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Seinen Triumph feierte Germanicus im J. 17 n. Chr.; zum zweiten Male wurde er Konsul mit Tiberius im J. 18 n. Chr.; Zug nach Griechenland und dem Orient; gestorben in Antiochia 19 n. Chr. Ueber ein Fragment seiner Grabschrift (CIL 6, 894) vgl. Mommsen, Res gestae divi Augusti, Berl.2 1883, p. 54 Anm. 1. Breysig, Germanicus (Vortrag), Erfurt 1892; Prosopogr. imp. Rom. 2 p. 178 nr. 146.

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Bildung und litterarische Thätigkeit des Germanicus. Suet. Calig. 3 omnes Germanico corporis animique virtutes, et quantas nemini cuiquam, contigisse satis constat: formam et fortitudinem egregiam, ingenium in utroque eloquentiae doctrinaeque genere praecellens ... Oravit causas etiam triumphalis; atque inter cetera studiorum monimenta reliquit et comoedias Graecas; Claud. 11 ad fratris (Germanici) memoriam, per omnem occasionem celebratam, comoediam quoque Graecam Neapolitano certamine docuit ac de sententia iudicum coronavit; die hier erwähnte Komödie wird wohl von Germanicus hergerührt haben; vgl. oben § 359 Kleingedr. Tacit. annal. 2, 83 cum censeretur clipeus auro et magnitudine insignis inter auctores eloquentiae (in der Bibliothek des Palatium befanden sich Medaillons der in der Litteratur ausgezeichneten Männer), adseveravit Tiberius solitum paremque ceteris dicaturum: neque enim eloquentiam fortuna discerni, et satis inlustre, si veteres inter scriptores haberetur. Ovid. fast. 1, 19 nennt ihn doctus princeps und fährt dann fort (Vs. 21): quae sit enim culti facundia sensimus oris, | civica pro trepidis cum tulit arma reis; epist. ex Ponto 2, 5, 55 atque haec est" dicas „facundia principe (Germanico) digna“: eloquio tantum nobilitatis inest; fast. 1, 25 si licet et fas est, vates rege vatis habenas, | auspicio felix totus ut annus eat; epist. ex Ponto 4, 8, 67 in einer Anrede an Germanicus: non potes officium vatis contemnere vates 69 quod nisi te nomen tantum ad maiora vocasset, | gloria Pieridum summa futurus eras; 73 nam modo bella geris, numeris modo verba coerces, | quodque aliis opus est, hoc tibi lusus erit; 77 sic tibi nec docti, nec desunt principis artes, | mixta sed est animo cum Jove Musa tuo.

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Epigramme des Germanicus. Ein Epigramm (ad Hectoris tumulum) wendet sich an Hector und tröstet ihn damit, dass unter den Römern das alte Ilion mächtig fortlebe; Riese, Anthol. lat. 2 p. 159 nr. 708; Bährens, Poet. lat. min. 4 p. 102 nr. 109; Breysig, Kleinere Ausg. p. 57; in griechischer Fassung findet sich das Epigramm mit der Aufschrift Αδριανοῦ Καίσαρος, οἱ δὲ Γερμανικού in der Anthol. Pal. 9, 387, abgedruckt auch bei Riese 1. c., Breysig l. c. In doppelter Fassung findet sich auch ein Epigramm de puero glacie perempto; lateinisch bei Riese, 1. c. p. 159 nr. 709; Bährens, 1. c. p. 103 nr. 111; Breysig, l. c. p. 58, vgl. Rubensohn, Fleckeis. Jahrb. 147 (1893) p. 764; in der Anthol. Pal. 7, 542, hier ist das Epigramm mit Plázxov eingeführt; abgedruckt auch bei Riese p. 160; Breysig 1. c. In griechischer Sprache ist in zweifacher Fassung der Gedanke durchgeführt, dass der Hase auf den Hund als einen Verfolger stösst, nicht bloss auf dem Festland, sondern im Wasser und am Himmel; eingeführt sind diese Epigramme mit Γερμανικοῦ Καίσαρος, jedoch ist auch die Lesart verzeichnet: Αδριανού; das kürzere Epigramm ist das gelungenere; Anthol. Pal. 9, 17 und 18; abgedruckt auch bei Breysig p. 60. Die lateinischen Epigramme schreibt Bährens (1. c. praef. p. 40) dem Domitian zu. Bezüglich der zwei griechischen Epigramme auf den Hasen nimmt Nipperdey (zu Tacit. annal. 2, 83) auch die Autorschaft des Domitian an. Breysig, Miscellanea crit. quae ad Germanicum spectant, Erfurt 1873. Nicht erhalten ist das Epigramm, das Plin. n. h. 8, 155 erwähnt: fecit et divus Augustus equo tumulum, de quo Germanici Caesaris carmen est.

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Der Adressat und die Zeit der Phaenomena. Ist die Ansicht, dass wir es nur mit einem Werk des Germanicus, nicht mit zweien, wie Hugo Grotius angenommen, zu thun haben, richtig, so ist es gleichgültig, ob eine Zeitangabe dem zusammenhängenden Teile oder den Fragmenten angehört. In den Vs. 558-560 hic, Auguste, tuum genitali corpore numen | attonitas inter gentis patriamque paventem | in caelum tulit et maternis reddidit astris, welche in der gewöhnlich den Fragmenten zugeschriebenen Partie stehen, ist deutlich von dem verstorbenen Augustus die Rede, sonach muss das Gedicht zwischen 14 und 19 d. h. in der Zeit vom Tod des Augustus bis zum Tod des Germanicus entstanden sein. Weiterhin ergibt sich die Schlussfolgerung, dass der im Eingang des Gedichtes angeredete Kaiser nur der verstorbene Augustus oder Tiberius sein kann. Für das erste hat sich Maass (De Germ. prooem. p. VII) ausgesprochen, indem er genitor als „Stammvater" des Geschlechtes auffasst; auf Augustus allein passten die Worte, welche einen Friedensfürst feiern. Allein eine an einen Verstorbenen gerichtete Widmung ist doch etwas sonderbar; wir ziehen daher die Deutung der Worte auf Tiberius vor; dass der Adoptivsohn seinen Adoptivvater genitor nennt, ist nicht ohne Beispiele; vgl. Merkel, Ausg. von Ov. Tristien und Ibis, Berl. 1837, prolus. ad Ibin p. 379. Auch der Widerstand des Tiberius gegen seine Vergötterung bei Lebzeiten (Mommsen, Röm. Staatsrecht 2, Leipz. 1887, p. 758) wird ebensowenig hier durchschlagend sein als die überschwängliche Verherrlichung des Tiberius als Friedensfürsten. Andererseits dürfte in die Wagschale fallen, dass Tiberius

sich für Astronomisches und Astrologisches und für die alexandrinischen Dichter interessierte. Vgl. Maybaum, p. 17.

Die Autorschaft der Phaenomena. Im Archetypus der ersten Handschriftenfamilie war allem Anscheine nach der Titel: Claudi Caesaris Arati Phaenomena; vgl. Breysig, Kleinere Ausg., praef. p. XIX. (Ueber Arati im Titel vgl. Maass, Hermes 31 (1896) p. 418). Bei Lactant. div. inst. 1, 21, 38 (1 p. 85 S. Brandt), 5, 5, 4 (1 p. 114) wird das Gedicht dem Caesar Germanicus, bei Firmic. Mat. math. 2 praef. (vgl. 8, 5) und Suidas (s. ν. Γάιος Ιούλ. Καῖσ.: ἔγραψε μετάφρασιν τῶν ̓Αράτου φαινομένων) dem Julius Caesar beigelegt. Priscian. (Gramm. lat. 3 p. 417, 1; vgl. den nächsten Absatz) spricht nur von Caesar. Die Hypothese des J. Rutgers (Var. lect. II, 2 p. 122), der noch Bernhardy (Grundr. der röm. Litt., Braunschw.5 1872, p. 537 Anm. 404) und zuletzt K. Schenkl, Studien zu den Argonautica des Valerius Flaccus (Sitzungsber. der Wien. Akad. 68 (1871) p. 274) das Wort reden, dass das Gedicht dem Flavier Domitian angehöre, ist jetzt als definitiv abgethan zu erachten. Schon das Schweigen der Lobhudler Domitians über ein solches Gedicht hätte eine solche Hypothese unmöglich machen sollen; auch nahm Domitian erst als Kaiser (83 n. Chr.) den Beinamen Germanicus an; vgl. A. Imhof, T. Flavius Domitianus, Halle 1857, p. 29 und 131.

Die Fragmente. Ausser dem zusammenhängenden Teil, der die Verse 1-725 umfasst, sind uns in den Handschriften, die aber in diesem Punkt keine einheitliche Ueberlieferung darbieten, noch drei Fragmente erhalten. Das dritte Fragment wird in der handschriftlichen Ueberlieferung unmittelbar mit dem Texte der Phaenomena nach Vs. 582 verbunden; im Basileensis und Parisinus finden wir nach dem Fragment die subscriptio: Claudii Caesaris. Arati Phaenomena explicit. Diese Ueberlieferung deutet darauf hin, dass die Fragmente auch dem Germanicus, und zwar seinen Phaenomena angehören. Ein weiteres Fragment hat J. Frey (Rhein. Mus. 13 (1858) p. 418) hinzugefügt, indem er aus dem zusammenhängenden Teil die Vs. 531-572 ausschied und sie den Fragmenten überwies; über die Zahl der auszuscheidenden Verse divergieren jedoch die Ansichten; vgl. die beiden Ausg. von Breysig und Panske, Observ. crit. in Germanici Caes. Aratea Phaenomena (Comment. philol. in honorem Ribbeckii, Leipz. 1888, p. 508); gegen die Ausscheidung erhoben Widerspruch Maybaum p. 19 und Maass (De Germanici prooemio, Ind. lect. Greifswald 1893/94, p. X), die wiederum bekämpfte Breysig, Berl. philol. Wochenschr. 1893 Sp. 1134); mit Unrecht wollte Sieg p. 25 die ganze Partie als Interpolation beseitigen. In der grösseren Ausg. von Breysig werden die ausgeschiedenen Verse mit dem Fragment una via est Solis perficit orbis zu einem verbunden. Bei Priscian (Gramm. lat. 3 p. 417, 1) lesen wir: Caesar in Arato „cur divite lingua | Graecia praecurram potiusque triangula dicam?"; da diese Verse sich in der zusammenhängenden Partie nicht finden, hat man dieselben ebenfalls den Fragmenten beigesellt. Das Zeugnis ist insofern wichtig, als aus demselben hervorgeht, dass Priscian nur ein Werk des Germanicus kannte, dass daher die Fragmente mit dem zusammenhängenden Teil zu einem Ganzen zu verbinden sind. In neuester Zeit hat Bährens aus dem Arundelianus 268 s. XV ein neues Fragment hinzugefügt (Rhein. Mus. 32 (1877) p. 323; Poet. lat. min. 1 p. 200); die Echtheit bezweifelt jetzt Breysig, Kleinere Ausg. praef. p. XXVIII.

Es fragt sich, wie sich die Fragmente zu dem zusammenhängenden Teil verhalten. Einen Anhaltspunkt geben die Vs. 440-445 haud equidem possis alio contingere signo, quae divis sedes. hinc atque hinc saepe videntur | occasus ortusque. neque anfractus brevis illis, annosasque vias tardus vix perficit orbis. | hoc opus arcanis an credam postmodo musis, tempus et ipse labor, patiantur fata, docebit. Aus dieser Stelle muss man schliessen, dass Germanicus auch noch den Teil über die Planeten, den Arat ausgelassen, behandelt und gewissermassen als Seitenstück zu den dioonuɛia desselben gegeben hat. Gewöhnlich hat man ohne jede handschriftliche Gewähr die Fragmente unter dem Titel Prognostica zusammengefasst; es dürfte geraten sein, diesen zu engen Titel fallen zu lassen; vgl. Maass 1. c. p. XII, dem auch Breysig, Berl. philol. Wochenschr. 1899 Sp. 1136 und in seiner letzten Ausgabe beigepflichtet hat.

Ueberlieferung. Wir unterscheiden zwei Klassen von Handschriften, die Grundlage der Recension ist die erste und von den Handschriften derselben ist die normgebende die Basler (A. N. IV 18) s. VIII oder IX, der sich beigesellen der cod. Berolinensis Meerman. 130 (Philippicus 1832) olim Metensis s. IX und Parisinus 7886 (olim Puteanus) s. IX. Ueber die Handschriften vgl. Maybaum p. 30 und 35; Manitius, Rhein. Mus. 52 (1897) p. 131 (über den Berolinensis und dessen gemeinsame Abstammung mit dem Basileensis aus einem Archetypus); Breysig, Die Germanicushandschr. und ihre Einteil. (Hermes 17 (1882) p. 411); Praef. zur kleineren Ausg. p. V. Ueber den illustrierten cod. Vossianus lat. Q. 79, welcher der zweiten Familie angehört, vgl. Thiele, Antike Himmelsbilder, Berl. 1898, p. 77. Manitius, Philol. aus alten Bibliothekskatal. (Rhein. Mus. 47 (1892) Ergänzungsheft p. 43).

Ausg. Editio princeps, Bologna 1474; epochemachend ist die von Hugo Grotius, Leyden 1600; weitere Ausg. sind die von J. C. Schwartz, Cob. 1715; Buhle, an der Ausg. des Aratus, Leipz. 1801; Orelli, an der Ausg. des Phaedrus, Zürich 1832, p. 137; cum scholiis ed. A. Breysig, Berl. 1867; ohne die Scholien Leipz.2 1899; von Bährens, Poet. lat. min. 1 p. 148. Eine kritische Uebersicht über die Ausg. bei Breysig, Kleinere Ausg. p. XVII.

Litteratur zu den Phaenomena. Schaubach, Comment. de Arati Solensis interpretibus rom., Cicerone, Caes. Germanico et R. F. Avieno, Meiningen 1817; J. Frey, Epistola crit. de Germanico Arati interprete, Culm 1861; Sieg, De Cicerone Germanico Avieno Arati interpretibus, Halle 1886; Maybaum, De Cic. et Germanico Arati interpretibus, Rostocker Diss. 1889.

Die Scholien zu den Phaenomena. Von der Beliebtheit des Gedichts zeugen die Scholien, welche sich um dasselbe gruppiert haben. Die sichtende Betrachtung ergibt zwei Scholienmassen:

1) die scholia Basileensia, überliefert durch den genannten Basler Codex und den Parisinus 7886. Quellen waren die Katasterismen des Eratosthenes in ausführlicherer Fassung und Nigidius (Robert, Eratosth. catast. rel., Berl. 1878, p. 20). Dieselben benutzte bereits Lactantius, er scheint sie in demselben Band, in dem auch der Germanicus stand, vor sich gehabt zu haben (Robert, 1. c. p. 20);

2) die andere Scholienmasse sind die scholia Sangermanensia, so genannt nach der Hauptquelle, dem cod. Sangermanensis 778 s. IX. Auch hier sind die Katasterismen des Eratosthenes benutzt, daneben noch andere Autoren wie Fulgentius, Plinius, Hygin u. s. f.

Aus beiden Scholienmassen wurde eine neue kombiniert (Robert p. 205); hinzugefügt wurden Stücke aus Plinius, Martianus Capella, Hyginus (die aus dem letzten ausgeschriebenen Fabeln zeigen eine bessere und von Interpolationen freiere Gestalt; vgl. Robert p. 220, dagegen Gruppe, Philol. 47 (1889) p. 335) und anderen. Diese Scholien heissen die scholia Strozziana, ihre Quellen sind ein Strozzianus in der Laurentiana s. XIV und der Urbinas 1358 s. XV.

Ausg. der Scholien. Die Scholien finden sich in der grösseren Ausg. des Germanicus von Breysig p. 55 und in der Ausg. des Martianus Capella von Eyssenhardt, Leipz. 1866, p. 377; teilweise auch bei Robert 1. c.

Litteratur zu den Scholien. Suringar, De mythographo astronomico, qui vulgo dicitur scholiastes Germanici, Leyden 1842; Breysig, De P. Nigidi Figuli fragm. apud scholiasten Germanici servatis, Berl. 1854; J. Frey, Der Scholiast des Germanicus (Rhein. Mus. 25 (1870) p. 263); Heydenreich, Drei neue Fragm. der Scholien zu des Germ. Aratea (Rhein. Mus. 33 (1878) p. 479); Zu den Scholien der Aratea des Germ. (Fleckeis. Jahrb. 117 (1878) p. 256); Manitius, Ein Excerpt der Scholia Basileensia zu Germanici Aratea (Rhein. Mus. 54 (1899) p. 292). Ueber das Verhältnis des Isidor und der Scholien vgl. Gust. Becker, Isidori de rer. nat. 1. rec., Berl. 1857, p. IX; Reifferscheid, Suet. rel. P. 440.

Die Katasterismen des Calpurnius Piso. Hier mag noch das Gedicht des Calpurnius Piso erwähnt sein, von dem der jüngere Plinius sagt (epist. 5, 17): nuntio tibi fuisse me hodie in auditorio Calpurni Pisonis. Recitabat (105 oder 106 n. Chr.) zaraOTEQOμov eruditam sane luculentamque materiam. Scripta elegis erat fluentibus et teneris et enodibus, sublimibus etiam, ut poposcit locus. Ob er der Konsul des J. 111 war, wie Mommsen annimmt, ist zweifelhaft; vgl. Prosopogr. imp. Rom. 1 p. 279 nr. 225; Skutsch, Pauly-Wissowas Realencykl. 3 Sp. 1376 nr. 59.

2. M. Manilius.

364. Das astrologische Gedicht des Manilius (Astronomicon 1. V). Was der Dichter in seinem Werk darstellen will, kündigt er gleich im Eingang deutlich an.1) Die schicksalkundigen Sterne, die der Menschen Los in verschiedener Weise bestimmen, und die ein Werk der göttlichen Vernunft sind, will er zur Kenntnis der Menschen bringen, d. h. er will das Lehrgebäude der Astrologie dem Leser in poetischem Schmuck

1) carmine divinas artis et conscia fati sidera, diversos hominum variantia casus, (caelestis rationis opus!) deducere mundo' ag

gredior, primusque novis Helicona movere | cantibus et viridi nutantis vertice silvas | hospita sacra ferens, nulli memorata priorum.

vorführen. Nicht ohne Stolz rühmt er sich, dass er zuerst dieses Gebiet der Poesie erschlossen. Im Prooemium des zweiten Buches wirft er einen Blick auf die Dichter und ihre Stoffe, er lässt Homer, Hesiod und andere Sänger an unseren Augen vorüberziehen, um zu zeigen, dass alle Pfade, die zum Helikon führen, ausgetreten seien. Nur er kann von sich sagen:1)

Eigenes künd' ich, es braucht kein Sänger mir Worte zu leihen,
Nicht Erborgtes erscheint, nur eigenes Schaffen; zum Himmel
Schwing ich allein mich hinauf, ich treibe im eigenen Kahne.

Auch in der Einleitung zum dritten Buch rühmt er sein kühnes Beginnen, das Reich der Musen auszudehnen, und sieht mitleidig auf die mythologischen und historischen Themata herab, welchen die Dichter bisher ihre Kräfte gewidmet haben. Sein Selbstgefühl steigert sich, wenn er der Schwierigkeiten gedenkt, die er zu überwinden hat. Sein Stoff ist ein spröder:2)

Schmuck widerstrebet dem Stoff, mit Belehrung ist er zufrieden, und es ist strenge stufenmässige Anordnung nötig, um dem Leser das Verständnis des Ganzen zu erschliessen; in reizenden Bildern von den Kindern, welche das Lesen lernen, und von den Kolonisten, welche eine neue Stadt aufführen, legt er dieses allmählich fortschreitende Verfahren dar. Auch die Terminologie ist nicht leicht zu gewinnen; ohne Entlehnungen aus dem Griechischen will es nicht gelingen (2, 694; 5, 646). Allein die Erhabenheit des Stoffs, die Schilderung der in der Sternenwelt lebenden und webenden Gottheit verleiht dem Dichter Mut für sein schweres Vorhaben. Seine Lehre trägt er in fünf Büchern vor. Das erste gibt die astronomische Grundlage. Der Himmel ist das Operationsfeld des Astrologen, seine Kenntnis ist demselben unentbehrlich. Dieses Buch nimmt daher eine Sonderstellung ein und tritt in Gegensatz zu den vier folgenden, in welchen die eigentliche Astrologie behandelt ist. Von denselben schildert das zweite den astrologischen Himmel, das dritte und vierte führen in die praktische Anwendung der Astrologie ein. Die Theorie stützt sich auf die Sternbilder des Tierkreises. Damit hätte der Dichter, wie er selbst sagt, schliessen können; allein er wendet sich jetzt auch zu den übrigen Gestirnen. Als Manilius an die Ausarbeitung seines Gedichts schritt, wünschte er sich ein hohes und friedliches Alter (1, 115), um das Ziel, das er sich gesteckt, zu erreichen. Aber so, wie das Gedicht uns jetzt vorliegt, ist dasselbe nicht vollendet. Einige Ankündigungen des Dichters sind nicht erfüllt, das fünfte Buch lässt einen ganzen Teil vermissen; im Eingang verspricht der Dichter, die Wirkungen der Gestirne beim Aufgang und beim Untergang zu schildern (28), allein von den untergehenden Gestirnen ist keine Rede. Dann hatte der Dichter noch die Absicht gehabt, von den Planeten zu reden (2, 965; 3, 581), auch

1) 2, 57 nostra loquar; nulli vatum debebimus ora, nec furtum, sed opus veniet, soloque volamus in caelum curru, propria rate pellimus undas.

2) 3, 39 ornari res ipsa negat, contenta

doceri; ganz streng hat der Dichter den
Satz nicht innegehalten; vgl. Boll, Fleckeis.
Jahrb. Supplementbd. 21 (1894) p. 232; auch
Lanson, p. 69.

diese Absicht blieb unausgeführt.1) Sonach ist das Wahrscheinlichste, dass er durch den Tod an der Vollendung des Ganzen verhindert wurde. Aber trotzdem wir einen Torso in dem Gedichte haben, übt derselbe doch eine grosse Anziehungskraft auf uns aus. Was uns für die Schöpfung des Dichters in hohem Grade einnimmt, ist die hohe Begeisterung, die ihn für seine Weltanschauung erfüllt. Der Stützpunkt dieser Weltanschauung ist der Gedanke von der Einheit der Welt und die Überzeugung, dass alles im Universum an eine feste Ordnung gekettet ist. Es ist der göttliche Geist, der das All belebend durchdringt; derselbe hat auch die Schicksale des Menschen geordnet, indem er sie von den Sternen abhängig macht (3, 58). Dort ist ja der Sitz der Gottheit. Der Himmel ist sonach unser Vater, mit ihm sind wir durch ein unlösbares Band verknüpft. Es ist eine Doppelwelt, die himmlische hat ihr Abbild in der irdischen. Alles ist daher unabänderlichen Gesetzen unterworfen:2)

Alles gehorcht dem Geschick und beugt sich dem festen Gesetze. Dieser Fatalismus schliesst alle Freiheit des Menschen aus. Derselbe kann nichts anderes thun, als die Sterne über sein Geschick befragen. Durch diese Erkenntnis wird er gottähnlich und erhebt sich hoch über die Tiere.

Es lässt sich nicht leugnen, dass diese Anschauung poetisch verwertbare Elemente in sich schliesst, und dass Manilius es verstanden hat, dieselben zur Geltung zu bringen.3) Auf Goethe haben die Worte des Dichters:') Wem ist vergönnt, wenn der Himmel nicht will, in den Himmel zu schauen, Wer kann finden den Gott, wenn göttliches Wesen ihm fremd ist?

den tiefsten Eindruck gemacht.5) Nicht selten erinnert uns die grosse Eindringlichkeit, mit der er seine Sätze vorträgt, an seinen berühmten Vorgänger Lucrez. 6) Auch für die Belebung seines Stoffes sorgt der Dichter; durch glänzende Prooemien und durch herrliche Schilderungen von den verschiedenen Charakteren und Bestrebungen der Menschen")

1) Vgl. Bechert, De M. Manil. emendandi ratione (Leipz. Stud. 1 (1878) p. 18): ,neque illa pars, quae ad occidentia spectat sidera, quam in sexto libro a poeta esse absolutam a probabilitate non videtur abhorrere, neque haec planetarum doctrina usquam legitur, quamquam omnia illa olim in Manilianis codicibus scripta fuisse eo evincitur, quod Firmicus Maternus, quem extremos Manilii libros, quamquam fonte nusquam indicato, sedulo exscripsisse constat, etiam illos, cum septimum et octavum matheseos libros scriberet, ante oculos habuit." Allein diese von Scaliger herrührende Ansicht ist nicht wahrscheinlich. (Woltjer p. 48.) Bechert (De M. Manilio astronom. poeta, p. 20) selbst gibt beide Möglichkeiten zu.

2) 4, 14 fata regunt orbem, certa stant omnia lege.

3) Selbst Lanson, der den Dichter zu einem scholasticus stempeln möchte, muss das poetische Talent desselben anerkennen (p. 97). Vgl. auch Biese, Die Entwickl. des Naturgefühls bei den Römern, Kiel 1884, p. 120.

4) 2, 115 quis caelum possit nisi caeli munere nosse et reperire deum, nisi qui pars ipse deorum est?

5) Als Goethe am 4. September 1784 den Brocken bestieg, schrieb er in das Fremdenbuch den Vs. quis caelum etc. Goethes Briefe an Frau v. Stein hsg. von A. Schöll, 2. Aufl. von Fielitz, 2 (Frankf. a. M. 1885) p. 590.

6) Boissier, La religion romaine 2, Paris 1884, p. 166. Auch direkte Beziehungen zwischen Manilius und Lucrez lassen sich nachweisen; so wird Manilius in der Schilderung der Pest (1, 884) Lucrez vor Augen gehabt haben. Andererseits trifft die Polemik des Manilius gegen die Atomenlehre (1, 483) ebenfalls den Lucrez.

7) Vgl. z. B. über den Pantomimen 5, 479 und über den Stenographen (4, 197): hinc et scriptor erit velox, cui littera verbum est, | quique notis linguam superet cursimque loquentis excipiat longas nova per compendia

voces.

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