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facsimile of the Harleian Ms. by W. Peterson, Oxford 1891 (reichhaltig); vgl. dazu F. Meister, Berl. philol. Wochenschr. 1892 Sp. 782; kleinere Ausg., Oxford 1892.

Uebers. von Bossler und Baur, Stuttg. 1863, 64 (Metzler); B. 10 von Chr. G. Herzog, Leipz. 1829; Alberti (s. bei den Ausg.); H. Bender, Berl.2 1890.

484. Charakteristik. Wenn je ein Mensch mit tiefer Begeisterung und warmer Liebe sein Fach umfasste, so war es Quintilian. Die Redekunst ist für ihn die Krone des menschlichen Daseins; sie schliesst in sich die moralische Vollkommenheit; denn er hält fest an der catonischen Definition des Redners, welche auch die sittliche Tüchtigkeit von diesem verlangt. Diese ist aber einmal notwendig, weil mit der Beredsamkeit der grösste Missbrauch getrieben werden kann, dann aber auch, weil ein schlechter Mensch es gar nicht zu einem vorzüglichen Redner zu bringen vermag. Ohne Zweifel liegt in der letzten Behauptung eine Uebertreibung, und aus der Mühe, welche sich Quintilian gibt, um seinen Gedanken plausibel zu machen, geht klar die Unhaltbarkeit desselben hervor. Auch harmonieren durchaus nicht alle Lehren, z. B. die von den Beschönigungsmitteln, mit dieser Anschauung; Konzessionen sind unvermeidlich. Bei der ungeheueren Bedeutung, die er seiner Kunst beimisst, ist es selbstverständlich, dass er ihre Erlernung als eine eminent wichtige Sache hinstellt und daher derselben einen viel grösseren Rahmen gibt als die gewöhnlichen Rhetoren; die Aneignung der Rhetorik muss sich ihm prinzipiell zu einer den ganzen Menschen erfassenden Ausbildung gestalten.1) Die pädagogischen Winke, die er für die erste Erziehung gibt, sind höchst beachtenswert. Das System der eigentlichen Rhetorik, das er in seinem Lehrgang entwickelt, beruht auf eifrigem Studium der vorhandenen rhetorischen Lehrschriften und auf einer zwanzigjährigen Erfahrung. Der Standpunkt, den er in der Frage nach der Bedeutung der rhetorischen Gesetze einnimmt, ist der theodorische; er leugnet demgemäss die Allgemeingültigkeit der Vorschriften und ist der Ansicht, dass dieselben nach den verschiedenen Lagen des Falls modifiziert oder auch vernachlässigt werden können. Er ist kein Freund der starren Schultheorie und schwört nicht auf ein Schulhaupt. Er zieht vielmehr verschiedene Rhetoren zu Rat und wahrt sich seine Selbständigkeit. Bei diesem eklektischen Verfahren musste die strenge Folgerichtigkeit des Systems oft zu Schaden kommen. Und in der That liegt die Stärke des Schriftstellers durchaus nicht in dem Ausbau nach der Seite der Theorie; der alte, erprobte Lehrer lässt niemals die praktischen Gesichtspunkte ausser Acht, für ihn haben die Anweisungen nur insofern Wert, als sie zur Erreichung des vorgesteckten Zieles führen. Gern erläutert er seine Vorschriften durch Beispiele aus den Reden der klassischen Zeit. Kein Redner steht ihm. aber höher als Cicero; ihn führt er daher am liebsten als Zeugen an. Besonders ist es der Stil, der seine Bewunderung erregt und ihn zu dem Ausspruch veranlasst, dass der von seinen Fortschritten überzeugt sein könne, der an Cicero Geschmack gefunden hätte. In Anlehnung an diesen unsterblichen Redner verfolgt er durch sein Werk noch das Ziel, dem verdorbenen Modestil mit seinen zerhackten und zugespitzten Sätzen ent

1) Er scheint hierin an Plinius einen Vorgänger gehabt zu haben; vgl. unten § 494, 4.

gegenzutreten. Und seine eigene Darstellung liefert den vollgültigen Beweis, dass es möglich war, diesen durch Zurückgehen auf Cicero zu regenerieren, ohne in sklavische Nachahmung zu verfallen. Quintilian schreibt ein ruhig dahinfliessendes und durch mannigfache Bilder aus den verschiedenen Sphären des Lebens gehobenes Latein, das uns nach einer Senecalektüre mit wahrem Behagen erfüllt. Aber was uns die Beschäftigung mit ihm noch besonders anziehend macht, ist, dass wir in dem Autor auch den Menschen lieben können. Wir fühlen uns von seinem edlen, gemütvollen Wesen angezogen und freuen uns der liebevollen Unterweisung des alten Lehrers. Jedermann wird dem Urteil des grossen Meisters der römischen Geschichtschreibung beistimmen, der den Rhetor die Perle der spanisch-lateinischen Schriftstellerei nennt und seine Arbeit also charakterisiert: Sein Lehrbuch der Rhetorik und bis zu einem Grade der römischen Litteraturgeschichte ist eine der vorzüglichsten Schriften, die wir aus dem römischen Altertum besitzen, von feinem Geschmack und sicherem Urteil getragen, einfach in der Empfindung wie in der Darstellung, lehrhaft ohne Langweiligkeit, anmutig ohne Bemühung, in scharfem und bewusstem Gegensatz zu der phrasenreichen und gedankenleeren Modelitteratur. Nicht am wenigsten ist es sein Werk, dass die Richtung sich wenn nicht besserte, so doch änderte. An inniger Liebe zu der eigenen Litteratur und an feinem Verständnis derselben hat nie ein Italiener es dem calagurritanischen Sprachlehrer zuvorgethan.“1)

Quintilians rhetorischer Standpunkt. 2, 13, 2 erat rhetorice res prorsus facilis ac parva, si uno et brevi praescripto contineretur: sed mutantur pleraque causis, temporibus, occasione, necessitate. Atque ideo res in oratore praecipua consilium est, quia varie et ad rerum momenta convertitur... (5) prooemium necessarium an supervacuum, breve an longius, ad iudicem omni sermone derecto an aliquando averso per aliquam figuram dicendum sit, constricta an latius fusa narratio, continua an divisa, recta an ordine permutato, causae docebunt. Itemque de quaestionum ordine, cum in eadem controversia aliud alii parti prius quaeri frequenter expediat. Neque enim rogationibus plebisve scitis sancta sunt ista praecepta, sed hoc, quidquid est, utilitas excogitavit. Vgl. § 337.

Quintilians stilistischer Standpunkt. 10, 1, 112 hunc (Ciceronem) spectemus, hoc propositum nobis sit exemplum, ille se profecisse sciat, cui Cicero valde placebit; 2, 5, 22 ne recentis huius lasciviae flosculis capti voluptate prava deleniantur, ut praedulce illud genus et puerilibus ingeniis hoc gratius, quo propius est, adament; 5, 12, 20 eloquentiam, licet hanc (ut sentio enim, dicam) libidinosam resupina voluptate auditoria probent, nullam esse existimabo, quae ne minimum quidem in se indicium masculi et incorrupti, ne dicam gravis et sancti viri ostentet; 8, 5, 34 si necesse sit, veterem illum horrorem dicendi malim quam istam novam licentiam. Sed patet media quaedam via. Ueber seine Beurteilung Senecas vgl. oben p. 314. Ueber die stilistischen Bestrebungen Quintilians vgl. besonders Norden, Die antike Kunstprosa 1, Leipz. 1898, p. 269. Bonnell, De grammatica Quintilianea (6. Bd. der Ausg. von Spalding, p. 21); vgl. auch dessen Einl. zum 10. Buch. Törnebladh, De elocutione Quintiliani quaest., Upsala 1858; Voigtland, De brevitate Quintilianea, Schleusingen 1846; Marty, De Quintilianeo usu et copia verborum cum Ciceronianis potissimum comparatis, Glaronae 1886; Dosson, Remarques sur la langue de Quintilien, in seiner Ausg. des 10. Buches; Peterson, Ausg. des 10. Buches, Introd. p. XXXIX Style and Language.

....

Quintilians Eklektizismus. 3, 1, 5 hic liber pleraque non inventa per me, sed ab aliis tradita continebit.... 22 non tamen post tot ac tantos auctores pigebit meam quibusdam locis posuisse sententiam. Neque enim me cuiusquam sectae velut quadam superstitione imbutus addixi, et electuris quae volent facienda copia fuit, sicut ipse plurium in unum confero inventa, ubicumque ingenio non erit locus, curae testimonium meruisse contentus;

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3, 4, 12 nobis et tutissimum est auctores plurimos sequi et ita videtur ratio dictare. Dass auch die Erfahrung verwertet wird, zeigt 6, 2, 25 eruere in animo est, quae latent et penitus ipsa huius loci aperire penetralia, quae quidem non aliquo tradente, sed experimento meo ac natura ipsa duce accepi.

Die ethische Grundlage. 12, 1, 1 sit nobis orator, quem constituimus, is qui a M. Catone finitur, vir bonus, dicendi peritus, verum, id quod et ille posuit prius et ipsa natura potius ac maius est, utique vir bonus .... (3) neque tantum id dico, eum, qui sit orator, virum bonum esse oportere, sed ne futurum quidem oratorem nisi virum bonum; über den stoischen Charakter dieser Definition vgl. Arnim, Leben und Werke des Dio von Prusa, Berl. 1898, p. 91; Radermacher, Rhein. Mus. 54 (1899) p. 286. Vgl. noch 1 prooem. 9 f.; 2, 15, 1; 2, 15, 33; 2, 16, 11; 2, 20, 4; die Begründung 2, 20, 8; 12, 7, 7 (non convenit ei, quem oratorem esse volumus, iniusta tueri scientem). Doch vgl. 2, 17, 27 et mendacium dicere etiam sapienti aliquando concessum est, et adfectus, si aliter ad aequitatem perduci iudex non poterit, necessario movebit orator; 36 non semper autem ei, etiamsi frequentissime, tuenda veritas erit, sed aliquando exigit communis utilitas, ut etiam falsa defendat.

Die Quellen Quintilians können nur durch eine Aufrollung der gesamten rhetorischen Litteratur festgestellt werden. Untersuchungen, die in einem engeren Rahmen sich bewegen, führen selten zu ergiebigen Resultaten. Ueber das Verhältnis des Dionysius Halic. und Quintilians vgl. H. Usener, Dionysii Halic. libr. de imitatione rel. epistulaeque crit. duae, Bonn 1889, p. 114: fieri nequit ut a Dionysii de imitatione libro Quintilianus pendeat; vgl. auch p. 132; Peterson, Ausg. des 10. Buches, p. XXX. Ueber Chrysippos von (negi naidov dywys) als Quelle Quintilians (und Ps. Plutarchs) vgl. Gudeman, Tacit. dial. de or., Boston 1894, Proleg. p. XCIX; A. Dyroff, Die Ethik der alten Stoa (Berl. Stud. für klass. Philol. und Archaeol. 2. Bd. 2.-4. H. 1897, p. 247; 265). Ueber die grammatischen Quellen des ersten Buches vgl. die Zusammenfassung von Nettleship (Lectures and essays, Second series, Oxford 1895, p. 169), der als Quelle für cap. 4-5 § 54 Remmius Palaemon, 5 § 54-56 und § 27 die Bücher dubii sermonis des Plinius, 7 § 1-28 Verrius Flaccus annimmt. Ueber das Verhältnis des Verrius Flaccus zu Quintilian vgl. besonders Mackensen, De Verrii Flacci libr. orthographicis, Leipz. 1896, p. 41. Ueber die Quelle des 12. Buches vgl. Radermacher, Eine Schrift über den Redner als Quelle Ciceros und Quintilians (Rhein. Mus. 54 (1899) p. 287). Ueber das Verhältnis Quintilians zu Celsus vgl. oben p. 328; über Palaemon als Quelle Quintilians vgl. oben p. 334; über Rutilius Lupus vgl. § 480.

Litteratur über die Quellen Quintilians. F. Meister, Quaest. Quintil., Liegnitz 1860; Babucke, De Quintil. doctrina et studiis, Königsberg 1866; Claussen, Quaest. Quintil. (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 6 (1872/73) p. 339); Morawski, Quaest. Quintil., Berl. 1874; Steffen, De canone qui dic. Aristophanis et Aristarchi, Leipz. 1876, p. 27; Teichert, De fontibus Quintil. rhetoricis, Königsb. Diss. 1884.

485. Die zwei Sammlungen der quintilianischen Deklamationen. Von dem Studium der Rhetorik ist die Uebung unzertrennlich. Dass Quintilian als Lehrer der Rhetorik auch Uebungen in fingierten Reden vornahm, kann gar keinem Zweifel unterliegen. Es kursieren nun unter seinem Namen zwei getrennt voneinander überlieferte Sammlungen von Deklamationen; die eine enthält 19 Stücke, die andere umfasste ursprünglich 388 Stücke, erhalten sind aber nur 145, da die Kollektion mit Nr. 244 beginnt. Die 19 Stücke geben uns vollständige, durch alle Teile hindurchgeführte Schulreden (daher die grösseren quintilianischen Deklamationen genannt), die 145 Stücke dagegen nur Skizzen (daher die kleineren quintilianischen Deklamationen genannt). Das zweite Corpus zeigt ferner noch die Eigentümlichkeit, dass es neben den rednerischen Skizzen auch in der Regel noch Anweisungen (sermones) über die Behandlung des Thema und über einzelne Punkte gibt. Diese Erläuterungen führen uns zum Ursprung der Sammlung, sie weisen deutlich auf die Schule hin, wir vernehmen einen Lehrer, der sich an einen bestimmten Kreis von Zuhörern wendet. So wie sich uns jetzt dieses zweite Corpus darstellt, war es keineswegs von Haus aus für die Herausgabe bestimmt, es fehlt eine planmässige Anordnung der Themata, auch die sermones lassen die Rücksicht auf buchmässige Veröffentlichung vermissen, sie tragen einen zwanglosen Charakter

an sich. Wir werden daher anzunehmen haben, dass diese Sammlung von einem Zuhörer nach Schulvorträgen herausgegeben wurde. Damit erhalten wir auch den Schlüssel zum richtigen Verständnis des Werkes. Die schriftliche Fixierung von Vorträgen und Unterweisungen kann sich, da sie nur den Zweck hat, das Gehörte zu befestigen, Lücken, aphoristische Bemerkungen, Stichworte 1) gestatten. Die in beiden Sammlungen behandelten Themata sind ganz von derselben Art wie diejenigen, welche wir aus Seneca kennen. Sie haben nichts mit dem wirklichen Leben zu thun, es sind Phantasmata, welche den Scharfsinn zwar anregen können, die aber zugleich die Natürlichkeit des Denkens und der Sprache zerstören.

Die kleineren Deklamationen keine Excerpte. Die Ansicht, dass uns in den kleineren Deklamationen Excerpte eines vollständigeren Werkes vorliegen, sprechen aus Const. Ritter, Die Quintil. Deklam., p. 247, mit näherer Begründung Trabandt, De min. declam., Greifsw. 1883, p. 32. Allein bei der von uns dargelegten Entstehungsweise der Sammlung erscheint diese Annahme nicht geboten zu sein.

Zur Charakteristik der Deklamationen. Ueber die grösseren Deklamationen äussert sich Dessauer (Die handschr. Grundlage der 19 Declam., p. 102) also: Es gibt wohl keine zweite Litteraturgattung mehr, welche mit einer so bis ins Einzelnste ausgearbeiteten Technik und so bestimmten, conventionellen und zugleich raffinierten Kunstmitteln ihre innere Hohlheit zu verdecken sucht, als diese sophistische Schulrhetorik der Kaiserzeit. Unsere Declamationen aber als die einzige Sammlung ganzer, nicht bloss excerpierter Schulreden in lateinischer Sprache aus jener Zeit beanspruchen nicht bloss ein sprachliches Interesse. Die behandelten Stoffe sind freilich Erfindungen und Ausgeburten einer oft tollen Phantasie, aber der Berührungen mit dem wirklichen Leben finden sich genug. In den Declamationen spiegeln sich mehr, als man vielleicht denken könnte, der Kulturzustand und die ethischen Anschauungen der Zeit. Die Verquickung thatsächlicher Rechtsverhältnisse mit fingierten Gesetzen, römischer und griechischer Rechtsnormen aus früher Vergangenheit mit Einrichtungen der Gegenwart, der in den Declamationen zu Tage tretende Gegensatz zwischen dem Formalismus des bestehenden Rechtes und dem allgemeinen Rechtsgefühl sind wohl genauerer Untersuchung wert. Aber auch der ganze Wunder- und Aberglaube jener Zeit (zwei bez. drei Declamationen (X und XIV, XV) hat herangezogen Le Blant, Sur deux déclamations attribuées à Quintil., Note pour servir à l'histoire de la magie, Paris 1895, Extrait des Mémoires de l'acad. des inscript. et belles lettres, tome XXIV 2 me partie), die sittlichen Zustände, wirtschaftliche und civilrechtliche Verhältnisse werden mannigfach behandelt und erfahren im Munde der Declamatoren eine oft eigenartige Beleuchtung."

Diese

Die Ueberlieferung der grösseren Deklamationen. Nachdem C. Hammer (Beitr. zu den 19 gröss. quintil. Deklamationen, München 1893) das Studium der Ueberlieferung der grösseren Deklamationen eingeleitet hatte, führte der leider zu früh verstorbene Dessauer, der auf meine Anregung hin den gesamten handschriftlichen Bestand in den verschiedenen Bibliotheken Europas untersuchte, dasselbe zum Abschluss (Die handschriftliche Grundlage der 19 grösseren pseudoquintilian. Declamationen, Leipz. 1898). Derselbe hat folgende vier Handschriften als massgebend erkannt (p. 68): Bambergensis M IV 13 s. X; Vossianus in quarto 111 s. X in Leyden; Parisinus 16230 s. XIV, in der Nationalbibliothek, früher im Besitz des Kardinals Richelieu; Sorbonniensis 629 s. XV. 4 Handschriften bilden 2 Klassen, eine ältere und eine jüngere; die erste wird gebildet durch den Bambergensis und Vossianus, die zweite durch den Parisinus und den Sorbonniensis. Für den fehlenden Anfang des Vossianus tritt als Ersatz ein der BodleianusSeldensis 36 s. XII, eine getreue Kopie des Vossianus. Die beiden Klassen weichen dadurch von einander ab, dass die zweite Klasse eine gleiche von den übrigen Handschriften abweichende Reihenfolge der Deklamationen darbietet (p. 21). Die zwei Florilegien, welche aus den Deklamationen gemacht wurden, sind für die Recensio bedeutungslos (p. 61). Auch die Excerpte, über welche zu vgl. Wilamowitz, Hermes 11 (1876) p. 118; Hammer, Beitr. p. 31, führen uns nicht über die Handschriften hinaus (p. 65). Die Ueberlieferung geht auf einen durch Glosseme und kleinere Lücken entstellten Archetypus zurück, über den uns folgende Subskriptionen belehren. Im Bambergensis lesen wir nach decl. XVIII: descripsi et emendavi Domitius Dracontius de codice fratris Hieri feliciter mihi et usibus meis et dis (vielleicht discipulis mit Haase, Ind. lect. Breslau 1860, p. 6, oder doctis mit Rohde bei Ritter p. 207) omnibus; vgl. Hammer, Beitr. p. 26; im Parisinus heisst es

1) Vgl. nr. 315.

nach decl. X: legi et emendavi ego Dracontius cum fratre ierio (? vgl. Ritter p. 205) incomparabili. (? Ritter p. 205) arrico (grammatico Rohde bei Ritter p. 206; anders Dessauer p. 81) urbis rome in scola fori Traiani. feliciter. Vgl. auch Dessauer p. 80. Der genannte frater Hierius ist wohl identisch mit dem Hierius, dem Augustin seine Schrift De pulchro et apto ums J. 379 gewidmet hat (Rohde bei Ritter p. 207). Einen gegen Ende des 5. und Anfang des 6. Jahrh. lebenden Hierius lernen wir bei K. Seitz, Die Schule von Gaza, Heidelberg 1892, p. 15 kennen; an einen Hierius Romaicus in Antiochia ist ein Brief Prokops von Gaza (Krumbacher, Gesch. der byzantin. Litt., München 1897, p. 125) gerichtet; aus dem Beinamen schliesst Seitz, dass er identisch ist mit dem Lehrer der lateinischen Sprache in Gaza, den Prokop dem Anwalt Eudaimon als Klient empfiehlt". Die grösseren Deklamationen wurden bekannt, ehe man den echten Quintilian kennen lernte; Petrarca gelangte in den Besitz einer Handschrift unserer Schulreden. Nolhac, Pétrarque et l'humanisme, Paris 1892, p. 281.

Die Ueberlieferung der kleineren Deklamationen. Wir kennen drei Handschriften, den Montepessulanus 126 s. IX/X, den Monacensis 309 s. XV und den Chigianus fol. H. VIII, 261 s. XV. Alle 145 Deklamationen hat nur der Montepessulanus; der Monacensis und Chigianus beginnen erst in der Mitte der Deklamation 252 (nicht mit 244). Durch Subskriptionen werden die Deklamationen ausdrücklich dem Quintilian beigelegt; so lesen wir p. 209, 18 R., mit Hinweglassung des Unwesentlichen, im Montepessulanus: M. Fabi. | Quintil ||||| Finiunt Tractate Incipiunt Coloratae (statt ursprünglich t); fast ebenso im Monacensis und Chigianus; p. 379, 24 im Montepessulanus: M. Fabii Quintil. finiunt coloratae feliciter incipiunt eiusdem coloratae CCCLI; ähnlich der Monacensis und Chigianus. Noch von einem verschollenen Codex haben wir Kunde, von dem Codex des Campano († 1477). Auch dieser gehörte der verstümmelten Klasse an. Alle diese Handschriften führen auf einen Archetypus, der sich als eine Sammlung von Deklamationen darstellt und zwar 1. der kleineren Deklamationen, 2. der Excerpte aus Senecas Deklamationen (vgl. § 334), 3. der Auszüge aus 10 rhetores minores, beginnend mit Calpurnius Flaccus (in der Ueberschrift Incipit ex Calpurnio Flacco Excerptae, Excerpta X rhetorum minorum hat sich die allgemeine Ueberschrift hinter die erste Abteilung verirrt). In der Handschrift des Campano folgten dann Antonius Julianus und extemporaneae Quintiliani. Vgl. Fleiter, De min. declam., Münster 1890, p. 16 (gegen Ritter).

Ausg. der grösseren Deklamationen. Die erste vollständige Ausgabe stammt von Georgius Merula Alexandrinus, Venedig 1481; unveränderter Abdruck 1482. Es folgen dann mehr als ein halbes Hundert neuer Ausgaben; massgebend wurde die Burmanns, der im J. 1720 die Deklamationen in seinem Quintilian edierte. Die Zweibrückener Ausgabe (1782) und die Lemaire'sche (1821-25) bieten den Burmann'schen Text. Vgl. Dessauer p. 2. Eine neue Ausgabe ist dringendes Bedürfnis; dieselbe steht zu erwarten von Lehnert, dem die Familie Dessauer den von Hugo Dessauer gesammelten Apparat überlassen hat.

Litteratur. Enderlein, Schweinfurter Programm 1870 (daselbst die Abweichungen des Bambergensis von Burmanns Ausgabe in allerdings ungenügender Weise veröffentlicht); Const. Ritter, Die quintilianischen Deklamationen, Freib. und Tübingen 1881; Morawski, Bemerkungen zu den sogenannten quintilianischen Deklam. (Zeitschr. für die österr. Gymn. 32 (1881) p. 1); Zu lateinischen Schriftstellern (Wien. Stud. 4 (1882) p. 166); Zvěřina, Aus den sog. quintil. Deklam. (Archiv für das Stud. der neueren Sprachen und Litt. 70 (1883) p. 351).

Ausg. der kleineren Deklamationen. Die ed. princeps rührt her von Th. Ugoletus, Parma 1494; ihr folgten die des Aerodius, Paris 1563; des P. Pithoeus, Paris 15×0, diese Ausg. ist die erste vollständige, da sie sich auf den Montepessulanus stützt. Die neueste Recensio ist von Const. Ritter, M. Fab. Quintiliani declamationes quae supers. CXLV, Leipz. 1884; über die ungenaue Kollation des Montepessulanus und die Uebereilung der ganzen Ausg. vgl. K. Schenkl, Wochenschr. für klass. Philol. 1886 Sp. 73; manche Ergänzungen bietet F. Meister, Philol. Anzeiger 16 (1886) p. 125.

Ausg. der beiden Sammlungen finden sich in den Ausg. der inst. orat., wie der von J. Fr. Gronov, Obrecht und Burmann.

486. Die Unechtheit der beiden Sammlungen. In der handschriftlichen Ueberlieferung werden die beiden Sammlungen Quintilian beigelegt.1) Für die grösseren Deklamationen stehen auch noch ausdrückliche Zeugnisse zur Verfügung, für die kleineren Deklamationen könnten wir höchstens die

1) Bei den grösseren Deklamationen ergeben sich nur im Vornamen Differenzen; vgl. Ritter, Die quintil. Deklam., p. 104.

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