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im vollen Masse, die er auch in seinen Schriften, völlig im Ton der ältern Comödie, geltend machte. Denn seine Satire hatte ganz den persönlichen Charakter von der Griechischen Comödie entlehnt, wie wir aus Horaz und Andern wissen. Aber das damalige Rom war nicht das Athen der alten Komiker, die Römische Theaterfreiheit hatte schon grosse Beschränkungen erfahren, und der fustis der zwölf Tafeln war für den Freimüthigen eine ängstliche Sache. Viel zu mächtig war auch der erste Stand in Rom, auch, durch die Clientschaft, in seinem Einfluss auf die Stimmung des Volkes, als dass, selbst ohne Furcht vor der Strafe, die Geissel der Satire auf öffentlichem Schauplatz ihr Glück hätte machen können. Ueberdem liess das Amphitheater bei den Römern nie recht ein Theater aufkommen; die Lucile konnten deswegen wenig Lust haben, sich eifrig um die Lorbeern zu bewerben, die auf diesem Felde nur sparsam blühten, und zogen daher lieber den engern Kreis vor, worin sie, mit weniger Gefahr, mehr Belohnung zu erwarten hatten. Lucilius sah auch diese Erwartung erfüllt: die neuc, durch ihn gebildete, Dichtart machte ihn zum Liebling Roms; und noch spät hatte Lucilius seine Verehrer, denen er mehr galt, als selbst Пloraz. Dialog. de corr. eloq. c. 23. Curtius Nicia, zu Cicero's und Pompejus Zeit, schrieb ein Werk über Lucilius, und selbst Satiren, wodurch er sich als Kunstrichter über ihn bewährte; Sueton. illustr. Grammatic. c. 14. extr.; und die alten Grammatiker, Laelius Archelaus und Vectius Philocomus, erklärten in Schulen Lucils Satiren. Suet. I. I. c. 2. (legisse se apud ut discipulos.) Vortrefflichen Stoff zu einer Charakteristik bieten die Stellen beim Cicero, Horaz und Quintilian vom Lucilius, sammt einem Zeugniss des Persius gegen das Ende der ersten Satire. Horaz war gerecht gegen sein Genie; aber er hat ihm die Incorrectheit nicht verzeihen können, und er rügt sie mit Strenge, weil auch seine unkritischen Verehrer in Rom es bedurften, dass ein feinerer Geschmack in der Poesie durch Rüge des Gegen

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theils ihnen empfohlen wurde. Schon Quintilian missbilligt das zu einseitige Urtheil des Horaz; viel cinseitiger aber war Wieland zu Horaz 4. Sat. des I. Buchs, in den Erläuterungen Nr. 1. Geläutert ist hier wenigstens nichts, und mit Gemeinplätzen nach weiland Batteux lässt sich nicht Alles abthun. Lucilius war ein Vielschreiber; die Alten führen dreissig Bücher Satiren von ihm an, welches aber freilich nur ein sehr unbestimintes Mass für die Menge seiner Schriften ist. Wir haben nur noch Fragmente, zuerst gesammelt von dem Holländer Franc. Dousa. Eine zweite Ausgabe dieser Sammlung ist 1735 in Padua in Octav herausgekommen, und eine dritte, bis jetzt die beste, durch Haverkamp ad calcem Censorini, L. Bat. 1743.8. Auch mit dem Zweibrücker Juvenal und Persius sind diese Fragmente wieder erschienen. Aus ihnen würde sich unstreitig noch Etwas machen lassen, wodurch Lucils Charakter mehr Licht erhielte. Sie geben noch vielen Stoff zu einer verdienstlichen kritischen Arbeit, wie schon längst auch von Bayle bemerkt ist; denn Lucilius war ein Sittenmaler; seine Dichtart schöpfte aus dem wirklichen Menschenleben, war ein Lehrgedicht zu sittlichen Zwecken, mit der Absicht, Thorheit und Unsittlichkeit zu rügen. So wurde die Satire erst durch Lucilius zum eigentlichen Gedicht erhoben, und zu einer bleibenden Gattung ausgebildet. Der alte Name des Gedichts blieb weiterhin der in ihm vorherrschenden eigenen Art von Laune oder Gemüthsstimmung, die daher die satirische heisst, und die in Rede oder Schrift sich auf sehr mannichfaltige Weise darstellt, auch jeder beliebigen Form sich bedienen darf, und übrigens in der Art ihrer Aeusserung verschieden modificirt wird nicht allein durch Gegenstand und Veranlassung, sondern ganz hauptsächlich durch den sittlichen Charakter, durch die Gesinnung, aus der sie entspringt, und durch den Grad der Geistesbildung, der sie begleitet; weshalb es eine gutmüthige Satire gibt und eine bösartige, eine milde und bittere, eine feine und grobe, u. s. w.

Sehr verschieden ist daher auch das Wesen der Satire in der Litteratur aller litterarischen Völker ausgeprägt. Eine nützliche Sammlung, als Stoff zur Kenntniss des Mannichfaltigen, in dem Buche von Flögel, Geschichte der komischen Literatur, vier Bände, im ersten und zweiten Band von der Satire. Jene Verschiedenheit muss sich begreiflich auch der. Satire mittheilen, wenn sie Gedicht wird; nach Massgabe, wie das Gemüth des Dichters durch den Anblick von Thorheiten und Lastern mehr oder minder bewegt; je nachdem es mehr von lächerlichen oder empörenden Erscheinungen Eindrücke empfängt, muss auch Ton und Charakter des Gedichts sich anders gestalten. Es gibt daher eben sowohl eine komische, als eine tragische Satire, deren Wirkung analog ist der, die eine Komödie oder Tragödie hervorbringt. In der Lucilischen muss der tragische Charakter bereits zum Theil vorherrschend gewesen seyn: das sieht man aus Juvenal, der von ihm sagt: er griff das Laster mit dem Schwerte in der Faust an, und donnerte den Sündern seiner Zeit ins Gewissen: Sat. I. am Ende. Juvenal selbst hat an vielen Stellen bewundernswürdige Züge eines ächt tragischen Charakters.

Bisher sahen wir die Satire als eine original- römische, von den Römern selbst erfundene und ausgebildete, Dichtart. Und dass diese Ansicht die wahre und richtige sei, beweis't der bisher nachgewiesene natürliche Gang ihrer Entwickelung; beweisen ferner die gewichtvollsten Autoritäten der Alten selbst: Horaz Sat. I, 10, 66., Quintilian X, 1, 93., der Grammatiker Diomedes in der Samınlung des Putsch S. 482. f. Aber man hat früher eine entgegengesetzte Meinung gelegt: die Satire der Römer sey, mit den übrigen Dichtarten, von den Griechen entlehnt, sey ein Abkömmling des drama satyricum, d. i. der travestirten Tragödie der Attiker, an den Bacchusfesten, worin muthwillige Satyre und Silenen auftreten, den Ernst der Handlung ins Lustige ziehend; eine Gattung, woran die Attische Bühne sehr reich war, woyon

jetzt nur noch ein einziges vollständiges Muster übrig ist, der Cyklope des Euripides, und wovon auch Nachahmungen auf dem Römischen Theater versucht worden sind, nach Horaz A. Poet. 220. ff. Für diese Meinung sind die Hauptstreiter: Jul. C. Scaliger im sechszehnten, und Dan. Heinsius im siebenzehnten Jahrhundert, beide nichts weniger als musterhafte Forscher. Ihre ganze Lehre ist Verwirrung, veranlasst durch die zufällige Aehnlichkeit der Namen und durch Nichtunterscheidung ganz verschiedener Dinge. Schon durch Js. Casaubonus, einen der grössten Litteratoren seiner Zeit und aller Zeiten, der das gesundeste Urtheil und den schärfsten Blick mit der grössten Gelehrsamkeit verband, war die gänzliche Unabhängigkeit und Verschiedenheit der Römischen Satire vom Griechischen Satyrspiele wahrgenommen und erwiesen, in einer vortrefflichen Schrift: De satyrica Graecor. poesi et Romanor. Satira, Paris. 1605. 8., abgedruckt in Th. Crenii Museo philol. et histor. L. B. 1699., und einzeln besorgt von Rambach, Halae 1774., der nur seine Noten hätte weglassen sollen. Nach Casaubonus ist diese Frage noch vielmal besprochen worden von Andern; in der Hauptsache ist durch alles diess nichts gewonnen worden. Nachweisung bei Blankenburg zu Sulzers Artikel Satire. Was dieser aus sich selbst beibringt über die Verwandtschaft der Römischen Satire mit ähnlichen Griechischen Dichtarten, wie er sagt, S. 4. und 5., ist in den einzelnen Sachen ungenau, und im . Ganzen irrig. Vor ihm schwankte auch Flögel, und kann, da ihm die Aehnlichkeiten vor den Augen schweben, zu keinem Resultate kommen, 2. B. S. 12 -21., wo er die,,berühmte Frage" abhandelt. Der Neueste ist Ast, im Grundr. d. Philol. 1808., der auf eine klägliche Weise in die alten Irrthümer zurückfällt.

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Das Schicksal litterarischer Wahrheiten und richtiger Erkenntniss ist kein anderes, als das, was über Wahrheit und Recht in der Welt überhaupt waltet. Recht und Wahrheit werden verkannt, erkannt und wieder verkannt, Weil

aber das Allgemeine nicht belehrend ist, und alle Gründlichkeit nur aus dem Besondern, aus der Prüfung des Einzelnen erwachsen kann: so müssen wir bei dieser Frage noch einige Augenblicke stehen bleiben. Es ist genau auf den Unterschied zu achten, der, bei übrigens verwandtem Stoff und Gegenstand, dennoch zwischen Formen und Dichtarten statt findet. Den Griechen hat es natürlich nicht an Stoff und Anlass zur Satire gefehlt; auch haben sie beides reichlich benutzt, aber auf andere Weise, als die Römer. Sie hatten in gewissem Sinne Satire, aber nicht die Satire, nicht die durch Lucilius bestimmte Dichtart, das didaktische Sittengedicht, welches bei den Römern mit dem öffentlichen Schauplatz nichts zu thun hatte. Bei den Griechen hingegen war die Satire, als Geissel der Thorheiten und Laster, oder, welches von den Griechen richtiger gesagt ist, der Thoren und der Lasterhaften, etwas, das sie in Rom zu sein gar nicht Freiheit hatte, nämlich Schauspiel, Komödie; als solche wirkte sie auf offenem Schauplatz nur desto stärker und allgemeiner. Ausserdem hatten die Griechen das eigentliche Schmähgedicht, welches, seines ganz andern Ursprungs und Zweckes wegen, nichts weniger als Lucilische Satire war; wie die Jamben des Archilochus und Hipponax. Pindar charakterisirt sie als Schmähreden, die aus Hass und Feindschaft entstanden, also ganz aus persönlichen Antrieben, Baguloya

98a, in der Stelle vom Archilochus Pyth. 2, 10., und nach Horaz A. Poet. 79. Archilochum rabies armavit iambo. Avoowvτes laußo, wüthige Jamben, im Griechischen Epigramm, Analect. Brunck. II. p. 286. Das älteste Original in dieser Art war Margites, welches von den Griechen für ein Homerisches Gedicht gehalten wurde, noch vom Aristoteles. Ein Fragment des Simonides aber, das eine witzige Zeich nung der weiblichen Charaktere enthält, und fälschlich eine Satire auf die Weiber genannt wird, hat mit jener Art iambischer Gedichte durchaus nichts gemein, als nur die Jamben. Gewöhnlich erwähnt man bei dieser Gelegenheit auch der

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