Obrázky na stránke
PDF
ePub

Die

Römischen Alpenstrassen

in

der Schweiz.

Zürich.

Druck von David Bürkli.

1861.

Die römischen Alpenstrassen in der Schweiz.

I.

Die Strasse über den grossen St. Bernhard im Wallis.

Einer der ältesten Alpenpässe, der aus Italien in die Schweiz, nach Frankreich und Deutschland hinüberführt, ist derjenige, der aus Piemont, aus dem schönen Thale von Aosta durch die engen Gebirgsschluchten nach St. Rémy hinaufzieht, auf der Höhe des grossen St. Bernhard den Uebergang findet und von da durch das Thal der wilden Drance nach Martigny, St. Maurice und Villeneuve an die heitern Gestade des Genfersees heruntersteigt. Auch jetzt noch sind die Spuren der alten Strasse bedeutend, welche die Römer für ihre Legionen hier erbaut und mit Meilensteinen geziert hatten. Das Itinerarium Antonins (pag. 350) belehrt uns, dass sie ein Theil der römischen Militärstrasse war, welche von Mailand über Novara, Vercelli, Ivrea und Aosta nach Mainz führte, und zählt folgende Stationen derselben auf schweizerischem Gebiete auf:

[ocr errors]

Summo Poenino (auf dem Mont Joux beim Hospitz des grossen St. Bernhard), Octodurus (Martigny) Tarnaiae (bei St. Maurice) Poenilucus (bei Villeneuve) Vibiscum (Vevey) Bromagus (Promasens an der Broye) - Minnodunum (Moudon, Milden) — Aventicum Helvetiorum (Avenches) Petinisca (bei Biel)- Salodurum (Solothurn) Salodurum (Solothurn) — Augusta Rauracorum (Augst bei Basel). Auch auf der Peutingerschen Karte der Militärstrassen des römischen Kaiserreiches findet sich dieselbe mit den gleichen Ortschaften bezeichnet. Sie war noch im Anfang dieses Jahrhunderts die einzige Strasse über diesen Berg, und auch Napoleon zog auf derselben im Mai 1800 mit seiner Armee nach Italien hinüber; sie dient auch jetzt noch den Bewohnern des Thales als Verkehrsstrasse, da sie eine grössere Zahl von Dörfern, Weilern und einzelnen Höfen auf beiden Seiten der Dranse berührt, als die neue. Viele Denkmäler und Alterthümer, die heutzutage noch an dieser Strasse gefunden werden, geben uns von längst entschwundenen Völkern des Alterthums Kunde, die ebenfalls einst auf ihr wandelten. Das merkwürdigste Denkmal aber steht auf der Höhe des grossen St. Bernhard, auf dem Mont Joux. Mons Jovis war nämlich die Benennung, welche die Römer diesem Berge wegen des dem Jupiter hier errichteten Tempels gaben, und dieser Name dauerte fort, bis gegen Ende des X. oder den Anfang des XI. Jahrhunderts, da der heilige Bernhard von Menthon nach Vertreibung der Sarazenen ein Hospitium hier erbaute. Aber nicht die Römer waren es, die zuerst hier eine Kultstätte errichteten, sondern die Urbewohner dieser Alpen, die keltischen Veragrer, welche auf dieser Höhe einen ihrer Götter, der von den römischen Schriftstellern Poeninus oder Jupiter Poeninus genannt wird, verehrten.

[ocr errors]

Die Strasse über die poeninischen Alpen wird lange vor der römischen Kaiserzeit erwähnt, und der Name derselben gab zu einem weit verbreiteten Missverständnisse Veranlassung. Einige römische Geschichtschreiber, welche den zweiten punischen Krieg beschrieben haben, erzählen nämlich, Hannibal sei mit dem punischen Heere auf dieser Strasse aus Gallien nach Italien gezogen, und davon habe der Berg den Namen erhalten. Schon Livius (XXI. 38) widerlegt diese Ansicht und erklärt, dass die Benennung Mons Poeninus in keiner Beziehung zu den Puniern stehe, dass vielmehr die Veragrer lange vor dem punischen Kriege hier den Poeninus verehrten. Allein weder Livius, noch andere Geschichtschreiber konnten jene ältere Meinung unterdrücken; sie wird auch noch von Plinius (Hist. 3, 21) und Ammianus Marcellinus erwähnt, und erhält sich trotz aller Einsprache um so mehr, als bis auf den heutigen Tag die Streitfrage noch nicht erledigt ist, auf welcher Strasse *) Hannibal die Alpen überschritten habe. Auch die Bewohner dieses Thales, namentlich aber die Führer und Maulthiertreiber, erzählen den Reisenden mit grosser Zuversicht: auf dieser Strasse seien die berühmtesten Generale der Welt, Hannibal und Napoleon, gezogen, um Italien zu erobern, und einer derselben meinte sogar, Napoleon habe nur deshalb diese Strasse gewählt, um den Ruhm des erstern zu verdunkeln. Ich hörte auf dem Hospitium einem lächerlichen Streite einiger Maulthiertreiber zu, von denen der eine, ein Walliser, gegen einen Savoyarden, behauptete, Hannibal sei doch noch ein ganz anderer Mann gewesen als Napoleon: denn dieser sei nur mit der grössten Mühe und Noth, mit Pferden und kleinen Kanonen, über den Berg gekommen, jener dagegen sei auf Elephanten über denselben geritten.

Ich will nun versuchen, die Spuren der alten Strasse im poeninischen Thale zu verfolgen und zu beschreiben, und benutze zu diesem Behuf eine vortreffliche Arbeit des Herrn von Gingins La Sarra, Recherches sur quelques localités du bas Vallais et des bords du Léman aux premiers siècles de notre ère. Genève 1856, sowie auch die antiquarische Alpenwanderung von Professor Deyks in den Rheinischen Jahrbüchern T. XI. 1847. Bei Villeneuve am Genfersee beginnt das poeninische Thal; die römische Station daselbst, deren Name aber längst verklungen ist, hiess Poenilucus (d. i. Hain des poeninischen Gottes); sie lag, wie aus mancherlei Funden erhellt, bei La Muraz, in der Nähe des Schlosses Chillon und Hotel Byron. In dieser Gegend wurden auch zwei Meilensteine aufgefunden, deren einer, unter Constantius und Maximianus im Jahr 305 nach Chr. errichtet, die Zahl XXVI trägt, wodurch er die Entfernung von Martigny andeutet; auf dem andern, der im Jahr 1858, aber zerbrochen, entdeckt wurde, fehlt die Zahl.

Von hier zog die Strasse durch die Ortschaften Roche, Aigle, Ollon, Villy, Salaz, Bévieux, Bex, und gelangte bei Massonger auf das andere Ufer der Rhone. Auch auf diesem ganzen Wege werden römische Alterthümer gefunden, selbst einige Stücke der alten Strasse werden noch oberhalb St. Tryphon von den Bewohnern gezeigt; auch ein Meilenstein ist in der Kirche zu Ollon aufbewahrt, der die Zahl XVII m. p. trägt, und zwischen St. Tryphon und Ollon tief im Boden lag. Bei Bex haben die Eisenbahnbauten mehr als 100 römische Silbermünzen des ersten Jahrhunderts nach Christo zu Tage gefördert. Bei Massonger stand die römische Brücke, von welcher bei niedrigem Wasserstand im Winter noch einige Ueberreste, nämlich grosse Bausteine, gesehen werden. Von da gelangte man in kurzer Zeit in die Felsschlucht bei Tarnaiae, dem Hauptort der Nantuates, und zugleich eine bedeu

*) Mont Cénis, Mont Genèvre oder der kleine St. Bernhard?

« PredošláPokračovať »