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und die Römer waren so gelehrig, und übertrafen hierin ihren Meister in kurzem so weit, daß der Luxus, den ihm Seneca mit so vieler Declamation vorwirft, in Verglei chung mit demjenigen, wovon er in seinem 95sten Briefe als Augenzeuge spricht, sich in die Einfalt des Saturnischen Weltalters verliert.

Was ich bisher von Mäcenas gesagt habe (und wozu man noch mehr Belege in der Compilation des Meibomius, wiewohl in sehr schlechter Ordnung zusammengeworfen, finden kann), scheint mir hinreichend zu seyn, jedem Lefer begreiflich zu machen: wie diejenigen, die als Freunde mit ihm lebten, und aus günstigem Vorurtheil, oder Sympathie, oder Dankbarkeit, oder aus allen diesen Ursachen zusammengenommen, ihn nur von der schönen Seite sehen wollten (in welchem Falle unser Dich. ter sich mit ihm befand), ja, wie sogar ein Pedo, der ihm (wie es scheint) nicht einmal von Person bekannt war, von dem liebenswürdigen Theil seines Charakters einge nommen, sich beeifern konnten, seine Schwachheiten zu entschuldigen.

Ich kann mir nichts sonderliches dabey denken, wenn ihm Seneca, um des einzigen Verses willen:

Nec tumulum curo, sepelit Natura relictos, worin ich nichts als die Vorstellungsart eines åchten Epikuråers sehen kann, einen großen und männlichen Geist zuschreibt, wofern er ihn (wie der Philosoph hinzuseßt) nur nicht, zugleich mit seiner Person, entgürtet hätte18) Aber, wenn man keine Ursache hat, ihn einen großen,' geschweige (wie der gelehrte Rodomont Julius Cåfar Scaliger thut) einen göttlichen Mann zu nennen: so fann

18) Epist. 92. am Schluffe. Habuit ingenium grande et virile,

nisi illud secum discinxisset.

Horaz. Briefe 1. Theil.

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kann man hingegen schwerlich irren, wenn man sich ihn als einen Mann vorstellt, der alle Eigenschaften besaß, die ihm das Herz seiner Freunde gewinnen, und sein großes Glück (was sonst den Neid zu reißen pflegt) zu einem neuen Beweggrunde des Wohlwollens für alle, die ihn kannten, machen konnten. · Horaz rühmt ihn nie anders, als wegen der Eigenschaften seines Geistes und Herzens, wegen der Offenheit und Munterkeit seines Umgangs, wegen seiner Bekanntschaft mit der Litteratur beyder Eprachen, wegen seiner Bescheidenheit in einem so schimmernden Glücke, und wegen des edeln, freyen und von allen Intriguen gänzlich entfernten Fußes, wie man in seinem Hause lebte, und dergl. Aber wer hatte auch mehr Ursache, als Horaz, ihn zu lieben, und das Beste von ihm zu sagen, „was sich ohne Schmeicheley fagen ließ?

Indessen däucht mich, aus dem Bilde, das wir uns von ihm gemacht haben, und welches das Resultat aller bis zu uns gekommenen Züge seines Charakters ist, sey auch so viel klar: daß man sich ihn, dem ungeachtet, in Rück-ficht auf die Gelehrten, deren Freund und Gönner er war, nicht viel anders denken müsse, als wie Personen von seinen Umständen auch in unsern Zeiten zu seyn pflegen. Er war mehr Weltmann als Philosoph, mehr Liebhaber als Kenner, hatte mehr Wiß als Geschmack, und war zu gelehrt in der Kenntniß der Smaragde, Beryllen und Perlen 19), um für die hohen Schönheiten der Werke des Genies einen vorzüglichen Sinn zu haben. Ein Mann, der die Pyladen und Bathyllen so ungemessen liebte, konnte schwerlich den ganzen Werth eines Varius und Virgils fühlen. Kurz, Eitelkeit, Bedürfniß sich zu amůfiren, und politische Rücksicht auf die Vortheile, welche August in michr als Einer Betrachtung von einem liebera len Betragen gegen die besten Köpfe, besonders die-Geschicht

19) Sueton. vita Horat.

schichtschreiber und Dichter seiner Zeit, ziehen könnte, hatten, nach aller Wahrscheinlichkeit, wenigstens eben so viel Antheil an seiner Freundschaft für die merkurialischen Månner (wie Horaz sich und seines Gleichen nennt 20), als feine wirkliche Theilnehmung an ihren Personen und fein Geschmack an ihren Werken. Wenn etwa eine Ausnahme hierin zu machen seyn sollte, so wår' es für unfern Dichter, zu welchem Måcenas (wie es scheint) eine besondere persönliche Zuneigung trug, und von welchem er hinwieder zärtlich geliebt wurde; wie die schöne Dde: Cur me querelis exanimas tuis, einem jeden beweisen muß, der nicht alles, was ein Dichter in dem wärmsten Tone des Gefühls sagt, für Täuschung der Phantasie und Aufwallung des Augenblicks hålt. Horaz, scheint es, würde ihm, wenn er auch kein so guter Odendichter gewesen wäre, durch die Eleganz seines Geistes und seiner Sitten, durch seinen Wit, seine angenehme Laune, kuri, durch alles das, weswegen ihn Shaftesbury the most Gentleman-like of Roman Poets 2) nennt, noch immer wohl genug gefallen haben, um ihn zu seinem Freun de zu machen, und ihn zu der Art von Vertraulichkeit zu berechtigen, die wir, in Verbindung mit der feinsten Urbanitåt, aus allen feinen an Måcenas gerichteten Werken athmen sehen.

Ob der Brief, welcher unter den dreyen an Måcenas den ersten Plaß einnimmt, und die Stelle einer Zueignung und Vorrede zu vertreten scheint, wirklich erst damals, da Höraz das erste Buch seiner Briefe herausgeben wollte, zu diesem Ende verfertigt worden wie man sowohl aus dem Inhalt, als aus der Ueberschrift, ad Maecenatem Adlocutio, welche Torrentius in einer sehr alten Handschrift gefunden, schließen könnte oder ob er schon B zuvor,

20) Od. II. 17.
21) Characteristiks Vol. I. P. 328.

zuvor, als eine Art von Apologie für die Unthätigkeit setner Muse, in Antwort auf einige freundliche Vorwürfe, welche ihm Mâcenas deswegen gemacht, geschrieben wors den sey, läßt sich schwerlich ausmachen, und thut auch nichts zur Sache. Wahrscheinlich scheint es immer, daß die Freunde unsers Dichters (zumal diejenigen, welche sich ein näheres Recht an ihn erworben zu haben glaubten) von der günstigen Aufnahme feiner Satyren, Epoden und Oden, und von der großen Meinung, die man daraus · von seinen Fähigkeiten gefaßt hatte, Gelegenheit genommen haben mochten, seiner Muse mehr zuzumuthen, und größere Dinge von ihr zu erwarten, als er zu leisten Beruf und Neigung in sich fühlte. Vermuthlich glaubte man auch damals, Dichtern, welche das Glück oder Unglück hatten zu gefallen, ein gar schmeichelhaftes Compliment zu machen, wenn man, so viel sie auch schon gegeben haben mochten, dennoch nie zufrieden war, sondern immer noch mehr erwartete. Eine Art von Compliment, womit man dem Schriftsteller, wiewohl auf eine höfliche · Art (damit er sich für die Beleidigung noch bedanken müsse) zu verstehen giebt, daß er am Ende doch nur ein Leibeigener des Publikums sey: wie etwa die Bala. dins und Gladiatoren zu Rom, welche man als Leute ansah, die für das Bischen Antheil an Himmel und Erde, das man ihnen gönnt, und für die Ehre eines Beyfalls, der nicht immer vor Hunger schüßt, nie genug für das Vergnügen des müßigen Theils der Welt arbeiten können.

Horaz scheint sich im Eingang der gegenwärtigen Epistel diese demüthigende Vergleichung gefallen zu lassen; aberer wendet sie sogleich zu seinem Vortheil an, indem er behauptet: daß er alt genug sey, um auf das Privile gium der Gladiatoren (wenn fie lange genug gedient hatten, mit dem Stäbchen der Entlassung beschenkt zu wer

den)

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den) Anspruch zu machen. Seine besten Jahre, die Zeit der Scherze und Spiele, seyen vorüber, und er finde nöthig, das, was er noch zu leben habe, nicht der Dichtkunst, die ihm nie etwas anders als ein Spiel gewesen sey, sondern der Philofophie des Lebens, der Verbesserung und dem Genusse seiner Selbst, zu widmen. Der Contrast dieser Art zu denken mit derjenigen, welche zu seiner Zeit, zumal unter jenen Personen herrschte, die durch ihre Talente und die Gunst der Großen ihr Glück (wie man's nennt) zu machen hoffen konnten, macht den Hauptinhalt dieses Briefes aus; und die Wendungen, welche Horaz dabey nimmt, sind mit vieler Feinheit gewählt, um zu eben der Zeit, da sie den Wiß seines hohen Freundes be luftigten, die Partie der häufigen Entfernung von Rom und der philosophischen Muße, welche er selbst ergriffen hatte, in das vortheilhafteste Licht zu stellen.

Etwas, was die Briefe an Måcen ganz besonders auszeichnet, ist eine gewisse leichte Farbe von Persiflage, welches (nach allem, was wir von ihm wissen) der Ton war, der in dem Hause dieses reichen und üppigen Günstlings Augusts herrschte; und der auch unserm Dichter so. natürlich war, daß er oft bey den ernsthaftesten Gegenstånden, gleichsam unvermerkt, davon überrascht wird. Immer hören wir den feinen Weltmann, der mit dem Wiß, als einer Art von Waffen, wovon er vollkommen Meister ist, so frey und sicher spielt, als ob er alle Augenblicke verwunden wollte; aber immer nur spielt, nie verwundet, und eben. dadurch, daß er Andere nie seine ganze Stärke fühlen läßt, dem Schicksal der meisten wißigen Köpfe, bewundert und gehaßt zu werden, glücklich zu entgehen weiß.

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