Obrázky na stránke
PDF
ePub

und zuverlässig gewesen sein, so ist diese doch im Laufe der Zeit durch willkührliche Combination, durch Hinzufügen und Hinwegnehmen, so sehr getrübt worden, dass wir ihre verstümmelten Nachrichten unmöglich für historische Thatsachen gelten lassen können. Eine Quelle, deren Ursprung und Verlauf unbekannt, deren Darstellung zerrissen und verstümmelt ist, deren Angaben einander völlig widersprechend sind, darf und kann die historische Kritik nicht mehr als Autorität betrachten; solche Notizen erhalten nur dann einen gewissen secundären Werth, wenn sie mit anderweitig beglaubigten Nachrichten zusammenstimmen1).

G. Valla glaubte allerdings in einem seitdem verlorenen Codex die Entdeckung gemacht zu haben, dass Juvenals Leben und die Scholien zu seinen Satiren den Grammatiker Probus zum Verfasser gehabt hätten). Allein diese Nachricht ist schon an und für sich wenig glaubwürdig, weil im Codex Pithoeanus, welcher dieselben Scholien fast übereinstimmend enthält, sich von einer solchen Angabe nicht die geringste Spur findet; und wenn man auch die Wahrheit der Angabe von G. Valla nicht in Zweifel ziehen will, so scheint es doch wohl unzweifelhaft, dass die von ihm erwähnte Angabe auf einem Irrthum beruht. Da nämlich von dem jüngeren Valerius Probus ein Commentar und ein Leben des Persius vorhanden war, die Satiren des Persius aber schon frühzeitig mit denen des Juvenalis in einem Band vereinigt zu erscheinen pflegten, so konnte es leicht geschehen, dass man die Aufschrift an der Spitze der Scholien zum Persius auf die vorhandene Scholiensammlung zum Juvenalis übertrug3).

§ 3.

Wie dem aber auch sein mag, jedenfalls darf man sich nicht den berühmten Grammatiker M. Valerius Probus aus Berytos, der ja viel früher als Juvenalis lebte, als Verfasser

§ 2.

1) Dass Sueton nicht der Verfasser der ursprünglichen Vita sein kann, ergibt sich nicht nur aus der Unbestimmtheit der Angaben, sondern auch aus der Lebenszeit des Juvenalis. 2) Valla bemerkt darüber: sane comperti mihi sunt nuper Probi grammatici in Iuvenalem commentarii quantum adhuc audiverim nulli alii cogniti, sed mirae brevitatis: alioquin tamen perquam opportunos aliquando se nobis obtulerunt: obtulissent vero sese adhuc magis nisi nobis singula rimantibus codicis nimium cariosa invidisset vetustas: et si in omnes libros comperti habeantur qui vix tertii libri secundam attigere satyram. Invigilavimus vero ipsi si modo id consequi potuimus: ut omnis huius poetae pateret eruditio: Probi interpretamenta cuiusmodi ea fuerunt: quae plane perexigua sunt ne in minima quidem parte subtraximus: aut immutavimus. 3) I. Steup, de Probis grammaticis, Ienae 1871, p. 128, nach O. Jahn, Pers. Prolegg.

eines solchen Commentars denken. Aber auch der jüngere Probus, der Verfasser von Commentarien zu Vergil und Persius, kann nicht leicht der Autor eines Commentars zu Juvenalis sein, den er wie es scheint nicht überlebt hat. Der jüngere Probus überlebte kaum das Ende des Domitian, während Juvenalis im J. 127 sicher noch am Leben war. Es bleibt also keine Zeit übrig, in welcher Probus ein kritischexegetisches Werk über den litterarischen Nachlass Juvenals hätte schreiben können1).

Wenn man indessen die überlieferten Vitae des Juvenalis als Pseudo-Quellen bei Seite lässt oder doch nur als secundär betrachtet, so verlieren wir darum nichts an Nachrichten über Juvenal. Es ist in ihnen Nichts enthalten, was sich nicht auf andere Weise besser und zuverlässiger gewinnen liesse.

§ 4.

Die Geburtszeit des Juvenalis steht ebenso wenig wie die Zeit seines Todes sicher fest. Wir wissen nur, dass eine der letzten Satiren, die fünfzehnte, im Jahr 127 n. Chr. verfasst ist, und da die alten Biographen berichten, dass Juvenal etwa achtzig Jahre alt geworden sei, so schloss man, dass er um das Jahr 47 n. Chr. geboren sein könne1). Allein diese Annahme führt zu einer Unmöglickeit. Wenn nämlich Juvenal 47 n. Chr. geboren wäre, so würde sich aus der Abfassungszeit der einzelnen Satiren ergeben, dass der Dichter seine Schriftstellerei mit dem 54. Lebensjahr begonnen und mit dem 80. Lebensjahr geschlossen hat. Dies wäre freilich an und für sich nicht unmöglich. Aber nach derselben Annahme würde Juvenal die sechste Satire in einem Alter von 69 oder 70 Jahren verfasst oder ediert haben2), was nach dem Inhalt und dem scharfen Ton dieser Satire doch kaum wahrscheinlich ist. Endlich aber würden wir zu der Annahme gezwungen, dass der Dichter zwischen dem sechzigsten und siebenzigsten Lebensjahr noch eine doppelte Schriftstellerperiode

§ 3.

1) Steup 127, und im Rhein. Mus. XXVII 62 sqq. gegen Teuffels Einwendungen in den Studien und Charakteristiken p. 442 sq.

§ 4.

1) Die Richtigkeit der Lesart Junco, womit der Consul Aemilius Juncus oder richtiger vielleicht Ti. Claudius Juncus gemeint ist, und damit das Jahr 127 n. Chr. hat B. Borghesi erwiesen. Dazu vgl. den Zusatz von Regnier in den Oeuvres V 509 n. Borghesi beschäftigt sich nur mit dem Consulat des Juncus und Fonteius (XIII 17), auf das Geburtsjahr selbst geht er nicht näher ein. 2) Das Jahr 116 oder 117 ist jetzt festgestellt durch L. Friedländer, de cometa a Iuv. in satira VI commemorato, Königsb. 1872.

und zuverlässig gewesen sein, so ist diese doch im Laufe der Zeit durch willkührliche Combination, durch Hinzufügen und Hinwegnehmen, so sehr getrübt worden, dass wir ihre verstümmelten Nachrichten unmöglich für historische Thatsachen gelten lassen können. Eine Quelle, deren Ursprung und Verlauf unbekannt, deren Darstellung zerrissen und verstümmelt ist, deren Angaben einander völlig widersprechend sind, darf und kann die historische Kritik nicht mehr als Autorität betrachten; solche Notizen erhalten nur dann einen gewissen secundären Werth, wenn sie mit anderweitig beglaubigten Nachrichten zusammenstimmen1).

G. Valla glaubte allerdings in einem seitdem verlorenen Codex die Entdeckung gemacht zu haben, dass Juvenals Leben und die Scholien zu seinen Satiren den Grammatiker Probus zum Verfasser gehabt hätten2). Allein diese Nachricht ist schon an und für sich wenig glaubwürdig, weil im Codex Pithoeanus, welcher dieselben Scholien fast übereinstimmend enthält, sich von einer solchen Angabe nicht die geringste Spur findet; und wenn man auch die Wahrheit der Angabe von G. Valla nicht in Zweifel ziehen will, so scheint es doch wohl unzweifelhaft, dass die von ihm erwähnte Angabe auf einem Irrthum beruht. Da nämlich von dem jüngeren Valerius Probus ein Commentar und ein Leben des Persius vorhanden war, die Satiren des Persius aber schon frühzeitig mit denen des Juvenalis in einem Band vereinigt zu erscheinen pflegten, so konnte es leicht geschehen, dass man die Aufschrift an der Spitze der Scholien zum Persius auf die vorhandene Scholiensammlung zum Juvenalis übertrug3).

§ 3.

Wie dem aber auch sein mag, jedenfalls darf man sich nicht den berühmten Grammatiker M. Valerius Probus aus Berytos, der ja viel früher als Juvenalis lebte, als Verfasser

§ 2.

1) Dass Sueton nicht der Verfasser der ursprünglichen Vita sein kann, ergibt sich nicht nur aus der Unbestimmtheit der Angaben, sondern auch aus der Lebenszeit des Juvenalis. 2) Valla bemerkt darüber: sane comperti mihi sunt nuper Probi grammatici in Iuvenalem commentarii quantum adhuc audiverim nulli alii cogniti, sed mirae brevitatis: alioquin tamen perquam opportunos aliquando se nobis obtulerunt: obtulissent vero sese adhuc magis nisi nobis singula rimantibus codicis nimium cariosa invidisset vetustas: et si in omnes libros comperti habeantur qui vix tertii libri secundam attigere satyram. Invigilavimus vero ipsi si modo id consequi potuimus: ut omnis huius poetae pateret eruditio: Probi interpretamenta cuiusmodi ea fuerunt: quae plane perexigua sunt ne in minima quidem parte subtraximus: aut immutavimus. 3) I. Steup, de Probis grammaticis, Ienae 1871, p. 128, nach O. Jahn, Pers. Prolegg.

eines solchen Commentars denken. Aber auch der jüngere Probus, der Verfasser von Commentarien zu Vergil und Persius, kann nicht leicht der Autor eines Commentars zu Juvenalis sein, den er wie es scheint nicht überlebt hat. Der jüngere Probus überlebte kaum das Ende des Domitian, während Juvenalis im J. 127 sicher noch am Leben war. Es bleibt also keine Zeit übrig, in welcher Probus ein kritischexegetisches Werk über den litterarischen Nachlass Juvenals hätte schreiben können1).

Wenn man indessen die überlieferten Vitae des Juvenalis als Pseudo-Quellen bei Seite lässt oder doch nur als secundär betrachtet, so verlieren wir darum nichts an Nachrichten über Juvenal. Es ist in ihnen Nichts enthalten, was sich nicht auf andere Weise besser und zuverlässiger gewinnen liesse.

§ 4.

Die Geburtszeit des Juvenalis steht ebenso wenig wie die Zeit seines Todes sicher fest. Wir wissen nur, dass eine der letzten Satiren, die fünfzehnte, im Jahr 127 n. Chr. verfasst ist, und da die alten Biographen berichten, dass Juvenal etwa achtzig Jahre alt geworden sei, so schloss man, dass er um das Jahr 47 n. Chr. geboren sein könne1). Allein diese Annahme führt zu einer Unmöglickeit. Wenn nämlich Juvenal 47 n. Chr. geboren wäre, so würde sich aus der Abfassungszeit der einzelnen Satiren ergeben, dass der Dichter seine Schriftstellerei mit dem 54. Lebensjahr begonnen und mit dem 80. Lebensjahr geschlossen hat. Dies wäre freilich an und für sich nicht unmöglich. Aber nach derselben Annahme würde Juvenal die sechste Satire in einem Alter von 69 oder 70 Jahren verfasst oder ediert haben2), was nach dem Inhalt und dem scharfen Ton dieser Satire doch kaum wahrscheinlich ist. Endlich aber würden wir zu der Annahme gezwungen, dass dass der Dichter zwischen dem sechzigsten und siebenzigsten Lebensjahr noch eine doppelte Schriftstellerperiode

§ 3.

1) Steup 127, und im Rhein. Mus. XXVII 62 sqq. gegen Teuffels Einwendungen in den Studien und Charakteristiken p. 442 sq.

§ 4.

1) Die Richtigkeit der Lesart Junco, womit der Consul Aemilius Juncus oder richtiger vielleicht Ti. Claudius Juncus gemeint ist, und damit das Jahr 127 n. Chr. hat B. Borghesi erwiesen. Dazu vgl. den Zusatz von Regnier in den Oeuvres V 509 n. Borghesi beschäftigt sich nur mit dem Consulat des Juncus und Fonteius (XIII 17), auf das Geburtsjahr selbst geht er nicht näher ein. 2) Das Jahr 116 oder 117 ist jetzt festgestellt durch L. Friedländer, de cometa a Iuv. in satira VI commemorato, Königsb. 1872.

gehabt hat, verschieden sowohl nach dem behandelten Stoff als auch durch Stil und Lebensauffassung. Denn die VII-IX. und die X-XIV. Satire setzen eine wesentlich verschiedene Stimmung und Anschauung voraus. Ein solcher Wechsel der Auffassung und der Behandlung ist in einem so hohen Alter geradezu eine Unmöglichkeit.

§ 5.

Es gibt, wie mir scheint, für die annähernde Bestimmung der Lebenszeit Juvenals eine Grenze nur in der Thatsache, dass der Dichter die Regierungszeit Domitian's mit vollem und klarem Bewusstsein durchlebt hat. Denn für diese Zeit, die den Inhalt der Satiren bildet, ist diese Annahme eine Nothwendigkeit1). Die Zeit Nero's spielt keine so grosse Rolle, dass man auch für sie dasselbe voraussetzen müsste. Wer dies wollte, müsste auch annehmen, dass Juvenal bereits die Zeit des Tiberius im kräftigen und selbständigen Jünglingsalter durchlebt hat2). Diese Zeiten konnte Juvenal ebenso wie Tacitus theils durch mündliche Tradition theils durch schriftliche Darstellungen kennen lernen, und er besass Phantasie genug, sich mit Lebhaftigkeit in die Zustände dieser jüngsten Vergangenheit zu versetzen.

Nehmen wir an, dass er etwa 57 n. Chr. geboren ist, so sind alle erwähnten Missstände beseitigt. Er durchlebte dann die Regierungszeit des Domitian in einem Alter von 24-39 Jahren, reifte also unterdessen vom Jüngling zum vollkräftigen Manne heran, und begann seine Schriftstellerei mit dem 44. Lebensjahr, so dass er 59 oder 60 Jahr alt die sechste Satire herausgegeben und zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr allerdings noch die Möglichkeit eines Wechsels der Lebensanschauung und einer Aenderung der Stilart gehabt hätte3).

§ 6.

Decimus Junius Juvenalis war also etwa um das Jahr 57 n. Chr. zu Aquinum im Volskerlande geboren1). Von seinen

§ 5.

1) Dies hat besonders Teuffel mit Recht betont. Vgl. A. Widal, Juvénal et ses Satires. Paris 1870, p. XIV: c'est le siècle de Domitien, c'est l'universelle perversité romaine sous cet effroyable tyran, qu' attaque et que stigmatise notre poëte. 2) Zu dieser Annahme ist Bauer gelangt, weil er glaubte, Juv. müsse den X 56 sq. geschilderten Sturz des Seianus mit Augen gesehen haben. So würde Juvenal ein lebendigeres exemplum vitae a cornice secundae als Nestor (X 247)! 3) Widal freilich lässt Juvenal im Jahr 47 geboren werden und ihn dann doch als Vierziger unter Traian zu schreiben anfangen.

§ 6.

1) Sat. III 319: quotiens te Roma tuo refici properantem reddet Aquino.

« PredošláPokračovať »