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PHILOLOGISCHE STUDIEN

ZUMEIST

FÜR KRITIK UND ERKLÄRUNG

HERAUSGEGEBEN

VON

DR. F. I. SCHWERDT,

AUSSERORDENTLICHEM PROFESSOR IN DER PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT AN DER KÖNIGLICHEN
AKADEMIE ZU MÜNSTER.

ERSTES HEFT.

PROBE EINER NEUEN HORAZ-REZENSION.

Druck und Verlag von Friedrich Cazin in Münster.

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AUSSERORDENTLICHEM PROFESSOR IN DER PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT AN DER KÖNIGLICHEN
AKADEMIE ZU MÜNSTER.

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Soll die Kritik endlich zur besonnenen Kunstübung reifen,

SO

muss überall zuerst der Grad der Sicherheit des Ueberlieferten zur Anschauung gebracht werden. Die Herausgeber des Horaz hegen noch immer unbewusst den Aberglauben, dass so gut als nirgend Vermuthungen nöthig seien, wenn man nur den ältesten Handschriften folge.

Lachmann.

In Horatio post omnia, quae in eum scripta vidi, innumera sunt, quae non intelligo. In toto opere vix una est ode, sermo vel epistola, in quibus hoc non sentio, dum lego. Marklandus.

Noli itaque librarios solos venerari; sed per te sapere aude, ut singula ad orationis ductum sermonisque genium exigens ita demum pronunties sententiamque feras. Enimvero haud animi me fallit, tot in Flacco emendationes iniquis oculis plerosque adspecturos, nec nisi vi et ingratiis receptas tam diu lectiones veteresque avias sibi revelli passuros. Quippe in aliis auctoribus minus sibi tritis pro libitu id fieri non aegre tulerint, in hoc quem iam inde a pueritia dies noctesque versarunt, quemque intus et in cute se novisse opinati sunt, tot iam menda detegi, tot absurda sensuque cassa redargui, quasi convicium sibi factum interpretabuntur.

Richardus Bentleius.

Im Jahre 1711 erschien die Horaz-Ausgabe von Richard Bentley. Zum ersten Male hatte ein grosser Geist, von dem es ungewiss bleibt, ob er mehr Scharfsinn oder mehr Gelehrsamkeit besass, die Grundsätze der subjectiven Kritik, deren Schöpfer er war, in ihrer ganzen Ausdehnung zur Berichtigung eines Schriftstellers angewandt, und zwar angewandt mit vollem Vertrauen auf die Unfehlbarkeit der neuentdeckten Methode. Das Ergebniss dieser kritischen Thätigkeit war ein Horaz mit nahezu 800 Aenderungen. Angefüllt mit den feinsten Beobachtungen und auf jeder Seite die vielseitigste Belesenheit und das eindringendste Verständniss bekundend, musste dieses Werk das Staunen und die Bewunderung aller Zeitgenossen erwecken; aber auch Widerwille und Besorgniss, die beide ihren Grund in der, wie es schien, fast gewaltsamen Kühnheit und der übertriebenen Strenge dieser von Bentley selbst aufgestellten Methode hatten, konnten naturgemäss nicht ausbleiben. Bewunderung auf der einen, Besorgniss auf der andern Seite waren die Empfindungen, mit denen die Zeitgenossen den neuen Horaz betrachteten. Nach anderthalb Jahrhunderten haben wir im Fortgange -philologischer Studien uns mehr und mehr gewöhnt, die Berechtigung jener Methode anzuerkennen; einen wahrhaften und wirklichen Nutzen aber aus eben dieser durch eigene Erfahrung nun verbesserten Methode für Horaz selbst auf Grund der grossen Vorarbeit eines Bentley nach und nach zu gewinnen, haben die späteren Herausgeber entweder nicht das Geschick oder nicht den Muth gehabt. Unsere Horaz-Rezensionen haben bis auf wenige, unbekümmert um den Widerspruch des grössten Kritikers, nach und nach wieder das alte Gewand übergeworfen und sehen im wesentlichen dem Lambin oder Cruquius ähnlicher als dem Bentley,

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