Obrázky na stránke
PDF
ePub

3) Was noch das Verhältniß der grammatischen und logischen Interpretation zu einander anbelangt, so herrschen hierüber sehr verschiedene Ansichten. Während 3. B. Hufeland und Wening citt. von dem Grundsaße ausgehen, die logische Interpretation dürfe nie über den Wortverstand des Gesezes hinausgehen, und demnach dieselbe in eine extensiva und restrictiva nur in dem Sinne eintheilen, daß durch dieselbe bald die engre, bald die weitre Wortbedeutung vorgezogen werde, stellt Thibaut, log. Ausl. §. 7, dem viele Andere, z. B. Friß, Erl. zu Wening S. 28 fgg. beistimmen, neben dieser von Hufeland allein angenommenen Art der Interpretation, die er mit dem Namen der declarativa bezeichnet, noch drei andre Arten auf, nämlich die extensiva, restrictiva und abrogans. Die erste sei diejenige, welche zu dem Gesetze noch etwas hinzuseße, was nicht in dem Wortsinn enthalten sei, die zweite sei diejenige, welche die geseßliche Disposition für Fälle, die dem Wortsinn nach darunter enthalten sein würden, als unanwendbar darstelle, die dritte endlich die, welche zu einem von der grammatischen Interpretation ganz verschiedenen Resultat komme, welche also einen Sinn des Gesetzes aufstelle, der nicht blos weiter ober enger sei, als der grammatische, sendern ein ganz anderer. Richtigen Ansichten über Interpretation zufolge muß man gewiß von folgenden leitenden Säßen ausgehen: die logische Interpretation darf nie ein von dem möglichen Wortsinn ganz verschiedenes Resultat aufstellen, wenn sie juristisch beachtet werden will. Wird aber diese Grenze gewahrt, so muß allerdings das Resultat der logischen Interpretation dem der grammatischen vergehen.

Ein Gesez ist nämlich der in einer bestimmten äußern Form sichtbar gewordene gesetzgeberische Wille, und es kann also nicht das bewiesene Dasein dez lextern allein genügen, sondern derselbe muß sich entsprechend geäußert haben. Benn also ein Geseß nach den Resultaten einer grammatischen Interpretation schlechtbin sinnlos wäre, und die Kritik könnte nicht helfen, so würde der logische Interpret zwar wohl den Willen des Gesetzgebers auffinden können, aber damit wäre doch nicht auch die entsprechende äußere Form gegeben, und es muß also ein solches Geseß für gar nicht vorhanden erachtet werden. Gibt aber umgekehrt nach grammatischer Interpretation das Geseß einen ganz bestimmten Sinn, so darf sich nie der logische Interpret herausnehmen, einen demselben widersprechenden aufzustellen, denn, wie Paulus in 1. 25. §. 1. de leg. III. sagt, quum in verbis nulla ambiguitas est, non debet admitti voluntatis quaestio, und es muß also, wie Cicero de invent. II. 44. bemerkt, die Regel gelten, cum scriptum aperte sit, judicem legi parere, non interpretari legem oportere. Hierauf beziehen sich denn auch die oft, aber mit Unrecht, getadelten Aussprüche von Julian und Neratius in 1. 20. und 1. 21. de legib.: non omnium, quae a majoribus constituta sunt, ratio reddi potest et ideo rationes eorum, quae constituuntur, inquiri non oportet; alioquin multa ex his, quae certa sunt, subvertuntur. Hiernach muß nothwendig die von Thibaut und vielen Andren (z. B. auch noch von Wächter S. 139 fg. Not. 25. und Unger S. 86. Not. 38.) angenommene abrogirende log. Interpr. verworfen werden, vgl. auch Krug a. a. D. S. 62 fgg., und es bleiben uns nur übrig:

a) die declarative, welche entweder mit den Resultaten der grammatischen Interpretation völlig übereinstimmt, oder insofern davon abweicht, daß man einen Sinn annimmt, welcher zwar rein nach den Regeln des Sprachgebrauchs und der Grammatik nicht angenommen werden dürfte, der sich aber aus andern Gründen als der richtige herausstellt, vorausgesezt natürlich, daß er nach der grammatischen Erklärung wenigstens möglich ist, sollte sich auch der Gesetgeber sehr ungenau und uneigentlich ausgedrückt haben. Hierauf beziehen sich denn auch manche Aussprüche unsrer Quellen, die man wohl schon zur Unterstützung einer abrogirenden logischen Interpretation angeführt hat, z. B. die Vorschrift der 1. 19. ad exhib. (10, 4), non oportere jus civile calumniari neque verba captari, sed qua mente quid diceretur, animadvertere convenire, und der 1. 96. de R. J.: in ambiguis orationibus maxime sententia spectanda est ejus, qui eas protulisset.

b) Die restriktive, welche zu dem Resultate kommt, daß der Gesetzgeber sich ungenauer Weise weiter ausgedrückt hat, als er beabsichtigte, und daß also Fälle, welche dem Wortlaute des Geseßes nach unter dasselbe subsumirt werden müßten, zufolge der Absicht des Gesetzgebers davon auszuscheiden seien. Namentlich tritt also diese Auslegung dann ein, wenn es gewiß ist, daß der Gesetzgeber an gewisse Fälle gar nicht gedacht hat, und daß er, wenn er daran gedacht hätte, sie von dem Geseße ausgenommen haben würde. Daß nun eine solche Auslegung bei bewiesener Absicht des Gesetzgebers statthaft sei, kann nicht bezweifelt werden, oder darf etwa der Richter, wenn z. B. ein Geseß allgemein die mehrfache Ehe bei Strafe verbietet, es aber gewiß ist, daß dabei nur an die gleichzeitige Polygamie gedacht ist, die Strafe auch auf die successive anwenden ? Gesetzliche Beispiele dieser interpret. restrictiva fommen z. B. vor in l. 11. de in jus voc. (2, 4), l. 8. §. 6. de transact. (2, 15), l. 11. §. 2. de his, qui not. inf. (3, 2), 1. 40. pr. de H. P. (5, 3), l. 54. pr. i. f. mandati (17, 1), 1. 6. §. 2. coll. 1. 15. de jure patronat. (37, 14), 1. 2. §. 1. de custod. et exhib. reor. (48, 3).

c) Die extensive, wornach der Interpret Fälle, welche dem Wortsinn des Geseßes nach nicht unter demselben stehen, doch unter dasselbe darum subsumirt, weil der Gesetzgeber eine solche Subsumtion beabsichtigte, obwohl er sich ungenauer Weise zu eng ausgedrückt hat. Auch die Statthaftigkeit dieses Verfahrens leidet keinen gerechten Zweifel, da hier der gesetzgeberische Wille wirklich, wenn auch nicht in ganz genauer Gestalt äußerlich geworden ist. Eine Anwendung hiervon kommt z. B. in dem bekannten Prinzip vor, daß, was in fraudem legis geschieht, wie contra legem geschehen angenommen werden soll, denn in fraudem legis handelt der „qui salvis verbis legis sententiam ejus circumvenit“, 1. 29. de legib., oder wie Ulpian in 1. 30. eod. fagt: fraus legi fit, ubi, quod fieri noluit, fieri autem non vetuit, id fit; et quod distat ntov dnò diavolas (dictum a sententia) hoc distat fraus ab eo, quod contra legem fit. Andre Anwendungen kommen z. B. vor in 1. 27. §. 13. ad leg. Aquil. (9, 2), l. 3. ad leg Pompej. de parric. (48, 9) u. a. m.

4) Vesonders bemerkt zu werden verdient es aber noch, daß alle diese Arten der Interpretation bei allen Arten von Gesehen, und namentlich auch bei

korrektorischen Geseßen, bei jura singularia und privilegia, angewendet werden müssen, denn überall ist ja nur ihr Zweck, den wahren gesetzgeberischen Willen aufzufinden.

3) Ausmittelung des Umfangs des Gesetzes. S. 25.

Anm. Wesentlich verschieden von der in dem vorigen S. dargestellten interpr. logica extens. und restrict., bei welchen die Absicht des Gesezgebers entscheidet, ist die sehr häufig damit verwechselte Ausdehnung und resp. Einschränkung nach dem Grunde des Gesezes. Was zunächst

1) die Ausdehnung des Geseßes nach seinem Grunde anbelaugt, nach der gewöhnlich so ausgedrückten Regel: ubi eadem legis ratio, ibi eadem legis dispositio (Analogie im technischen Sinne des Worts), so ist an der Statthaftigkeit derselben nach unserm gemeinen Rechte nicht zu zweifeln, denn sie ist da nicht nur ausdrücklich vorgeschrieben: Non possunt omnes articuli singulatim aut legibus aut senatusconsultis comprehendi, sed cum in aliqua causa sententia eorum manifesta est, is qui jurisdictioni praeest, ad similia procedere atque ita jus dicere debet (1. 12. de legib.). Nam, ut ait Pedius, quoties lege aliquid unum vel alterum introductum est, bona occasio est, cetera, quae tendunt ad eandem utilitatem, vel interpretatione vel certe jurisdictione suppleri (1. 13. eod.), vgl. auch 1. 32. pr. eod., sondern es kommt auch eine große Menge von Beispielen vor, wo die römischen Juristen wirklich von dieser Verfahrungsart Gebrauch gemacht haben, wobei man sich nur z. B. an eine Menge von actiones utiles zu erinnern braucht. Es ist dies auch sehr natürlich, da eine Gesetzgebung unmöglich alle denkbaren Fälle umsassen kann, welche Lücken dann auf die einfachste Weise durch die Vorschrift ausgefüllt werden, der Richter solle die ausgelassenen Fälle so entscheiden, wie sie der konsequente Gesetzgeber selbst entschieden haben würde, wenn er an diese Fälle gedacht hätte. Dazu wird aber nothwendig vorausgeseßt, daß eine wirkliche Gleichheit des Grundes vorhanden sei, und wegen bloser Aehnlichkeit darf also eine Ausdehnung nicht Statt finden. Wenn doch Manche, z. B. Hofacker, princ. jur. Rom. I. §. 156, und besonders Jordan im ziv. Arch. VIII. E. 233 fgg. (welcher dies sogar als charakteristisches Unterscheidungsmerkmal der Analogie von der interpr. extens. ansieht), andrer Meinung sind, so beruht dies auf einem Mißyerständniß der 1. 12. cit., denn, wenn es da heißt, daß der Richter ad similia procedere dürfe, so will dies nicht sagen, der Richter dürfe wegen bloser Aehnlichkeit des Grundes ein Geseß ausdehnen, sondern vielmehr, er dürfe ein Gesez auch auf andere ähnliche Fälle wegen Identität des Grundes anwenden, vgl. auch 1. 13. cit. verb. ad eandem utilitatem, s. Thibaut, legische Ausl. §. 16. und besonders Müller, ziv. Abh. I. S. 202 fgg.

Eine besondere Beachtung verdient aber auch noch der Saß, daß bei Privilegien und bei jura singularia alle Analogie ausgeschlossen ist, denn, quod contra rationem juris receptum est, non est producendum ad consequentias, 1. 14. de legib., vgl. 1. 141. pr., 1. 162. de R. J., 1. 23. §. 3.

de fideic. libert. (40, 5), §. 6. J. de j. n. g. et c. (1, 2), und eben dies muß bei korrektorischen Geseßen angenommen werden, weil es ein sich von selbst verstehender Saß ist, daß das, was nicht verändert ist, unverrückt in seiner Giltigkeit bleiben muß, vgl. auch 1. 27. C. de testam. (6, 26), 1. 32. §. 6. C. de appell. (7, 62), Nov. 20. c. 9. Daß sich die Analogie in allen diesen Beziehungen sehr bestimmt von der ausdehnenden Erklärung unterscheidet, bedarf keiner besondern Bemerkung, da schon oben erwähnt wurde, daß diese leßtere bei allen Geseßen ohne Ausnahme eintritt. Bei Strafgeseßen findet aber nicht blos ausdehnende Erklärung, sondern auch Analogie unbedenklich Statt, denn nicht nur müssen die angeführten allgemeinen Aussprüche unserer Geseße nothwendig auch hierauf bezogen werden, sondern es lassen sich auch noch besondere Quellenzeugnisse dafür anführen. So wird namentlich in 1. 7. §. 3. ad leg. Jul. majest. (48, 4) ausdrücklich zwischen Verbrechen unterschieden, quae ad exemplum legis vindicanda sunt, und denen, quae ex scriptura legis descendunt; vgl. auch 1. 2. §. 29. ad SC. Tertull., 1. 8. de sepulchro viol. (47, 12) u. s. w. Dies ist denn auch noch insbesondere durch die P. G. O. Art. 105. bestätigt, indem es dort ausdrücklich heißt, daß in den ausgelassenen Fällen die Richter Raths pflegen sollten, wie sie den kaiserlichen Rechten und der P. G. D. am gemäßesten urtheilen möchten. Doch ist darüber unter den Kriminalisten viel Streit, vgl. aber Thibaut, log. Ausl. §. 21. und Jordan, über die Auslegung der Strafgeseße. Landsh. 1818. S. 110 fgg.

2) Neben der Regel: ubi eadem legis ratio rel. wird von unsren Juristen sehr häufig die andere aufgestellt: cessante ratione legis, cessat lex ipsa, und zwar verbindet man damit einen zweifachen Sinn:

a) Wenn der Grund eines Gesetzes ganz hinwegfalle, so werde damit auch das Gesetz selbst unanwendbar. Man muß sich aber unbedingt gegen einen folchen Saß erklären, denn er wird durch kein Geseß unterstüßt, und widerstreitet durchaus der Natur der Sache. Da nämlich ein Gesez verbindende Kraft nicht durch seinen Grund, sondern durch seine Sanktion von Seiten der geseßgebenden Gewalt erhält, so kann auch das Hinwegfallen des Grundes die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht aufheben, vgl. 1. 35. de R. J., sondern es kann dies nur eine Veranlassung sein, daß durch Gesetz oder Gewohnheit das veraltete Gesetz hinweggeräumt werde, vgl. Thibaut, logische Aust. §. 22, Müller, ziv. Abh. S. 178 fgg. Man muß sich aber hierbei nach Thibaut's richtiger Bemerkung vor einer Verwechslung des falschen Sabes cessante ratione rel. mit einem andren hüten, der durchaus zu billigen ist. Wenn nämlich ein Geseß durchaus nur eine Folgerung aus einem andern bestehenden Rechtssaye ist, so muß mit dem Wegfallen dieses Rechtssaßes auch jenes Gesetz hinwegfallen, weil mit der Aufhebung eines Prinzips auch die blosen Konsequenzen desselben als aufgehoben betrachtet werden müssen.

b) Wenn in einem einzelnen Falle, welcher den Worten nach unter das Gesez passe, der Grund des Gesetzes nicht vorhanden sei, so dürfe auch daz Gesetz nicht auf denselben bezogen werden. Man muß sich aber auch hiergegen erklären, denn durchgreifende Bestimmungen sind absolut nothwendig, wenn die Gesetzgebung nicht alle Kraft verlieren soll, und es würde also der Absicht des

Gesetzgebers durchaus zuwider sein, wenn ein Gesetz nicht angewendet würde, weil etwa einmal bei einem Individuum ausnahmsweise der Grund des Geseyes nicht eintritt. Ex his, quae forte uno aliquo casu accidere possunt, jura non constituuntur (1. 4. de legib.), nam ad ea potius aptari debet jus, quae et frequenter et facile quam quae perraro eveniunt (1. 5. eod.), vgl. auch 1. S. eod.: Jura non in singulas personas sed generaliter constituuntur. Die gesetzlichen Beispiele, welche die Vertheidiger jener Regel für sich anführen, find auch offenbar unbeweisend, denn sie beziehen sich nur auf die allerdings statthafte einschränkende Erklärung nach der Absicht des Gesetzgebers, vergleiche die Anmerkung zum vorigen Sen. Vgl. auch Weber, von der natürlichen Verb. F. 64. Thibaut, log. Auslegung. §. 23. Seuffert, Erörtrungen I. S. 19 fag. Guyet, Abh. S. 172 fg. Müller, zivil. Abh. S. 200.

V. Von der Anwendung der Gesetze.

A) In Ansehung der Zeit.

§. 26.

Anm. Außer manchen ältern Schriften, vgl. darüber z. B. Thibaut Erstem §. 26. Note d., sind folgende zu bemerken:

Weber, über die Nückanwendung positiver Geseße. Hannover 1811.

v. Heeresstorf, über die zurückwirkende Kraft der Geseze. Düsseld. 1812. Desselben Abhandlung über die Eigenheit der Geseze in Ansehung der Zeiten. Frankfurt 1815.

Wiesen, systematische Entwicklung der Lehre über die rückwirkende Kraft der Geseze nach röm. Recht. Frankfurt 1814.

Borst, über die Anwendung neuer Geseße auf früher entstandene Nechtsverbāltnisse. Bamberg 1814.

Bergmann, das Verbot der rückwirkenden Kraft neuer Gesetze im Privatrechte. Hannover 1818.

v. Georgii, im Archiv für ziv. Praris III. S. 145 fgg.

Seuffert, Erörtrungen I. S. 3 fgg.

v. Struve, über das positive Rechtsgeseß, rücksichtlich seiner Anwendung in der Zeit. Göttingen 1831.

Kierulff, Theorie I. S. 63 fgg.

Wächter, Würtembergisches Privatrecht II. S. 167 fgg.

Holzschuher, Theorie I. S. 29 fgg.

Savigny, System VIII. S. 368 fgg.

Scheurl, Beiträge I. S. 137 fgg.

Bornemann, Erörtrungen im Gebiete des preußischen Rechts. Heft 1. Perlin 1855. S. 1 fgg.

Christiansen, über erworbene Rechte. Kiel 1856. S. 53 fgg.

Unger, System des Destreichischen Privatrechts I. §. 20 fgg. S. 113 fgg. Schaaff, Abhandlungen aus dem Pandekten-Rechte. 2. H.: „über die rüdwirkende Kraft neuer Geseße“. Heidelberg 1860.

« PredošláPokračovať »