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und selbst deren Möglichkeit nicht vorhanden ist, bloß katachrestisch den Namen Kirche tragen, nur durch Inconsequenz ihre Eristenz begonnen haben und forterhalten. Denn läugnete man die Auctorität der Kirche, als man sich gegen dieselbe erhob, ihren Glauben und den Glauben an sie verwarf, so konnte man, dünkt mir, folgerecht nimmermehr thun, was die Reformatoren thaten, nimmermehr sich als Auctorität constituiren, Glaubensnormen und symbolische Schriften verfassen und das feste Halten daran für noth= wendig und alleinseligmachend ausgeben. Sollte die gläubige Unterwerfung unter die alte Auctorität der katholischen Kirche unstatthaft, vom Uebeln und Bösen seyn, wie konnten einige von derselben ausgeschiedene Theologen für ihre besondere Auffassung des Christenthums, für die von ihnen mit oder ohne Beipflichtung der weltlichen Gewalt beliebten Dogmen, einen strengen Glaubensgehorsam in Anspruch nehmen, ihre Schriftauslegung für eine göttlich gewisse, kanonische, den rechten Glauben und das ewige Heil bedingende ausgeben? Auf der andern Seite ist leicht einzusehen, wie ohne solche bindende Glaubensnorm nur eine chaotischVerwirrung, eine geistige Wüste und Leere entstehen muß, für welche der Name Kirche nur eine Ironie, und deren Endresultat die volle Vernichtung alles wahrhaftigen, geistigen Lebens, der absolute Tod seyn würde.

Das ist also das Dilemma, aus welchem der Protestantismus nun und nimmer weder theoretisch noch praktisch sich wird heraushelfen können. Entweder gibt es eine wirkliche Auctorität, welcher die Entscheidung in Glaubensfragen zusteht, und welcher jeder Einzelne sich unterwerfen muß, und dann ist der Ursprung des Protestantismus ein durchaus illegitimer, Auflehnung gegen die von Gott gesezte Ordnung; oder aber es gibt keine solche Auctorität, und so kann über den Glauben nichts entschieden und festgesegt werden, und ein Bekenntniß, woran jeder soll halten müssen, ist ein Unding; es glaubt Jeder, was er eben kann und will, und von rechtund irrgläubig, Wahrheit und Irrthum kann die Rede nicht mehr seyn, die einzige Doctrin ist der Indifferentismus, und das einzige Dogma dieses, daß es keines gibt. Entweder werden die symbolischen Bücher als normativ beibehalten, und dann muß

Jeder, der nicht daran hält, für außer der Kirchengemeinschaft und dem Heile erklärt werden, oder aber es werden die symbolischen Bücher dran gegeben, und da ist auch der lezte Schein der Kirche verschwunden, und es existiren nur Individuen, die nicht einmal eine Secte constituiren. Wirklich gibt es viele protestantische Theologen und Lehrer, die ihre innige Ueberzeugung mit dem Inhalt und Princip der symbolischen Bücher nicht mehr zu vereinbaren im Stande sind. Für diese haben mehre ein Erpediens gefunden und bekannt gemacht, nämlich, daß man anders lehren und anders glauben könne (was auch Kant schon in Schuß nahm) und daß man beim Amtsantritt sich nur verpflichte, öffentlich den Bekenntnißschriften gemäß zu lehren, keineswegs aber erkläre, dieselben für wahrheitsgemäß zu halten 1).

Nach einer jegt von Vielen, welche auf dem sogenannten höhern Standpunct stehen, getheilten Ansicht, mußte es im Laufe der Zeit, in Folge der so weit gediehenen und Behufs der noch weiter zu fördernden Entwickelung des Menschengeschlechts und des Christenthums, zu einer vollen Ausbildung und selbstständigen Organisation des schon lange im Durchbruch begriffenen Freiheitsprincips als Protestantismus kommen, und haben wir in ihm einerseits und dem Katholicismus andererseits die sich nothwendig segenden, in ihrer Eristenz und Fortbildung sich wechselseitig bedingenden Gegensäge und die beiden Seiten und Momente des Einen, wahrhaftigen, geistigen und religiösen Lebens, womit dieses seine dialektische Bewegung zu seiner Vollendung in der Geschichte vollbringt. Allein hiergegen erlauben wir uns die Bemerkung, daß 1), wie schon Oben erinnert und gezeigt worden ist, der Katholizismus neben und in seinem wahren Auctoritätsprincip nothwendig auch schon das wahre Freiheitsprincip und den Protestantismus im edlern Sinne des Wortes, die Förderung wahrer Entwickelung des Christenthums im Menschen und des Menschen im Christenthum, A teachers doctrine and his proof Is all his province, and enough; But is no more concernd in use, Than shoemakers to wear all shoes.

1)

Butler miscellaneous thoughts.

die Negation und Verwerfung wie der falschen Ruhe und Involution, so der falschen Bewegung und Evolution in sich enthält, daß 2) der aus der Kirche heraus- und gegen sie aufgetretene Protestantismus sich zum Katholizismus nicht wie ein einfacher, Entwickelung bedingender Gegensay, sondern wie ein förmlicher dessen vollkommene Vernichtung beabzweckender Widerspruch verhält, und durch seinen übereilten Austritt und feindseligen Auftritt sich um alle Macht des Lebens, es zu haben oder zu geben, gebracht hat. Uebrigens ist es schon viel, daß man der katholichen Kirche jest zugestehen will, daß die protestantische Kirche ihrer bedürfe, um zu seyn, wie umgekehrt auch die katholische Kirche der protestan= tischen bedürfen soll, um zu seyn; wozu jedoch bemerkt werden muß, daß das Positive der Negation nicht bedarf, wie leytere des Erstern, daß die katholische Kirche ihre volle Eristenz und Bedeutung hatte, ehe es einen Protestantismus (im gemeinen Sinne des Wortes) gab, dieser aber, wenn es ihm per absurdam hypothesin gelänge, die Kirche zu vernichten, sich damit selbst vernichtet hätte, und wenn er noch fortbestehen wollte, gegen sich selbst protestiren und so durch Negation der Negation positiv werden und die Kirche repristiniren müßte, um dann mit seiner protestirenden Thätigkeit nach Sisyphus Art wieder von vorne zu beginnen.

Nach Schleiermacher läuft man in der protestantischen Kirche Gefahr über ihrem festen Halten an Christo die Kirche zu verlieren, während die katholische Kirche Gefahr läuft, über der Kirche Christum einzubüßen. Allein in der katholischen Kirche kann, da sie nicht von Christo abstract genommen wird, dieser unmöglich verloren werden, in der protestantischen aber kann, da sie Christum zu sehr von der Kirche abstrahirt, diese allerdings leicht, und da Christus nur in seiner Kirche festgehalten wird, Christus selber leicht verloren werden, was auch a posteriori nicht. schwer nachzuweisen wäre. Dadurch ist der Protestantismus eben er, weil er nicht Christum mit all seinen Consequenzen, mit seiner großen bleibenden That der Institution und Constitution der Kirche annimmt.

Daß es zur Zeit der unseligen kirchlichen Katastrophe des XVI.

Jahrhunderts nicht an Erscheinungen in der Kirche fehlte, welche man als Vorwände zur einmal beabsichtigten Trennung ergreifen konnte, läßt sich nicht läugnen, aber das können wir gleichfalls nicht umhin zu behaupten, daß gültige Motive und eigentliche Ursachen dafür keine vorhanden gewesen; denn die schlechte Praris Vieler in der Kirche ist keine falsche Lehre der Kirche, noch seht sie dieselbe voraus, die Unheiligkeit vieler Kirchengenossen und Vorsteher hebt die Heiligkeit der Kirche keineswegs auf (S. S. 109 ff.). Wie unlebendig der Glaube, wie ausgeartet das Leben Vieler in der Kirche gewesen. seyn mochte, die Kirche hatte damit doch nicht aufgehört, die Kirche zu seyn (S. S. 127.), die einzige und unfehlbare Depositärin der wahren Doctrin und die legitime Ausspenderin der wahren Sakramente zu seyn, so daß jenes Schisma auf keine Weise als nöthig oder irgend berechtigt oder auch nur entschuldbar erschei= nen könnte. Wie Viele haben in und nach wie vor dieser traurigen Periode in der Kirche ihr Heil gefunden und gewirkt, und so hätten auch die Reformatoren darin verbleiben können und müssen, anstatt, wie der verlorne Sohn, aus dem elterlichen Hause zu ziehen, und nach Verschleuderung des mitgenommenen Theiles in der Fremde zu verfümmern.

Eine Rückkehr der proteftantischen Confessionen zur katholischen Kirche muß immer als möglich geglaubt werden, da die Trennung in letter Instanz auf einer Verirrung beruht, zu deren flarer Einsicht man durch ernste Betrachtung am Ende gelangen muß, und darf als verhältnißmäßig sehr nahe gehofft werden, da das religiöse, näher: christliche Bewußtseyn wiederum so lebendig geworden ist, von allen Seiten an die Revision des Scheidungsprozesses mit solchem Ernste gegangen wird, die in den symbolischen Büchern der verschiedenen Confessionen niedergelegte Glaubenslehre neuerdings einer strengen, wissenschaftlichen Prüfung unterworfen worden, und was die Hauptsache ist, die Principien nun unmittelbar einander gegenüberstehen und den Kampf der Entscheidung selbst begonnen haben. Für die Irenik, welche von aller Symbolik und Polemik als ihr lehter Zweck im Auge behalten werden muß, bleibt immer dieses von der höchsten Wichtigkeit, daß

das protestantische Princip der abstracten und unbedingten Denkfreiheit in sich selbst und mit jeder positiven Religion und Kirche nothwendig zerfällt, die Anerkennung des Auctoritätsprincips aber den Katholizismus implicirt, dieser nur dessen Application und Erplication ist; daß die protestantischen Kirchen nach ihrer wirklichen Verfassung dem Princip der Auctorität auch keineswegs ent= gangen, sondern nur einer falschen Anwendung desselben verfallen sind; daß sie die Freiheit, deren Schein sie außerhalb der Kirche suchen, nach ihrer vollen Wahrheit allein innerhalb derselben finden können; weiter dieses, daß so Manches, welchem zu entgehen sie die alte Kirche verließen, in ihren neuen nur in einer andern, schlimmern Form wieder zum Vorschein kömmt. So findet sich z. B. für das wahre opus operatum, welches ihnen in der katholischen Kirche ein Gräuel bedünkte, in ihrer Kirche das falsche, nämlich der Erlösung ohne Werke; für das wahre opus operantis, welches sie aus der katholischen Kirche zu scheiden bewog, in ihrer Kirche das neue, falsche opus operantis, nämlich des subjectiven Glaubens, womit sie die Schrift deuten, ihre Dogmen machen, und die Sakramente zu ihrer Wirksamkeit erheben sollen; zu welchen Sonderbarkeiten auch noch dieses kömmt, daß die im Namen der Freiheit und Menschheit neu gegründeten Kirchen dem Menschen alle Freiheit und wahre Menschheit, als welche er durch die Erbsünde eingebüßt habe, abgesprochen haben; daß der bekannte Sag der neuern Philosophie, wonach jede Sache ihr Gegentheil an sich hat und in dasselbe umschlägt, in ihrer Kirche auf eine eigene Weise verwirklicht erscheint; da sie, wie gesagt, die Auctorität läugnet und ausübt, die Freiheit begründen will und in Abrede stellt, das Individuum für Alles, und seine Kraft für Nichts erklärt. Daß der Katholizismus eben nur der Offenbarungsglaube, das positive Christenthum mit seiner ganzen Consequenz ist, zwischen ihm und dem Naturalismus keine Wahl ist, hat neulich wiederum Gfrörer bekannt: Der katholische Glauben ist, wenn man ihm sein erstes Ariom zugibt, das übrigens zuerst nicht Lutheraner, nicht Reformirte, selbst nicht einmal die Anhänger Socins läugneten, so folgerichtig als die Bücher Euklids.... Die ganze römische Religion ist auf den einen Sag einer übernatürlichen, für das ganze

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