Laster seiner Zeitgenossen gegeisselt hat; vielmehr sehen wir den Dichter vorzüglich von der XIIten Satire an sich immer mehr in Sentenzen und Gemeinplätzen gefallen; er wird breiter und geschwätziger, und wo er sonst schalt und zürnte, da verliert er sich hier in rhetorisch aufgeputzte Betrachtungen. Auch in der äusseren Form stimmen die letzten Satiren eben so unter sich überein, wie sie darin auf gleiche Weise von den ersten abweichen. Während nämlich in diesen fast durchgängig die lebhaftere dialogische Form gewählt ist,-in der vierten Satire entwickelt sich vor uns eine vollständig dramatische Scene,-hat Juvenal in der achten und von der eilften Satire an in allen folgenden die ruhigere Briefform festgehalten. Nicht ohne grosse Wahrscheinlichkeit haben neuere Ausleger in allen diesen Abweichungen die Zeichen der Altersschwäche erkannt (vgl. in W. E. Webers Uebers. ausser der in Anm. 2. ausgeschrieb. Stelle noch S. 230. 565. 577. 591 und 605. ferner desselben Rec. der Heinr. Ausg. S. 156. Anf.), und wenn man, dass die in der gewöhnlichen Ordnung zuletzt stehenden vier oder fünf Satiren um viele Jahre später als die ersten

letzten scheint Juvenals Feuer erloschen, der Grimm macht einer grämlichen Gemüthlichkeit Platz, die lebendige Beziehung auf Zustände und Persönlichkeiten tritt zurück vor allgemeinen Schilderungen, Hinneigung zu gewissen philosophischen Sätzen und zum Moralisiren zeigt sich immer mehr, die Darstellung wird breiter. Grade in diesen Satiren sind auch der verdäch tigten Verse mehr.» Nichts andres wollte wohl auch Orelli S. 253. mit den Worten andeuten: «Omnino enim in posterioribus satiris haud pauca reperiuntur, quae non satis sunt absoluta. Nominatim in hac (XV.), cujus argumentum egregium est, quod ad dicendi genus pertinet, multa reprehendi possunt. Nach K. Fr. Hermann (Rec. S. 75.) hat sich Juvenal in seinen späteren Lebensjahren (seit der Xte Satire) sichtlich auf einen universellen, kosmopolitisch - philosophischen Standpunkt erhoben, wodurch natürlich seine sich früher bei jeder Gelegenheit äussernde Heftigkeit bedeutend gedämpft werden

musste.

gedichtet sind, ganz abgesehen von deutlicheren Beweisen und genaueren Bestimmungen, die für eine solche Behauptung hier und da von den Auslegern gegeben worden sind, mit einer gewissen Sicherheit schon aus dem Tone und der Färbung der letzten Satiren abnehmen kann; wenn ferner sowohl einige Stellen der ersten Satire, als auch die aus alter Zeit uns überlieferten Lebensbeschreibungen Juvenals mit Bestimmtheit andeuten, dass Juvenal überhaupt erst in vorgerückterem Mannesalter als Satiriker aufgetreten ist (vgl. W. E. Weber's Uebers. S. 225. End, und S. 226.): so wird die Vermuthung, er habe die letzten seiner uns erhaltenen Satiren im Greisenalter geschrieben, wohl zur Gewissheit. Namentlich von der XVten Satire heisst es bei Heinrich II, S. 502: «Der Ton des Ganzen ist zu sehr gedämpft, zu ruhig und gelassen für jene frühere Lebenszeit des Dichters, und scheint allerdings die Gemüthsstimmung auf einer höheren Stufe des Alters zu verrathen.» eine Ansicht, welche auch K. Fr. Hermann getheilt hat, wie aus mehreren Stellen seiner Recension der Kempfschen Schrift (S. 75. 76 und 78.) hervorgeht. Genauer als die eben Genannten haben Francke (Exam. Crit. S. 93.), Orelli (Eclog. poëtt. latt. S. 250 fg.) und W. E. Weber (Uebers. S. 591.) das Alter bestimmt, in welchem aller Wahrscheinlichkeit nach Juvenal diese Satire geschrieben hat, indem sie, vollkommen mit einander übereinstimmend, aus der Andeutung des Dichters in V. 27:

-:

«Nos miranda quidem, sed nuper consule Junio Gesta-refermus»> gefolgert haben, die Abfassung dieser Satire müsse, vorausgesetzt, dass in jener Stelle von dem in das Jahr 119. n. Chr. fallenden Consulate des Q. Jun. Rusticus die Rede sei, in das 81ste Lebensjahr Juvenals gesetzt werden. Dürfte man sich nun auch keineswegs für gezwungen halten, diese so genaue Zeitbestimmung für unumstösslich richtig anzusehen, wie denn gleich z. B. die Rechnung W. E. Webers

nicht in jeder Hinsicht stimmen will (3), so unter-
liegt es doch keinem Zweifel, dass Juvenal die XVt
Satire nicht sehr lange vor seinem Ende, mithin,
da er allen Nachrichten zufolge über achtzig Jahre
alt geworden sein soll, in einem sehr hohen Alter
geschrieben hat. (Vgl. W. E. Webers Uebers. S. 230.)
Nichts desto weniger führt Kempf als einen laut
sprechenden Beweis gegen die Möglichkeit einer
solchen Annahme (4) die Sprache und den Ton der
XVten Satire an und sagt S. 85: «Sermo enim con-

W. E. Weber lässt nämlich (Uebers. S. 223.) Juvenal etwa
im Jahre 42. n. Chr. geboren werden und (Uebers. S. 230.)
etwa in einem Alter von 80 oder 81 Jahren im Jahre n. Chr.
121. oder 122. sterben. An letzterer Stelle fügt er noch hinzu:
« Er hat, wie uns die XVte Satire lehrt, bis kurz vor seinem
Ende gedichtet, ja es ist sehr wahrscheinlich, dass er in seinem
Berufe über der XVIten Satire gestorben ist.» Ist nun die
XVe Satire, wie W. E. Weber Uebers, S. 591. behauptet,
wirklich im ersten Jahre nach dem Consulate des Q. Jun.
Rusticus, d. i. 120 n. Chr. gedichtet, so kann Juvenal, als
er sie schrieb, nicht, wie Weber am zuletzt angeführten Orte
ausdrücklich hinzugesetzt hat, 81, sondern nur 78 oder höch
stens 79 Jahre alt gewesen sein. Um also in der ganzen Rech-
nung wenigstens die Zahlen unter sich in Uebereinstimmung
zu bringen, muss entweder das Geburtsjahr Juvenals früher,
oder das Jahr der Abfassung der XVten Satire später, oder
endlich das Alter Juvenals, als er diese Satire schrieb, gerin-
ger angesetzt werden. Welche von diesen drei Massregeln die
richtige sei, wird man schwerlich herausbringen können, auch
kann uns dies, wo es bloss darauf ankommt, zu beweisen,
dass Juvenal die XV Satire in hohem Alter geschrieben habe,
völlig gleichgültig bleiben, da der Fehler ja nur zwei bis drei
Jahre beträgt und jene Annahme nicht verändert.

(*) Auch der Verfasser der Krit. Bemerkungen über einige Nach-
richten a. d. Leb. Juv. S. 49 fg. und Düntzer a. a. O. S. 378.
halten es für wahrscheinlich, dass die XVte und XVIte Satire
Juvenals zu den frühesten Versuchen des Dichters gehö
ren, indem das, was der Dichter Sat. XV. als nuper consule
Junio gesta erzählt, auf das Jahr 837, in welchem Jahre auch
ein Junius Consul gewesen sei, bezogen werden müsse. Es
ist jedoch schon oben (S. 271. Anm. 1.) nachgewiesen worden,
wie unsicher die Annahme ist, dass im Jahre d. St. 837. ein
Junius Consul gewesen sei, und wie wenig der Hauptgrund,
den der Verfasser der Krit. Bemerk. für eine so frühzeitige
Abfassung der XVten Satire geltend zu machen gesucht hat,
die Richtigkeit dieser seiner Behauptung ausser Zweifel zu
setzen vermag.

citatus, vehemens, flagrans, juvenem sapit, non octogenarium; ubi languet, non vires cernimus imminutas ac debilitatas, facultatem desideramus poëticumque ingenium, quod negaverat natura hujus carminis scriptori; peccat saepius, quia excedit, quam quia non assequitur justi pulcrique normam.» Allein wollte man auch bei dieser Gelegenheit nicht erinnern, dass es an und für sich schwer, ja fast unmöglich sein dürfte, wenn andre Anzeichen fehlen, bloss aus dem Tone und der Sprache eines Gedichts das Alter des Dichters mit Sicherheit zu bestimmen, so hat uns Kempf hier wieder weiter nichts als ein ästhetisches Urtheil gegeben, mit welchem man nur die von Francke über den Ton und die Sprache der XVlen Satire ausgesprochene Ansicht zu vergleichen braucht, um einen deutlichen Beweis vor Augen zu haben, wie sehr Urtheile dieser Art sich widersprechen können und von der Eigenthümlichkeit des Urtheilenden abhängen. Francke sagt nämlich ̊ im Exam. Crit. S. 106: «Nec magis profecto (quam argumentum satirae XV) ab Juvenalis ingenio abhorret orationis color et habitus. Sin quid fuerit, quod singula spectantibus offensioni possit esse, hoc certe aut defendi aut removeri perfacile poterit; nec saltem talia insunt carmini, quae, nisi quis forte cavillari voluerit, ad aérno quemquam permoveant etc.» Auch Heinrich lobt nicht nur an mehreren Stellen die Sprache in dieser Satire, sondern sagt auch II, S. 498. ausdrücklich, dass sie im Einzelnen, durch Lebhaftigkeit der Gemälde, durch Witz und Sprache, vollkommen den Charakter des Dichters habe. Welche von diesen beiden einander völlig widersprechenden Ansichten mir die richtige zu sein scheine, geht aus der Behandlung der einzelnen Stellen dieser Satire deutlich genug hervor; hier mag nur gegen Kempf noch erinnert werden, dass die Sprache eines Dichters, der in jüngeren Jahren Satiren, wie die erste, dritte und sechste geschrieben hatte, sehr wohl in höherem Alter noch heftig und aufgeregt sein konnte; und wenn in der vorliegenden

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