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dem Grunde, weil Dispensationen in Ehesachen zur geift, lichen Gerichtsbarkeit gehörten, diese aber als ein bischöf liches Recht, keinem katholischen Landesherrn als solchen, zukomme, das bischöfliche Diöcesanrecht hingegen und die geistliche Gerichtsbarkeit der Bischöfe über die evangelischen Glaubensgenossen der Diöces durch den Westphälischen Frieden ) aufgehoben sey. Andere 3) wollen dagegen dem katholischen Landesherrn das Dispensationsrecht in Chesa chen ihrer protestantischen Unterthanen um so mehr einräu`men, als die Ehe bey den Protestanten kein Sacrament sey, und also nicht einmal den Schein einer geistlichen Sache habe. Das Beste ist zwar, jedem nach seinen Re ligionsgrundsätzen zu beurtheilen, indessen ist auch soviel gewiß, daß in Absicht auf die bürgerlichen Wirkungen der Ehe im Staate das Dispensationsrecht nur dem Landes? herrn zustehen kann.

In Ansehung der Wirkung einer erfolgten Dispensation ist ein Unterschied zwischen dem katholischen und evan gelischen Kirchenrechte. Ist nämlich wegen eines vernichtenden Hindernisses Dispensation erfolgt, so muß bey den Katholiken die Ehe aufs neue, und zwar wenn das Hin derniß bekannt geworden, mit aller Feyerlichkeit vor dem Pfarrer und im Angesicht der Kirche geschlossen werden, weil sie von Anfang an nichtig war 4); bey den Protes stanten ist dieses hingegen nicht nöthig, sondern die einmal

2) Instr. Pac. Osnabr. Art. V. s. 48.

3) Michl a. a. D. BOEHMER Princ. iur. canon. §. 399.
4). RIEGGER Institut, iurispr. eccles. P. IV. S. 185.
PEREM Praelection. in ius eccles. univ. P. II. §. 521.
Not. befonders van ESPEN iur. eccles. univ. P. II.
Sect. I. Tit. 14. Cap.5. §.9. sqq.

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geschehene Trauung convalescirt durch die nachher erfolgte Dispensation rückwärts ').

S. 1219.

Kirchliches Aufgebot, und dessen Wirkung.

Um zu erfahren, ob der Schließung einer Ehe Hins bernisse entgegenstehen, ist die öffentliche Bekanntmachung derselben in der Kirche vor versammelter Gemeinde einges führt, und zur gesetzlichen Nothwendigkeit gemacht. Diese öffentliche Bekanntmachung wird das Aufgebot, die Pros clamation genennt, und ist als eine Art der Edictal citation anzusehen, wodurch ein Jeder, welcher einen Eins spruch thun zu können glaubt, oder sonst ein Hinderniß anzugeben weiß, aufgefordert wird, solches in Zeiten und gehörigen Orts anzubringen 6). Daher nannte man auch solche öffentliche Abkündigungen in der Kirche banna matrimonialia d. i. edicta publica, quibus matrimonium proclamatur, ein Ausdruck, der zuerst in der Gallikanischen Kirche vorkommt 7). Die Einrichtung selbst ist nicht gar alt. Noch zu Anfang des zwölften Jahrhun derts findet sich keine Spur davon. Denn in Gratians -Decret ist davon ein tiefes Stillschweigen. Zwar wird es den Bischöfen zur Pflicht gemacht, solche Ehen zu trennen,

5) G. L. BOEHMER Princ. iur. canon. §. 400.

6) 6. van ESPEN iur. eccles. univ. P. II. Sect. I. Tit. XII. Cap. 3. und BERARDUS Commentar. in ius eccles, univ. Tom. III. Diss. III.

7) Cap. 37. X. de sponsalib. Cap. 6. X. Qui matrimon. accusare poss. S. BOEHMER ad Cap. 27. X. de sponsalib. Tom. II. Corp. iur. canon. pag. 635. und VICAT Vocabular. iur. utriusq. voc. Banna.

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welche wegen eines ihnen entgegenstehenden Hindernisses nicht bestehen könnten, wenn ihnen bey Gelegenheit ihrer Kirchen Visitationen dergleichen Hindernisse von glaubwürs digen und unverdächtigen Personen wären angezeigt wors den 8). Es sollten auch nach den Kapitularien Karls des Großen 9) die Ehen vor ihrer Vollziehung dem Pfarrer in jeder Parochie angezeigt, und von diesem mit der Gemeinde untersucht werden, ob denselben etwa Hins dernisse entgegen stünden. Allein von einem öffentlichen Aufgebote der sich Heyrathenden findet sich darin nichts. In Frankreich finden sich die ersten Spuren davon. Der Weg dazu war durch die Kapitularien gebahnt. Mußte die Ehe bey dem Priester angezeigt werden, so war es ja wohl der leichteste Weg, mögliche Ehehindernisse zu erfahs ren, wenn der Priester die bey ihm angezeigten Ehen der kirchlichen Gemeinde bekannt machte, und jeden öffentlich aufforderte, die ihm etwa bekannten Hindernisse anzuzeigen. Diese Anstalt findet sich zuerst in der Provinz Beauvais gegen das Ende des zwölften oder zu Anfang des dreys zehnten Jahrhunderts, wie aus einer Decretale des Pabsts Innocenz III. an den Bischof zu Beauvais vom Jahre 1212 erhellet. Es ist das cap. 27. X. de sponsalib. wels ches folgendergestalt lautet '°):

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INNOCENTIUS III. Episcopo Belvacensi. Cum in tua dioecesi: [et infra]. Sane, quia contingit in

8) Can. 5. sqq. C. XXXV. Qu, 6.

9) Capitular. Lib. VII. Cap. 179.

10) Vollständig befindet sich dieses Decretalschreiben Tom. II. Epistolar. Innocentii III. Lib. XV. Epist. 164. edit. Baluzii. Paris 1682. f. pag. 689. sq. . ALTESERRA Innocentius III. ad cap. 27. X. de sponsal. pag. 507.

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terdum, quod, aliquibus volentibus matrimonium contrahere, bannis, ut tuis verbis utamur, in Ecclesiis editis secundum consuetudinem Ecclesiae Gal licanae, ac nullo contradictore publice comparente, licet fama privatum impedimentum deferat parentelae, cum ex parte contrahentium iuramenta maiorum de sua propinquitate, ut suspicionis tollatur materia, offeruntur, quid tibi sit faciendum in casibus huiusmodi quaesivisti. Ad quod taliter respondemus: quod, si persona gravis, cui fides sit adhibenda, tibi denunciet, quod hi, qui sunt matrimonio copulandi, se propinquitate contingant, et de fama vel scandalo doceat, aut etiam per te ipsum possis certificari de plano, non solum debes iuramenta parentum, sponte oblata non recipere, verum etiam eos, qui sic contrahere nituntur, si moniti induci nequiverint, compellere, ut a tali contractu desistant, vel contra famam huiusmodi secundum tuae discretionis arbitrium iuramenta exhibeant propinquorum. Alioquin si persona denuncians non exstiterit talis, ut diximus, et de fama vel de scandalo non poterit edocere, ad desistendum monere poteris, non compellere, contrahentes.

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Dieser befondere Gebrauch der gallikanischen Kirche 11) ward nachher von dem Pabst Innocenz III. auf der

11) J. H. BoEHMER in Diss. de iure Principum protestant. circa solemnia matrimonii ecclesiastica (Halae 1718.) $.9. and ad cap. 3. X. de clandest. desponsat. not. 21. glaubt, schon eine ältere Spur von dem öffentlichen kirchlichen Aufgebot in der Afrikanischen Kirche bey Tan

vierten Lateranensischen Kirchenversammlung im Jahr 1216 zum allgemeinen Gesetz gemacht. Die Verordnung selbst enthält cap. 3. X. de clandest. desponsat. wo die Worte also lauten:

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Cum inhibitio copulae coniugalis sit in ultimis tribus gradibus revocata: eam in aliis volumus districte servari. Unde praedecessorum nostrorum vestigiis inhaerendo, clandestina coniugia penitus inhibemus, prohibentes etiam, ne quis sacerdos talibus interesse praesumat. Quare specialem quorundam locorum consuetudinem ad alia generaliter prorogando, statuimus, ut, cum matrimonia fuerint contrahenda, in ecclesiis per presbyteros publice proponantur, competenti termino praefinito: ut intra illum, qui voluerit et valuerit, legitimum impedimentum opponat, et ipsi presbyteri nihilominus investigent, utrum aliquod impedimentum obsistat. Cum autem apparuerit probabilis conjectura contra copulam contrahendam : contractus interdicatur expresse, donec, quid fieri debeat super eo, manifestis constiterit documentis,

Weil jedoch dieses Decret im Laufe der Zeit vernach läßiget zu werden anfieng, so fanden es die Väter des Tridentinischen Conciliums für gut, dasselbe nicht nur zu erneuern, sondern auch dem öffentlichen Aufgebote eine neue Form zu geben. Es soll nämlich die Proclamation

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TULLIAN de pudicitia cap. 4. gefunden zu haben. Allein
Tertullian fagt nur, daß Ehen, die nicht der Kirche
wären angezeigt worden, für heimliche und unerlaubte
Verbindungen seyen angesehen worden.

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