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(vgl. u. §. 50. nr. VII.), und im Ganzen auch das jus gentium mit dem jus civile ausgeglichen wurde.

Bei den germanischen Völkern galt ebenfalls das Princip des nationalen persönlichen Rechtes; man wandte auf einen Jeden das besondere Recht seines Volksstammes an, einerlei in welchem Gebiete er sich befand. Als die Völkerwanderungen aufhörten und die Stämme wie die Einzelnen aus verschiedenen Volksstämmen ihre einmal gewählten Wohnsitze behielten, entwickelte sich mit den festen Territorien und zum Theil auch in Folge des allmählichen Erstarkens der Staatsgewalt und mit der grösseren Consolidirung des Staatsorganismus, auch für die Anwendung des Rechtes das Princip der Territorialität, welches noch jetzt gilt, und wornach Jeder im Allgemeinen dem Rechte desjenigen Staates unterworfen ist, in dessen Gebiete er seinen Wohnsitz (vgl. unten §. 58.) hat. Freilich lässt sich diese Regel nicht in allen Beziehungen durchführen, sondern es sind für manche Rechtsverhältnisse noch örtliche und zeitliche Grenzen massgebend (vgl. §. 23, 24.).

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II. Eine weitere Frage ist noch die, ob auch der Regent dem Gesetze unterthänig ist? Ein absoluter Herrscher ist es nie, schon desshalb nicht, weil er allein alle Arten von Gesetzen erlassen, also auch Privilegien (§. 36.) ertheilen kann. Auf diesem Standpunkte stand das Recht der römischen Kaiserzeit. Den Satz: princeps legibus solutus est", (1. 31. de legib. I. 3.) hatte Ulpian zwar blos auf die lex Julia et Papia Poppaea (s. u. §. 215. nr. IV.) bezogen, denn es bestand ja zur Zeit der klassischen Juristen principmässig noch die Republik (vgl. oben §. 16.). Später aber dehnte man diese Regel immer entschiedener aus (s. §. 8. i. f. Inst. Quib. mod. test. inf. II. 17; 1. 8. §. 2. Dig. de inoff. test. V. 2; 1. 23. de legat. III. [32]; 1. 7. Cod. Qui test. fac. VI.22.). Justinian nahm jenen Satz geradezu ganz allgemein. Freilich gaben die römischen Kaiser wiederholt die Versicherung, sie würden sich thatsächlich auch selbst stets dem Gesetze unterwerfen. (§. 8. Inst. cit.; 1. 4. Cod. de legib. I. 14.; 1. 3. Cod. de test. VI. 23.) Heutzutage entscheidet sich jene Frage nach den Verfassungen der einzelnen Staaten. Im Allgemeinen ist der Regent jetzt nur in politischer und strafrechtlicher Beziehung unverantwortlich, dagegen in privatrechtlicher Beziehung ganz den Gesetzen seines Landes unterworfen.

§. 23. Die Anwendung der Gesetze in örtlicher Beziehung.

Jos. Story, Comm. on the conflict of laws. II Vol. Boston 1834. 41; Schaffner, Entwickl. des internationalen Privatrechts. Frankf. 1841; Foelix, du droit international privé. Paris 1843. 47; Wächter im Archiv f. civ. Pr. XXIV, 7. XXV, 1. 4. 12; Savigny, System VIII. §§. 347-82; Heffter, Völkerr.

§. 35. 37 ff. Walter, Deutsch. Privatr. §§. 40 ff.; Beseler, System §§. 38. 39. Bar, Das internat. Privat- u. Strafr. Hanover 1862; Schmidt, Die Herrschaft des Gesetzes nach ihren räumlichen und zeitlichen Grenzen. Jena 1863.

Die Frage, welches Recht anzuwenden sei, kann 1) in Folge des internationalen Verkehrs für Rechtsverhältnisse von Ausländern oder mit Ausländern entstehen, 2) aber auch ähnlich für Angehörige desselben Staates, wenn für verschiedene Landestheile desselben verschiedene Rechte gelten. Das gemeine Recht hat hier keine Regeln aufgestellt, und wir müssen daher unsere Fragen unmittelbar aus der Natur der Sache oder der juristischen Consequenz und nach dem Herkommen beantworten. Es ist daher im Einzelnen Vieles streitig. Wir suchen, wie dieses namentlich schon Wächter und Savigny gethan haben, bei jedem Rechtsverhältnisse nach dem Grunde desselben, und darnach müssen wir sagen:

I. Die Rechts- und Handlungsfähigkeit entscheidet sich nach dem Domicil (s. §. 58.) der Person. So z. B. die Frage über die Eigenschaften und rechtlichen Folgen des Geschlechtes, der ehelichen oder unehelichen Geburt, der väterlichen Gewalt, der Volljährigkeit oder Minderjährigkeit, die (persönlichen und in Ermangelung eines besonderen Vertrags auch die vermögensrechtlichen) Verhältnisse der Ehegatten, und endlich die testamentarische wie Intestat - Erbfolge. (Ueber die Form des Testaments vgl. aber unten Nr. III.)

Wenn Jemand sein Domicil wechselt, so tritt damit auch für seinen allgemeinen Rechtszustand das örtliche Recht des neuen Wohnsitzes ein. Nur kann in Folge dessen Niemand ein einmal wohlerworbenes Recht verlieren, und es kann daher der nach dem Rechte seines früheren Wohnsitzes grossjährig Gewordene nicht durch Veränderung des Domicils wieder minderjährig werden, und ebenso kann (obschon dies bisweilen noch bestritten wird) das eheliche Güterrecht, welches (in Ermangelung eines darauf bezüglichen Ehevertrages) wie durch stillschweigenden Vertrag nach dem Gesetze des vom Manne bei der Eingehung der Ehe für diese zuerst in Aussicht genommenen oder sonst des schon innegehabten Domicils als ein wohlerworbenes Recht auch für die Frau begründet ist, nicht durch nachherigen Wechsel des Domicils von Seiten des Mannes abgeändert werden.

Ferner ist noch zu bemerken, dass niemals im Inlande solche ausländische Rechtssätze oder Rechtsinstitute Platz greifen können, welche absolut gebietenden oder verbietenden im höheren allgemeinen Interesse erlassenen inländischen Gesetzen widerstreiten. So gilt bei uns auch für Ausländer keine Sclaverei, keine Beschränkung der Rechtsfähigkeit wegen Religionsverschiedenheit (vgl. u. §. 54.), kein

Vering, Rom. Privatrecht. 3. Aufl.

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bürgerlicher Tod, wenn auch nach dem ausländischen Rechte da und dort noch diese Dinge bestehen.

II. Wenn Sachen als Einzelnheiten, der Erwerb oder Verlust von dinglichen Rechten in Betracht kommen, stehen sie unter dem Gesetze des Ortes, wo sie sich befinden (lex rei sitae). Dies gilt auch für bewegliche Sachen; jedoch ist während eines Transportes derselben der demnächstige Bestimmungsort als ihr locus rei sitae anzusehen.

III. Für Obligationen ist das Recht des Erfüllungsortes (locus solutionis) massgebend. Jedoch die Frage, ob eine Handlung erlaubt sei oder nicht, muss nach dem Rechte des Ortes der Vornahme beantwortet werden; nur bleibt die nach dem inländischen Gesetze strafbare oder ungültige Handlung im Inlande strafbar oder ungültig, wenn sie blos in fraudem legis in einem ausländischen Gebiete vorgenommen wurde, in welchem sie nicht verboten ist. Und was die Form von Rechtsgeschäften (Verträgen, wie letztwilligen Verfügungen) betrifft, so können diese gültig nach den Gesetzen des Ortes der Errichtung, oder statt dessen, wie ein entschiedenes Gewohnheitsrecht erlaubt, nach den Gesetzen des Erfüllungsortes eingerichtet werden.

IV. So oft Gerichtspersonen als solche zu einem Geschäfte zugezogen werden, haben diese sich stets der Formen zu bedienen, welche das Gesetz des Ortes vorschreibt, wo das Geschäft vorgenommen wird. Ebenso richten sich die prozessualischen Formen stets nach dem Gesetze des Ortes, wo der Prozess verhandelt wird.

§. 24. Die Anwendung der Gesetze in Ansehung der Zeit. Savigny VIII. §. 383-400; Vangerow I. §. 26; Keller, Pandekten §. 13. I. Soweit nicht ein Gesetz selbst besondere Bestimmungen über den Zeitpunkt enthält, von welchem an es in Kraft treten soll, ist sein Inhalt schlechthin auf die Rechtsverhältnisse anzuwenden, welche nach der Publikation des Gesetzes entstanden (futura) sind. Dagegen fallen die bereits abgethanen (praeterita), wie die noch schwebenden (pendentia) Rechtsverhältnisse nicht unter das neue, sondern unter das alte Gesetz. Die Gesetze haben keine rückwirkende Kraft. Ein auf Grund des bisherigen Rechtes gültig abgeschlossenes Geschäft (Vertrag, Testament) bleibt auch unter dem neuen Gesetze gültig, selbst wenn das neue Gesetz andere neue Erfordernisse aufstellen sollte. Auf Grund des seitherigen Rechtes wohlerworbene Rechte (jura quaesita) dürfen durch ein neues Gesetz nicht geschmälert werden. Als ein wohlerworbenes Recht gilt aber noch nicht die blosse Möglichkeit, auf Grund des alten Gesetzes dieses

oder jenes Recht (z. B. eine Erbschaft) erwerben zu können, sondern es gehört dazu, dass auf Grund des bestehenden Rechtes bereits das fragliche Recht selbst erworben ist (z. B. dass auf Grund des seitherigen Rechtes eine Erbschaft schon selbst deferirt ist).

Schwierigkeit macht es, wenn während einer im Laufe begriffenen Verjährung (usucapio, non usus, Klagenverjährung) ein neues Gesetz mit veränderten Verjährungsfristen erscheint. Einige wollen hier schlechthin das neue Gesetz anwenden. Richtiger ist es aber wohl, das alte Recht auf die vergangene Zeit, das neue Recht auf die künftige Zeit für den Ablauf der Verjährungsfrist anzuwenden. Wenn also z. B. beim Erlasse des neuen Gesetzes die Hälfte der Verjährung nach altem Recht verflossen ist, so ist die andere Hälfte nach dem neuen Gesetze zu bemessen. (Eine analoge Entscheidung enthält Novelle 119 cap. 8 für die Berechnung einer praescriptio, die theils inter praesentes, theils inter absentes stattfindet.)

II. Ausnahmsweise haben Gesetze eine rückwirkende Kraft: 1) wenn bisherige Rechtsinstitute (z. B. Sclaverei oder Leibeigenschaft, Zehnten oder andere Reallasten, Verjährung dieses oder jenes Rechtes) durch ein neues Gesetz ganz aufgehoben oder umgewandelt werden; es werden dann dadurch nothwendig auch wohlerworbene Rechte kassirt.

2) Wenn das neue Gesetz ausdrücklich die Rückziehung vorschreibt, so gilt es zwar nicht für die schon abgethanen (praeterita), wohl aber auch für die schwebenden (pendentia) Fälle. Jedoch kann ein Gesetz mit der Klausel der rückwirkenden Kraft nicht bei den bereits in der Appellationsinstanz schwebenden Sachen angewandt werden; denn der Oberrichter hat nur zu entscheiden, ob der Unterrichter richtig nach dem damals geltenden Gesetze entschieden habe.

3) Eine authentische Interpretation (s. folg. §.) wirkt aber noch weiter als die Klausel der rückwirkenden Kraft, denn sie ist auch in der Appellationsinstanz anzuwenden.

§. 25. Die Auslegung der Gesetze.

Vangerow §. 23-25; Lang, Beiträge zur Hermeneutik des röm. Rechts 1857; Burchardi, Die Wissenschaft und Kunst der Rechtsfindung oder die jurist. Hermeneutik. Kiel 1869.

I. Die Auslegung der Gesetze ist entweder eine legalis, d. h. eine solche, die Gesetzeskraft hat, oder eine doctrinalis, d. h. die vom Richter und Gelehrten ausgeht und bloss Bedeutung hat, insofern sie die Wahrheit trifft. Die legalis ist entweder eine usualis, d. h. durch Gewohnheitsrecht herbeigeführt, oder eine authentische, d. h. durch ein neues Gesetz geschehen. Sollte nun eine

authentische Interpretation in Wirklichkeit sogar neue Bestimmungen enthalten, so gelten diese dennoch so, als hätten sie von Anfang an in dem Gesetze gestanden, und es müssen alle noch nicht völlig erledigten, namentlich auch die noch in der Appellationsinstanz schwebenden Rechtssachen, nach der authentischen Interpretation bemessen werden; die authentische Interpretation hat also vollständig rückwirkende Kraft.

II. Bei der doctrinellen Interpretation ist die erste Aufgabe die Feststellung des richtigen Textes, die Kritik. Hierbei wählt man entweder unter den verschiedenen vorhandenen Lesarten eine aus (niedere Kritik - diplomatische Kritik), oder ausnahmsweise nimmt man aus wichtigen Gründen eine Lesart, die sich in keiner Handschrift oder Ausgabe findet, als die richtige an. (Conjectural-Kritik). Letzteres darf aber nur mit grosser Vorsicht geschehen.

III. Hat man den richtigen Text gefunden, so nimmt man zuerst den einfachen natürlichen Sinn der Worte an (grammatische Interpretation). Führt dieses nicht zum Ziele, so sucht man einen andern Sinn, der zwar nicht der nächste Wortsinn ist, der aber doch mit dem Wortlaute vereinbar ist und aus besonderen Gründen sich als der richtige herausstellt (logische Interpretation). Anhaltspunkte für letztere geben z. B. der Zweck des Gesetzes (ratio legis); die äussere Veranlassung (occasio legis); der innere Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen des Gesetzes oder des neuen Gesetzes mit dem früheren Rechte u. dgl. Das Resultat der logischen Interpretation ist entweder, dass der Gesetzgeber sich zu eng ausgedrückt hat, d. h. mehr Fälle unter dem Gesetze hat begreifen wollen, als dem strengen Wortlaute nach darunter fallen (interpretatio extensiva), oder umgekehrt, dass nach der Absicht des Gesetzgebers weniger Fälle unter das Gesetz fallen sollen, als dieses nach dem Wortlaute desselben scheint (interpretatio restrictiva), oder endlich dass nur eine Unklarheit in der Fassung durch die logische Interpretation beseitigt wird (interpretatio declarativa).

IV. Man darf annehmen, dass ein Gesetzgeber seine Worte möglichst sorgfältig abgewogen habe, und wenn er daher an gewisse Merkmale und Voraussetzungen eine Entscheidung geknüpft hat, so darf man daraus den Schluss ziehen, es müsse beim Mangel dieser Merkmale und Voraussetzungen die entgegengesetzte Entscheidung Platz greifen. Man nennt dies: argumentum a contrario, (z. B. Cum lex in praeteritum quid indulget, in futurum vetat. 1. 22. D. de legib. I. 4. Exceptio firmat regulam in casibus non exceptis. cf. 1. 20. §. 6. D. qui test. fac. poss. XXVIII. 1.) Jedoch drücken sich die Gesetzgeber in Wirklichkeit oft nicht genau genug aus, so dass

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