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ben Welt innerhalb ihrer eignen Ringmauern zu erhalten. Ungeachtet des lebhaften Eindrucks, den diese drey Philosophen (besonders Karneades, der wißigste und redseligste aller Griechen seines Jahrhunderts) auf die edle römische Jugend machten, währte es noch eine geraume Zeit, bis der rauhe römische Genius sich gewöhnen konnte, die attischen Musen für etwas bessers als eine Art griechischer Hetåren anzusehen, mit denen man sich wohl ein Paar müßige Stunden vertreiben könne, die aber einer ernsthaften Zuneigung nicht würdig seyen. Die Wissenschaften und Künste der Gries chen wurden als Gegenstände des Lurus betrachtet, welche dazu gemacht wären, den Herren der Welt zu dienen, nicht über sie zu herrschen. Die Großen von Rom hatten griechische Baumeister, griechische Mahler, griechische Steinschneider, griechische Vorleser, griechische Tänzer und Bala: dins in ihren Diensten, ließen ihre Weiber von griechischen Mädchen coeffiren, ihre Kinder von griechischen Pådagogen erziehen u. s. w. Aber so lange noch ein Antiochus und Mithridates zu bekämpfen war, und so lange sie sich noch unter einander selbst über die wichtige Preisfrage zankten, wer von ihnen Meister über alle übrigen bleiben würde, blieb ih: nen wenig Zeit zu subtilen und müßigen Speculationen: und erst nachdem Julius Cåsar jene große Frage entschieden hatte, sehen wir einen Cicero, in der unfreywilligen Einsamkeit seines Tusculanum, auf akademische Betrachtungen einen Werth legen, und in Verpflanzung der Platonischen und Stoischen Philosophie auf römischen Boden Unterhaltung und Troft *) ge: gen den Unbestand des Glücks und die Trübsale des Lebens suchen.

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Indessen

*) Cic. ad Familiar. L. IX. Epist. 2. Modo nobis stet illud (schreibt er an Barro) una vivere in studiis nostris, a quibus antea delectationem modo petebamus, nunc vero etiam salutem.

Indessen ist nicht zu läugnen, daß schon in dem leşten halben Jahrhundert des freyen Roms die Philosophie von verschiedenen edeln Römern, besonders unter denen, welche sich mehr durch Beredsamkeit und Geschicklichkeit in den bürger? lichen Rechten als durch kriegerische Talente den Weg zu den höchsten Ehrenstufen bahnen wollten, als ein Hülfsmittel zu ihrem Zweck mit einigem Ernste getrieben wurde. Da man fie aber als eine von den griechischen Künsten betrach tet, so war auch das Vorurtheil ganz natürlich, daß man sie aus der Quelle schöpfen, d. i. von den Griechen lernen, und sich also zu irgend einer von ihren Schulen bekennen müsse. Ein Philofoph -oder ein Akademiker, Stoiker, oder Epikurder seyn, war in ihren Augen einerley; und es schien ihnen bequemer, die Theorien, die sie schon gemacht und fertig in den philosophischen Buden der Griechen liegen fanden, zu ihrem Gebrauch anzuwenden, als sich eigene selbst zu maz chen. Indessen war es wohl den wenigsten darum zu thun, die Philosophie, zu der sie sich bekannten, in ihrem Leben auszudrücken; und wenn ein Catulus, Cato und Bruz tus hievon Ausnahme machten, so kam es schwerlich aus eis nem andern Grunde, als weil sie, auch ohne Akademie und Stoa, das gewesen wären, was sie waren. Aber mit dem Tode dieser großen Männer, und mit der Revolution, die darauf erfolgte, veränderte sich auch der Geist der römischen Philosophie. Das Jahrhundert der Cåsarn konnte Catonen weder mehr hervorbringen noch ertragen. Indem die Repur blik sich unvermerkt in das Phantom einer Aristokra, tie verwandelte, von welcher ein Einziger die Seele war: so hörte auch die Beredsamkeit auf, die mächtigste Triebfeder des Staats zu seyn, und der beste Bürger war nun der, der am besten gehorchen konnte. Die Philosophie sank also gar bald von der Würde herab, zu welcher sie von einigen großen

Staats:

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Staatsmännern in Rom war erhoben worden. Sie wurde nun auch in der Hauptstadt der Welt, was sie zu Athen schon lange gewesen war, eine müßige Kunst zu grübeln und zu declamiren. Man mußte allenfalls einen Anstrich davon haben, weil es zum guten Ton gehörte, von Litteratur und Philosophie, so wie von Gemählden und Statuen, schwa: Ben zu können; aber Philosophie zu leben würde in den Augen der meisten Weltleute Unsinn, und bey den Billigsten wenigstens eine seltsame Art von Sonderlichkeit ge wesen seyn.

Bey dem allen konnte es gleichwohl nicht fehlen, daß es in einer solchen Epoke, wie die Regierung des Augustus in Rom machte, nicht hier und da einen Sonderling gegeben hätte, der in der Maße eines glücklichen Mittelstandes zwiz schen Ueberfluß und Dürftigkeit, mit mehr Liebe zur Freyheit, als Ehrgeiß oder Begierlichkeit, sich bloß zu seinem eignen Vortheil ein Geschäft daraus machte, richtiger von dem Men: schen und seinen Angelegenheiten zu urtheilen, und nach be währtern Grundsäßen zu leben, als der große Haufe. Horaz, indem er sich in diesem Briefe an seinen großen Freund für einen dieser Sonderlinge bekennt, der die Philosophie, ohne Valle Pråtension an Bart und Mantel, bloß als eine dkonomi: sche Angelegenheit, wenn man so sagen darf, und um sich besser zu befinden, treibe: erklärt sich zugleich, daß er eben darum in keine der philosophischen Schulen eingeschrieben sey, auf keines Meisters Worte geschworen habe; soudern, wie ein Reisender, bald da bald dort anlande oder absteige, und von jedem nur gerade so viel nehme, als er zu seinem Gebrauch nöthig habe. Es geht, wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, durch diese ganze Stelle eine sehr feine Schattirung von Laune› (Humour), wodurch er dem erwarteten Sport des Mâces

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nas zuvorkommt, und das Lächerliche von sich ablehnt, das die Weltleute auf einen Philosophen von Profession zu werz fen geneigt sind. Doch glaube ich nicht, daß das Persiflage so weit gehe, als es Batteur in seiner Erklärung dieser Stelle auszudehnen scheint. Denn daß es Horazen mit der Philosophie, die er in diesem Briefe, vorträgt, Ernst sey, ist schon daraus klar genug, weil es die nemliche ist, die aus allen seinen Werken athmet. Er läßt der Stoa Gerecht tigkeit widerfahren, indem er ziemlich deutlich zu verstehen. giebt, daß er, sobald er sich (in Gedanken nemlich) in die Wogen des bürgerlichen Lebens stürze, die Ans hänglichkeit an eine strenge unerschütterliche Tugend für die beste Partey halte, die alsdann zu nehmen sey. Aber er giebt auch gleich wieder auf eine feine Art zu verstehen, daß für einen Mann wie er - der doch wahrlich, wenn er den Cato oder Brutus hätte machen wollen, der Republik nichts damit geholfen håtte - das schicklichste sey, die Sachen zu lassen, wie sie sind; und nur sich selbst in eine solche innerliche Beer. fassung zu sehen, daß er in einem Staate, wo die poli tische Freyheit verloren und die bürgerliche sehr beschränkt wenigstens der persönlichen und moralischen, der Freyheit von thōrichten Begierden und quålenden Leidenschafs ten, nicht durch eigne Schuld verlustig werde.

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(6) Horaz fest in dieser schönen Stelle die Stoische Phic Josophie der Aristippischen entgegen, weniger um sie mit eins ander contrastiren zu lassen, als um den Grund anzudeuten, warum er die leştere seiner eignen Lage und Verfassung ange: meßner finde. Die Stoische war, seiner Meinung nach, die Philosophie eines Staats- und Geschäftsmanns, der als Pas triot und Weltbürger seine ganze Thätigkeit dazu anwendet, das allgemeine Beste zu befördern. Die Aristippische hingegén schickte

schickte sich für einen Privatmann, der sich zu keiner so hohen Bestimmung berufen fühlt, und, in der Nuhe eines unschul`digen Müßiggangs, zufrieden ist, sich selbst frey und glücklich zu erhalten. Was Horaz mit dem Verse

Et mihi res, non me rebus, submittere conor

eigentlich habe sagen wollen, scheint den meisten Auslegern nicht klar genug gewesen zu seyn. Sanadon wußte sich nicht anders zu helfen, als daß er, eigenmächtig und gegen alle Handschriften, die Ordnung der Zeilen ånderte, und die eben angeführte der unmittelbar vorgehenden

Nunc in Aristippi furtim praecepta relabor

vorseßte, weil er sich einbildete, daß es just umgekehrt sey. Die Stoiker, meint er, wären ja eben diejenigen, welche lehrten, daß ein Weiser die Dinge sich, und nicht sich den Dingen, unterwerfen müsse: dieß lehtere hingegen sey get rade das, worin Aristipps ganze Philosophie bestanden habe. Aber Sanadon irrte sich in beydem. Just so wie die vier Verse im Original in allen Handschriften stehen, machen sie den schönsten Sinn, und drücken das Charakteristische der Stois schen und Aristippischen Philosophie aufs richtigste aus.

Der Hauptgrundsaß der Stoiker war: der Weise unz terwirft sich immer und in allem den ewigen und nothwens digen Gesetzen der Natur der Dinge; er bildet seine Art zu denken und zu handeln einzig nach dieser Richtschnur; und'. seine höchste Freyheit besteht darin, daß er will was er muß, thut was er soll. Die unveränderliche Natur der Dinge, dieses einzige, aber unerläßliche Gesez des Weisen, schreibt ihm in jedem Augenblick und Verhältniß des Lebens vor, was recht ist, und was er also zu wollen und zu

thun

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