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scheidung der zahllosen hieher gehörigen Fragen und Streitpunkte kostete ihm unsäglich viel Mühe und Zeit. Und doch hielt alle diese Strenge und Sorgfalt nicht einmal ganz unwürdige Personen vom Hofe zurück, die (wie Pomenars, Charnace, Falari u. A.) als unterhaltende Gesellen überall in den höchsten Kreisen aufgenommen würden und sich geltend machten, obgleich man sie wegen Diebstahl, Falschmünzerei und anderer Schändlichkeiten zur Untersuchung gezogen hatte 1).

Wenn der Dauphin (nach dem Zeugnisse seiner Lante) die Gewohnheit hatte, den Damen sobald sie sich schten die Faust mit ausgestrecktem Daumen unterzustellen 2), und überhaupt, wie jene sich ausdrückt, der gröbste Geselle im Kónigreiche war, so möchte man dies auf seine Persönlichkeit schieben und als Ausnahme betrachten. Wir hören aber gleich daneben nicht minder bedenkliche Berichte allgemeinerer Art. Die Prinzen und Prinzessinnen spielten nicht bloß Komödie 3), sondern stellten auch auf Maskenbållen Narren und Nårrinnen dar, und tanzten in Marli mit Operntánzern und Tänzerinnen. Die Herzoginn von Bourgogne, nebst ihrem übermüthigen Gefolge, überdeckten die Herzoginn von Harcourt zu ihrem größten Verdruße im Bette mit Schnee); die Geliebte Monsieurs Frau von Grancay schmauchte Tabak; die Tochter des Königs ließen sich zu gleichem Zeitvertreibe Pfeifen aus den Wachstuben holen *); nicht selten endlich tranken (andere Ungebühr zu verschweigen,) die Damen zu viel Wein. Wie einsam, möchte man denken, stand der König in seiner Würde, und wie nöthig war seine støte Aufmerksamkeit; und doch wird wiederum z. B. selbst von ihm erzählt: er ließ zu seinem Vergnügen meh

1) Lemontey établissement de la Monarchie de Louis XIV, 438.

2) Orleans Anekdoten 83, 268.

8) Dangeau I, 136; II, 131, 175, 182, 409; III, 3.

4) S. Simon nouv. ed. III, 401. Orleans 278.

-5) S. Simon I, 328. Orleans 258, 380.

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ren Damen Haare in die Butter thun und in den Kuchen backen; wenn sie dann es bemerkend schrien, übel wurden und sich übergaben, so lachte er aus vollem Herzen ').

Ludwig XIV aß so gewaltig viel, daß selbst die Maintenon über seine Gefråßigkeit klagt 2) und die Königinn von Spanien rathschlagt wie man ihn mit Hülfe seines Arztes Fagon zur Mäßigkeit vermögen könne. Ich sah (erzählt die Herzoginn von Orleans) ihn oft essen3): vier volle Teller unterschiedlicher Suppen, einen ganzen Fasan, ein Feldhuhn, einen großen Teller voll Salat, geschnittenes Hammelfleisch mit einer Knoblauchsbrühe, zwei gute Stück Schinken, einen Teller voll pajonne (?) und außerdem noch Obst und Confituren.

In seiner Familie lebte Ludwig nicht glücklich, wenigstens war sie nicht geeignet ihm einen Ersaß für andere Genússe zu geben, oder seine Leidenschaften zu båndigen. Nur seiner Mutter Anna war dies eine Zeit gelungen. Als sie nach langem Leiden am 20sten Januar 1666 starb "), gab es keinen Menschen mehr auf Erden, welcher dem Könige als ein Vorbild, oder als ein Gegenstand der Achtung und Ehrfurcht erschienen wåre. Daher sagte er in einem Falle, wo er ganz Unrecht hatte, selbst dem Papste ): er sey nur da, Anderen Beispiele und Muster zu geben, nicht sie von ih nen anzunehmen.

Seine Gemahlinn, Maria Theresia, hatte Lud

1) Elles se mettaient. à crier, à vomir, et lui à rire de tout son coeur. 8. Simon VI, 88.

2) Il ne se retient jamais sur sa voracité. Maintenon lettres VII, 42, 239,

8) Orleans 76.

4) Unna ward geliebt vor und nach ihrer Vormundschaft, und bei ihrem Tode allgemein bedauert. Ihr Todestag ward jährlich feierlich begangen. Montglat III, 137. Dangeau I, 100. Motteville XL édit. de Petitot.

5) Siehe unten im fünften Hauptstücke den Streit über die Quartierfreiheit.

wig XIV nur aus politischen Gründen geheirathet, doch giebt er ihr das Zeugniß: es lasse sich schwerlich finden mehr Schönheit, Tugend, hohe Geburt, Liebe und Zärtlichkeit für Gemahl und Kinder 1). Mit diesem übertriebenen Lobe glaubte indeß der König seine Gemahlinn entschädigt, oder abgefunden zu haben; wenigstens gab er ihr bald nach der Hochzeit vielfache Gelegenheit zur Eifersucht, worüber sie um so lautere Klagen erhob als sie ihren Gemahl wirklich liebte und seine Untreue auch aus anderem Standpunkte verdammlich fand. Als sie einst gefragt wurde: ob sie nie gewünscht habe einem der jungen Männer an ihres Vaters Hofe zu gefallen? gab sie zur Antwort: o nein, es gab keinen König darunter 2)! Jene Liebe und dieser Stolz konnten aber, beim Mangel anderer anziehenden Eigenschaften, ihren beweglichen und sinnlichen Gemahl nicht fesseln. Die Köniz ginn (fagt die Herzoginn von Orleans)*) ist die beste und tugendhafteste Frau von der Welt, aber bluteinfältig. Sie glaubt Alles was ihr der König sagt, Gutes und Böses. Sie spielt sehr gern, hat häßliche, zerbrochene, schwarze Zähne und ißt oft viel Knoblauch.

Ludwig XIV hatte den ernsten und löblichen Willen feinen erstgeborenen Sohn, den Dauphin aufs Sorgfältigste erziehen zu lassen, und übertrug dies Geschäft an zwei sehr ausgezeichnete Männer, den Herzog von Montaufier und Bossuet. Beide unterzogen sich diesem wichtigen Geschäfte nach bestem Wissen und Gewissen, auch ward keine Mühe, keine Ausgabe gescheut um dasselbe zu erleichtern und fie zu unterstützen. So wurde ja z. B. eine große Zahl von klassischen Schriftstellern lediglich für den Gebräuch des Dauphins, als eines christlichen Kronprinzen, bearbeitet.

1) Louis XIV Oeuvres II, 266, 291. S. Simon I, 76. Mot: teville XL, 127, 176.

2) Caylus souvenirs 43. La Fayette Histoire de Henriette d'Angleterre 11.

3) Orleans 143.

Der Dauphin.

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Welche Folgen und Ergebnisse aus all diesen Bemühungen und dieser Erziehungsmethode hervorgingen, darüber lauten die Zeugnisse so verschieden und charakteristisch, daß wir schon deshalb beispielsweise einige anführen müssen. In einer Lobschrift auf Ludwig XIV) nennt Lamotte den Dauphin: ein ewiges Muster, der Königskinder, ein Beispiel durchaus nothwendig für das Glück der Staaten u. s. w. — Hingegen erzählt Frau von Caylus 2): die harte Art mit wel cher man ihn zum Lernen anhielt, brachte ihm einen so großen Widerwillen gegen alle Bücher bei, daß er beschloß, er wolle, sobald ́er unabhängig sey, keines mehr aufschlagen. Und er hat Wort gehalten. Diese Angaben bestätigend fügt Spanheim hinzu 3): sein Geist, von dem man Wunder verkündigt hatte, zeigte sich nirgends. In den öffentlichen Audienzen nickte er bloß mit dem Kopfe, oder sagte furchtsam und undeutlich zwei, drei unbedeutende Worte. Er liebte weder die Geschäfte, noch hatte er Antheil an denselben. Nur die Jagd und einige geringe Liebschaften schienen ihn anzuziehen ).- Noch gerader heraus nennt die Herzoginn von Orleans ihren Neffen faul und grob). Bisweilen, fährt sie fort, sprach er klug, bisweilen fehr einfältig. Er konnte einen ganzen Tag lang auf einem Armstuhle sißen, den Stock gegen die Schuhe schlagen und kein Wort reden. — Am scharfsten beurtheilt ihn der Herzog von S. Simon, nach seiner Weise 6). Seitdem er seinen Lehrern entzogen ward, las er nichts als die Anzeigen von Heirathen und

1) Lamotte éloge de Louis XIV, S. 24.

2) Bausset Histoire de Fenelon I, 244. Caylus 97.

3) Spanheim III, 203–208.

4) 1707 heirathete er eine Demoiselle Choin. Maurepas Memoires I, 43.

5) S. Pierre annales politiq. II, 403 sagt: il avait tout le bon, et tout le mauvais de la paresse, und erweiset, er würde doch für Frankreich und Europa ein besserer König gewesen seyn, als Lud.wig XIV.

6) S. Simon I, 77; V, 80; IX, 179-200; VII, 310.

Todesfällen in den Zeitungen. Er war ohne Laster und ohne Tugend, ohne Geist und Kenntnisse, ohne Fähigkeit fie zu erwerben, ungemein faul, ohne Einbildungskraft, Geschmack und Urtheil, eigensinnig, kleinlich und geboren für die Langeweile, welche er allen seinen Umgebungen mittheilte.Dem Könige konnte die Natur seines Sohnes nicht verbor gen bleiben, doch håtte er gewiß besser auf ihn gewirkt, und ihn weniger eingeschüchtert, wenn er nicht immer den stren gen Herrscher und König, sondern auch den milden Vater gezeigt hätte.

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Die Dauphine, eine Prinzessinn von Baiern, fangs nicht ohne Lebhaftigkeit und Würde, ward allmålig kränklich und verdrießlich 1),. und zwang fast ihren phlegmatischen Mann anderwärts Zerstreuung zu suchen.

Ohne Vergleich von größeren Anlagen als der Dauphin, war sein Sohn der Herzog von Bourgogne; weshalb jener (soweit es seine Unempfindlichkeit zuließ) diesen benei= dete, und Hofleute durch allerhand Ránke Vater und Sohn zu entfremden suchten 2). Aber neben seiner großen Leichtigkeit im Auffassen und Lernen, neben seinem ungewöhnlichen Scharfsinne, war Bourgogne von Natur stolz und anmaaBend, über jeden Widerspruch und Widerstand außer sich, ja fast zu allen heftigen Leidenschaften unwiderstehlich hingezogen. Daß Fenelon ihn von allen diesen Fehlern heilte und dahin brachte daß er Herr über sich selbst ward und blieb, ist ein Meisterstück der Erziehung des so milden als festen Mannes. Als nun aber der Herzog im Gefühle dessen, was' ursprünglich in ihm lag und jeden Augenblick wieder hervorzubrechen drohte, die größte Angst empfand jemand zu beleidigen, oder irgend wie Unrecht zu thun, als eine übertrieben frömmelnde Richtung ihn selbst gegen erlaubte Genüsse einnahm und der Welt entfremdete, welche er doch beherrschen

1) Caylus 132. Spanheim III, 212. Sevigné V, lettre 613 642.

2) Bausset Histoire de Fénélon III, 141.

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