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Vorwort.

Der griechische Geist erblickte in der Welt die vollendetste Ordnung. Einer seiner Hauptvertreter liess die ästhetische Betrachtung des Alls vorwalten. So lag es nahe, die Welt als ein Werk der Vernunft anzusehen und letztere zum herrschenden Begriff in dem All zu machen. Wir finden den Logos von dem Aufdämmern des griechischen Geisteslebens bis in die letzten Zeiten desselben behandelt. Aus der Physik griff er über in die Ethik.

Eine Monographie über die Geschichte dieses Begriffs, der von grosser Wichtigkeit in der Philosophie und ebenso in der Theologie ist, besitzen wir noch nicht. So vortrefflich einige Darstellungen der gesammten griechischen Philosophie sind, war es ihnen doch nicht möglich, einen einzelnen Begriff in seinem ganzen Umfange historisch zu verfolgen. Deshalb ist es auch schwierig, aus ihnen die volle Bedeutung des Logos zu ersehen. Die Theologen pflegen nur bis auf Philon zurückzugehen.

Die johanneische und patristische Lehre zu behandeln, liegt nicht in meiner Aufgabe. Ich beschränke mich hier auf die specifisch-philosophische Entwickelung. So viele griechische Elemente auch in der Logoslehre bei Kirchenvätern sich finden, so ist es doch Sache der Theologie, diese nachzuweisen und auf sie einzugehen. Vielleicht dient meine Arbeit dazu, nach dieser Seite die Untersuchungen zu erleichtern.

Dass ich bei der Darstellung der Lehre Heraklits einige Punkte genauer besprochen habe, findet seine Erklärung in der Kärglichkeit der Quellen für diesen Philosophen und der Dunkelheit seiner Sprüche.

Auffallen könnte es, dass ich nicht ausführlicher den Logos bei Platon und Aristoteles behandelt habe. Allein bei diesen beiden ist der Begriff zu wenig abgegrenzt, als dass es überhaupt möglich wäre, ihn darzustellen. Von einer Logoslehre kann nur da die Rede sein, wo das Wort einen bestimmten Begriff bezeichnet, wenn dieser auch einen grossen Umfang hat.

Das System, welches dem Logos die grösste Bedeutung beilegt, ist die Stoa. Eine Geschichte der Logoslehre wird gleich kommen einem Ausschnitt aus der Geschichte der Stoa. Diese Philophie hat einen bedeutenderen Einfluss ausgeübt auf die spätere Entwickelung der griechischen Speculation, als man meist geneigt ist anzunehmen. Zeller hat zuerst in seinem meisterhaften Werke in reicherem Maasse darauf aufmerksam gemacht. Ich habe es mir

angelegen sein lassen, die Beziehungen späterer Speculation zur Stoa hervorzuheben, soweit sie den Logos betreffen. Besonders bin ich eingegangen auf den λόγος σπερματικός, diesen specifisch stoischen Begriff, und auf den λóyos ¿vdiáθετος und προφορικός.

Die Uebergänge von der Stoa zu Philon musste ich heranziehen und besprechen, obgleich bei ihnen vom Logos nicht viel die Rede. Durch sie lernt man erst die Lehre Philons verstehen, wie sie sich aus den früheren Elementen entwickelt. Bei Philon selbst habe ich Werth darauf gelegt, dessen innigen Zusammenhang mit der griechischen Philosophie nachzuweisen und so zugleich die Rechtfertigung dafür zu geben, dass ich ihn, den Juden, zu den griechischen Philosophen rechne.

Den Neuplatonismus habe ich vielleicht für manche zu kurz abgefertigt im Verhältniss zu den früheren Systemen. Hierzu war ich berechtigt, weil gerade die Lehre vom Logos bei Plotin an vielen Unklarheiten und Widersprüchen leidet. Hätte ich ausführlicher sein wollen, so wäre die Behandlung Plotins über das Maass ausgedehnt worden, da dann eine grosse Zahl von Stellen in allen Einzelheiten hätte erörtert werden müssen. Hierzu war keine Veranlassung, da wir trotz der specielleren Untersuchungen nichts neues bei ihm gefunden hätten. Ausserdem liegt der Schwerpunkt der plotinischen Speculation nicht in der Lehre vom Logos.

Dass meine Arbeit auf selbständiger und umfassender Durcharbeitung auch der entlegeneren Quellen beruht, will

ich nur für solche Leser bemerkt haben, die in der Geschichte der griechischen Philosophie weniger zu Hause sind.

Mancher würde aus dem von mir benutzten Material

häufig bestimmtere Schlüsse gezogen haben.

Meiner Indivi

dualität ist es entsprechender, da nur von Wahrscheinlichkeit

zu reden, wo nicht jeder Zweifel beseitigt scheint.

Erstes Capitel.

Heraklit.

Die ältesten griechischen Naturphilosophen begnügten sich damit, einen Urstoff gefunden zu haben, aus dem alles entstehe und bestehe. Diesem selbst legten sie Leben und Bewegung bei, so dass die Welt der Erscheinungen ohne Mitwirken einer weiteren geistigen Kraft aus dieser Urmaterie allein gebildet sein und begriffen werden sollte, mochte diese nun das Wasser oder das Unendliche, als unbestimmter Stoff, oder die Luft sein. Wenn wir auch in späteren Quellen von einem Weltverstande bei Thales lesen, oder von einer göttlichen Macht, welche den Stoff durchdringe und die Welt bilde, so ist diese Nachricht als irrthümlich zu bezeichnen, da Aristoteles sonst auch von dieser Lehre hätte berichten müssen, er sie aber bei Thales geradezu in Abrede stellt.

Für Anaximander nehmen manche Forscher, z. B. Brandis1), eine göttliche Kraft des Unendlichen an, die darin bestehe, alles zu umfassen und alles zu lenken, sich stützend auf Arist. Phys. III, 41. 203, b, 11, wo von dem άnεigov gesagt wird, dass es selbst der Urgrund von allem zu sein. scheine καὶ περιέχειν ἅπαντα καὶ πάντα κυβερνᾶν, ὥς φασιν ὅσοι μὴ ποιοῦσι παρὰ τὸ ἄπειρον ἄλλας αἰτίας, οἷον νοῦν

1) Geschichte der Entwickelungen der griechischen Philosophie I, 54 f. 51. Noch viel weiter geht Röth, Geschichte der abendländischen Philosophie II, 1, 142.

Heinze, Lehre vom Logos.

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