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Frankreich und Spanien.

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findet, um mit raschen Schritten seine umfassenden Plane 1669. durchzusehen 1).

Anstatt die Franchecomté in dem Zustande zurückzugeben wie er sie besezt hatte, ließ Ludwig die Festungen schleifen 2), das Geschüß und alle Kriegsvorråthe fortführen, ja selbst den Einzelnen ihre Waffen wegnehmen. Als Zubehör des in Belgien ihm Abgetretenen nahm er mehre Festungen und Städte, sowie über 130 Dörfer in Anspruch, und zog die Güter aller derer ein, die nicht innerhalb Frankreichs wohnen wollten 3), selbst wenn sie auch in den spanischen Niederlanden Besißungen hatten. Und alle diese Schmach mußte Spanien erdulden, weil es ihm an jeder Kraft des Widerstandes fehlte; denn zu all den oft erwähnten Übeln traten gerade damals die heftigsten innern Streitigkeiten über die Frage hinzu, ob Don Juan, der uneheliche Sohn Philipps IV *), oder die Königinn mit ihrem Beichtvater Nithard die Geschäfte leiten sollten. Beide Gegner (so wird erzählt) ließen von Gottesgelehrten und Glaubenswächtern, Berathungen anstellen: ob jeder von ihnen nicht berechtigt sey den andern als Feind des Vaterlandes und Aufrührer ermorden zu lassen ); und Viele sollen diesen Gedanken gebilligt haben!

Bald nach dieser Mißhandlung Spaniens verjagte Lud- 1670. wig zum zweiten Male den Herzog Karl von Lothringen, verwarf kaiserliche Vermittelung und behauptete kurzweg, das Land gehöre aus zureichenden Gründen ihm®). Ähnlicherweise hatte er bereits früher das Fürstenthum Orange beseht und die Festungswerke der Stadt unter dem Vor

1) Schreiben im britischen Reichsarchive. 2) Histoire du Congrès d'Utrecht 9.

8) Basnage II, 64.

4) Rélation des differents entre Don Juan d'Autriche et le Cardinal Nithard.

5) Basnage II, 67.

6) Basnage II, 120. Macpherson History of England I, 137. Larrey IV, 60.

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1670 wande schleifen lassen: bei den Zwiftigkeiten welche zwischen der Mutter und Großmutter Wilhelms III entstanden wås ren, sey es am besten er komme allen übeln Folgen für das Land dadurch zuvor, daß er es bis zur Großjährigkeit des Fürsten an sich nehme ').

Maaßregeln solcher Art, wo der König von Frankreich lediglich zu seinem eigenen Vortheile als Vormund, Klåger, Richter und Vollstrecker auftrat, håtten kräftige Fürsten und Völker in Europa gar nicht dulden sollen. Nur das einzige Holland war damals nicht abgestumpft gegen dies Gefühl, stand aber vereinzelt und bedurfte dringend der Ruhe und des Friedens. Schon die französische Zollrolle von 1664, noch weit mehr aber die von 1667 hatte die Handelsabgaben ungemein erhöht 2) und Frankreich mehr oder weniger gesperrt, ohne daß niederländische Vorstellungen über Verlehung der bestehenden Handelsvertråge in Paris den gering, sten Eindruck machten. In dieser Lage schlug van Beuning vor, allen Handel mit Frankreich um so mehr abzubrechen, da Holland aus diesem Lande mehr ausführe als hinein. führe, also durch eine nachtheilige Handelsbalanz zu Grunde gehe. Mit Recht nahmen die Generalstaaten diesen, auf unzureichende theoretische Gründe beruhenden Plan3), nicht an: sie wußten daß künstliche Unterbrechungen solcher Art, neue Handelswege eröffnen, und der scheinbare Nachtheil übertriebener Einfuhr durch eine stärkere Ausfuhr nach anderen Låndern ausgeglichen ward. Als aber endlich die Nie1671. derländer, nach Frankreichs Vorgange im Frühjahre 1671 ihre Handelssteuern ebenfalls erhöhten, zürnte Ludwig aufs Äußerste und verlangte Abänderung und Genugthuung “). 1) Larrey III, 186.

2) 1632 gab ein holländisches Stück Tuch von etwa 25 Ellen, sechs Gulden, und so steigerte man bis 80 Gulden. Valkenier verwirrtes Europa I, 83.

3) Basnage II, 83.

4) Histoire de de Witt II, 339. Neufville Histoire de Hollande IV, 3. Valkenier I, Beilage 4.

Holland und Frankreich.

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Obgleich die Holländer noch immer der Überzeugung lebten, 1671. Ludwig wolle den Frieden erhalten, weil sein Land ebenfalls dessen bedürfe; obgleich sie noch immer Karls II Freunds schaftsversicherungen für wahr und ehrlich hielten, benahmen sie sich doch so willfährig gegen Frankreich als es einem unabhängigen Staate irgend erlaubt ist. Håtten sie aber diese Willfährigkeit, ja Demuth, auch noch weiter getrieben, es wåre völlig vergebens geblieben; denn Ludwig wollte nun einmal einen zweiten Eroberungskrieg, und Condé, Turenne und Louvois überstimmten den friedlicher gesinnten Colbert. Diesmal aber hatte man den Freistaat der Niederlande, und nicht Belgien ausersehen: denn er sey die reichere Beute und nach seinem Untergange falle die spanische Hälfte von selbst an Frankreich.

Schweden war längst dem dreifachen Bündniß untreu geworden, und Karl II hatte noch treuloser ein geheimes Bündniß mit Ludwig XIV geschlossen, wonach er dem Freistaate ebenfalls den Krieg erklären und Seeland nebst den Inseln, Wilhelm III Holland, Frankreich aber die übrigen Landschaften bekommen sollte 1).

Als der holländische Gesandte Groot in Paris ein Schreiben überreichte, worin mit höchster Mäßigung jeder Grund des Rechts und Friedens entwickelt und zu jeder Genugthuung die Hand geboten ward; erhielt er eine stolze Antwort 2), worin die Niederländer als die Angreifenden dargestellt, die Nothwendigkeit Frankreich gegen drohende Gefahren zu sichern behauptet und des Himmels Segen für seine gerechte Sache erfleht ward. Als Groot am vierten Januar 1672 in einer Audienz gleicherweise nachdrückliche 1672

1) Basnage II, 104, 134. Histoire de de Witt II, 351–354. 2) Die Herzoginn von Orleans (Anekdoten 97) behauptet sogar: der Krieg sey begonnen worden, weil Lyonne den Prinzen von Fürstenberg entfernen wollte, der mit seiner Frau eine Intrigue begonnen hatte! Ludwig geftand 1672 daß er den Krieg seit drei Jahren beschlossen, und gesucht habe Spanien und Brandenburg für seine Plane zu gewinnen. Pelisson lettres I, 174.

1672, Vorstellungen machte, nahm (wie Frau von Sevigné nach ihrer gewöhnlichen Weise berichtet) 1) der König das Wort und sagte mit einer bewundernswürdigen Majestät und Anmuth: Ich weiß daß Holland meine Feinde wider mich aufreizt, weshalb es die Klugheit erfordert mich nicht überraschen zu lassen. Mit dem Frühjahre werde ich das thun, was meinem Ruhme und dem Vortheile meines Staates am angemessensten erscheint."

Mehr als durch Rücksicht auf wahren Ruhm und Frankreichs Wohl, ward Ludwig zum Angriffe Hollands bestimmt, weil die dortigen Zeitungsschreiber über ihn, seine Minister und Beischläferinnen in einer Weise Bericht erstatteten 2), welche allerdings von dem pariser Gebrauche sehr verschieden war. Solch republikanische Preßfreiheit erschien dem, durch unbedingte Schmeichelei verwöhnten König, als das årgste Verbrechen; während es ihm ganz willkommen war, wenn der Nachhall seiner Worte in allen niedern Kreisen leidenschaftlich wiedertonte. Die Holländer, sagt ein französischer Schriftsteller 3), behandeln die Katholiken wie Sklaven, weshalb der König die Kirche schüßen, Undank strafen und den Übermüthigen eine tüchtige Lektion geben muß. Ein Gedicht, Frankreich an den Freistaat der Niederländer, lautet wie folgt *):

Peuple né pour servir, que mon bras abandonne,
Comme un fameux exemple à la posterité),

J'avais brisé les fers de ta captivité,

Pour donner à ton nom l'éclat de ma couronne.
Ingrats que l'appareil de mes armes étonne
Vous vous méconnaissez dans la prosperité;

1) Sevigné II, lettre 165. Basnage II, 135.

2) S. Pierre annales politiques I, 206. Desormeaux Montmorency IV, 126. la Fare 74. Fénélon correspond. II, 336. Lockhart Hist. secrete I, 61.

8) Du Belle journal de la Guerre de Hollande I, 2-4.
4) Sautreau siècle de Louis XIV, II, 94.

Frankreich und der Kaiser.

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Moi je porte les traits de la divinité,

Le sceptre est dans mes mains, je l'ote et je le donne. Mit nicht besseren Gründen suchte der französische Ge fandte Gremonville Ludwigs Absichten auf Holland am kaiserlichen Hofe zu rechtfertigen. Sie find: sprach er, Empórer gegen das Haus Österreich. Das schwere Geschäft fie verdientermaaßen zu strafen und ihnen die rechte Ehrfurcht für gekrönte Häupter beizubringen 1), übernimmt der König von Frankreich um so mehr zum Besten des Kaisers, als dadurch die spanischen Niederlande gesichert und die franzófischen Ansprüche an dieselben in den Hintergrund gestellt werden. Nicht Geschwäß solcher Art, sondern Geldmangel, Mißverhältnisse zu Ungern und auch wohl die Treulofigkeit einzelner Beamten 2) vermochten den Kaiser am ersten November 1671 mit Ludwig XIV einen Vertrag abzuschließen, wodurch er versprach sich in keinen Krieg, der außer halb des deutschen und spanischen Reiches ausbrechen dürfte, anders als durch gütliche Vermittelung einzumischen, und den von Frankreich Angegriffenen keinen Beistand zu leisten. Richtiger sahen die Spanier in die Zukunft und schlossen am 17ten December 1671 ein Schußbündniß mit Holland 3); allein dies bot leider keine wahre Hülfe, und so blieb der Freistaat zuleht lediglich auf sich selbst angewiesen.

Sobald hier die volle Größe der Gefahr erkannt ward, erhoben sich bittere Klagen gegen de Witt, daß er dieselbe nicht vorausgesehen, nicht abgelenkt, oder genügende Vorkehrungen dagegen getroffen habe *). Doch konnten seine Vertheidiger sprechen: allerdings ist für das Landheer und die Festungen weniger gesorgt, als für die Seemacht; würde man

1) Basnage II, 143-168, 185.

2) de Witt hätte auch wohl österreichische und englische Minister bestechen können, aber er verachtete solche Mittel und konnte Frankreich doch nicht überbieten. Basnage II, 186. State tracts during the reign of William III, I, 9.

3) Histoire de de Witt II, 365.

4) Valkenier verwirrtes Europa I, 357.

1672.

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