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§. 100. Verjährung als Grund des Erwerbes oder Verlustes von Rechten. 167

indefinita, immemorialis, wobei der Ursprung eines Zustandes in Dunkel gehüllt, also nicht nachweisbar ist, wann und wie derselbe begonnen habe, so dass desshalb praesumirt wird, es sei der fragliche Zustand auf rechtmässige Weise begründet worden. IV. Für jede Verjährung gelten folgende allgemeine Grund

sätze:

a. Actioni nondum natae non praescribitur, d. h. die Verjährung einer Klage beginnt nicht, bevor die Verbindlichkeit des Beklagten in concreto so vollständig begründet ist, dass die Anstellung der Klage gegen denselben rechtlich als möglich erscheint. (Vgl. auch unten §. 114. Nr. II. 9 a. S. 188, und über das Detail Vangerow I. §. 147.)

b. Agere non valenti non currit praescriptio, d. h. die Verjährung wird sistirt, so lange der Anstellung der Klage ein Hinderniss entgegensteht. (Vgl. §. 118. Nr. III.)

c. Die Verjährung muss continua sein, d. h. der thatsächliche Zustand darf nicht unterbrochen sein.

d. Bona fides war nach römischem Rechte nur zur Acquisitivverjährung erforderlich, und auch hier nur beim Beginn der Verjährung und auch nicht in allen Fällen: sie ist aber nach canonischem Rechte stets erforderlich; jedoch die Praxis des bürgerlichen Rechts hat das Erforderniss der bona fides eingeschränkt auf die Acquisitivverjährung und die Verjährung von Klagen auf Rückgabe einer bestimmten species. Stets muss aber die bona fides nach canonischem Rechte eine continua sein.

V. Die unvordenkliche Zeit, † praescriptio immemorialis, kommt unter dem Namen vetustas bei den Römern vor, um festzustellen, ob ein Vicinalweg eine via publica oder privata, ferner ob eine actio aquae pluviae arcendae ausgeschlossen sei und ob ein aquaeductus Jemandem über einen locus publicus zustehe; (1. 28. de prob. XXII. 3.; l. 1. §. ult.; 1. 3. pr. de locis et itineribus publicis XLIII. 7.) Nach canonischem Recht kann auf unvordenkliche Zeit ein Hoheitsrecht, namentlich die Ausdehnung der bischöflichen Gewalt über Bezirke einer fremden Diöcese gestützt werden. Nach deutschen Reichsgesetzen genügt die unvordenkliche Zeit zur Begründung der Steuerfreiheit eines Grundstückes; aber im alten germanischen Rechte wurde die unvordenkliche Zeit allgemein bei allen Rechten angewandt und dieser generelle Charakter derselben ist nach Reception des römischen Rechtes beibehalten worden.

Wer sich auf unvordenkliche Zeit beruft, muss durch Zeugen (die Zeugen müssen nach der Praxis wenigstens 44 Jahre alt

sein) oder durch Urkunden beweisen, dass während der gegenwärtigen Generation der thatsächliche Zustand immer derselbe gewesen sei, und dass man aus den vorausgegangenen Generationen nicht wisse, wann und wie es so geworden sei. Ein blosser Gegenbeweis, dass der betreffende Zustand zu irgend einer früheren Zeit nicht bestanden habe, genügt nicht, weil sich dieses im Allgemeinen von selbst versteht. Der Gegner kann aber den Gegenbeweis darauf richten, entweder der fragliche Zustand trage gar nicht den Rechtscharakter an sich, oder es sei eine Unterbrechung während der letzten Generationen vorgekommen, oder der Ursprung des fraglichen Zustandes sei nicht in Dunkel gehüllt, sondern sei auf diese oder jene Weise begründet.

Kapitel VIII.

Die Sicherung und Vertheidigung der Rechte.

Keller, der röm. Civilprozess und die Aktionen. 3. Aufl. 1863. Rudorff, Röm Rg. Bd. II. S. 1-329. Bethmann-Hollweg, der Civilprozess des gem. R. in geschichtlicher Entwickelung. Bd. I-III. Der röm. Civilprozess. Bonn 1864--66.

§. 101. Von der Protestation und Reservation.

I. Protestation ist eine Erklärung, wodurch man sich gegen eine nachtheilige Auslegung eines Vorganges verwahren will. Eine Protestation kann sowohl fremden wie eigenen Handlungen beigefügt werden, darf aber letzteren Falls nicht ipsis factis contraria sein, d. h. mit den eigenen Handlungen in unvereinbarem Widerspruch stehen.

II. Reservation ist die Protestation, welche man bei Uebertragung eines Complexes von Rechten vornimmt, um zu verhindern, dass ein oder mehrere bestimmte einzelne Rechte, die eigentlich auch in dem Complexe mit enthalten sind, als ebenfalls übertragen angesehen würden.

§. 102. Von den Cautionen.

Gai. IV. 88-102; Inst. III. 18. de divisione stipulationum. IV. 11. de satisdationibus; Dig. II. 8. qui satis dare cogantur vel jurato promittant vel suae promissioni committantur; XLVI. 5. de stipulationibus praetoriis; Cod. II. 57. de satisdando. - Dig. XLII. 4. quibus ex causis in possessionem eatur; XLII. 5. de rebus auctoritate judicis possidendis seu vendendis; XLIII. 4. Ne vis fiat ei qui in possessionem missus est; Cod. VII. 72. de bonis auctoritate judicis possidendis seu venundandis et de separationibus bonorum. Schirmer, über die prätorischen Judicialstipulationen. Greifswalde. 1853. Keller, Civilpr.

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I. Im Allgemeinen bedeutet Caution jedes Mittel zur Sicherstellung eines Rechtes; im engeren Sinne bezeichnet man als Cautionen die Nebenverträge, wodurch man die Sicherheit eines schon vorhandenen oder zukünftigen Rechtes bezweckt.

II. Man unterscheidet nothwendige Cautionen (cautiones necessariae, d. h. solche, die vom Gesetz oder Richter aufgelegt sind, und freiwillige (cautiones voluntariae), wo die Verpflichtung zu ihrer Leistung durch Vertrag oder durch letzten Willen begründet ist.

Die cautiones necessariae oder sog. praetoriae stipulationes waren entweder judiciales, welche einem judicium seinen Fortgang und seinen Erfolg sichern sollten, (z. B. judicatum solvi, ex operis novi nunciatione, vgl. über die Prozesscautionen unten §. 112, 122, 123, 150. Nr. II. 2.), oder cautionales, welche eine neue Klage begründen sollten und,,instar actionis habent", d. h. für sich schon einen Stoff zur Angehung des Magistrats bildeten, ohne einen anderen Prozess schon vorauszusetzen, (z. B. ratam rem haberi, damni infecti, die cautio legatorum servandorum des Erben für den Legatar, wenn das Legat an eine Bedingung oder an einen dies geknüpft ist), oder communes, d. h. die vadimonia (Bürgschaftsleistungen), welche die Bestimmung der beiden ersteren in sich vereinigten-(,,veluti rem salvam fore pupilli." 1. 52. pr. de V. O. XLV. 1.;,,quae fiunt judicio sistendi causa" 1. 1. de stip. praet. XLVI. 5.; 1. 35. §. 2. de proc. III. 3.; Leg. Rubr. c. 19.).

Andererseits unterschied man bei den Römern auch in Rücksicht auf die Form ihrer Begründung die cautiones, welche durch Stipulation (Verbalcontract) begründet wurden in conventionales, d. h. die des gewöhnlichen Verkehrs, und diesen gegenüber die stipulationes praetoriae, d. h. die vor dem Prätor (in jure), und die stipulationes judiciales, die vor dem judex (in judicio) geleistet werden mussten, und die communes, d. h. die sowohl in jure als in judicio vorkommen konnten, wie die stipulatio, rem salvam fore pupilli (1. 5. pr. de V. O. XLV. 1.; Inst. III. 19. De divisione stip.).

III. So oft es sich bloss um die Begründung eines sonst nicht vorhandenen Rechtsanspruchs (z. B. einer Strafforderung, die nicht schon im Gesetze begründet wäre) handelt, genügt eine blosse Verbalcaution, und diese ist entweder eine eidliche (cautio juratoria oder adjuratoria) oder eine bloss promissorische (nuda repromissio, d. h. bei den Römern Stipulation). Dagegen, wenn der Erfolg eines Rechtsanspruchs sicher gestellt werden soll, so bedarf es einer Realcaution (satisdatio). Der Fiscus ist stets frei von Realcaution (fiscus semper solvendo est), und wer genügenden Grundbesitz hat, braucht statt der Realcaution bloss eine juratorische Caution zu leisten.

IV. Die Realcaution besteht entweder in Bürg chaft (siehe §. 183.), oder Pfandbestellung (siehe §. 162 ff.), oder Hinterlegung der Streitsache für die Dauer des Streites bei einem unbetheiligten Dritten (Sequestration), die sowohl durch die Parteien als durch den Richter erfolgen kann; oder in richterlicher Einweisung in den Besitz eines ganzen Vermögens, oder einzelner Vermögensstücke (missio in possessionem), wodurch der Immittirte die custodia (Innehabung der Sachen) und zu seinem

Schutze eine actio in factum und das interdictum ne vis fiat ei, qui in possessionem missus est erlangt, (siehe unten §. 135. von der Execution, §. 139. Nr. II. von dem damnum infectum, §. 171. vom richterl. Pfandrechte, und im Erbrecht die immissiones hereditatis tuendae causa und legatorum nomine); oder endlich in richterlicher Arrestverfügung und zwar, indem entweder die Freiheit des Aufenthalts einer Person beschränkt (Personalarrest), oder die Disposition über die Vermögensgegenstände verhindert wird (Realarrest).

§. 103. Von der Selbsthülfe.

Tit. Cod. Quando liceat unicuique sine judice se vindicare. III. 27.; Schmitt, Die Selbsthülfe im röm. Privatrecht. Erlangen 1868.

I. Regelmässig sollen verletzte Rechte auf gerichtlichem Wege verfolgt werden. Eine Selbsthülfe ist nur erlaubt:

1. Zur Nothwehr, d. h. wenn sonst ein Recht unwiederbringlich verloren ginge, ehe wir die Staatshülfe anrufen können; jedoch darf die Nothwehr nicht die zur Abwehr nöthigen Mittel überschreiteu (moderamen inculpatae tutelae).

2. Das römische Recht erlaubte speciell dem pater familias die eigenmächtige Tödtung des in seinem oder seines Schwiegersohnes Hause in turpitudine ertappten Ehebrechers (wobei aber nach der lex Julia de adulteriis v. Jahr 736 d. St. der Vater vom Schwiegersohne zugezogen sein und zugleich die ehebrecherische Tochter mit tödten musste. Coll. IV. 2. §. 3—9. 12.; Paul. IL 26. 2.; 1. 20-23. 32. Dig. ad leg. Jul. de adult. XLVIII. 5.), des ertappten Entführers und des fur nocturnus. Diese Bestimmungen sind aber nicht recipirt.

3. Der gewaltsam aus einem Grundstücke Dejicirte darf den Dejicienten mit Gewalt sofort wieder entsetzen.

4. Zum Schutz des durch einen Neubau des Nachbars bedrohten Grundstückes kann man sich durch einen Privatakt schützen, und zwar durch eine operis novi nunciatio oder durch eine prohibitio, durch letztere auch gegen sonstige uns nachtheilige Veränderungen am Grundstücke des Nachbars (s. §. 209. Nr. XVI. f.). Nach 1. 29. §. 1. ad leg. Aquil. IX. 2. kann, wenn Jemand unbefugt eine Wasserleitung über ein fremdes Grundstück leitet, der dominus des betreffenden fundus diese eigenmächtig abschneiden (jure suo intercidere). 5. Unter folgenden Voraussetzungen darf man eine Sache bis zur Befriedigung eines Gegenanspruchs retiniren:

a) Die Sache muss sich nec vi, nec clam, nec precario im Gewahrsam des Retinirenden befinden. Einerlei ist es aber, wem die Sache gehört, indem sie sogar dem Retinirenden selbst gehören

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