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vielleicht mehr Wahrheit haben würde, wenn man ihn umkehrte, und sagte, daß der Arlequin der neuern komischen Dichter ohne Zweifel aus der Person der Parasiten bey den Alten entstanden sey.

Ich will gern glauben, daß die Beschuldigungen meines Gegners, ohngeachtet alles dessen, was ich darauf zu antworten für gut befunden habe, in vielen Stücken noch ihre Kraft behalten werden. Ich bin auch nicht so blind, daß ich an meinem Dichter nicht hier und da einige Unregelmäßigkeiten, einige üble Scherze und dergleichen sehen sollte; ich sehe fie so gar in den Gefangenen selbst. Gleichwohl sind sie viel zu geringe, als daß ich mein Urtheil widerrufen sollte, daß dieses Stück das schönste sey, welches jemals auf das Theater gekommen ist. Ich will es kurz anzeigen, worauf ich mich gründe.

Ich nenne das schönste Lustspiel nicht dasjenige, welches am wahrscheinlichsten und regelmäßigsten ist, nicht das, welches die sinnreichsten Gedanken, die artigsten Einfälle, die angenehmsten Scherze, die künstlichsten Verwicklungen, und die natürlichsten Auflösungen hat: sondern das schönste Lustspiel nenne ich dasjenige, welches seiner Absicht am nächsten kömmt, zumal wenn es die angeführten Schönheiten größtentheils auch besitzt. Was ist aber die Absicht des Lustspiels? Die Sitten der Zuschauer zu bilden und zu bessern. Die Mittel die sie dazu anwendet, sind, daß sie das Laster verhaßt, und die Tugend liebenswürdig vorstellt. Weil aber viele allzuverderbt find, als daß dieses Mittel bey ihnen anschlagen sollte, so hat sie noch ein kräftigers, wenn sie nämlich das Laster allezeit unglücklich und die Tugend am Ende glücklich seyn läßt: denn Furcht und Hoffnung thut bey den verderbten Menschen allezeit mehr als Scham und Ehrliebe. Wahr ist es, die meisten komischen Dichter haben gemeiniglich nur das erste Mittel angewendet; allein daher kömmt es auch, daß ihre Stücke mehr ergößen als fruchten. Plautus sah es ein, er bestrebte sich also in den Gefangnen ein Stück zu liefern, ubi boni meliores fiant, da er seine übrigen Spiele den Zuschauern nur durch ein ridicula res est ànpreisen konnte. Es ist ihm als einem Meister geglückt, und so, daß ihn niemand übertroffen hat. Wenn man überzeugt seyn will, wie liebenswürdig die Tugend geschildert sey, so darf man auch nur den dritten Auftritt des zweiten Aufzuges lesen. Jeder, wer eine empfindliche Stelle besißt, wird mit dem Hegio sagen: Was für großmüthige Seelen! Sie preffen mir Thränen aus. Noch

schöner aber ist der fünfte Auftritt des dritten Aufzuges. Wer die Tugend und das göttliche Vergnügen, welches sie über die Seele ergießt, kennet und empfunden hat, würde gewiß niemand anders als Tyndarus seyn wollen, wenn er bey gleichen Umständen die Wahl hätte eine von den daselbst vorkommenden Personen zu seyn, und würde das Unglück, das ihm droht, gegen die Freude, die er aus seiner löblich vollbrachten That schöpfet, wenig achten. Noch weit kräftiger aber wirken die Reizungen seiner Tugend, da er zuleßt glücklich wird. Ich wollte wünschen, daß dem guten Plautus nicht einige Zeilen entwischt wären, die feinen Cha= rakter, da er nunmehr sein Glück weis, etwas hart machen:

Tyndarus. At ego hunc grandis grandem natu ob furtum ad carnificem dabo.

PH. Meritus est. Tyn. Ego edepol huic meritam mercedem

dabo.

Er sagt diese Drohungen zwar dem ärgsten Bösewichte, doch würden sie, sollte ich mehnen, in eines andern Munde anständiger gewesen seyn. Die Rache ist keine Zierde für eine große Seele. Was für ein Lob endlich verdient nicht Plautus, daß er die gereinigte Moral, welche durch das ganze Stück herrscht, nicht durch den allzuzärtlichen Affect der Liebe geschwächt hat! Wie viel hat er hierinne Nachfolger? Keinen. Wie groß aber würde der Nutzen seyn, wenn man ihm gefolgt wäre? Unendlich. Alsdann würde der Schauplah in der allereigentlichsten Bedeutung die Schule guter Sitten geworden seyn. Ich habe oben gesagt, daß in den Lustspielen der Alten auch die besten Personen nur solche wären, die weder einen erhabnen Geist noch ein edles Herz verlangten. Die Gefangnen des Plautus muß man hiervon ausnehmen, worinne er den nach ihm folgenden Dichtern das erste Muster gegeben hat, wie das Lustspiel durch erhabne Gesinnungen zu veredeln sey. Wie gut wäre es, wenn sie ihm treuer gefolgt wären!

Ich bleibe also dabey, daß die Gefangenen das schönste Stück sind, das jemals auf die Bühne gekommen ist, und zwar aus keiner andern Ursache, welches ich nochmals wiederholen will, als weil es der Absicht der Lustspiele am nächsten kömmt, und auch mit den übrigen zufälligen Schönheiten reichlich versehen ist. Diese sollte ich nun umständlich entwickeln, und ihren innerlichen Werth feste seßen: ich bin aber auf den Einfall gekommen, sie lieber in einer Nachahmung empfindlich zu machen.

Ich will meinen Lesern nicht voraus sagen, von welcher Art diese Nachahmung seyn soll; genug, daß ich sie in einem der nächsten Stücke liefere.

Ich habe auf unterschiednes in dieser Critik nur mit dem Finger gewiesen, welches ich schon zu seiner Zeit näher ausführen werde, da es ohnedem nicht das lettemal ist, daß ich des Plautus in dieser Monatsschrift gedenke.

Die Gefangnen,

ein Lustspiel.

Aus dem Lateinischen des M. Accius Plautus übersetzt.

1750.1

Vorbericht des Uebersegers.

Ich halte es für überflüßig, dem Plautus allhier eine Lobrede zu halten, und mich weitläuftig zu rechtfertigen, warum ich eben dieses und kein andres Stück von ihm übersetzt habe. Dieser komische Dichter hat allezeit bey Kennern in einem so verdienten Ansehen gestanden, daß freylich das Vorrecht, ihn mit Verachtung anzusehen, nur unsern feinern Zeiten aufgehoben seyn konnte. Unter seinen uns hinterlassenen Lustspielen hat man sich zwar nicht unterstanden, eine gewisse Rangordnung zu bestimmen. Denn wie wäre es möglich gewesen, da jedes vorzügliche Schönheiten hat, weswegen es die Oberstelle verdiente, wenn die übrigen nicht auch dergleichen besäßen. Doch sind einige davon, nach gewissen Absichten, von den Gelehrten ganz besonders erhoben worden; und hierunter gehören vornehmlich seine Gefangnen. Ihr Verfasser selbst erkennet sie für ein Stück, dergleichen wenig Dichter zu verfertigen fähig sind, und wir dürfen nicht glauben, daß ihn eine närrische Liebe für seine Arbeit zu diesem Urtheile gebracht hat. Denn wo sind die Stücke, welche ohne Liebe so zärtlich als lustig sind? Doch ich fange wider meinen Vorsatz an, dasjenige zu thun, was ich gleich anfangs für überflüßig erkannt habe. Ich will vielmehr diesen kurzen Vorbericht dazu anwenden, wozu ich ihn bestimmt hatte, etwas weniges von der Uebersetzung selbst zu gedenken.

1 Dieser besondere Abdruck aus den „Beyträgen" erschien ebenfalls Stuttgart, bei Johann Benedict Meßler, 1750.

v. M.

Ich habe mich bestrebt sie so einrichten, daß sich Plautus darinnen ähnlich bleiben möge. Ich habe getreu überseßt, wo es möglich gewesen ist; ich bin von dem Originale abgegangen,

Römische Historie von Erbauung der Stadt Rom bis auf die Schlacht bey Actium,

oder

das Ende der Republik;

aus dem Französischen des Herrn Rollins ins Deutsche überseßt.

1749-1752.

Aus der Berlinischen privilegirten Beitung

vom Jahre 1751.

Von gelehrten Sachen.

3

(18. Febr.) Bremen. Historie der Gelahrheit, von Anfange der Welt bis auf die sieben Weisen in Griechenland, nach der Zeitrechnung kurz abgefaßt, und dem Druck übergeben von Joh. Ge. Jac. Albertinus, beyder Rechte und der Weltweisheit Doctor. Erster Theil. Bremen, bey Hermann Jäger in Commission zu haben. 1751. in 8t. 2 Alph. 10 Bog. Selten wird ein Gelehrter, welcher eine Lücke in der Wissenschaft, die er in seiner Gewalt zu haben glaubt, wahrnimmt, diese Lücke einem andern

1 Von hier an lautet der Schluß wie der des Vorberichts in den Beyträgen. S. S. 14. 2 Leffing überseßte Band IV-VI, die bei Joh. Heinr. Rüdiger in Leipzig, dann Leipzig und Danzig erschienen sind. Band III war schon 1746 herausgekommen; und Band VII erst 1757 bei Korn in Breslau. Vorreden oder Zusäße von Leffings Hand finden sich nicht in dieser Uebersehung. Vergl. Band XII. Den Brief vom 2. November 1750.

3 Der Herausgeber darf kaum fürchten bey seiner Auswahl etwas von andern Verfassern mitgegriffen zu haben: wohl aber besorgt er daß das Ausgewählte nicht überall anziehend genug erscheinen, und daß es doch Leffings Thätigkeit nicht in ihrem ganzen Umfange zeigen werde. (K. Lachmann. 1838.)

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auszufüllen überlassen. Denn welcher glaubt nicht im Stande zu seyn dasjenige selbst auszuführen, von welchem er schon einsieht, daß es ausgeführet werden sollte? Der Herr Verfasser dieses Werks fand glücklicher Weise, daß es noch an einem Handbuche der gelehrten Historie fehle, welches durchaus nach der Zeitordnung eingerichtet sey. Mußte es ihm also nicht nothwendig einfallen, diesem Mangel abzuhelfen? Hier liefert er den Anfang seines Unternehmens, und macht noch auf vier gleich starke - Theile Hoffnung, welche die übrigen Perioden enthalten sollen. Dieser erste Periode ist der Zeit nach der größeste, der Materie nach der unfruchtbarste. Er theilt sich ganz natürlich in zwey kleinere, von Erschaffung der Welt bis auf die Sündfluth, bis auf die sieben Weisen. Der erste ist der wahre Siz übertriebener Grillen, und ist es nicht in der That lächerlich den Adam an der Spiße aller Wissenschaften, aller Künste und aller Handwerker zu sehen? Der andre ist voller Verwirrung und Ungewißheit. Locmann, Zoroaster, Hermes, Orpheus, die Sibyllen, lauter Personen die in diesen Zeitpunkt gehören, und von welchen man `uns tausenderley erzählet, wovon sich die Helfte widerspricht und die Helfte von neuern Schriftstellern ohne Ansehen erdichtet ist. Bey nahe sollte es also eine unnöthige Bemühung scheinen mit der Historie der Gelahrheit so weit hinaus zu gehen, und vielleicht würde, der sich nicht beh Ungewißheiten aufhalten wolle, da anfangen, wo der Herr Doctor vor diesesmal aufhört. Das einzige wobey sich in diesen Perioden ein Verfertiger der gelehrten Historie noch aufhalten könnte, wären die untergeschobenen Bücher. Man weiß wie viel wunderliche Schriften die Gnostiker, die Manichäer, die Ebioniten und andre dem Adam, dem Seth, dem Jacob 2c. angedichtet haben, um ihren schwärmerischen Lehrfäßen Vorgänger und Vertheidiger zu verschaffen. Diese Schriften nun den Lesern näher bekannt zu machen, die sie verrathenden Stellen daraus anzuführen, ihre Verfasser aufzusuchen, ihre Absichten zu entwickeln würde zwar nicht die leichteste aber doch eine vielen Lesern sehr angenehme Arbeit seyn; eine Arbeit übrigens die der Historie der Gelahrheit wesentlich zukommt. Gleichwohl aber wird man sie in diesem Werke vergebens suchen, ob es schon voller Ausschweiffungen ist, die man schwerlich vermissen würde. Sollte es übrigens dem Herrn Verfasser in den folgenden Theilen gefallen die Quellen, woraus er geschöpft, fleißiger und genauer anzuführen, so wird er, wenigstens nach unserer Einsicht, der Vollkommenheit eines brauchbaren

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