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dürfniß ist zweifelsohne die Veranlassung zum Pelagianismus gewesen; die herkömmliche Lehre über die Willensfreiheit war die Folie, das ethische Motiv die Hand, welche sie beschrieb.1)

1) Auch der Apollinarismus und die antiochenische Schule, sagt Wörter a. a. D. S. 211, lehrten: durch die Erlösung sei die menschliche Natur eigentlich erst vollendet worden. Dieses war die Grundfrage, um welche sich die Dogmengeschichte des vierten und fünften Jahrhundertes dreht. Bei solcher Lehre, in welcher auch die Natur als schwach und unvollkommen hingestellt wurde, fehlte der rechte Begriff für die Sünde; und auch daher sei und zwar mehr noch als aus dem Manichäismus die Entschuldigung der Sünde entstanden. Gegen diese Richtung habe sich der Pelagianismus, sowohl in dogmatischer als moralischer Beziehung in schärfsten Gegensatz gestellt. Sehr instructiv ist ferner folgende Auslassung Wörter's: „Werfen wir einen Blick auf die mitgetheilten moralischen Unterweisungen des Pelagius zurück, so ergibt sich aus ihnen mit Leichtigkeit, daß und wie er auf seine Lehre kam. War nach ihm die von vielen falsch verstandene und zum Nachtheil des sittlichen Lebens ausgebeutete Lehre von der Erbsünde und der durch sie in die menschliche Natur gekommenen sittlichen Schwäche ein Hinderniß für das Zustandekommen der Tugend, indem ein Jeder einen um so lässigeren Gebrauch von seinen sittlichen Kräften mache, je geringer er von sich denke, so glaubte er dem gründlich ab= zuhelfen und mit Erfolg zur Sittlichkeit anzuspornen dadurch, daß er umgekehrt den Menschen an seine hohe Würde und Bestimmung und an die hinzu gegebenen sittlichen Kräfte und Anlagen erinnerte. Ist nun gegen diesen Grundsaß an sich auch nichts einzuwenden, so mußte dagegen die aus übergroßem Eifer hervorgehende unbedingte und ausschließliche Befolgung deffelben ihn in das entgegengesette Extrem führen. Hatten jene, welche sich zur Entschuldigung ihrer Sünden auf die Schwäche der menschlichen Natur beriefen, die sittlichen Kräfte des Menschen unterschäßt, so überschäßte er sie und bestimmte dem Willen ein Ziel zur Verwirklichung, das sein Vermögen weit übersteigt und das aus sich zu erreichen er zu schwach ist. Behaupteten die von ihm bekämpften Gegner, sie vermöchten wegen der Schwäche ihres Willens wenig oder nichts, so erklärte er, der Wille des Menschen vermöge kraft der ihm zukommenden Freiheit alles. So trieb ihn fein hißiger Eifer für die gefährdete Tugend und Sittlichkeit in eine

Dazu kam nun ein dritter Factor, das Mittel zur Ausbildung des Pelagianismus: nämlich die abstracte Dialectik. Man hat sonderbarerweise den Pelagianismus nie auf seinen stoischen Gehalt geprüft, obschon der Gedanke so nahe gelegen wäre. Die Ansicht des Hieronymus über den Einfluß der Stoa auf den Pelagianismus hätte man nicht kurzer Hand abweisen sollen; und daß dieses Wörter gethan hat, ist sein Fehler. Wir werden das noch genugsam sehen. Hier sei nur bemerkt, daß auch die Methode der Pelagianer, ihre abstracte Logik, auf den ersten Blick den Stoicismus verräth; am deutlichsten zwar bei dem gelehrtesten der Pelagianer, bei Julian von Eclanum. Die tabula logica der Stoiker, wie man sich ausgedrückt hat,1) ihre schematische Eintheilung der Begriffe und ihre nominalistischen Definitionen wurden von den Pelagianern mit Fleiß angewendet. Darum konnten sie Gegensäge, welche nur eine relative Bedeutung haben und in der Kirche auch nur in relativer Bedeutung genommen. wurden, als absolute behandeln, unbekümmert um die

falsche Moral, in welcher befangen er meinte, die Tugend sei in ihrem sittlichen Charakter und Werthe nur dann gewahrt, wenn sie selbst= eigene Sache des Menschen sei. Kurz gesagt, auf die Vorstellung der Selbstgerechtigkeit führte ihn seine Polemik. So hat auch Augustin die Sache angesehen". S. 192. Dieses practische Interesse ist wieder ganz bestritten worden von Lenzen, de Pelagianorum doctrinae principiis, Colon. 1853 p. 51 facile videri queat Pelagianoruin doctrinam quam maxime versari in theoreticis. Das ist aber quam maxime ein Irrthum. Zu Dogmatikern wurden die Pelagianer erst durch ihre Moral.

1) Man vergleiche C. Prantl, Geschichte der Logik Bd. 1 S. 422 ff. Leipzig 1855 und Zeller, die Philosophie der Griechen 3. Theil erste Abth. S. 71-106. Dritte Aufl. Leipzig 1880.

Widersprüche, in welche sie sich, gradeso wie die Stoiker, verwickelten. Der Gegensatz zur Freiheit ist die Nothwendigkeit. Ist nun der Mensch frei, so wurde geschlossen, dann kann er nie mit Nothwendigkeit fündig oder gut sein; neben dem Guten muß ihm immer die Möglichkeit des Bösen und neben der Sünde stets die freie Wahl des Guten offen bleiben. Das ist ein negativer Begriff von Freiheit; er enthält nur eine relative Bestimmung der Freiheit, das Positive, Absolute des Freiheitsbegriffes fehlt ihm. Mit diesem Begriffe operirten aber die Pelagianer troß aller Einreden Augustins und so kamen sie schließlich in dürrer Wüste an, wo sie untergehen mußten.

Daß nun Pelagius in vollem Umfange der Urheber der Häresie gewesen ist, kann man auch nicht sagen. Augustin spricht zweimal darüber. Das eine Mal sagt er: invecta . . . haereris est non ab episcopis, seu presbyteris, vel quibusdam clericis, sed a quibusdam veluti monachis, quae contra Dei gratiam . . . . tamquam defedendo liberum arbitrium disputaret (de gestis Pelagii N. 61). Und das andere Mal redet er etwas bestimmter qui (sc. Pelagius et Caelestius) hujus perversitatis auctores vel perhibentur vel etiam probantur; vel certe si auctores non sunt sed ab aliis didicerint, assertores atque doctores. (de pecc. orig. N. 25). Es läßt sich auch hiernach, was ohnehin wahrscheinlich ist, annehmen, daß die Tendenzen des Mönchsthums in Pelagius in's Extreme umschlugen.

Ehe Augustin von der neuen Lehre etwas hörte, war dieselbe schon in wichtige Consequenzen gerathen. Bei

meinem Aufenthalte in Carthago (411), sagt er, wurde mir berichtet von einer Lehre, nach welcher die Kinder nicht deswegen getauft würden, daß sie Nachlassung von Sünden erhielten, sondern damit sie in Christo geheiligt werden sollten. Ich gab auf dieses Gerede nicht viel Acht, da mir die Gewährsmänner unbedeutend erschienen, und meinte nicht, daß die Lehre mich so bald und in solchem Grade beschäftigen würde. 1)

Um das Jahr 400 n. Chr. schrieb Augustin seine Bekenntnisse. Damals, sagt er,2) war die pelagianistische Häresie noch nicht ausgebrochen. Als aber ein Mitbruder und Bischof zu Rom in Gegenwart des Pelagius aus den Bekenntnissen die Worte citirte: Da quod jubes et jube quod vis, gerieth letterer, der sie nicht ertragen konnte, in solche Erregung, daß es fast zu einem Streite gekommen

1) Nam ante parvum tempus a quibusdam transitorie collequentibus cursim mihi aures perstrictae sunt, cum illic apud Carthaginem essemus, non ideo parvulos baptizari, ut remissionem accipiant peccatorum, sed ut sanctificentur in Christo. Qua novitate permotus et quia opportunum non fuit ut contra aliquid dicerem et non tales homines erant de quorum essem auctoritate sollicitus, facile hoc in transactis atque abolitis habui. Et ecce jain contra disputare atque scribere cogimur. De peccat. meritis et remissione lib. 3. n. 12.

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2) Cum et ipsos (sc. libros confessionum) ediderim antequam Pelagiana haereris exstitisset, in eis certe dixi Deo nostro et saepe dixi: Da quod jubes et jube quod vis. Quae mea verba Pelagius Romae, cum a quodam fratre et cocpiscopo meo fuissent eo praesente commemorata, ferre non potuit et contradicens aliquanto commotius, pene cum co qui illa commemoraverat litigavit. De dono perseverantiae c. 20, n. 53.

wäre. In welchem Jahre dem Augustin dieses berichtet wurde, lesen wir nicht. Schon vorher aber hatte er von Pelagius vernommen. Denn er schreibt:1) Denn er schreibt:) Zuerst wurde mir der Name des in Rom lebenden Pelagius mit vielem Lobe genannt. Später begann das Gerücht zu uns zu kommen, daß er gegen die Gnade Gottes disputire. Wiewohl ich dieses schmerzlich empfand und ich auch jenen, die es berichteten, glaubte, so wollte ich doch entweder von ihm etwas hören oder lesen, ehe ich anfing, gegen ihn zu schreiben.

Bis zum Jahre 411, wo Augustin in Carthago die donatistischen Streitigkeiten erledigte, waren demselben also noch spärliche Nachrichten über den Pelagianismus zugekommen. Wohl hatte er von der irrigen Gnadenlehre gehört, aber daß mit dem Pelagianismus anch die Leugnung der Erbsünde verbunden sei, daß beide Lehren einer Quelle entstammten, war ihm nicht berichtet worden. Wir wollen über die innere Entwicklung des anfangenden Pelagianismus nun zuerst Einiges sagen.

Pelagius hatte zu Rom drei Bücher de fide Trinitatis und eines unter dem Titel Eulogia, für das practische Leben bestimmt, geschrieben. Cälestius schrieb drei kleine Schriften de monasterio. Gennadius,2) der uns dieses

1) Prius absentis et Romae constituti Pelagii nomen cum magna ejus laude cognovi; postea coepit ad nos fama perferre quod adversus Dei gratiam disputaret; quod licet dolerem et ab eis mihi diceretur, quibus crederem, ab ipso tamen tale aliquid vel in ejus aliquo libro nosse cupiebam, ut si inciperem redarguere, negare non posset, de gestis Pel. n. 46.

2) Gennadius in libro scriptorum ecclesiasticorum. vgl. Appendix zum zehnten Bde. der Werke Augustins in der Mauriner Ausgabe S. 42.

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