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Römische Alterthümer aus Vindonissa.

Die kleinen Anticaglien, welche auf den beiliegenden Tafeln abgebildet sind, wurden theils innerhalb der Umfangsmauern, theils in der nächsten Umgebung der alten Vindonissa beim Bau der Zürich-Aarauer Eisenbahn gefunden, und befinden sich grösstentheils in der Sammlung zu Königsfelden.

Vindonissa (Windisch, das Hauptquartier der einundzwanzigsten und später der elften Legion, war durch seine Bestimmung die Communication der Rhein- und Donauarmee unter sich und mit Italien zu sichern bis auf die Zeit nach Vespasian, wo die Vertheidigung der Reichsgrenze an den vorgeschobenen befestigten Wall verlegt wurde, einer der wichtigsten militärischen Plätze. Die Spuren, welche diese römische Niederlassung in mancherlei Ueberresten zurückgelassen hat, weisen darauf hin, dass für die Aufnahme und Unterhaltung der Truppen umfangreiche und bedeutende Anstalten getroffen waren. Ausser einem Amphitheater müssen noch andere monumentale Baulichkeiten vorhanden gewesen sein, wie gewaltige Werkstücke mit Ueberresten von Inschriften in halbfussgrossen Buchstaben beweisen; aber die nicht häufigen Sculpturarbeiten sind ohne künstlerischen Werth, von gewöhnlichen Steinmetzen gefertigt, und die sonst gefundenen Geräthe und Schmucksachen zeigen durchweg einen einfachen Charakter. Während in Basel-Augst und namentlich zu Aventicum Gegenstände, die durch Material und künstliche Arbeit einen höhern Werth haben und als eigentliche Luxusartikel anzusehen sind, gar nicht selten gefunden werden, lehrt eine Musterung der in den Sammlungen zu Königsfelden, Zurzach und Zürich aufbewahrten Anticaglien von Vindonissa durch den Augenschein, dass sie für eine an einfache Bedürfnisse gewöhnte, für Kunst und Luxus nicht empfängliche, militärische Bevölkerung bestimmt waren. Unter den in grosser Menge zum Vorschein gekommenen Bruchstücken von Gefässen aus terra sigillata giebt es viele mit sehr geschmackvollen Ornamenten aus guter Fabrik, auch nicht wenige mit obscönen Darstellungen, wie das sich überall zeigt, wo die ungemein beliebten Gefässe dieser Art sich finden; sonst ist es meistens Fabrikwaare geringerer Qualität, welche ausgegraben wird, die aber auch durch den Umstand an Interesse gewinnt, dass sie unzweifelhaft noch aus guter Zeit herrührt, da Vindonissa bereits im ersten Jahrhundert seine Bedeutung als militärischer Platz

1) Haller, Helvetien unter den Römern. II p. 386. Mommsen, die Schweiz in röm. Zeit. p. 9 ff. Deycks Jahrb. des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande XIX p. 22 ff. Ich habe auch die Mittheilungen des Dr. Ferd. Keller benutzen können.

2) „Beim Bau der Eisenbahn wurde jenseits der Reuss zu beiden Seiten einer auf Windisch zuführenden römischen Strasse ein Begräbnissplatz entdeckt. Die Körper wurden auf der Stelle verbrannt, wo man nachher die Ueberreste derselben, in Urnen verwahrt, drei Fuss tief in den Boden versenkte und mit einem Stein bedeckte. Anstatt eines Aschenkrugs findet sich auch eine zweihenklige, spitz zulaufende Amphora, oder kleine viereckige Behälter von Stein (131⁄2 Zoll lang, 4 Zoll breit) angewendet. In vier Urnen fand man Metallspiegel, in einer zwei vollkommen gleiche Spiegel auf einanderliegend, fast in allen eine Lampe, von denen eine ein Kaninchen vorstellte, in vielen Glasfläschchen und Münzen, in mehreren Schlüssel mit Bronzeheft (an einem ein Stück Zeug), in einer zwei Handhaben einer Cassette. Die Grabsteine, welche neben einigen Urnen zum Vorschein kamen, bezogen sich auf Officiere der ein und zwanzigsten Legion; die Gräber gehören also ins erste Jahrhundert." Ferdinand Keller.

verlor. Sowie die Mehrzahl der dort gefundenen Inschriften Grabmälern von Offizieren und Gemeinen. der elften und einundzwanzigsten Legion angehört 3, so haben auch die meisten Gegenstände durch ihre Bestimmung und Verzierung ein soldatisches Gepräge.

Zu diesen gehören auch die bronzenen Beschläge der Schwerterscheiden, welche Taf. I., 1—6, abgebildet sind. Sie wurden mit der Mehrzahl der auf den folgenden Tafeln mitgetheilten Lampen im Jahr 1855 beim Bau der Eisenbahn Zürich - Aarau nicht innerhalb der alten Festung, sondern zunächst ausserhalb derselben gefunden. Die römische Ringmauer, deren Ueberreste gegenwärtig sich nirgends mehr über den Boden erheben, lief nämlich auf der Nordseite des Plateaus, auf welchem Vindonissa sich ausbreitete, hart am Rande des Abhangs hin, der hier ziemlich jähe nach dem Bette der Aar abfällt. Bei Anlegung der Eisenbahn, welche am Fusse dieses Abhanges hingeführt wurde, fanden bedeutende Grabungen statt, durch welche römische Geräthschaften von Eisen, Bronze, Glas und Thon in solcher Menge zum Vorschein kamen, dass durch deren Vereinigung ein hübsches kleines Museum gebildet werden konnte. Diese Gegenstände, die fast alle mehr oder weniger beschädigt sind, waren also, während die Festung noch bestand, im Kehricht über die Mauer hinausgeworfen, oder auch, nachdem der Platz durch die Alemannen zerstört worden war, bei der Entfernung des Schuttes, um den Boden für die Landwirthschaft zu benutzen, an den Abhang getragen worden.

Diese Mundbleche der Schwertscheiden sind aus Bronze, einer Mischung von Kupfer und Zinn, ohne anderweitigen Zusatz, verfertigt. Das Relief ist auf der Stanze hervorgebracht, nicht getrieben, also Fabrikarbeit. Da der Stoff nicht dehnbar war und die Höhe der Figuren mehrere Millimeter beträgt, der Kaiserkopf tritt 4 Millimeter über die Grundfläche hervor - so entstanden an den Rändern einiger Figuren Risse. Der Metallstreifen wurde, nachdem er durch den Schlag des Arbeiters auf der Stanze die Eindrücke erhalten hatte, umgebogen und die Enden desselben durch Löthung verbunden. Die Rückseite ist ganz flach und nur die vordere Seite mit Relief verziert. Sämmtliche Bleche sind mit einer ziemlich dick aufgetragenen, schwarzen, offenbar aus Kienruss bestehenden Farbe überzogen, die sich im Wasser nicht auflöst. Dass dieselben am oberen Ende der Schwertscheide angebracht waren, ist nicht zu bezweifeln, denn man bemerkt noch an einem derselben zwei senkrecht auf die Mundbleche aufgelöthete Metallstreifen. Diese Einfassungen sind, nachdem sie auf die hölzerne Scheide geschoben worden, vermittelst eines Stifts am unteren Rande auf der Rückseite befestigt worden. Aus der Weite der Mundblechöffnungen lässt sich einigermassen die Breite, welche das römische Schwert an der Wurzel hatte, bestimmen 4.

Das erste Relief (Taf. I, 1) stellt einen nackten gefesselten Mann, umgeben von mancherlei

3) Mommsen inscr. Helv. 251-260.

4) Die Abbildungen Taf. V, 1-3 werden die Einrichtung verdeutlichen. Taf. V, 1 zeigt den Mund der Schwertscheide von oben gesehen, bei allen vier abgebildeten Stücken ungefähr gleich; Taf. V, 2 ist der oberste Theil von Taf. I, 2, von der Vorderseite gesehen; Taf. V, 3 der Querschnitt von Taf. I, 2, vgl. Taf. V, 1 c-d. Auf derselben Taf. V, 4 ist eine andere Art von Mundblechen abgebildet, die statt figürlicher Darstellung mit einem zierlichen Ornament geschmückt sind; sie sind aus dünuem Bronzeblech gemacht, mit der Stanze durchgeschlagen, dann schwarz angestrichen. Auf dieselbe Weise sind die Schwertstiefelverzierungen Taf. V, 5. 6 gearbeitet, die in einen bronzenen Rahmen eingeschoben wurden, weshalb die Ränder ungleich sind. Ferner sind Taf. V, 7-11 Gürtelschnallen abgebildet, die ohne Zweifel zum Schwertriemen gehörten. Sie sind aus Bronze gegossen, die Verzierungen sind tief eingravirt und dann mit einer schwarzen, glänzenden, harten Masse ausgefüllt - ganz eigentliches Niello.

Waffen, die Elemente eines Tropäums, als charakteristischen Schmuck eines Schwertes dar. Gewöhnlich sehen wir am Fusse des Stammes, an welchem die Waffen aufgehängt sind, einen oder noch häufiger zwei einander mit dem Rücken zugekehrte kniende Feinde, deren Hände auf den Rücken gebunden sind 5. Hauptsächlich zu vergleichen ist die von Mommsen 6 am genauesten herausgegebene Münze mit dem Namen Cäsars, auf welcher ein gallisches Tropäum dargestellt ist, zu dessen Füssen ein nackter gefesselter Barbar in ähnlicher Stellung sitzt, der namentlich auch den durch langes Hauptund Barthaar ausgezeichneten Kopf in derselben trotzigen Weise, nur mit etwas energischerem Ausdruck, rückwärts und nach oben wendet 7. Dort macht die deutliche Charakteristik der Waffen als gallischer eine nähere Bezeichnung des Gefangenen überflüssig, auf unserem kleinen Relief dient der schmale Gürtel um den Unterleib ihn als Kelten zu signalisiren, die, wie A. de Longpérier 8 nachgewiesen hat, nicht allein die oft besprochene gewundene Halskette (torques), sondern auch um die Hüften einen ähnlichen runden Gürtel aus edlem Metall trugen, der wie es scheint cartamera hiess, und deren mehrere von Gold gearbeitete sich in Frankreich gefunden haben. Unter den von Longpérier angeführten Kunstwerken, welche diesen eigenthümlichen Bestandtheil des keltischen Costümes unzweifelhaft darstellen, verdient hier eine kleine bei Rheims gefundene Bronzefigur besonders Erwähnung 10. Sie stellt einen nackten, auf dem rechten Knie ruhenden Mann, die Hände auf den Rücken gebunden vor, dessen Gesichtszüge, wie das verwilderte Haar denselben Eindruck des barbarischen machen, wie dies bei den bisher betrachteten Gestalten der Fall ist. Auf dem Rücken trägt er den auch sonsther bekannten keltischen Schild und um die Hüften ist ein ähnlicher strickartiger Gürtel gewunden, der mit einem Schlangenkopfe als Schloss verziert ist. Auf der linken Schulter ist noch eine Platte erhalten, welche bestimmt war die Figur eines Feldherrn oder auch der Victoria zu tragen, wie Longpérier durch Vergleichung einer ähnlichen in Bavay gefundenen Bronzefigur eines Galliers beweist, auf dessen Schulter noch der Fuss einer andern Figur erhalten ist 11. Einen besiegten Gallier zur

5) Ovid. epp. III, 4, 104 stentque super vinctos trunca tropaea visos. Als Beispiel mögen dienen die Tropäen auf einem pompejanischen Wandgemälde (Zahn III, 83), auf dem Relief eines Frieses (arch. Ztg. XVII, Taf. 128. 129), auf Sarcophagreliefs (S. Bartoli Admir. 20. Lasinio scult. del campo santo 26. Mon. ined. d. inst. 30. 31), auf dem Brustharnisch einer Marmorstatue Trajans (Clarac mus. de sc. 337, 33, vgl. 356), auf einer Lampe (Passeri luc. II, 89).

6) Mommsen, die Schweiz in röm. Zeit, n. 9 der Abbildungen, vgl. p. 27. S. auch Cohen méd. cons. 20, 11 ff. 7) Noch genauer entspricht dem Barbaren auf der Münze eine bei Chalons-sur-Saône gefundene Bronzestatuette bei Grivaud de la Vincelle (rec. de mon. ant. 23, 5), welche genau dieselbe Stellung zeigt, namentlich das lang ausgestreckte rechte Bein und das straff angezogene linke. Aeusserst lebendig ist der energische Ausdruck von Zorn und Hass in den kräftigen Gesichtszügen, der durch das verwilderte Haupt- und Barthaar noch mehr gehoben wird.

8) Longpérier Bullet. archéol. de l'Athenaeum français 1856 p. 41 ff. Taf. 3.

9) Ioann. Lyd. de mag. II, 13 τὴν δὲ ὅλην κατασκευὴν τοῦ περιζώματος οἱ Γάλλοι καρταμέραν [λέγουσιν], ἣν τὸ πλῆθος καρτάλαμον ἐξ ιδιωτείας ὀνομάζει· ὅτι δὲ οὐ ῥωμαικὸν τουτὶ τὸ ῥημάτιον μάρτυρ ὁ Ῥωμαῖος Βάρρων ἐν βιβλίῳ πέμπτῳ περὶ ῥωμαικῆς διαλέκτου, ἐν ᾧ διαρθροῦται, ποία μέν τις λέξις ἐστὶν αιολική, ποία δὲ γαλλική.

10) Grivaud de la Vincelle rec. de mon. ant. 5, 2.

11) Eine schöne Bestätigung giebt die in dem römischen Castell, von Niederbieber gefundene runde, mit getriebener Arbeit verzierte Silberplatte in Neuwied, welche offenbar als Feldzeichen einer Cohorte gedient hat. Auf derselben ist umgeben von einem Haufen barbarischer Waffen die bekannte Figur des mit gebundenen Händen knieenden Barbaren vorgestellt, und auf die linke Schulter desselben setzt die aufrecht stehende Figur eines römischen Feldherrn in der Rüstung den rechten Fuss. S. Lindenschmit Alterthümer unserer heidn. Vorzeit. Heft VII. Taf. 5.

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Verzierung eines Schwertes in Vindonissa angewendet zu finden, darf um so weniger überraschen, da wir uns hier auf gallischem Grund und Boden befinden 12, wo mithin eine Erinnerung an die dort erfochtenen Siege dem Soldaten um so willkommener sein musste. Auch die auf beiden Seiten regelmässig vertheilten Waffen widersprechen dem nicht. Der Dolch, die lange breite Lanzenspitze, die Trompeten mit eigenthümlich verzierter Mündung sind als gallisch bekannt 13, Schild und Helm weichen. allerdings von den gewöhnlichen Formen nicht ab. Man könnte dies zwar durch die gewöhnliche Annahme erklären, dass an Tropäen römische und barbarische Waffen vermischt angebracht worden seien und einem Tropäum vergleichbar sind die hier zusammen gestellten Waffen jedenfalls allein gegen dieselbe hat Matthiessen 14 mit Recht eingewandt, dass es dem Sinne eines Tropäum widerspricht, andere als dem Feinde abgenommene Waffen dabei anzubringen, dass dagegen die Darstellungen von Kämpfen mit Barbaren aus der Kaiserzeit zeigen, dass diese zum Theil den römischen gleiche Bewaffnung tragen und dass dies namentlich auch von Helm und Schild gilt. Nicht ganz aufs Reine kann ich mit den beiden Händen kommen, die in dieser Umgebung kaum etwas anderes als Handschuhe vorstellen können, indessen ist mir für deren Gebrauch kein bestimmtes Zeugniss bekannt 15. Manicae werden bei Juvenal 16 unter dem Rüstzeug eines Gladiators erwähnt, bei Fronto 17 als Schutzwaffe eines Bestiarius; die Monumente zeigen, dass dieselben den ganzen Arm bedeckten 18. Nun gab es zwar Gladiatoren, welche Galli hiessen und gewiss wie die Samnites, Threces, Essedarii, in ihrer Bewaffnung wenigstens Reminiscenzen des ursprünglich nationalen bewahrten, allein wir wissen nicht, dass dieselben sich solcher Handschuhe bedienten, so dass ein Rück

12) „Vor Ankunft der Römer war Vindonissa unzweifelhaft eine gallische Ortschaft. Der Beweis hierfür liegt theils im Namen theils in dem Umstande, dass bei den von Laupper vorgenommenen Ausgrabungen an mehreren Stellen. wie ich selbst gesehen, Ueberreste von gallischen aus Flechtwerk und Thon construirten Hütten, sogenanntes celtisches Geschirr mit den bekannten Verzierungen, Thonkugeln, Feuersteingeräthe u. dgl. zu Tage gefördert wurden." Ferd. Keller. 13) Mommsen, die Schweiz in röm. Zeit p. 27. Sie finden sich auch am Tropäum auf dem Reliefschmuck eines pompejanischen Bronzehelms, wo die daneben stehenden Gefangenen ebenfalls als Gallier charakterisirt sind; Nicolini case di Pompei, cas. de' glad. 3.

14) Matthiessen arch. Ztg. XVII pag. 83 f.

15) Eine Gemme der Berliner Sammlung mag wenigstens nicht unerwähnt bleiben, da diese Frage noch nicht aufgeklärt ist. Auf einem Onyx ist Minerva vorgestellt, welche ihre Aegis mit dem Gorgoneion schmückt; vor ihr steht ein Harnisch, hinter ihr der Schild mit angelehnter Lanze, auf welchen sie die linke Hand stützt, in der sie einen Handschuh hält, und mit einem solchen scheint auch ihre Rechte bekleidet zu sein. Tölken, Verzeich. der ant. geschn. Steine III. 2, 326. p. 124 f.

16) Juvenal sagt von einer Frau, die gladiatorische Uebungen vornimmt (VI, 255):

quale decus rerum, si coniugis auctio fiat,
balteus et manicae et cristae crurisque sinistri
dimidium tegimen!

womit, wie Henzen (explic. mus. Burgh, p. 39) ganz richtig bemerkt, die Rüstung des Samnis bezeichnet ist. In einer oft besprochenen Inschrift wird unter Gladiatoren verschiedener Art auch Demosthenes manicarius aufgeführt (Marini iscr. Alb. p. 12, 11. Orelli 2566.)

17) Fronto epp. ad. M. Caes. V, 22 p. 123 consul populi Romani posita praetexta manicam induit, leonem inter iuvenes quinquatribus percussit populo Romano spectante.

18) Vgl. Henzen explic. mus. Burgh. tab. 7. Bull. arch. Nap. IV, 1. Mon. ined. d. inst. III, 38.

schluss auf den Gebrauch der Gallier nicht zulässig ist 19. Hier ist also eine bestimmte Aufklärung noch zu erwarten 20.

Das zweite Relief (Taf. I, 2) zeigt die imago clipeata eines unbärtigen jungen Mannes, welche von zwei zu beiden Seiten stehenden Amoren gehalten wird, ganz in derselben Weise, wie sich dies auf Sarkophagen so häufig findet 21. Der leere Raum unter dem Schilde, der auf den Sarkophagen in der Regel für eine symbolische Vorstellung benutzt wird, ist hier durch einen Adler ausgefüllt, der eine um so passendere Stütze des Schildes bildet, da durch ihn der vergötterte Kaiser -- und für das Porträt eines Kaisers wird wohl der Kopf am ehesten zu gelten haben 22 gen Himmel getragen zu werden pflegt 23.

Die Vorstellungen des dritten und vierten Reliefs (Taf. I, 3. 4) stimmen bis auf unwesentliche Nebendinge mit einander überein und geben denselben Typus der Roma, auf welche die Siegesgöttin mit Kranz und Palmzweig zuschwebt, in einer Weise wieder, welche neben so unzähligen Darstellungen verwandter Art, gewisse Besonderheiten aufweist 24. Roma ist als Amazone dargestellt mit dem Helm und in der Tunica, wie sie nach Corippus (de laud. Iustini min. I, 289) ein gesticktes Prachtgewand zeigte.

exserto nudam gestantem pectore mammam.

Die Tunica aber ist nicht wie gewöhnlich kurzgeschürzt, sondern reicht bis auf die Füsse, obgleich ein Theil des rechten Beines auf dem einen Relief (3) entblösst erscheint; schwerlich hat der Bildner sich klare Rechenschaft über die Behandlung des Gewandes abgelegt. Die Göttin sitzt auf einer Kugel, die auf dem einen Relief (4) die Inschrift ROMA trägt, welche wohl als die Erdkugel zu fassen ist, als deren Herrscherin Roma gedacht ist. Sie stützt den linken Arm wie gewöhnlich auf einen Schild, der auf demselben Relief mit einem Stern verziert ist, hält in der Linken eine Lanze und

19) Auf dem bereits erwähnten Relief im Berliner Museum (arch. Ztg. XVII. Taf. 128, 129) befinden sich unter den Waffen auch eherne Armschienen, von denen die eine auch mit einem Handschuh versehen ist; das einzige mir bekannte Beispiel dieses Armaturstücks, das aber dem vorliegenden nicht ganz entsprechend ist.

20) Dass die Hand auch als insigne diente ist bekannt genug; daran ist aber hier gewiss nicht zu denken, schon aus dem Grunde, weil sie dann schwerlich ohne den Stiel, der sie als insigne bezeichnen würde, abgebildet wäre. 21) Lasinio scult. del campo santo 38. 139. Clarac mus, de sc. 181, 63. 191, 48 392. 396. Auch sonst werden Amoren ähnlich verwendet, wie wenn sie auf einem Votivrelief den Votivschild halten, Admir. 10.

22) Welcher Kaiser gemeint sei, getraue ich mir nicht zu bestimmen. Dagegen zeigt ein ebenfalls in Vindonissa gefundenes Medaillon (Taf. V, 12) von einem Perlenkranz eingeschlossen den lorbeerbekränzten Kopf des Tiberius, wie die Münzen (z. B. Cohen méd. imp. I. pl. 6, 43) zeigen, daneben den lituus. Der Kern desselben besteht aus einer Bleischeibe, die auf der oberen Seite mit einem ganz dünnen Kupferblech, auf der unteren mit einer dickeren Kupferplatte belegt worden ist; in der Mitte dieser unteren Seite tritt ein Stift heraus, mit dem das Medaillon an die Schwertscheide befestigt wurde, wie an der sog. Schwertscheide des Tiberius und der des Soldaten auf dem Binger Grabstein (Lindenschmit Alterth. uns. heidn. Vorzeit X Taf. 5, 4) dergleichen Medaillons angebracht sind. Der Kopf, der in der Mitte etwa 3 Millim. hoch ist, ist mit einer glänzend schwarzen Farbe, von der sich noch Reste erhalten haben, angestrichen gewesen.

23) Man sehe z. B. das Relief vom Bogen des Titus, S. Bartoli Arcus. Taf. 8. Wieseler Denkm. alt. Kunst I, 65. 345 b. und vgl. Millin gal. myth. 179, 681. 177 bis, 677*. 181, 680.

24) Es genügt über die Darstellungen der dea Roma auf Zoegas sorgfältige Abhandlung zu verweisen, Bassir I, 31 p. 141 ff.

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