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Andererseits stimmt V. 19 ganz zu den Grundsätzen des Aristipp und dem Bilde, wie es Horaz in der 17. Epistel (V. 14 ff.) von ihm zeichnet. Jene geistig überlegene Fügsamkeit gegen Menschen und Dinge, ohne sich ihnen hinzugeben; die kluge Benutzung aller Mittel, um jene glatte Bewegung" der Seele zu gewinnen, in der die „Lust" besteht, wird gerade dort von ihm gerühmt, und bestätigt durch die bekannten Aussprüche bei Stobaeus foril. XVII 18: κρατεῖ ἡδονῆς οὐχ ὁ ἀπεχόμενος ἀλλ ̓ ὁ χρώμενος μὲν, μὴ προεκφερόμενος δὲ, ὥσπερ καὶ νεὼς καὶ ἵππου οὐχ ὁ μὴ χρώμενος, ἀλλ ̓ ὁ μετάγων ὅποι βούλεται; bei Diogenes L. II 75 ἔχω, ἀλλ' οὐκ ἔχομαι· ἐπεὶ τὸ κρατεῖν καὶ μὴ ἡττᾶσθαι ἡδονῶν ἄριστον, οὐ τὸ μὴ χρῆσθαι; und II 68 (vgl. 102) τὸ δύνασθαι πᾶσι θαρρούντως ὁμιλεῖν. Von diesem Sichdienstbarmachen (subiungere) der Dinge, wie eines Rosses oder Schiffes, ist die Autarkie des stoischen Weisen doch verschieden, also kein Doppelsinn.

Die Kehrseite dieser Lehren im Sinne der Cyniker mit geltend zu machen war hier nicht am Platz: denn natürlich tritt dem eklektischen Jünger immer zunächst die Lichtseite derjenigen Schule entgegen, der er sich gerade zuwendet, und von ihr aus charakterisirt er sie, besonders wo ihm doch daran liegen mufs, im Einklange mit dem in V. 11 allgemein angedeuteten ethischen Ziele zu bleiben und den Verdacht einer unedlen Auffassung abzuschneiden.

Zu beachten sind auch die schönen Gegensätze des leisen unvermerkten Abgleitens (furtim relabor) von der starren Strenge der Tugendlehre (rigidus satelles), des Untertauchens in die Wogen des praktischen Lebens (mersor) gegen das Bestreben sich über den Dingen zu halten (subiungere); und endlich die Concinnität der beiden zweizeiligen Glieder: denn wie V. 16 und 18, beide mit nunc anhebend, in Responsion stehen, so auch V. 17 und 19, indem jeder von ihnen das Schlagwort der betreffenden Schule in ethischer Beziehung angiebt.

V. 21 = 14. Für longa nimmt Bentley aus einer Handschrift von Casp. Barth adv. XXXVII 19 lenta auf, was sich

auch in einer von Jaeck gefunden hat. Dieselbe Verwechslung beider Wörter hat Bentley a. p. 172 vermuthet. Es empfiehlt sich durch die Abwechslung: hätte der Dichter sie nicht gewollt, so hätte er auch beim dritten Gliede (piger annus) longus wiederholt, z. B. debenti, longus ut annus: vgl. 25 f. das dreimalige aeque; 95. 97. 101 rides; 7, 25 ff. reddes. Das von Orelli verglichene Beispiel a. p. 293 beweist für diesen dreigliedrigen Satz Nichts, ebensowenig als I 6, 65 f. amore iocisque; 7, 33 macra; 14, 7 fratre; 43 optat; 16, 10 multa; 14 utilis; 59 clare; 19, 28 f. temperat; II 2, 168 emptum ... emptis. Dafs freilich im zweiten Gliede auch longa von Einem noch einmal gesetzt werden konnte, der auf jene Eleganz nicht ausging, wird zuzugeben sein; und so hat auch Porphyrion gelesen.

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V. 20 ff. 12 ff. 2767. 41 ff. 27 ff. his elementis (27) ist ohne Beziehung auf das Vorhergehende. Welche Grundzüge sind im Vorigen entwickelt oder angedeutet und wo? Nur im Allgemeinen ist V. 25 f. von einem zu erstrebenden Ziele, einer Aufgabe die Rede gewesen, nicht von leitenden Principien. Also auch die Mehrzahl ist unverständlich. Auch an die Lehren des Aristipp und der Stoiker (16—19) kann man nicht etwa denken: da die genannten Verse zunächst nur die Verschiedenheit beider Richtungen hervorheben, denen er sich abwechselnd hingebe, so können sie als bestimmte elementa, nach denen der Verfasser sich zu richten habe, schwerlich zusammengefafst werden; und da schon hier der Dichter erklärt, dafs er beiden Schulen, bald dieser bald jener, praktisch sich anschliefse, so war die Beherzigung ihrer Principien keine für ihn noch erübrigende (restat ut) Aufgabe. Ja dieses restat ut ist auch davon abgesehen in solchem Zusammenhange geradezu unverständlich. Wer versichert, dafs er zu praktischem Zwecke (25 f.) mit ganzem Eifer versenkt sei in philosophische Theorieen, wird deren Hauptsätze dem Leser erst vorführen, ehe er mit der Erklärung abschliefst, übrig bleibe ihm, nach denselben zu handeln. Denn dafs restat ut nichts Anderes als dies bedeuten könne, nicht

etwa,,es ergiebt sich", wie noch Feldbausch sich einbildet, bedarf für Kenner des Latein und genaue Erklärer keiner Versicherung bei Cicero de nat. deor. II, 16, 44 enthalten die Worte 'restat igitur ut motus astrorum sit voluntarius' das Resultat einer Schlufskette, sie geben von drei aufgestellten Möglichkeiten nach Abweisung der beiden anderen die einzig noch übrig bleibende. Da sich nun die ganze Partie von 28-69, welche jene elementa der Weisheit ausführt, paränetisch an den Leser richtet, von V. 70 an aber der Dichter wieder auf sein persönliches Verhalten zurückkommt, so eignet sich V. 27 für den Uebergang vom einen zum andern Theil um so mehr, als ein solcher nach V. 69 vermifst wird.

Unbedingt nöthig ist es nun zwar nicht, aber doch die natürliche, von meinem Schüler Lütjohann (der auch an V. 27 mit Recht Anstofs genommen hat) erkannte Ordnung, dafs auf die Versicherung curo et rogo et omnis in hoc sum nach V. 12 unmittelbar die ausgeführte Schilderung dieses Eifers in V. 20-26 folgt. Dann aber kann die nähere Erklärung über die Richtung des Studiums (13-19) ohne Bedenken angeknüpft werden. Empfohlen wird die Umstellung noch insbesondere durch die Beziehung, welche tuter V. 13 zu nocebit V. 26 gewinnt.

Vor Allem aber war nach dieser Einleitung das erstrebte Ziel scharf zu bezeichnen, der feste Punkt, welchen auch der dilettantische Eklektiker im Auge hat. Dies geschieht jedoch erst in der Mitte der folgenden Auseinandersetzung V. 41 f. in einer Definition, die an der Spitze zu stehen sich vorzüglich eignet keinem System ausschliefslich zugethan erkenne ich als den Kern meines Strebens vitium fugere und stultitia caruisse. Auch wird hieran zur Bestätigung von V. 25 f. passend zunächst angeschlossen, wie natürlich und unentbehrlich die Erwerbung jenes höchsten Gutes sei (-48). Der schon mit V. 43 begonnene Vergleich desselben mit dem von der Menge vor Allem geschätzten Gelde wird hierauf von V. 52-69 fortgeführt, unterbrochen nur durch drei Verse 49-51, deren Inhalt sich dieser Gedankenreihe freilich ohne erhebliche Schwierigkeit einfügt. Der

Kaufmann, der sich den Gelderwerb so sauer werden lässt (45 f.) und darüber höhere Güter versäumt, wird passend mit dem Klopffechter verglichen, der ohne sonderlichen Ruhm davonzutragen seine Haut inter angustias vicorum' (Suet. Oct. 45) oder an den Kreuzwegen, sei es am Feste der Compitalia oder sonst (vgl. Preller R. M. 495), zu Markte trägt. Nur ist der Kaufmann noch thörichter als dieser: denn während der ordinäre Faustkämpfer, wenn er auch in Olympia auftreten wollte, sicherlich nicht άxoviti wie ein Dromeus (Pausan. VI 11, 4) oder Dioxippus (Plin. n. h. XXXV 11, 139) im Pankration die Palme davontragen würde, so könnte jener sich die körperliche Anstrengung wirklich sparen, und wenn er nur den rechten Preis, der kostbarer als Silber und Gold ist, ernstlich ins Auge fafste, sine pulvere den Siegeslohn der Tugend davontragen. Indessen wird durch die Einschachtelung dieses neuen Gleichnisses die Einheit und Klarheit des Gedankenganges doch merklich gestört, der vollkommen durchsichtig bleibt, wenn die Parallele zwischen Geld und Tugend ohne Unterbrechung nach V. 48 mit 52 ff. fortgesetzt und erledigt wird. Dagegen, nachdem der Werth philosophischer Tugend in den stolzen Worten 68 f. gepriesen ist, nach dem erhebenden Bilde dieses wahrhaften Geisteshelden, der frei und aufrecht, nicht sich unterwerfend, der übermüthigen Fortuna seinen Mann steht (responsare: vgl. sat. II 4, 18. 7, 85. 103 und das run avτitά§ɛodai, was Epicur dem Weisen zuschrieb: Diog. L. X 120), am Schlufs dieses Abschnittes (nach 69) tritt jenes Enthymem vom Olympischen Sieger viel schlagender in sein Recht ein: die Ausdrücke des Kampfes hier und dort heben und stützen einander. Und hier, wo das ideale Ziel des philosophischen Strebens in seinem höchsten Glanz gezeigt ist (dulcis ... palma), findet auch die Ermuthigung des an seiner Kraft Verzagenden ihre Stelle (von V. 28 an), dafs auch mit der relativen Annäherung an dasselbe schon etwas erreicht sei: est quadam prodire tenus, si non datur ultra (32). Dem entsprechend auch in der weiteren Ausführung 34 lenire, 35 magnam morbi deponere partem, 37 recreare, 39 mitescere. Die

Verbindung mit den eben umschriebenen Sätzen wird auch durch die demselben Anschauungskreise entlehnte Erinnerung an den Athleten Glycon (30) festgehalten. Nur wendet der Verfasser, zu seiner Definition (vitium fugere) zurückkehrend, seine Ermunterung der Schwachen von dem Bilde des Kampfes ab und geht in das mildere der Heilung über (29. 31).

Nachdem nun diese Paränese, die sich an den Leser wendet, mit V. 40 beendet ist, bildet den Uebergang zu der persönlichen Aufgabe und Richtung des Verfassers V. 27, indem regam auf die moralische Zucht, die V. 28-40 behandelte (vgl. besonders 39 f. ferus - mitescere culturae), soler auf den Widerstand gegen die Launen des Schicksals, die V. 68 f. berührt waren, zurückweist; restat ut endlich den Abschlufs des vorhergegangenen Abschnittes deutlich bezeichnet.

Thöricht ist die in Mützells Zeitschrift XVI 320 f. empfohlene Erklärung: weil die Vernachlässigung des philosophischen Studiums Knaben und Greisen schade, Horaz aber Greis sei und die Philosophie bisher vernachlässigt habe (was beides nicht wahr ist), so bleibe ihm nur übrig nach folgenden Anfangsgründen sein Thun zu lenken und sich damit zu trösten. Nicht Annehmbareres bietet F. Pahle, dessen lange, aber, soviel ich sehe, „zur Erklärung des ersten Buches der Horazischen Episteln" keine Frucht bringende Analysen (in Fleckeisens Jahrbb. LXXXXVII 1868 Heft 3 und 4) mir so eben bei der letzten Durchsicht meines Manuscriptes zu Gesicht kommen. Nach ihm (S. 187) führt Horaz nach der Klage, dafs er in seinem Studium der Philosophie „, zu oft gestört werde und nicht so vorwärts komme, wie er wohl möchte" (das soll in 20-26 stehen!) mit folgendem Gedanken" fort: darüber mufs ich mich trösten (regam erigam und synonym mit consoler!) mit meinen (his!) nur auf die Elemente sich erstreckenden Kenntnissen" (elementis!); wobei ipse unterschlagen wird und im Ganzen das schöne Bekenntnifs herauskommt ich bin ganz in die Philosophie vertieft, und weil ich dem Ziel der philosophischen Erkenntnifs mit der gröfsten Ungeduld zustrebe, soberuhige ich mich bei meinen

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