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ist, argumentirt hieraus, daß sie wohl nach Homer Statt gefunden haben müsse, und selbst wenn man dieser Meinung von Ueberkunft der Mysterien aus Aegypten entgegen ist, läßt sich das Bedenken des Herrn von Duvaroff nicht ganz übersehen. Es ist merkwürdig, und verdient des Nachdenkens gewürdigt zu werden, daß der Sänger der Iliade und Odyssee hierüber schweiget. Es scheint daraus zu folgen, daß die Mysterien, wenn sie griechischen Ursprung haben, später entstanden seyen, oder daß solches einem Grunde anderer Art zuzuschreiben sey. Der spätere Ursprung hat sehr viel gegen sich, bey dessen Ausführung ich mich nicht gern lange aufhalten möchte. Ich will nur einiges zu bedenfen geben. Homer führt uns bis an das Ende der mythischen Zeit, und die Eleusinien gehen bis in ein sehr dunkles mythisches Alterthum zurück. Herr Sickler leitet den vorliegenden Hymnus auf die Ceres, in dem wir einen Schlüssel zum Verständniß jener Mysterien besigen sollen, seinem Hauptinhalt nach, bis in die Gesänge des Olen und Linus hinauf. Eumolp, man mag nun den thracischen, oder einen anderweiten, Debui im Sinne haben, ist ein Gegenstand der Mysterienfeyer. Endlich geben ihnen alle chronologischen Hypothesen ein hohes Alter u. s. w.

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Hieraus scheint zu folgen, daß für Homer ein anderer Grund des Schweigens obgewaltet haben müsse, und diesen leite ich aus den Ansichten ab, welche ich in meiner Anzeige der Zeitschrift Amalthea im funfzehnten Bande dieser Jahrbücher über das Wesen des Zeus auf Kreta entwickelt habe. Diese hoffe ich durch die gegenwärtigen Betrachtungen eben so sehr zu bestätigen und weiter zu führen, als sie auf das hier zu Sagende ein Licht verbreiten werden.

Der Homer der Iliade und Odyssee war der Sänger oder Redakteur derjenigen Lieder, deren Mittelpunkt die Verch rung des kretensischen Zeus aus der Periode seiner schönsten Herrlichkeit bildete. Dieser Zeus stellt nicht den Begriff eines Zeugers, sondern eines Herrschers dar, aber eines solchen, der aus einem Eroberer sich zu einem weisen und milden Regenten verwandelt hat. Die homerischen Gesänge nun besingen das Ereigniß, wie der priesterliche Naturstaat Thaten, Bedürfnissen und. Lebensweisen den Sieg lassen muß, an deren Spiße sich politische Kraft und Weisheit gestellt hat. Der Zeus von Kreta ist phonizischen Ursprungs, er steht nicht an der Spihe von Ackersleuten, sondern von erobernden Seefahrern, Kaufleuten und Gewerbetreibern, unter denen wohl vorzüglich Bergbauer und Waffenschmiede das Uebergewicht behaupteten. Nach und nach vereinigt er sich auch wohl mit der Göttin des Ackerbaues, allein sie behaup tet einen untergeordneten Rang in dem Prinzip seines Herrscher

thums. Dieses ist auf etwas anderes gegründet, und wird in Mysterien anderer Beschaffenheit dargestellt, Mysterien, in deren Natur sich vielleicht ein Blick schon durch die Eifersucht thun läßt, mit welcher Zeus den Umgang des Jasion mit der Ceres verfolgt. Nur dieser Mysterien, nicht der eleusinischen wenn diese vielleicht der produktiven Liebe das Uebergewicht vor der Herrschermacht einräumen wollten - durfte der jonische Sänger gedenken.

Diese Meinung wird für Herrn Sicklers Ansicht auf eine Weise bestätigend, die, statt den neueren Annahmen über Ho= mer entgegen zu treten, sich ihnen vielmehr zur Seite stellt. War in Kreta und auf den übrigen Inseln an der Küste von Kleinasien der Ackerbau nur aufgenommen worden in eine andere Basis des geselligen Lebens und Erwerbes, mußte er sich dies ser fügen, so bildete er im nördlichen Griechenland die prie sterlich geweihte Grundlage alles Lebens. Wie jene Inseln, so hatte dieser Landstrich seine Gesänge. Jene waren kriegerischer, dieser priesterlicher Natur. Beyde hatten einen Sänger oder eine Sángerschule, durch welche sie uns in der Form überliefert wor den, in der wir sie besißen. Mit andern Worten, beyde hatten ihren Homer. Die Lieder, deren Vaterland und Schauplah die Küstenländer waren, haben uns den Namen der ältern Sänger nicht aufbehalten, eben weil sie sich kriegerischen Thaten und Zügen anschlossen, und im Munde von Kriegern lebten, deren Daseyn verstiebt, und nicht, wie Priesterschaften, die eine nicht aussterbende Person, ein fortgesettes Leben darstellen, sich im dankbaren Gedächtniß der heiligen Verbrüderung erhält. Anders war es in jenen Ländern: Epirus, Theffalien, Macedonien und Thracien. Hier sind uns die Namen entweder der Sän ger oder der Gesangschulen bekannt geblieben, durch deren Mund die heiligen Lieder gegangen, die, wie sie auch sich verändern mochten, doch den Grundstoff des Mythos festgehalten haben.

Man dürfte hiernach nicht Anstand nehmen, Herrn Sickler beyzupflichten, der homerische Hymnus an Demeter sey keine Originaldichtung, sondern eine Nachbildung viel lieber noch eine Erneuerung derselben und das nächste Vorbild kann der athenäische Hymnus von Pamphos auf Demeter und ihrer Tochter Raub, worin Kelnos und Metannira genannt werden, gewesen seyn. Geschieht dieß, so bestätigt sich ein Da seyn der attischen Mysterien vor Homer, und der Grund rechtfertigt sich, aus dem, meiner Meinung nach, Homer sie ver. schweigt.

Hebt Herr Sickler hiernächst diesen P amp h o 8 wieder als Dichterindividuum auf, und neigt sich dahin, ihn auf gleiche Weise wie den Linos zu betrachten, in dem er nur die Personis

fikation einer Gesangesweise erblicken will; so ist auch dagegen nichts zu erinnern. Pamphos kann aber sowohl die Benennung für eine Mehrheit von Sängern heiliger Tempellieder, wie für die Weisen dieses Gesanges gewesen seyn. Dasselbe ist der Fall mit Linos, Olen und Ditolinos. Ein Umstand jedoch könnte meiner Meinung über den Bevölkerungsgang Griechenlands sich entgegenstellen, daß Linos ein Lycier seyn soll. Herr Sickler befreyt mich nur zum Theil davon, wenn er es wahrscheinlich macht, daß das Wort Linos feiner Person angehört habe, indem er es aus dem semitischen als Collectivname für eine gewisse Gesangsweise darstellt. Auch die Ueberkunft dieser Bezeichnung über Lycien würde mir noch Bedenken erregen, weil bey allen Ableitungen aus Semitischen Dialekten, denen ich viel leicht nur zu geneigt bin, mir nöthig scheint, den Weg in Erwagung zu ziehen, den ihre Einwanderung genommen. Dadurch erst werden die Entdeckungen fruchtbar und folgereich. Aber weder Homer nennt den Linos einen Lycier, noch finden wir Lycien als sein Vaterland angegeben, já sogar die Aeltern desfelben, welche genannt werden, weisen keinesweges hin auf Lycien. Vielmehr Herr Sickler deducirt nur eine Tradition, wonach der älteste Hymnengesang in Hellas in der Personifikation des Olen, ein lycischer aus Kleinasien genannt wird, und behauptet, Linos sey mit Olen übereinstimmend. Dieß kann also meiner Annahme, von der ich mehr zu sagen bald Gelegenheit finden werde, nicht entgegentreten, wonach ich den Linos mit dem Orpheus in Verwandtschaft bringen und annehmen muß, das fragliche Wort sey in demselben Wege aus dem Orient nach Griechenland gekommen, der dem Orpheus selbst als Wanderer aus Thrazien beygelegt werden muß. Dagegen kann ich mich der Erklärung des Worts, welche Herr Sickler gibt, nur anschließen. Es sollte einen milden Klaggesang bedeuten. Dieß entspräche ganz meiner am angeführten Orte mitgetheilten Vermuthung von einer der Prozession sich anschließenden alten spondäischen Gesangsweise im Norden von Griechenland.

So möchte ich mich dann mit Herrn Sickler dahin vereinis gen, daß ich im Norden Griechenlands einen heiligen, ruhigen, den Charakter der Prozession an sich tragenden Gesang annehme, der sich orphisch, musäisch, linisch, olenisch und oitolinisch bezeichnen läßt, der aber durch Pamphos einen neuen Charakter angenommen hatte. Dies lettere Wort leitet Herr Sickler aus dem Arabischen und Hebräischen ab, und legt ihm den Sinn von kräftig erschütternd bey. Wie, wenn Pamphos einen alten spondäischen Hymnus umgearbeitet, und durch die Verbindung mit dem kriegerischen, bewegungsreichen Daktylos

erschütternd gemacht hätte? — Wie wenn Linos, eine Weise oder eine Sängerschule bedeutete, die den spondäischen ruhigen Hymnengesang zuerst in Lycien, dem Vaterlande der kriegerischen Gesange, hatte erschallen lassen, und dadurch der Gesangsweise des Pamphos wäre vorgearbeitet worden?

Die Noten zum ersten, dritten und vierten Vers bieten die Gelegenheit dar, nicht nur das Verhältniß der eleusinischen zu den samothrazischen Mysterien, sondern auch den eigentlichen Sinn der Ceresmythe zu befördern, über den wir jezt schon sehr abweichende Auslegungen besigen. Denn wenn Arieros, Ariokersa und Ariokersos bey Betrachtungen der eleusinischen wie der samothrazischen Mysterien in Erwägung kommen muß, eine Verwandtschaft also vielleicht Statt findet; so beziehen sich die Mysterien von Eleusis doch nach Herrn Sick ler auf die Lichtkraft in der Erde, oder auf ein Erdlicht, auf ein hervortreibendes Licht. Nach Schelling gehen sie auf einen Hunger, eine schmachtende Sehnsucht in der Erde, welcher Hunger, indem er in ein Entbrennen übergeht, Beginn der Erschaffung aller Dinge wird. Beyde Gelehrte legen in der Ausführung ihrer Meinung ein großes Gewicht auf die etymologischen Beweise, und schon deßhalb möchte es billig feyn, bey diesen hier anzufangen, wenn nicht vielleicht überhaupt diese Methode viel für sich haben möchte. Denn ich bin der Meinung, daß es in mythologischen Untersuchungen einen großen Schuß gegen Irrthum gewährt, wenn man nicht damit anhebt, Ideen voranzustellen und sie in den Anschauungsgegenständen bestätigt finden will, sondern wenn man von Gegenständen der Unschauung ausgeht, als da sind Buchstaben, Worte, Denkmale, Inschriften und dergleichen, um sich nach und nach mit deren Sinn, ja man möchte sagen mit deren Natur vertraut zu machen.

Darüber sind alle bisher genannte Alterthumsforscher so ziem lich einverstanden, daß die vorgedachten drey Worte, Arieros, Ariokerse und Ariokersos eine Beziehung zur Ceres, Pros serpina und dem Aidoneus behaupten. Arieros hat einer recht einleuchtenden Worterklärung am meisten widerstanden. Herr Sickler leitet es ab von N Grausamkeit und Wildheit des Zorns, und findet dieß der in den samothrakischen Geheimnissen zürnend und im Zorn grausam vorgestellten Demeter entsprechend. Allein damit hebt er die anderweit jener Göttin beygelegte Bedeutung des Erdenlichtes auf, die überhaupt sehr dunkel bleibt. Die Erklärung von Bochart aus dem hebräischen INN Achsi-Eres, mein ist die Erde, scheint nicht so ganz verwerflich zu seyn, theils weil sich die Derivation mit Herrn Sicklers wohl gleich stellt, theils weil sie einen sehr guten Sinn

darbietet. Schelling wählt einen andern Weg; in seiner Erklärung liegt sogleich eine philosophische Ansicht. Er findet, daß die hebräische Wurzel eine doppelte Bedeutung durch Verwandtschaft hat, nämlich die des Besizes, zumal durch Erbschaft, aber in 7, wovon y Hunger, Mangel sich ableitet, den des Ansichziehens, Festhaltens, Besißergreifens. Er geht nun auf die merkwürdige Eigenthümlichkeit der hebräischen Sprache zurück, durch die Stellung und Verseßung der Wurzel — der sich mehrere ähnliche Operationen anschließen die Bedeutung zu verändern, und gelangt so zu der Erklärung von schmachtender Sehnsucht, welche er durch Bezugnahme auf das altdeutsche Wort Schmacht, für Hunger, unterstüßt.

Dieß führt zu einer Betrachtung der Natur des Hebräischen, aus welcher zwey wichtige Bedenken über die Ableitungen aus dieser Mundart hervorgehen. Eine Versehung der Wurzel, des Vokals und einige andere Veränderungen in der Stellung der Buchstaben bringen völlige Metamorphosen der Begriffe hervor, dergestalt, daß diese Sprache nicht bloß durch die Wortstellung philosophisch, sondern auch hieratisch, ja halb hieroglyphisch wird. Im vorliegenden Falle finden sich drey Buchstaben, und je nach dem diese auf dreyfache Weise verschieden zusammengestellt werden, zeigen sie dem Auge allein: überkommenen Besiz, Verlust desselben, und Verlangen nach demselben. Welch ein merkwürdiger Tiefsinn, der offenbar auf mehr denn willkürliche Bezeichnung, der auf einen dogmatischen Zusammenhang schließen läßt. Aber man erwäge, daß nach der Verschiedenheit der Stellung auch ein dreyfach verschiedenes Dogma ansgedrückt ist. Wir finden in dreyfach überkommenen Wortverbindungen ein dreyfach verschiedenes Dogma dargestellt. Wo ist nun die Andeutung, die uns zum Rechten führt? Offenbar kann die aus drey Buchstaben mannigfach zu bildende Worthieroglyphe mehrerley bezeichnen, z. B. den Menschen in dem ihm vom Gott geschenkten Besit des Paradieses, den Verlust desselben, und den schmachtenden Hunger. Aber eben so gut die Sehnsucht nach dem Wiedergewinn kann damit ausgedrückt seyn. Endlich nicht minder der Gedanke, daß der Mangel vorangeht, daraus das Schmachten folgt, und dieses zum Besiß führt, wie Schelling die Erklärung gibt. Aber müssen wir nicht fragen: welche von diesen dreyen Auslegungen und Annahmen ist nun die richtige? Wir befinden uns abermals in einem Zirkel. Denn wo ist der Anfangspunkt? Ist aus dem Mangel, als dem Ersten, die Sehnsucht, und aus dieser das Wesen hervorgegangen? Oder haben wir durch Entfernung von Gott das höchste Wesen verloren und verlangen nun wieder mit ihm verei nigt zu werden? Diese Fragen führen sogleich zu der: ob der

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