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einem dichterischen Briefe, dem dreizehnten des ersten Buches, worin er den Wunsch ausspricht, ihn mit seiner Sendung nicht zu belästigen. Der lyrischen Dichtkunst hatte Horaz jetzt entsagt, so dass er nicht einmal seinem im Jahre 19 hingeschiedenen innigst geliebten Virgil einen Nachruf widmete. Er hatte sich in den Briefen eine neue dichterische Form geschaffen, worin er seine Gefühle und Anschauungen, seine ganze jetzt gewonnene Lebensweisheit mit durchsichtiger Klarheit in heiter behaglichem Tone aussprach. Das erste Buch der Briefe erschien 19 oder 18; es war, wie die beiden ersten Bücher der Oden, dem Mäcenas zugeeignet, den er ausser dem Weihegedichte auch in zwei andern Briefen anredete. Auf die Uebersendung dieser Sammlung erwiederte Augustus, er zürne dem Dichter dass er nicht in den meisten derartigen Gedichten ihn vor allen anrede; ob er vielleicht fürchte, es werde ihm bei der Nachwelt Schande bringen, wenn er sein Freund gewesen zu sein scheine? Ein andermal schrieb er, wie er von ihm denke, könne er von einem gemeinschaftlichen Freunde, dem Septimius, erfahren; denn, wenn Horaz stolz seine Freundschaft verschmäht habe, so vergelte er ihm dieses keineswegs durch Stolz von seiner Seite. Als aber im Jahre 17 die ludi saeculares gefeiert werden sollten, übernahm Horaz höchst bereitwillig die. Dichtung des dazu vorgeschriebenen 'Chorliedes, dem er eine eigene, wohl für Augustus zunächst bestimmte Ode, die sechste des vierten Buches, gleichsam als Vorbereitung vorhergehen liess1). Eine äussere Belohnung erhielt er dafür nicht. Augustus kannte ihn zu wohl, als dass er ihm eine solche anzubieten gewagt; er wusste, dass Freiheit und Unabhängigkeit dem Dichter, für dessen bescheidene Bedürfnisse die Freundschaft des Mäcenas vollauf gesorgt hatte, über alles gehe und er sich gerade ihm gegenüber möglichst frei zu halten wünschte. Als Augustus vom Herbst 16 bis zum Anfange des Jahres 13 in Gallien und Germanien verweilte, konnte Horaz sich nicht enthalten, einige Zeit vor der in Aussicht stehenden Rückkehr die allgemeine Sehnsucht nach derselben in einer Ode, der fünften des vierten Buches, auszusprechen, die er ihm wahrscheinlich sogleich durch Mäcenas zustellen liess. Der eben erwarteten Rückkehr widmete er dann die zweite Ode. Augustus war darüber so erfreut, dass er den Dichter aufforderte, auch die 1) Aehnlich hatte er I, 31 als Vorspiel zu I, 12 gedichtet.

von seinen Stiefsöhnen Drusus und Tiberius im Jahre 15 über die Vindeliker erfochtenen Siege zu feiern, und diese Lieder mit den ihm geweihten und einigen andern in einem vierten Buche der Oden zu vereinigen. Als würdigen Abschluss dieses Buches fügte Horaz wohl in demselben Jahre eine den Augustus als Friedensfürsten feiernde Ode hinzu. Man fühlt in diesem Buche bereits eine gewisse Abnahme freier lyrischer Kraft, wenn der fünfzigjährige Dichter sich auch der ihm gestellten Aufgabe mit grossem Eifer widmete und es an Kunst der Anordnung und manchen treffenden Ausführungen nicht fehlte, ihm besonders der pathetische Ausdruck gelang. Auch ist das Buch metrisch weniger rein als das dritte, wie der Dichter schon in dem besonders herausgegebenen carmen saeculare von den strengern Gesetzen der Sapphischen Strophe wieder abgewichen war; nur in der Alkäischen Strophe zeigt sich bei sonstigen weiter gehenden Freiheiten in einem Falle ein strengeres Gesetz als im dritten Buche. Wenn die Längung einer kurzen Silbe in der Arsis sich im vierten Buche nicht findet, so dürfte dies wohl Zufall sein.

Die dreijährige Krankheit, worunter Horaz den Mäcenas leiden sah, bekümmerte den selbst schon an den Schwächen des Alters leidenden Dichter auf das tiefste, doch gereichte ihm noch immer die ungetrübte Freundschaft dieses seltenen Beschützers so wie das ehrende Wohlwollen des Augustus und so vieler andern bedeutenden Männer zur höchsten Freude, wie sein für die Nachwelt gesicherter Ruhm und das Bewusstsein ihn erhob, seine Sendung vollständig erfüllt, auch seine Freiheit und Unabhängigkeit stets erhalten zu haben. In seine letzten Lebensjahre fallen die zwei grossen Briefe des zweiten Buches und der Brief an die Pisonen über die Dichtkunst. Der letztere war das schönste Vermächtniss des seinem Ende sich nahenden Dichters. Mäcenas wurde endlich im Jahre

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8 durch den Tod von seinen Leiden befreit. In seinem letzten Willen hatte er dem Augustus, welchen er zu seinem Erben eingesetzt, den Horaz empfohlen, dessen er wie seiner selbst gedenken möge. Aber noch vor dem Ablauf desselben Jahres, am 27. November, kurz vor Vollendung seines siebenundfünfzigsten Lebensjahres, verschied der Dichter selbst ganz plötzlich, nachdem er mündlich noch den Augustus zum Erben gemacht hatte.

Horaz war von kleiner Gestalt und wenigstens in späterer Zeit etwas dick, doch muss die ganze Erscheinung des aus schwarzen Augen feurig schauenden, mit reichem schwarzem Haare begabten, lebendig frischen jungen Mannes eine höchst anziehende gewesen sein. Heitere Gemüthlichkeit und natürliche Behaglichkeit, offener Sinn für das Wahre, Schöne und Gute, klarer Weltverstand, durchsetzende Entschiedenheit, besonnene Masshaltung, Liebe für Freiheit, Vaterland, Ehre und Recht bilden die Grundzüge unseres Dichters, der von der Natur dazu begabt und durch das Leben herangebildet war, das Wirken des Augustus durch Hinweisung auf das, was den Römern Noth thue, zu heben und zu fördern, eine echt Römische, vom Anhauche Griechischer Bildung und Kunstvollendung beseelte Lyrik zu schaffen und in der Satire und Epistel eine eigentlich Römische, von volksthümlichem Geiste erfüllte Kunstform auszuprägen und mit würdigem Gehalte zu erfüllen.

2. Die Ode n.

Unter allen frühern lyrischen Dichtern der Römer hatte nur Quintus Valerius Catullus, der, noch ehe Horaz nach Rom kam, um das Jahr 54, in seinem dreissigsten Lebensjahre verschied, sich eines bedeutenden Erfolges zu erfreuen, aber mehr durch seine Spottgedichte, womit er scharf in die Zeit traf und auch der Machthaber nicht schonte, als durch die der Liebe und Freundschaft oder andern Lebensbeziehungen gewidmeten. Catull zeichnet sich vor allen seinen Vorgängern und Zeitgenossen durch lebendige Frische der Sprache und Unmittelbarkeit der Empfindung aus, wodurch ihm der Spott und die Darstellung einfacher Verhältnisse und Zustände gelingt, aber es fehlt ihm Tiefe des Gefühls und künstlerische Durchbildung; die höhern Töne schwungvoller Erhebung mangeln ihm in gleicher Weise, wie durchdachte Anordnung und künstlerische Gestaltung. Alles ist bei ihm mehr Naturgabe, die ihn eben verleitet, es mit der Dichtung gar leicht zu nehmen; nur in der Elegie erhebt er sich, aber hier gerade zeigt sich der Mangel einer kunstgebildeten Dichtersprache, er ringt noch mit dem Ausdrucke. Von den Versmassen hat er ausser Hexametern und Distichen besonders den sogenannten

Hendecasyllabus (

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~~_~_)1), den er sehr frei behandelt. Daneben finden sich iambische Trimeter und sogenannte spottende Hinkjamben (Choliamben), die auf einen Trochäus statt des Iambus enden. In eigentlich lyrischen Versmassen hat Catull sich nur ein paarmal fast schüchtern versucht. Einmal finden wir bei ihm schon das sogenannte grössere Asklepiadeische Mass (vgl. unten Versmass III), worin er, abweichend von den Griechen, den Spondeus als Einschnitt sich zum Gesetze machte, ein Gesetz, das Horaz sich auch sonst auflegte, aber auf den Einschnitt (diaeresis) nach jedem Choriambus hielt er nicht so genau, wie später Horaz. Zweimal hat er in Strophen aus drei oder vier Glykonischen Versen mit einem schliessenden Pherekrateischen gedichtet, die Horaz nicht kennt. Auch die Sapphische Strophe hat er zweimal versucht; eines dieser Gedichte ist gerade nur eine Nachbildung einer Ode der Sappho.

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Auch Horaz ging, wie Catull, von der Darstellung einzelner Stimmungen, Aufregungen und Verhältnisse aus. Einen besondern Hang dürfte er zur Verspottung gehabt haben, und er wird sich in seinen Jugenddichtungen vom raschen Flusse seines lebhaft erregten Gefühls haben hinreissen lassen. Aber in Folge seiner liebevollen Beschäftigung mit den Griechischen Dichtern wir wissen, dass er auch eine Zeit lang sich in Griechischen Gedichten versuchte stellte er sich selbst bald strengere Forderungen, und so wird er von seinen frühesten Gedichten viele, wenn nicht alle, verworfen haben. Es drängte ihn in bezeichnender Kraft, leichtem Flusse und fasslicher Einheit des die Form sich schaffenden Gefühls den Archilochos, den berühmten Lyriker und besonders Spottdichter von Paros, zu erreichen. Der Ernst des Lebens, der ihn früh ergriff, gab seiner Dichtung bald einen tiefern Gehalt, und mit diesem steigerten sich auch die Anforderungen an die Form, da ihm, nachdem er der geträumten Wiederherstellung der Freiheit hatte entsagen müssen, in einer vollendetern, Griechische Schönheit mit Römischem Wesen vereinenden Dichtung ein würdiger Gegenstand seines Strebens aufgegangen war. Mochte ihm zunächst, da ihn die staatlichen Zustände schmerzlich berührten, die lyrische Dichtung verleidet sein, als er aber in der Satire sich über

1) Mit einem Kreuze bezeichnen wir immer den Einschnitt, die Basis des Verses, die ein Trochaeus, Spondeus oder Iambus sein kann.

seinen Vorgänger Lucilius zu einer vollendeten, vom Beifalle der Besten begrüssten ganz neuen Form emporgeschwungen, als er sich überzeugt hatte, dass nur durch Unterstützung des Octavian das Heil des Staates gefördert werden könne, da entschloss er sich, dem Doppelgestirn von Lesbos, dem Alkäos und der Sappho, der höchsten Vollendung der Griechischen Liederkunst, kühn nachzuringen und die von ihnen gewagten Weisen zu versuchen. Hierzu befähigten ihn künstlerischer Sinn, eigenthümliche Beherrschung der Sprache, Wärme und Reinheit des Gefühls, edle Vaterlandsliebe und sinnige Lebensweisheit, die seiner Dichtung ihren Gehalt gaben. Horaz ging offenbar von der Nachahmung des Alkäos und der Sappho aus, ja einzelne seiner erhaltenen Oden beginnen noch mit freien Uebersetzungen jener, aber immer mehr befreite er sich von dieser Fessel und schuf sich seine eigenthümliche, Kraft mit Anmuth, Gehalt mit Kunstvollendung verbindende Dichtung. Freilich die Glut der Liebe, wie sie in den Liedern der Sappho und des Alkäos weht, erreichte er nicht, aber doch fühlen wir uns häufig von der frischen Darstellung der Leidenschaft oder der Zustände der Liebenden selbst da bewegt, wo kein wirkliches Liebesverhältniss zu Grunde liegt. Zuweilen stehen die dargestellten Verhältnisse unsern Anschauungen auch zu fern. Dem Wesen des Horaz entsprechen am meisten die Gedichte, wo er die Lehren seiner im behaglichen Genusse und zufriedener Beschränkung beruhenden Lebensweisheit auszusprechen sich gedrungen fühlt. Aber auch im höhern Schwunge versucht er sich mit Glück, besonders in den politischen, auf die Erhebung des Augustus und der Römischen Grösse gerichteten Oden, wenn ihm auch freilich zuweilen die Kraft versagt oder er sich überspannt. Hier ist ihm auch Pindar, von dessen Versmassen er sich fern hält, oft Muster gewesen, besonders in den mythischen Ausführungen, worin er sich ergeht. Auch da, wo er das Bewusstsein des errungenen Dichterruhms ausspricht, ist Horaz meist sehr glücklich, da ihn dieses Gefühl mächtig erfüllt. Den Höhepunkt seiner Odendichtung bildet das dritte, auch im Versmasse vollendetste Buch.

Wenden wir uns zu den Versmassen, so haben wir hier die in gleichen Versen, die distichischen, aus zwei wiederholten, und die vier versigen zu unterscheiden, neben denen nur einmal ein System aus denselben Vers

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