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Imp. Caesar. Vespasianus. Aug. Pontifex Maximus

Trib. Pote statis

Censor Aedem Victoriae vetustate dilapsam sua

impensa restituit.

Zu Horazens Zeit war der Tempel der Vacuna, der sabinischen Victoria, verfallen. Als er 100 Jahre später völlig eingestürzt war, ließ ihn Vespasianus, ein Sabiner, für seine Landsleute wieder aufbauen.

Vom Marktplatz des Dorfes, heut piazza Vacuna genannt, folgen wir der Dorfstraße nordwärts und schlagen dann einen westlich führenden Fußpfad ein, der am Rande des Bächleins rio Martello zu einem 130 m über Rocca Giovine gelegenen Plateau führt, das Capo le Volte (T. III Nr. 3) heißt. Hier finden wir einen für einen Hausbau künstlich eingeebneten Platz, die Trümmerstätte A. Unter dem Boden hat man Reste antiker Ziegel gefunden. Hier glaubte 1854 der Franzose Noël des Vergers die Stätte von Horazens Sabinum entdeckt zu haben und der berühmte italienische Baumeister Pietro Rosa schloß sich seiner Ansicht an, die auch bis 1885, also ein Menschenalter hindurch, unbestritten blieb. Aber wenn auch manches für diesen Platz sprach, so wollten doch viele Stellen aus Horazens Gedichten gar nicht zu ihm passen. Die Vegetation ist sehr dürftig, Waldbäume sind in geringer Zahl, Fruchtbäume garnicht vorhanden. Der Eindruck des Ortes ist kein heiterer, sondern ein düsterer. Auch die Epi. I 16, 5-7 beschriebene Aussicht fehlt. Vor allen Dingen aber ist weit und breit keine Quelle vorhanden, während doch Horaz nahe beim Hause eine Quelle gehabt hat, die bald zu einem wasserreichen Bache wurde. Man hat sich freilich auf den Namen des nahe gelegenen Hügels colle del poetello (Dichterhügel, Taf. III, Nr. 2) berufen wollen. Aber nach einem aufgefundenen Kataster von 1777 ist poetello aus poggiatello (der kleine Hügel) verstümmelt, hat also mit dem Dichter nichts zu thun. Wenn also auch manches für diesen Platz spricht, so erfüllt er doch nicht alle Anforderungen, die

nach den bei Horaz vorkommenden Beschreibungen (Vergl. Abschnitt A), an ihn gestellt werden müssen.

Wir wandern darum weiter. Ein steiniger Pfad führt uns in nordöstlicher Richtung zunächst zu einer halb verfallenen Kapelle (S. Maria delle Case. Taf. III, Nr. 4). Von hier leitet ein zwischen schönen alten Eichen verlaufender Fußweg zuerst schnurgerade, dann in steilen Windungen ins Thal hinab zu einer schwachen Quelle (Taf. III, Nr. 5), die unter Strauchwerk hervorrieselt. Man hat geglaubt, hier die Quelle für das auf Stätte A gelegene Sabinum gefunden zu haben. Aber die Quelle ist nicht nur zu weit vom Hause entfernt (Sat. II 6 2: tecto vicinus fons), sondern auch so wasserarm, daß Epi. I 18, 101 auf sie nicht paßt. Zwar hat man sich auch hier auf den Namen der Quelle fonte degli Oratini berufen und eine Hindeutung auf Horaz in ihm finden wollen, aber dasselbe Katasterregister von 1777 belehrt uns, daß sie fontana dei Ratini geheißen hat und daß aus diesem, früher die Besitzer bezeichnenden Namen der jetzige durch Verstümmelung entstanden ist.

Steigen wir nun weiter den Abhang nach Westen hinab, so wird das Land immer gartenähnlicher. Apfelbäume, Oliven, Kastanien, Feigen, Ulmen, an denen sich Wein emporrankt (Od. II 15, 4: platanus caelebs; Epi. I 16, 3: amicta vitibus ulmus), sind reichlich vorhanden. Plötzlich zeigt sich uns eine neue Quelle (Taf. III, Nr. 7), die krystallhell in mächtiger Wasserfülle aus einem Felsen hervorsprudelt und

mit munterem Rauschen bald einen Bach bildet, der noch heut den Namen des Hauptbaches (Licenza) trägt und der vor seiner Vereinigung mit diesem stark genug ist, eine Mühle zu treiben. Diese Quelle entspricht also nicht nur trefflich der Schilderung bei Horaz (Epi. I 18, 104), sondern es findet sich wenige Meter von ihr entfernt (vicinus. Sat. II 6, 2) ein flacher Hügel am Abhang der vigne di S. Pietro (Taf. III, Nr. 8), auf dem 1885 die Trümmerstätte B entdeckt worden ist. Zwei

der aus

ziemlich große Zimmer mit Mosaikfußboden, schwarzen und weißen Marmorsteinen zusammengesetzt ist, sind aufgegraben, aber auf Befehl der Behörde wieder zugeschüttet worden, um sie vor Zerstörung zu bewahren, bis größere Ausgrabungen vorgenommen werden können. Auf Tafel III ist ein Teil dieses Fußbodens zur Darstellung gebracht. An dieser Stelle hatten schon um 1750 der italienische Archäologe de Sanctis und der Franzose Capmartin de Champy Horazens Villa vermutet, nicht nur weil sie trefflich zu Horazens Schilderung paßt, sondern weil damals auch noch Mauerreste eines antiken Hauses an dieser Stelle vorhanden waren. Ihre Ansicht behielt auch bis 1854 allgemeine Geltung, wurde dann aber von Noël des Vergers (s. o.) erschüttert, bis 1885 der römische Ingenieur Berti neben kleineren Funden die herrlichen Mosaikfußböden entdeckte. Diese Fußböden sind denen im Hause der Livia auf dem Palatin sehr ähnlich und werden von Fachleuten als Arbeit des letzten Jahrhunderts vor Christus anerkannt. Mazzoleni trat 1890, Fritsch in Trier 1895 der Ansicht Bertis bei.

Die Lage der Stätte B stimmt auch in mancher anderen Hinsicht trefflich zu den Beschreibungen in den Gedichten Horazens. (Vergl. zum folgenden Abschnitt A.) Schaut man von B aus nach Norden, so ist der Horizont durch Berge geschlossen, die nur das Thal der Licenza durchbricht und für den, der dorthin den Blick richtet, geht die Sonne zur Rechten auf, zur Linken unter. Der Baum- und und Pflanzenwuchs ist sehr üppig, die mächtige, helle Quelle ist in der Nähe und der aus ihr entspringende Bach führt noch heut den Namen des Hauptbaches. Südlich vom Hause liegt der Monte Rotondo (Taf. III, Nr. 6), unter dessen schattenspendenden Bäumen des Dichters Ziegen Weide fanden, der also mit dem Lucretilis identisch sein könnte. Jenseit der Licenza haben die kahlen glatten Felsen noch heut den Namen Rustica oder Ustica. Und daß man an dieser Stelle Wein bauen konnte, dafür spricht der Name,

den der Berghang noch heute führt und der Umstand, daß er noch heute dem Weinbau dient. Ein Spaziergang von etwa 2 km aber führte den Dichter zu den einsam gelegenen Trümmern des Vacunatempels, in deren Schatten er die 10. Epistel des 1. Buches verfaßt hat.

Demnach scheint dieser Platz B am meisten der Lage, die Horazens Villa gehabt haben muß, zu entsprechen. Weitere Aufgrabungen werden vielleicht, was heute erst Wahrscheinlichkeit ist, zur Gewißheit erheben.

III. Des Dichters Werke.

A. Allgemeines.

Horazens Werke enthalten die Gedichte in nachstehender Reihenfolge:

1. Die erste Odensammlung, 1.-3. Buch, veröffentlicht i. J. 23, 88 Gedichte.

2. Die zweite Odensammlung, 4. Buch, veröffentlicht i. J. 13, 15 Gedichte.

3. Die Epoden, 1 Buch, veröffentlicht i. J. 29, 17 Gedichte.

4. Das Carmen saeculare, veröffentlicht i. J. 17, 1 Gedicht.

5. Die erste Satirensammlung, 1 Buch, veröffentlicht i. J. 35, 10 Gedichte.

6. Die zweite Satirensammlung, 1 Buch, veröffentlicht i. J. 30, 8 Gedichte.

7. Die erste Epistelsammlung, 1 Buch, veröffentlicht i. J. 20, 20 Gedichte.

8. Die zweite Epistelsammlung, 1 Buch, veröffentlicht nach 17, 3 Gedichte;

zusammen 162 Gedichte, die von 35-8, also im Laufe von 27 Jahren in Sammlungen von ihm herausgegeben sind.

Alle Gedichte gehören dem Gebiete der Lyrik an.

Das Epos stellt Handlungen als in der Vergangenheit geschehene, das Drama als in der Gegenwart geschehende, die Lyrik stellt Empfindungen dar.

Ist das Gedicht der Ausdruck eines unmittelbaren Gefühls, so ist das Resultat der dichterischen Thätigkeit das Lied, dessen eigentliche Bestimmung denn auch ist, gesungen zu werden. Dieser Gattung der Lyrik gehören Horazens Oden, carmina, an.

Aber die Empfindung, der der Dichter Ausdruck verleihen will, ist nicht immer eine unmittelbare, sondern zuweilen eine erst durch Nachdenken vermittelte. Der Groll gegen verächtliche und berüchtigte Personen oder persönliche Gegner und Neider, der durch Betrachtung solcher Menschen und ihres Thuns und Treibens erregt wird, findet seine Darstellung in der Epode, iambus. Richtet sich aber dieser Groll nicht gegen bestimmte Personen, sondern ist er eine Folge der Betrachtung gesellschaftlicher, politischer, religiöser Misstände, so entsteht die Satire, sermo.

Wenn dagegen nicht zornige und feindselige Erregung, sondern ruhige Betrachtung der Lebensverhältnisse in Gesellschaft, Staat, Kunstleben u. s. w., verbunden mit einem Urteil darüber auf Grund der Welt- und Lebensanschauung des Dichters diesen zu poetischem Schaffen anregen, so entsteht die Epistel, bei Horaz ebenfalls sermo genannt.

Horaz hat richtig erkannt, daß die Lyrik allein seiner Begabung entspreche und hat es stets abgewiesen, wenn er aufgefordert wurde, Epen zu schaffen. Vergl. Od. I 6, vor allem Str. 5, in der er das eigentliche Lied, die Ode, als seine Aufgabe hinstellt. So richtig er in diesem Punkte geurteilt hat, so wenig hat er, wie das hervorragenden Männern nicht selten geschieht, seine Hauptbedeutung innerhalb der Grenzen seines Berufes erkannt. Er verdankte ja die Anregung zur Dichtkunst den Griechen und wir haben schon gehört, daß er in Athen in Versificationen in griechischer Sprache sich geübt hat. (Sat. I 10, 30. 31). Später kleidete er seine Lieder in das Gewand der römischen Muttersprache.

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