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SATURA IV.

IV a.

Ecce iterum Crispinus, et est mihi saepe vocandus ad partes, monstrum nulla virtute redemptum

fuisse traditur, Domitiani favore excidit, cf. Dio 67, 3. Vgl. dagegen Einl. § 10.

Sat. IV.

Die Satire besteht aus zwei äusserlich heterogenen, nur lose verbundenen (34-36) Theilen. Der erste v. 1-33 handelt von Crispinus, der zweite 37-154 von der entwürdigenden Tyrannei des Domitianus. Ueber das Verhältniss beider Theile Naegelsbach im Philol. III, 470 sqq. u. dagegen O. Ribbek, der unächte Juvenal p. 76 sq. Das vermittelnde Band ist nach der Ueberlieferung v. 28-33: Wenn schon der Diener in dem Luxus so weit geht, was ist dann erst von dem Herrn zu erwarten! Es wäre denkbar, dass Juvenalis gradatim die Schwelgerei des Crispinus, dann des Domitianus, endlich die damit in Verbindung stehende Tyrannei des Kaisers und die Selbsterniedrigung des Adels schildern wollte; aber künstlerisch ist die Zusammenfügung jedenfalls nicht. Eine solche Annahme kann nur auf Kosten von des Dichters Kunstsinn und Kunsttalent gemacht werden und erklärt doch nicht v. 1, welcher unbefangen betrachtet eine Satire erwarten lässt, welche sich ausschliesslich mit Crispinus beschäftigt.

Es scheint also ziemlich sicher zu sein, dass in der Ueberlieferung zwei verschiedene Satiren, wovon die erste unvollendet war, durch Zufall oder Ungeschick zu einer unnatürlichen Einheit verbunden worden sind. Denn eine Interpolation anzunehmen, dazu liegt ein zwingender Grund nicht vor. Das Fragment v. 1-33 kann sehr gut von Juvenalis herrühren: es ist nicht überarbeitet, weil es eber.

Fragment bleiben sollte und vielleicht nicht einmal zur Veröffentlichung bestimmt war.

Dies ist auch die Ansicht von 0. Meinertz, zur Kritik und Erkl. der Sat. des Juv. Konitz 1871 p. 19.

1. Ecce iterum Crispinus] der Dichter hat ihn allerdings I, 26— 30 in bitterer Weise vorübergehend erwähnt, aber unsere Worte setzen eine eigene Satire voraus, in welcher Crispinus die Hauptrolle spielt. Wir wissen aber weder von einer früheren noch von einer späteren Satire dieser Art. Juv. hat also seine Drohung nicht ausgeführt, vielleicht aus demselben Grunde, weshalb er diese Satire unvollendet gelassen.

Nach I 26. IV 24. 32 stammte Crispinus aus Aegypten. Da nun aber das Gesetz des Augustus, dass ein Aegypter nie in den Senat kommen sollte, bis Caracalla streng beobachtet worden ist, cf. Dio 51, 17, so konnte Crispinus als Senator an dem Staatsrathe (IV 108) nicht Theil nehmen. Ebenso wenig ist es wahrscheinlich, dass er als einfacher Ritter zu dem consilium procerum zugezogen wurde. Er war also wahrscheinlich wie Cornelius Fuscus praefectus cohort. praetor. Denn der praefecti waren immer zwei, u sie wurden wegen der Wichtigkeit ihrer Stellung zum Staatsrath hinzugezogen. Daher heisst er 31: purpureus scurra palati, iam princeps equitum, denn ein insigne der praefecti war die purpurne Chlamys, cf. Lyd. de mag. II 13. Auch die Scholien nennen ihn magister equitum, cf. Vell. Pat. II 127. Borghesi V 513 sq. Auch Mart. VIII 48 erwähnt die Tyria abolla des Crispinus, d. h. die Chlamys.

2. Ad partes vocare aliquem

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a vitiis, aegrae solaque libidine fortes deliciae: viduas tantum spernatur adulter... quid refert igitur, quantis iumenta fatiget porticibus, quanta nemorum vectetur in umbra, iugera quot vicina foro, quas emerit aedes? nemo malus felix, minime corruptor et idem incestus, cum quo nuper vittata iacebat sanguine adhuc vivo terram subitura sacerdos. sed nunc de factis levioribus: et tamen alter si fecisset idem, caderet sub iudice morum;

Jemand eine Rolle spielen lassen, auf die Bühne bringnn.

redemptum, Gegensatz von Nep. Paus. 1: ut virtutibus eluxit sic vitiis est obrutus. Them. 1: vitia ineuntis adulescentiae magnis sunt emendata (viri) virtutibus. Crispinus ist nur vitiis nobilis, ohne alle virtutes. Plin. Paneg. 28: nullam congiario culpam redemisti.

3. aegrae, Gegensatz zu fortes. Den Sinn erklärt Cic. Sest. § 16.

4. deliciae === der hübsche Bube, der durch Lüderlichkeit immer kränklich (aeger) und nur in ihr allein ein Held war; cf. Cic. Phil. 6, 12: sed redeo ad amores deliciasque nostras, L. Antonium, qui vos omnes in suam fidem recepit. Ebenso Phil. 13, 26 und ähnlich 14, 8: L. Antonius, insigne odium omnium hominum.

tantum gehört zu viduas: gewöhnliche Lüderlichkeit gefällt ihm nicht, nur Ehebrecher will er sein, cf. Hor. Sat. I, 2, 28 sqq. Alias omnes venatur mulieres, viduas solas aspernatur, cum adulteri nomen adfectat, cf. Tac. 11, 28 u. Sen. ep. 122, 18. Ueber das seltene archaische spernari Döderl. Syn. II, 178.

5. Darum mag er auch noch so reich sein, glücklich ist er nicht. Der Luxus ging so weit, dass man sich eigene Hallen (Arcaden) bauen liess, um darin bei schlechtem Wetter spazieren fahren zu können, cf. 7, 179. Mart. I, 82, oder sich in der Sänfte herumtragen zu lassen. 6. vectari = gestari in der lectica, cf. 1, 158. Nicht nur in den Villen, sondern auch in Rom legten sich die Reichen im Hofe grosse

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Parks an mit schönen freien Plätzen (gestationes), cf. Hor. III, 10.

7. vicina foro sind doch wohl nur suburbana praedia, cf. Sen. ep. 87, 6.

8. Die Begründung folgt in einer sententia communis: Ich will von diesem Luxus des Reichthums nicht sprechen: glücklich ist Crispinus deshalb doch nicht, so wenig wie überhaupt ein sittlich verkommener Mensch glücklich sein kann. Corruptor ist ein Verführer von Profession, cf. Naeg. Stil. § 54.

9. vittata, also selbst das insigne sacerdotis hält die Frevler nicht ab von der Sünde, cf. zu Verg. 2, 221. Aber auch die Gefahr der Vestalin, lebendig begraben zu werden, ist für Crispin kein Hinderniss, den Incest zu begehen. Das Partic. fut. so auch I 18. 6, 44. 14, 314. Zur Sache Suet. Dom. 8. Plin. ep. 4, 11.

Domitian hat vier Vestalinnen wegen Unkeuschheit bestraft; dreien überliess er die Wahl des Todes, nur die vierte (Cornelia) liess er lebendig begraben. Mit ihr trieb also Crispinus Unzucht. Borgh. V 516 sq.

11. factis] der Plural von einer Handlung, weil sie in ihren Theilen und in ihren einzelnen Momenten betrachtet wird. Vgl. Lübker Comm. Hor. Od. p. 118: Plur. zur Bezeichnung grösserer Intensivität; p. 399: dedecora ist die Unzucht in ihren einzelnen Aeusserungen. Aehnlich 5, 2: ut bona summa putes aliena vivere quadra.

12. idem bezieht sich nicht etwa auf den Incest, sondern auf die leviora facta, cf. Ribb. p. 79.

nam quod turpe bonis, Titio Seioque, decebat Crispinum: quid agas, cum dira et foedior omni crimine persona est? mullum sex milibus emit, aequantem sane paribus sestertia libris,

Der iudex morum ist Domitian, cf. Suet. 8. Dio 67, 4. Der Ausdruck verräth bittere Ironie, cf. zu 2, 29.. cadere sc. causa wird im Privatprocess gebraucht, wenn gesagt werden soll, dass Jemand den Process verliert aus formellen Gründen, wenn er z. B. die petitio falsch gestellt hat. An dieses causa cadere ist hier nicht zu denken, vielmehr steht cadere (Perf. iacere) im Gegensatz zu stare, cf. Cic. Sest. § 7: fluctibus reip. expulsum, in alienis terris iacentem, quem in maiorum suorum vestigiis stare oportebat. So ist cadere verurtheilt sein, rein metaphorisch ohne Rücksicht auf causa cadere gebraucht. Vgl. Naegelsb. Stil. § 127, 1. Sinn: Ich will nicht weiter reden von so grässlichen Vergehen wie der Incest ist, denn hier versteht sich von selbst, dass ein solcher Mensch verurtheilt sein müsste; ich will jetzt ein viel geringeres Ereigniss berühren, das freilich gross genug ist, jedem andern eine nota des Censors zuzufügen (Senec. Ep. 95, 41: quid tam dignum censoria nota quam cenae sumptuosae flagitium?), während bei Crispinus eine solche Handlungsweise kaum beachtenswerth erscheint. Und warum ereifert sich der Dichter gerade über diese scheinbaren facta leviora? Aus dem zu 2, 133 erwähnten Grunde.

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13. nam ist ironische Begründung Crispinus non item, nam etc., wo wir übersetzen: Freilich. Vgl. Naeg. Stil. § 196.

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Titio Seioque jedem anderen gewöhnlichen Bürger. Denn diese beiden Namen brauchten die römischen Juristen, um beliebige Personen als Beispiele zu nennen. Dieser Gebrauch war jedem Römer bekannt. Bestimmte Beispiele konnte hier der Dichter nicht anführen, weil er eben von einer gewöhnlichen, alltäglichen Sache handelt.

15. crimine =

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Anklage, wie Verg. 11, 122: tum senior semperque odiis et crimine Drances infensus iuveni Turno sic ore vicissim orsa refert, wo indessen crimen die Klagesucht, die Gehässigkeit des Anklägers bedeutet.

Mit mullum sex milibus emit wird die v. 11 sed nunc de factis levioribus angedeutete Sache endlich vorgeführt. Alles was dazwischen steht muss für eine parenthetische Nebenbemerkung angesehen werden.

mullus, Meerbarbe, Rothbart, darum bei Cic. Parad. V, 2 barbatus genannt, war einer der geschätztesten und theuersten Fische, cf. Becker Gall. III, 184. Das gewöhnliche Gewicht des mullus war 2, höchstens 4 Pfund, cf. Plin. n. h. 9, 30: binas libras ponderis raro admodum exsuperant. Einzelne Fälle, wo der Fisch von grösserem Gewicht mit ungeheuren Summen gekauft wurde, werden immer als Ausschreitungen erwähnt, cf. Hor. Sat. II 2, 33. Sen. ep. 95, 42.

sex milibus] Es kommen allerdings vereinzelt noch höhere Preise vor, so unter Tiberius 10000 Sest., unter Caligula 7000 oder 8000, cf. Suet. Tib. 34, Macrob. Sat. III, 16, 9, Plin. h. n. 9, 31, 67; aber es waren eben nur vereinzelte Beispiele, die bitteren Tadel erregten. Von Tiberius berichtet Sueton: tresque mullos triginta milibus nummum venisse graviter conquestus adhibendum supellectili modum censuit annonamque senatus arbitratu quotannis temperandam. Juvenal hat also ein Recht, den Crispin als Schlemmer anzugreifen, zumal da er eine hochgestellte und einflussreiche Person im Staate war,

deren Handlungsweise so leicht Nachahmung findet. Vielleicht hat Juv. den Seneca Ep. 95, 42 vor Augen.

ut perhibent, qui de magnis maiora loquuntur. consilium laudo artificis, si munere tanto praecipuam in tabulis ceram senis abstulit orbi; est ratio ulterior, magnae si misit amicae, quae vehitur cluso latis specularibus antro. nil tale exspectes: emit sibi. multa videmus, quae miser et frugi non fecit Apicius. hoc tu succinctus patria quondam, Crispine, papyro, hoc pretio squamam? potuit fortasse minoris piscator quam piscis emi; provincia tanti vendit agros, sed maiores Apulia vendit.

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92 sq.

20. ratio ulterior: die grössere, noch darüber hinausgehende Feinheit der Berechnung beruht darin, dass er von der magna amica nicht nur selbst etwas erreicht, sondern auch darüber hinaus durch ihre Vermittelung noch mehr zu erreichen hofft. Aehnlich VII 30: spes nulla ulterior. Wäre das nicht der Fall, so wäre das Epitheton magna zwecklos: die amica soll Einfluss haben, weil es ihm um diesen mehr als um ihre Person oder Erbe zu thun ist. Vgl. die Acte, dann die Poppaea Sabina des Nero.

21. Früher hatte man nur Vorhänge oder Rouleaux, jetzt ist die lectica mit Scheiben des lapis specularis versehen, cf. 3, 242, und mit bequemen Polstern u. Federkissen, cf. 1, 160. Becker Gall. III, 4. 23. Nach dem was Seneca (ad

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Helvid. cons. 10, 8) Plin. (n. h. 10, 68) und Cassius Dio (57, 19) über diesen,nepotum omnium altissimus gurges' berichten, der 100 Millionen Sestertien,in culinam coniecit', konnte er sich wohl mit Crispinus messen, aber weil er eben ein so notorischer Schlemmer war, so ist der Hohn um so bitterer, wenn ihn gleichwohl hier Juvenalis dem Crispin gegenüber miser armselig) und frugi nennt. Vgl. Mart. III, 22. Wahrscheinlich erinnert hier Juv. an einen Vorfall, den Senec. Ep. 95, 42 erwähnt. Apicius eiferte mit P. Octavius, dem Präfekten von Aegypten, um einen mullus, verzichtete aber darauf, als dieser 5000 Sesterzen bot. Borgh. V 517. 24. Vgl. 1, 26. Succinctus alte cinctus (Hor. Sat.. 2, 8, 10) erinnert an die Sklaventracht und Sklavenstellung.

27. Öffenbar soll eine Steigerung ausgedrückt werden. Es scheint als ob hier in der Form Juv. den Ovid. met. 8, 283 nachahmt: misit aprum, quanto maiores herbida tauros non habet Epiros, sed habent Sicula arva minores ja die Stiere in Sicilen sind noch kleiner (sed quid dico Epiron? cum etiam fertilissima Siciliae arva minores nutriant tauros, Kempf 38).

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Apulien war eine menschenleere Provinz, cf. Sen. ep. 87, 6: tantum suburbani agri possidet quantum invidiose in desertis Apuliae possideret. Weil es also in Apulien nur förmliche Latifundien gab, so konnten wie z. B. 9, 55 praedia Apula sehr gut für ein Zeichen des Reich

quales tunc epulas ipsum gluttisse putamus induperatorem, cum tot sestertia, partem exiguam et modicae sumptam de margine cenae, purpureus magni ructarit scurra Palati, iam princeps equitum, magna qui voce solebat vendere municipes fracta de merce siluros? incipe, Calliope! licet et considere: non est cantandum, res vera agitur. narrate, puellae Pierides! prosit mihi vos dixisse puellas.

IV b.

Cum iam semianimum laceraret Flavius orbem

thums gelten, cf. Hor. 3, 16, 25. Dass natürlich Juvenal sich hier eine starke Hyperbel gestattet, ist selbstverständlich. Vgl. Hor. III 30, 11. Epod. 3, 16. Ovid. Met. XII

510.

29. Die archaische Form induperator vom Kaiser Domitian ist jedenfalls nicht ohne Spott gebraucht, cf. 10, 138. Putemus für putamus, wie die jüngeren Handschriften haben, ist ein grammatischer Schnitzer, cf. zu Verg. 1, 48 und Madvig Opusc. II, 40 sq., de Finib. II 76.

30. Der mullus war für Crispin nur pars exigua et de margine sumpta cenae videlicet modicae, d. h. der Fisch ist nur Nebenspeise und ist zur Zierde um den Rand des ferculum herumgelegt.

31. scurra Palati, Possenreisser des Kaisers, ist ein verächtlicher Ausdruck für amicus, contubernalis. Friedlaender, Sittengesch. I, 122. Vgl. ructare mit gluttire v. 28, cf. 6, 10.

32. princeps equitum: Sehr gewöhnlich war bereits im ersten Jahrhundert die Erhebung in den Ritterstand durch Verleihung des goldenen Ringes. Velleius 2, 127 nennt auch den Vater Seians princeps equitum, der praefectus praetorio war; daraus dürfen wir schliessen, dass auch Crispinus dieses Amt verwaltete, und dass princeps eq. nicht blos eine ironische Bezeichnung ist. Vgl. Friedlaender, Sittengesch. I, 75 sq.

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33. Der silurus, Welz, ist ein Flussfisch, welcher sich besonders häufig im Nil findet. Weil nun auch Crispinus aus Aegypten stammte, so wird dieser Fisch spöttisch sein municeps genannt. Er konnte indessen solche siluri nur erhalten, wenn die Ladung eines Schiffes in kleineren Abtheilungen versteigert wurde; denn er war arm und dazu Trödler, so dass er grössere Partien weder kaufen noch verkaufen konnte. Frangere ist synonym mit conminuere, cf. Cic. Verr. 4 § 56, Brut. § 287, minuere mercem aber bedeutet eine einheitliche Waarenladung in verschiedene Theile zerlegen.

34-36. Komisch-epische Einleitung der folgenden Scene.

34. considere: eine Erhebung ist nicht nöthig, weil es einer Dichtung und eines Gesanges nicht bedarf, es ist eine wahre Geschichte: ihr dürft sie nur einfach erzählen.

36. Es soll mir von Nutzen sein, dass ich euch Jungfrauen genannt habe. Denn puellas kann nicht Subjectsaccusativ sondern nur Object sein, 1) wegen der Wiederholung des Wortes puellas, 2) weil dicere narrare so absolut unmöglich ist. Freilich ist so der Witz etwas trivial. Um vom Kaiser zu reden, bedarf der Dichter der Muse, weil eben doch ein höherer Ton angeschlagen und dadurch der Contrast um so greller werden soll.

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37. Der letzte der Flavier, T. Domitianus Flavius Nero war ein fei

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