Obrázky na stránke
PDF
ePub
[ocr errors]

aude aliquid brevibus Gyaris et carcere dignum, si vis esse aliquid: probitas laudatur et alget, criminibus debent hortos praetoria mensas argentum vetus et stantem extra pocula caprum. quem patitur dormire nurus corruptor avarae,

73. Die Erwähnung der äussersten Frevel zwingt den Dichter zum Ausbruch heftigster Indignation, wodurch er scheinbar von seinem Thema etwas abkommt. In aude aliquid ist die Elision der langen Silbe in der ersten Thesis zu beachten, cf. VI 50. VIII 123. XIV 76. L. Müller, de re metr. 286 sq. Aehnlich ist die Form des Gedankens bei Sen. Oed. 900: redde nunc animos pares, nunc aliquid aude sceleribus dignum tuis. Ueber Gyaros vgl. Tac. Ann. IV 30. Die kleine Felseninsel (brevis) liegt zwischen Andros u. Ceos. Gyaros u. Seriphos, südlich von Gyaros, wurden beide als Deportationsorte gebraucht, cf. X 170. Sen. Dial. XII 6, 4. Wahrscheinlich bezeichnet der Plural Gyaros und Seriphos miteinander.

74. aliquid ist hier drastischer als aliquis: aude aliquid si vis esse aliquid, cf. Plin. Ep. I 23, 2: erraverim fortasse, qui me aliquid putavi. Cic. in Caecil. 48: ut tu tum aliquid esse videare. Plat. Apol. 41 e: ἐὰν δοκῶσί τι εἶναι μηδὲν ὄντες und οἴονται τι εἶναι ὄντες οὐδενὸς ἄξιοι. Verschieden ist II 149 und III 230 und Pers. I 129, griech. δοκῶ τις εἶναι.

et alget; mit et wird ein άnooodónntov eingeführt: man erwartet etwas Gleichartiges und findet das Gegentheil. Es ist also syntaktisch, was der Scazon metrisch ist, cf. VIII 99. XIII 91. Naegelsbach Stil. § 192, 1 b. Aehnlich ist der Gedanke des Soph. fr. Aethiop. tà μὲν δίκαι ̓ ἐπαίνει, τοῦ δὲ κερδαίνειν ἔχου.

75. praetoria, cf. X 161. Aus der Bedeutung Feldherrnzelt entsteht allmählich die Vorstellung: kaiserlicher Palast, weil nur der princeps wirklicher inperator oder praetor (= orqaτnyòs) ist; dann über

75

haupt Palast, Prachtgebäude, wie es Fürsten haben.

mensas; über die Verschwendung der Römer in dieser Beziehung X 161 und Suet. Aug. 72.

76. argentum vetus, denn der Hauptwerth der Silbergefässe bestand in ihrem Alter u. der Kunst der Arbeit (Cälatur). Vgl. Friedländer III 83 sq. der dem Bacchus geweihte Bock am Becher von erhabener Arbeit, cf. Preller Gr. Myth. I 561, bezeichnet in komischer Weise überhaupt die Vorliebe für Cälatur, das argentum asperum im Gegensatz zu dem lēve. Aehnlich Ŏvid Met. V 80: altis exstantem signis cratera. Zur Sache Mart. VIII 51.

77-80. 'Nach den beiden letzten Beispielen, eines Mannes der durch Testamentsfälschung zu Reichthum gelangt ist, und einer Frau die ihren Mann vergiftet und doch noch fortwährend in Ansehen steht, fährt der Dichter fort: Kurzum, im heutigen Rom muss man ein Schuft sein um es zu etwas zu bringen. Damit ist die Betrachtung an einem Ruhepunkt angelangt und wir finden es befremdend dass wir gleich darauf abermals in Athem gesetzt werden'. Teuffel Rh. Mus. XX 154. Da nun V. 73-76 ebenso Juvenalisch sind wie V. 77-80, so nimmt hier Teuffel einen doppelten Schluss an, aus zwei Recensionen des Dichters herstammend und beide von Juv. herrührend. Allein der Schluss der einzelnen Ausführungen berührt immer die Frage, warum er als Dichter nothwendig zum Satiriker werden müsse, cf. 30. 51. Dem entspricht allein 79-80. Folglich kann 73-76 nur eine untergeordnete Bemerkung enthalten, veranlasst durch die Worte matrona potens im grellen Gegensatz zu ihren Verbrechen. Dann aber muss in V. 77-78 eine Steigerung zu 64-72 enthalten sein.

[ocr errors]

quem sponsae turpes et praetextatus adulter? si natura negat, facit indignatio versum, qualemcunque potest, quales ego vel Cluvienus. Ex quo Deucalion nimbis tollentibus aequor navigio montem ascendit sortesque poposcit, paulatimque anima caluerunt mollia saxa

Und dem ist so. Denn der Sinn ist: Wenn ein Testamentsfälscher sich öffentlich breit machen kann, wenn ein Weib das den Gatten vergiftet reich und einflussreich erscheint, (natürlich nur das Verbrechen führt heutzutage zu Macht u. Ansehn!), ja wenn im Hause und in der Familie alle Bande der Sittlichkeit sich auflösen: der Vater die Gattin des Sohnes und der Sohn die Mutter verführt, dann gibt die Entrüstung von selbst den Griffel in die Hand etc. Dabei ist die Parenthese nicht bedeutungslos für den Zusammenhang, denn weil eben das Verbrechen in Rom die Herrschaft führt und nur das Laster es zur Anerkennung bringt, so ist es eben eine natürliche Folge, wenn Verbrechen und Laster alle Bande der Familie lösen und Niemand im Hause mehr ruhig und sicher leben kann.

78. Der corruptor kann wegen nurus nur der Vater des verheiratheten Sohnes sein. Die Frau ist leicht zu verführen, weil unter dem Druck des Luxus sie die avaritia beherrscht. Noch stärker ist sponsae turpes, geheime und widernatürliche Verlobungen, nicht nur Verbindungen, wie die des Nero u. Sporus (cf. II 117) sondern auch wie die der Messalina u. des C. Silius, cf. Tac. XI 26: Iam Messalina facilitate adulteriorum in fastidium versa ad incognitas libidines profluebat. Dann aber muss praetextatus adulter das non plus ultra enthalten: nicht nur dass Bürschchen welche kaum mannbar sind Ehebruch treiben, sie üben ihn eben auch in widernatürlicher Weise, wenn nicht mit der eigenen Mutter so doch mit der eigenen Stiefmutter.

80. Cluvienus ist sonst nicht bekannt. Schneidewin will Mart. VII 90, 3 Cluvienus für Calvinos oder

80

Calvianus emendiren (Philolog. III 131): Iactat inaequalem Matho me fecisse libellum: si verum est, laudat carmina nostra Matho. Aequales scribit libros Cluvienus et Ūmber, aequalis liber est, Cretice, qui malus est. Der Seitenhieb des Juv. ist ähnlich wie der des Horat. Sat. I 1, 120: ne me Crispini scrinia lippi conpilasse putes.

81-146. Charakteristik der Gegenwart als Substrat der Satire im Vergleich mit der Vergangenheit.

Die Unnatur der socialen Verhältnisse, die Unsittlichkeit der Zeit, die Unverschämtheit des Lasters zwingen auch wider Willen zur Satire. Damit ist der Höhepunkt des Pathos erreicht; nun steigt der Dichter wieder abwärts. Aber auch abgesehen davon, wenn die Verkehrtheiten (vitia) der Welt überhaupt Gegenstand der Satire sind, so bietet unsere Zeit verglichen mit der Vergangenheit ein Uebermass von Verkehrtheiten aller Art.

81-86 bilden eine Periode nach der Formel a: (a) A, denn a = 8184, a= 85-861, A: 862. Vgl. III 172-179. In der Sprache der Poesie ist diese Kunst selten.

[blocks in formation]

et maribus nudas ostendit Pyrra puellas, quidquid agunt homines, votum timor, ira voluptas, gaudia discursus, nostri farrago libelli est. et quando uberior vitiorum copia? quando maior avaritiae patuit sinus? alea quando hos animos? neque enim loculis comitantibus itur ad casum tabulae, posita sed luditur arca. proelia quanta illic dispensatore videbis. armigero! simplexne furor sestertia centum perdere et horrenti tunicam non reddere servo?

δόμον ἔθεντο πρῶτον, ἄτερ δ ̓ εὐ νᾶς ὁμόδαμον κτησάσθαν λίθινον γόνον.

84. nudas puellas; damit wird die voluptas alterius sexus mit allen Sünden und Verkehrtheiten, die Lüsternheit der Männer etc. als eine uralte Institution bezeichnet. Juv. konnte u. wollte sagen: Seitdem mit der Erschaffung des Menschengeschlechtes nach der Sündfluth der Unterschied des Geschlechtes hervorgetreten ist. Vgl. Döllen

36.

85. Nicht alles Thun u. Treiben der Menschen seit Anbeginn des Menschengeschlechts, meint Juvenal, ist Gegenstand und Aufgabe der Satire, sondern die Fehler und Verkehrtheiten dieses Thuns und Treibens. Diese Beschränkung liegt nicht nur in V. 84, welcher den Grund aller bösen oder verkehrten Gelüste des Menschengeschlechts enthält, sondern noch mehr in V. 87: quando uberior vitiorum copia. Denn zwischen Vergangenheit und Gegenwart werden nicht Tugend und Fehler verglichen, sondern die geringere oder grössere Masse der Verkehrtheiten. Das wenigstens deutet der Dichter bestimmt genug an, dass, so lange es Menschen gegeben, es in der Welt auch Leidenschaften und Verkehrtheiten gegeben hat. Bei der Aufzählung der Leidenschaften, welche das ruhige Glück des Einzelnen wie der Gesammtheit stören, befolgt der Dichter die Zusammenstellung von je zwei Begriffen zu einer höheren Einheit, cf. Naegelsb. Stil. § 173.

86. discursus, das unruhige Ren

[blocks in formation]
[blocks in formation]

89. animos Wuth, Leidenschaft, cf. Verg. Aen. I 57 und VII 42. Stat. Theb. III 671: ut rapidus torrens, animos cui verna ministrant flamina. Aehnlich VI 285: iram atque animos e crimine sumunt. Das Pronomen hos deutet hin auf den Zustand der Gegenwart, cf. Naegelsbach Stil. § 93, 2. Die Ellipse von habuit gehört dem familiären Gesprächston an, cf. ibid. § 183, 4. Aehnlich ist Sen. Troad. 348: Agam. Hos Scyrus animos? Pyrrh. scelere quae fratrum caret. Lucan. VIII 541: o superi, Nilusne et barbara Memphis et Pelusiaci tam mollis turba Canopi hos animos? sic fata premunt civilia mundum? Vgl. Döllen 37 sq.

90. ad casum tabulae sc. aleatoriae, zur gefährlichen Spielbank, cf. Verg. Aen. IV 560. Die arca ist der grosse schwere Geldkasten, welcher mit Eisen beschlagen war, cf. XI 26 u. XIV 259. Marq. V 2, 427. 91. dispensatore, cf. Friedlaender I 113. Becker Gall. II 118.

93. et horrenti; darin erst liegt das Grässliche, das Unnatürliche, das Verbrecherische dieser Spiel

quis totidem erexit villas, quis fercula septem secreto cenavit avus? nunc sportula primo limine parva sedet, turbae rapienda togatae. ille tamen faciem prius inspicit et trepidat, ne

wuth. reddere bezeichnet die Pflicht des Herrn, für den Sklaven zu sorgen.

94. fercula septem: Augustus (Suet. 74) begnügte sich mit drei, höchstens wenn er Gäste hatte liess er sechs Gänge auf die Tafel kommen, nun aber verzehrt man bereits sieben und diese allein.

95. nunc, Sinn: ehedem speiste der Vornehme weder allein (secreto) noch so verschwenderisch (fercula septem) wie heutzutage, sondern er pflegte seine Clienten zu Tische zu laden und mit ihnen zusammen ein frugales Mahl einzunehmen. Jetzt aber schmaust der Vornehme allein und über die Massen verschwenderisch, während er seine armen Clienten gleich vorn an der Schwelle des Hauses (primo limine) mit einer geringen und mit seinem schwelgerischen Mahle in gar keinem Verhältniss stehenden (parva) Geldspende abfertigen lässt. Döllen 48.

sportula: In älteren Zeiten pflegte der Patron seine Clienten zu Tische zu laden und sie im Atrium des Hauses mit einer cena recta gastfreundlich zu bewirthen. An die Stelle der recta cena trat später die sporta, sportula oder sportella (was Nonius von asportare ableitet), d. h. eine Mahlzeit, bei welcher wenige Schüsseln und nur kalte Speisen in Körbchen (sportae) aufgetragen wurden. Als das Pietätsverhältniss sich lockerte und die Stände sich strenger von einander schieden, kam, wie es scheint unter den Kaisern, die Sitte auf, die Clienten statt der cena mit einer bestimmten Geldsumme abzufinden, so dass diese Geldspende selbst sportula hiess. Diese betrug in der Regel 100 Quadrantes =25 Asses oder 10 Sesterze. Im Atrium, also an der Schwelle des Hauses, verabreichte sie der servus nomenclator früh Morgens bei der salutatio

95

[blocks in formation]

97. ille kann hier im Zusammenhang weder den servus nomenclator noch den dispensator, sondern einzig und allein nur den Patron selbst bedeuten. Daraus geht aber nicht hervor, dass der Herr selbst die sportula zu vertheilen pflegte. Das inspicit u. trepidat geht vom Herrn aus, er wird bei der salutatio auch oft persönlich diese ängstliche Recognoscirung vorgenommen haben, aber es ist nicht nothwendig, dass er es immer gethan hat und nicht auch vielfach durch einen Diener dies Geschäft ausführen liess. Der Dichter braucht dies nicht zu scheiden: was der Beauftragte thut, gilt auch vom Herrn selbst. So ist iubet nicht von jedem einzelnen Male zu verstehen, sondern von einem allgemeinen Befehl des Herrn überhaupt. Die Vertheilung des Geldes wird immer der dispensator besorgt haben. Amm. Marc. XIV 6, 16 sagt von den nomenclatores

[ocr errors]

diese waren doch wohl die hier genannten praecones cf. Friedl. I 266 - mercede accepta lucris quosdam et prandiis inserunt ignobiles et obscuros.

suppositus venias ac falso nomine poscas: agnitus accipies. iubet a praecone vocari ipsos Troiugenas. nam vexant limen et ipsi nobiscum. 'Da praetori, da deinde tribuno.' sed libertinus prior est. 'Prior' inquit 'ego adsum. cur timeam dubitemve locum defendere, quamvis natus ad Euphraten, molles quod in aure fenestrae arguerint, licet ipse negem? sed quinque tabernae quadringenta parant. quid confert purpura maior optandum, si Laurenti custodit in agro

100. Clienten gab es damals zwei Arten. Erstens freie Römer (Troiugenae), mitunter von der vornehmsten Abkunft, die aber wegen Verarmung sich in die Clientel eines reichen Römers begeben mussten, cf. zu Hor. Carm. II 18, 10; zweitens Freigelassene, welche dabei ein sehr grosses Vermögen haben konnten. Vgl. Friedländer I 254 sq. Das Wort Troiugenae bedeutet zwar nicht immer altadliche, aber doch vornehme freie Römer, cf. Erkl. zu Pers. I 4 u. VIII 181. XI 95. VIII 56, es dient aber dem Contrast zwischen dem nobile nomen und der species inhonesta oder indigna.

101. nobiscum, nicht als ob Juv. ein Freigelassener gewesen wäre. Er war eben nur pauper und deshalb der Unterstützung bedürftig wie Martialis. V. 102 schliesst die erstere Annahme geradezu aus.

praetori, so dass also selbst Würdenträger des Staats sich nicht scheuten, sich ein Almosen geben zu lassen. Vgl. Hor. Carm. II 18, 8. Mart. II 18: capto tuam, pudet heu, sed capto, Maxime, cenam: tu captas aliam, iam sumus ergo pares. mane salutatum venio: tu diceris isse ante salutatum, iam sumus ergo pares.

sum comes ipse tuus tumidique anteambulo regis: tu comes alterius, iam sumus ergo pares. esse sat est servum, iam nolo vicarius esse, qui rex est, regem, Maxime, non habeat. Vgl. zu III 128.

102. ego adsum: die Elision an dieser Stelle noch II 23. 159. XIV 202. XV 155. 161.

104. Cic. prov. cons. 10: Iudaeis et Syris, nationibus natis servituti.

100

105

Noch verachteter u. gehasster waren die Aegyptier. Suid. s. v. aiγυπτιάζειν τὸ πανουργεῖν καὶ κακοτροπεύεσθαι· τοιοῦτοι γὰρ οἱ Αἰ yoлtio. Vgl. Friedlaender I 60 sq.

=

Tertull. pall. 4: aurem foratu effeminatus. Vgl. Friedl. III 54. Movers Phönizien I 511. II 3, 77. 105. arguerint ἐλέγχοιεν ἄν. quinque tabernae, vielleicht nicht fünf, sondern die fünf Gewerbebuden, cf. Liv. XXVI 27, 2: eodem tempore (210 v. Chr.) septem tabernae, quae postea quinque, et argentariae, quae nunc novae appellantur, arsere. XXVII 11, 16: locaverunt inde reficienda, quae circa forum incendio consumpta erant, septem tabernas, macellum, atrium regium. Eine Nothwendigkeit aber, an bestimmte Buden oder auch an Wechslergeschäfte zu denken, ist nicht vorhanden. Vgl. Kempf, Obs. 21.

106. quadringenta, d. h. der Rittercensus. Freigelassene wurden nicht selten durch Verleihung des goldenen Rings in den Ritterstand erhoben, wie z. B. schon Menas, Antonius Musa, Vedius Pollio etc. Die Folge war dass Freigelassene, welche das Vermögen hatten, sich vielfach als Ritter geberdeten, ja sogar sich den goldenen Ring anmassten. Die Folge davon schildert Juv. III 33 sq. Vgl. Friedl. I 212.

purpura maior, das Insigne der höheren, d. h. curulischen Würde. Vgl. Marq. V 2, 155. Becker Gall. I 167. III 153.

107. Plin. II 17, 3 beschreibt sein Laurentinum (vel si ita mavis Lau

« PredošláPokračovať »