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sachsen gebraucht wurden; und die Schmalkalder Artikel finden sich in der altprotestantischen Zeit nur ganz vereinzelt in zwei Kirchenordnungen genannt, nemlich in der von Jonas ausgearbeiteten Hallischen K. O: von 1541 und in der Meklenburger K. O. von 1552: *) Dagegen finden sich Melanchthons Lehrschriften abgesehen von den Bekenntnisschriften, welche Melanchthon verfast hatte, fast durchweg als öffentliche Lehrnormen hervorgehoben, nicht nur in Kursachsen, Meklenburg, Pommern, Brandenburg, Nürnberg, Hessen, Waldeck, Nassau, sondern selbst da, wo die Gestaltung des Protestantismus und die Reformirung der Kirche von ganz unabhängigen, eigentümlichen Anfängen ausgegangen und fortwährend von eigentümlicher, reformatorischer Auctorität geleitet war, z. B. in Schwaben, wo Brenz mit dem Ansehn eines Reformators Würtembergs in seinen deutschen Katechismen, sodann in seinem ausführlicheren dogmatischen Lehrbuch Catechismus pia et utili explicatione illustratus" von 1551 und vor Allem in seiner grossen Apologie der Confessio Würtembergica als ebenso unabhängiger wie entschiedner Vertreter des eigentümlich Melanchthonischen Systems wirksam war.

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Nicht ohne Folgen war es, dass man namentlich nach Melanchthons Tode, um der Kirche den Segen der Auctorität und Wirksamkeit ihrer Reformatoren in recht reichem Masse bleibend zu erhalten, in den Kirchenordnungen recht viele ihrer Lehrschriften als Lehrnormen geltend machte, oder geradezu alle Lehrschriften Luthers und Melanchthons symbolisirte. Denn obgleich hiermit die eminente Auctorität der eigentlichen Bekenntnisschriften nicht zurückgestellt werden sollte, so trug dieses Verfahren doch dazu bei, das Bewustsein von der Genesis des kirchlichen Bekenntnisstandes zu verdunkeln und für Begründung eines von Melanchthons Auctorität abgelösten Kirchentums Raum zu schaffen.

Die Hallische K. O. gebietet den Predigern, sie sollen,,zur Anweisung folgen den dreien symbolis Apost. Nic. Athan, den Schmalkaldischen Artikeln, den Schriften Lutheri und Philippi und dem Büchlein Urbani Rhegii.“ In der Meklenburger K. O. heist es:,,Unser Gemüt ist nicht, eine andere Lehre anzunehmen, denn allein die einige ewige Lehre, die Gott seiner Kirche durch seinen eingeborenen Sohn geoffenbart hat, die in der Propheten und Apostel Schrift gefasset ist, und in diesem Verstand, der in den symb. Apost. Nic. und Athan. ausgedrückt ist, mit welchen gleichstimmen Lutheri Katechismus und Confessio, und die Confessio, dem Kaiser zu Augsburg überantwortet anno 1530." Aber an beiden Stellen werden die Schmalkalder Artikel nicht als anerkanntes kirchliches Bekenntnis bezeichnet, sondern mit diesen und anderen empfehlenswerten Lehrschriften Luthers, Melanchthons und Urbans zusammen genannt; und so wenig diese als kirchliche Bekenntnisse auctorisirt werden sollen, ebenso wenig kann dieses von den Schmalkalder Artikeln an diesen Stellen behauptet werden

S. 3.

Charakter der Entwicklung des protestantischen Bewustseins innerhalb der Bekenntnis- und Lehrschriften der altprotestantischen Kirche.

Das Lehrsystem, welches wir als den dogmatischen Ausdruck des deutschen Protestantismus anzusehn haben, ist nicht von Anfang an in Melanchthons Locis oder in der Augsburgischen Confession vollendet und fertig zur Darstellung gekommen.

nehmen wir in den angegebenen Bekenntnis- und Lehrschriften und in ihrer historischen Aufeinanderfolge eine Entwicklung, eine wachsende Selbstentfaltung der evangelischen Wahrheit wahr, welche es in klarster Weise erkennen läst, dass der deutsche Protestantismus die innerste Substanz seiner selbst recht eigentlich als ein Prinzip ansah.

Der Grundgedanke der Loci ist der Grundgedanke des Protestantismus selbst, nemlich der evangelische Satz, dass der Heilsbesitz des Gläubigen darum ein sicherer und gewisser ist, weil er schlechthin nur auf unmittelbarer Wirkung Gottes und auf der freien Gnade desselben, nicht aber irgendwie auf einer Wirkung und Mitteilung einer vermittelnden Hierarchie oder auf eignem Verdienst des Menschen beruht. Dieses innerste Bewustsein von der im Glauben an die Gnade gegebenen Gewisheit des Heiles, welches sich als Protestantismus in der Kirche reformatorisch erhob, kleidete sich in der ersten Ausgabe der Loci in dieselbe Form ein, in welcher der Protestantismus auch in Luther, in Zwingli und in Calvin hervortrat *). Melanchthon entwickelte den Protestantismus in deterministischer Gestalt, indem nur die deterministische Anschauungsweise, welche alles Thun und somit auch die Bedeutung, die Verdienstlichkeit alles menschlichen und priesterlichen Thuns negirt, und in jeder Lebenserscheinung nur die absolute Wirksamkeit Gottes erkennen läst, die Idee des Protestantismus vollkommen zu umschliessen und zu schützen schien. Indem daher Melanchthon in Allem nur die Wirkung ewiger und unmittelbarer, göttlicher Determinirung und Prädestination sah, konnte in seinem System für Anerkennung irgend welcher Freiheit des Menschen kein Raum mehr sein. Melanchthon erklärte den Menschen für absolut unfrei. Aber auch dieser Satz war für Melanchthon nicht sowol theologisches Dogma, als vielmehr philosophisches Theorem, speculative Hülle, um in derselben die

-

ganz

*) Bekanntlich erklärte Luther in der Leipziger Disputation, wie einst Huss -: Una est sancta universalis ecclesia, quae est praede

stinatorum universitas.

eigentlich evangelische Lehre von des Menschen Busse und Bekehrung, von Rechtfertigung und Heiligung aus Gottes Gnaden in Christo aufzubauen und sicher zu stellen.

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In den Bereich dieser evangelischen Wahrheit der loci salutares, wie Melanchthon sich ausdrückte, rechnete aber derselbe lediglich das, was zur Befriedigung des praktisch-religiösen Bedürfnisses erforderlich und brauchbar erschien. Im hochgespannten Gegensatze zur traditionellen, scholastischen Dogmatik ging daher Melanchthon soweit, dass er die gesammte spezielle Theologie und Christologie aus seinen Locis geradezu ausschloss, indem er die heilsame und für den Christen notwendige Erkenntnis von Gott und Christus lediglich auf die von beiden ausgehenden Heils wirkungen, d. h. auf dasjenige beschränkte, was der Christ von Gott und Christo erfahren, haben und geniessen kann. Denn das innerste theologische; geistliche Interesse, von dem aus Melanchthon seine Dogmatik schrieb, und auf welches hin er jeden einzelnen Lehrsatz ansah, war das der Befriedigung des wirklichen geistlichen Bedürfnisses, und der wirklichen Herzensnot. Er zeigte daher, inwiefern das Evangelium in allen aus ihm resultirenden Erkenntnissen einen wirklich sicheren, festen, unzweifelhaften Trost und einen über jeden Zweifel hinausgestellten sichern Besitz des Gnadenheiles gewähre. Das, was das innerste Wesen des evangelischen Protestantismus, was dessen Prinzip, Seele und Geist ist, war somit in Melanchthons Locis in vollkommenster Klarheit ausgesprochen. Aber die Form dieser Darlegung litt an Mängeln, welche beseitigt werden musten, und welche vor allem in ein eigentliches Bekenntnis der Kirche nicht übergehen durften. Denn die Zurückstellung der altkirchlichen Dogmen von der Dreipersönlichkeit Gottes und von der Menschwerdung Christi war eben so sehr ein Mangel wie die Einkleidung der evangelischen Idee in das aus religiösem Bedürfnis geschaffne Philosophem des Determinismus; womit es wiederum zusammenhing, dass Melanchthon die evangelische Heilsverheissung ganz einseitig weit weniger auf Mitteilung neuen erlösenden Lebens, als vielmehr auf Mitteilung der Sündenvergebung bezog.

Die wilden, verwüstenden Vorgänge, welche die evangelische Kirche heimsuchten, als die absolut widerkirchliche, radicale Macht der Widertäuferei in ihrem eignen Innern gegen sie entfesselt wurde, waren das Brausen eines Sturmes, der auch die Gedanken Luthers und Melanchthons reinigte. Beide erkannten es allmälich, dass eine kirchliche Gestaltung des reformatorischen Glaubens nur durch entschiedenes Festhalten an den uralten ökumenischen Bekenntnissen der Christenheit, durch vollkommne Beseitigung aller deterministischen Gedanken und durch neue Be

gründung des Glaubens an den historischen sacramentalen Charakter der Kirche hergestellt werden könne. Aber indem sich beide Reformatoren von ihren bisherigen deterministischen Anschauungen abwendeten, machte sich in dem dogmatischen Interesse, welchem sich dieselben hingaben, eine Verschiedenheit bemerklich, welche freilich auf keiner Seite in strenger Consequenz durchdacht und repräsentirt ward, die aber doch der Dogmatik Melanchthons und Luthers einen wesentlich verschiedenen Anhauch verlieh.

Für Melanchthon war es vorzugsweise Bedürfnis, sich in Gemässheit seines vorherrschenden Sinnes für das Praktisch - religiöse den Glauben durchaus als sittliche Erregung, also das Religiöse schlechthin als das Sittliche zu denken. Es war dies, die Sache streng genommen, nichts Eigentümliches und Neues; vielmehr war es ein präzisirtes Kundgeben des eigentlich evangelischreformatorischen Sinnes, der keine andere Formulirung des Dogma's suchen und vertragen konnte, als eine solche, welche dem tief erregten persönlichen Gewissen den Trost einer persönlich geltenden und persönlich wirksamen Gnadenverheissung gewährte, woraus Melanchthon die beiden Sätze ableitete, dass 1) die Gnadenverheissung in ihrer ganzen Fülle nur dann für den Einzelnen vorhanden sein könne, wenn sie für Alle bestimmt sei, und dass 2) die göttliche Darbietung des Heiles an den Einzelnen diesen selbst zu der sittlichen Entschliessung persönlicher Heilsergreifung auffordern, und sich selbst nur unter der Bedingung sittlicher, persönlicher, von dem eigenen Willen ausgehender Aneignung hingebe, weil sie selbst wesentlich persönlicher Art - nemlich das in Christo persönlich erschienene Heil sei.

Wenn nun Melanchthon infolge dessen einen wesentlichen Charakterzug der religiösen Beziehung des Menschen zu Gott darin fand, dass er den Menschen als für sein religiöses Verhältnis absolut verantwortlich ansah, so ergab sich daraus, dass Melanchthon dem Menschen die Freiheit persönlicher Selbstbestimmung zur Ergreifung und zur Zurückweisung der Gnade zuerkennen muste; und in dieser Anerkennung, in welcher Melanchthon die vollständigste Negirung seines früheren Determinismus aussprach, finden wir den eigentlichen Schwerpunkt des ganzen Melanchthonischen Systems, und die Basis einer eigentlich wissenschaftlichen Gestaltung des protestantischen Bewustseins. Denn so wie der Protestantismus selbst die Herstellung einer persönlichen, unmittelbaren Beziehung des Menschen zu Gott ist, so muss auch die Doctrin des Protestantismus durch und durch Würdigung der Idee des Persönlichen, also freier, persönlicher Selbstbestimmung und sittlicher Verantwortlichkeit in der Sphäre des Religiösen sein.

Auch Luther war sich über die evangelische Richtigkeit dieser Gedanken klar genug; denn gerade um ihretwillen schätzte derselbe kaum eine andere Schrift so hoch, als Melanchthons Loci. Aber dennoch wirkte auf Luthers dogmatische Anschauungen ein Interesse ein, welches in der Stärke, wie es seine ganze Seele füllte, gerade ihm eigentümlich war. Es bildete sich nemlich in Luther, vornehmlich in den Jahren 1524 und 1525 die Ueberzeugung aus, dass der Fortbestand einer christlichen Lebensordnung auf Erden ohne Anerkennung der wesentlichen Bedeutung der Kirche und der kirchlichen Gnadenmittel für dieselbe nicht gedacht werden könne. Er sah allmälich in der Kirche ein wirkliches Heilsmittel Gottes, in dessen Darbietungen das neutestamentliche Heil in der Weise objektiv umschlossen sei, dass sich in ihnen eine eigentliche gegenseitige Durchdringung des Natürlichen und des Göttlichen, des sacramentlichen Elements und des himmlischen darstelle, weshalb das Heil dem Empfänger von Aussen her durch die sichtbaren Mittel der Kirche zugeführt werden müsse. So hatte Luther seinen früheren Determinismus durch Hervorhebung der Wirksamkeit der historischen Kirche und durch Betonung der Abhängigkeit des Heilslebens von dem historischen Leben und Wirken der Kirche negirt.

Lag daher auch noch keine wahrnehmbare Differenz zwischen Luther und Melanchthon vor, so hatte sich doch die innere Richtung dogmatischen Denkens bei beiden Reformatoren wenigstens in sofern verschieden gestaltet, als sich Luther in seiner religiösen Anschauung von einer Potenz und von einer Rücksicht bestimmen liess, an welche sich Melanchthon weniger gebunden fühlte. Aber Melanchthon rang danach, die Eigentümlichkeit Luthers, in welcher er eine tiefe und für die Kirche unentbehrliche Wahrheit durchblicken sah, mit der seinigen zu vermitteln. Seine ganze Entwickelung war, seitdem er den früheren deterministischen Standpunkt aufgegeben hatte, lediglich ein Sich - Hindurcharbeiten zu einer solchen Anschauung, von welcher nicht blos das Persönliche, Individuelle, Sittliche, sondern ebenso sehr das Gesammtleben der Kirche als Basis des Religiösen in dem einzelnen Menschen erschien, und wo sich somit die höhere Einheit kirchlicher Objektivität und persönlicher Subjektivität darlegte.

Die Zeit der Uebergabe der Augsburgischen Confession kann als derjenige Zeitpunkt angesehen werden, wo Melanchthon anfing, sich zur freien Aneignung des Wahren, was in Luthers Eigentümlichkeit repräsentirt war, frei und freudig zu erheben. Melanchthon entfaltete in der Augustana das reformatorische Prinzip in der ganzen Fülle des historisehen, katholisch-kirchlichen Bewustseins; er restaurirte die volle Bedeutung der historisch-kirch

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