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zusetzen sei.1) Nach dem Abgang Jasons enthüllt sie den Plan, dass ein vergiftetes Kleid und ein vergifteter Schmuck durch die Kinder der Braut überreicht werden sollen. Die Zuschauer werden in grausigen Scenen mit den Vorbereitungen zur That bekannt gemacht; zuerst erzählt die Amme von dem Schaffen der Herrin, dann hören wir Medea selbst, wie sie ihre Beschwörungen vollzieht und zur dreigestaltigen Hekate fleht. Nachdem alles fertig ist, werden die Kinder gerufen, um die unheilbringenden Geschenke der Braut zu überbringen. Nach einem Chorlied kommt ein Bote mit der Nachricht, dass diese Geschenke den ganzen Königspalast in Brand gesteckt haben und dass Creon und Creusa umgekommen sind. Neuerdings rät die Amme zur Flucht, allein Medeas Rachsucht ist noch nicht gestillt. Der Hauptschlag muss noch erfolgen, die Ermordung ihrer beiden Söhne. Ein Monolog leitet die grausame Handlung ein, der eine Knabe wird ermordet, dann besteigt sie mit dem zweiten und der Leiche des ersten die Zinne des Hauses. Jason eilt mit Bewaffneten herbei, um die Missethäterin gefangen zu nehmen. Sie zeigt ihm den ermordeten Knaben, dann legt sie vor Jasons Augen Hand an den zweiten an. Die flehentlichsten Bitten Jasons prallen an ihrem verhärteten Gemüte ab. Als auch das zweite Kind hingeschlachtet ist, fährt sie in einem Drachenwagen durch die Lüfte.

Das Original. Das Musterstück ist die euripideische Medea. Ein Vergleich der römischen und griechischen Tragödie zeigt sofort, dass die Aegeusscene vom Römer weggelassen, dass aber dafür eine Scene, in der Medeas Giftmischerei ausführlich beschrieben wird, hinzugefügt ist. In Bezug auf die Konstruktion der Handlung ergibt sich eine wesentliche Verschiedenheit durch das Verhältnis der handelnden Personen zu den Kindern; bei Euripides bittet Medea Jason, er möge, besonders durch die Fürsprache bei seiner Braut, erwirken, dass die Kinder in Korinth bleiben dürfen; es geschieht dies, um die Rache gegen die Nebenbuhlerin mit den vergifteten Geschenken erfolgreich einleiten zu können; bei Seneca will Medea die Kinder als Genossen ihres Exils behalten, Jason dagegen sie nicht ziehen lassen. Dieser Wunsch regt Medea, nachdem sie gesehen, dass sie Jason nicht zurückgewinnen kann, ganz besonders zur Tötung der Kinder an, um die Rache gegen ihn auf die höchste Spitze zu treiben. Infolge dieser Aenderung fiel die Scene weg, in der Medea dem Jason gegenüber Ergebung in ihr Schicksal heuchelt (es genügten einige Worte vgl. Vs. 554) und ihn um Verwendung wegen der beiden Söhne ersucht. Die Tötung der Kinder lässt Seneca öffentlich und zum Teil vor Jason vollziehen. Ob diese Neuerungen von Seneca herrühren, ist zweifelhaft, denn vor ihm hatte auch Ovid eine Medea geschrieben, und es ist nahezu sicher, dass Seneca von dieser berühmten Tragödie Kenntnis genommen und Einwirkung erfahren hat (vgl. § 309), zumal sich ergibt, dass er den Ovid sehr hoch schätzte, vgl. nat. quaest. 3, 27, 13 ille poetarum ingeniosissimus; Priscian (Gramm. lat. 2 p. 333, 15) Seneca Ovidium sequens (vgl. Haase, Ausg. 3 p. 419 fragm. 4). Vgl auch oben § 309. Litteratur. W. Braun, Die Medea des Seneca (Rhein. Mus. 32 (1877) p. 68); über die Abweichungen vom Original vgl. Lindskog, Studien zum antiken Drama, II p. 9; 15; Bühler, Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten der Medea des Euripides, Seneca und Corneille, Donaueschingen 1876; Th. C. H. Heine, Corneille's Medée in ihrem Verhältnisse zu den Medeatragödien des Euripides und des Seneca betrachtet mit Berücksichtigung der Medeadichtungen Glover's, Klinger's, Grillparzer's und Legouvé's (Französ. Studien 1 (1881) 3. Heft). Analyse bei Ribbeck, Gesch. der röm. Dicht. 3 p. 60.

373. Phaedra. Die zweite Gattin des Theseus, Phaedra, wird von einer brennenden Leidenschaft zu ihrem Stiefsohn Hippolytus verzehrt. Der aber hasste das Frauengeschlecht, sein Lebenselement war der Dienst der Diana, die Jagd. An seinem keuschen Sinn musste daher die unreine Liebe der Phaedra abprallen und zu einer Katastrophe führen, welche der

1) Vs. 550: bene est, tenetur, vulneri patuit locus.

Dichter uns in diesem Stücke enthüllt. Wir sehen am frühen Morgen in Athen, wie sich Hippolytus zur Jagd rüstet. Nachdem er ausgezogen, tritt Phaedra auf und lässt uns einen Blick in ihr liebeskrankes Herz thun. Vergeblich mahnt die Amme von der unseligen Leidenschaft abzulassen, vergeblich sucht sie alle Gründe zusammen, ihre Gebieterin vermag der tobenden Leidenschaft nicht mehr Herr zu werden; als einziger Ausweg aus dem Wirrsal winkt ihr der Tod. Darob erschreckt ändert die Amme ihren Sinn, sie will selbst Hippolytus prüfen, ob er für eine Regung der Liebe noch empfänglich ist; diese Prüfung stellt aber das Gegenteil heraus; Hippolytus entwirft ein idyllisches Bild des Jägerlebens. Da naht Phaedra; sie sinkt zu Boden, Hippolytus fängt sie in seinen Armen auf. Er nennt sie Mutter, das Wort erschreckt sie, sie bittet ihn, Schwester oder noch lieber Magd zu sagen, sie will ihm folgen, wohin er nur immer geht, sie kann nicht anders, sie bekennt dem Stiefsohn ihre Liebe. Entsetzt fährt Hippolytus zurück; als die Stiefmutter noch seine Umarmung sucht, zieht er das Schwert gegen sie; da Phaedra aber den Tod von seiner Hand als überglücklich preist, lässt er sie los und wirft das Schwert weg. Der Wendepunkt der Handlung ist eingetreten; wie ein Blitz fährt der Gedanke: „das eine Verbrechen muss das andere verschleiern" der Amme durch den Kopf; sie schreit, ihrer Herrin sei von Hippolytus Gewalt angethan worden, er sei entflohen und habe in der Eile sein Schwert zurückgelassen. In diese Aufregung fällt das Erscheinen des Theseus, der von seiner Fahrt in die Unterwelt zurückkehrt. Ihm klagt Phaedra die ihr widerfahrene Schmach, da fleht Theseus zu seinem Vater Neptun, der ihm die Gewährung dreier Wünsche zugesichert hatte, über Hippolytus noch heute den Tod zu verhängen. Nur zu schnell wird diese Bitte erfüllt. Ein Bote meldet, Hippolytus hätte zu Wagen das Land verlassen wollen, als er an das Meer gekommen, sei plötzlich ein Ungeheuer aufgetaucht, die Pferde seien scheu geworden, hätten Hippolytus herausgeworfen und elendiglich zerrissen. Als Phaedra die zerfleischte Leiche sieht, lodert nochmals die Flamme der Leidenschaft auf; sie will mit dem Geliebten wenigstens im Hades vereint sein. Sie gesteht ihre Verleumdung ein, dann gibt sie sich den Tod.

vor.

"

Das Original. Vergleichen wir die Phaedra Senecas mit dem erhaltenen Innóλvros oregavηgogos des Euripides, so erkennen wir sofort, dass das römische Stück auf einer ganz anderen Grundlage ruht. Während bei Euripides die Liebe der Phaedra zum Hippolytus durch die Amme kundgegeben wird, gesteht bei Seneca Phaedra ihre Liebe dem Stiefsohn selbst, und während dort Theseus die Phaedra mit einem Briefe, in dem sie Hippolytus fälschlich anschuldigt, erhängt vorfindet, bringt sie hier ihre Anklage persönlich Bei Seneca entdeckt Phaedra die Unschuld des Hippolytus, bei Euripides Artemis. Die Phaedra in dem römischen Stück ist daher wesentlich anders geartet als die in dem griechischen. Nun ist bekannt, dass vor dem Ιππόλυτος στεφανηφόρος Euripides einen Ιππόλυτος καλυπτόμενος geschrieben, dass dieser aber sich dadurch von dem anderen Stück unterschied, dass Phaedra ihre Liebe offen dem Stiefsohn bekannte und infolgedessen ihr Charakter frecher gestaltet werden musste (vgl. fr. 433 und 436 mit den Schlussworten des Arguments). Es ist klar, dass Seneca dieser Auffassung der Phaedra folgt; er wird daher an den Íлnóλvros zahvaτóuevos sich angeschlossen haben, wie Ovid in der 4. Heroide (vgl. F. Leo, Ausg. 1 p. 173; Kalkmann, De Hippolytis Euripideis p. 24), nicht aber an die sophokleische Phaedra.

Politische Anspielungen. Walther Ribbeck, Phaedra und Messalina (Preuss. Jahrb. 94 (1898) p. 516) erkennt mit Recht in dem Chorgesang Vs. 981 f. vincit sanctos dira libido, fraus sublimi regnat in aula, | tradere turpi fasces populus | gaudet, eosdem

colit atque odit. | Tristis virtus perversa tulit | praemia recti: castos sequitur | mala paupertas vitioque potens | regnat adulter Anspielungen auf Messalina und ihren Buhlen C. Silius, der das Konsulat bekleidete; in dem Gegenbild spiegle sich ferner das Los des auf Corsica in Verbannung lebenden Seneca. Weniger zwingend ist die Beziehung des Chorgesangs Vs. 1123 auf das Geschick der Messalina.

Litteratur. Swahn, De Hippolyto Senecae fab., Holm 1857; E. Hiller, De Sophoclis Phaedra et de Euripidis Hippolyto priore (Liber miscellaneus ed. a soc. philol., Bonn 1864, p. 47); Crivellari, Ippolito, tragedia di A. Sen., Padua 1889; Lecoutourier, Examen de l'Hippolyte d'Euripide, de l'Hippolyte de Sénèque et de la Phèdre de Racine, Paris 1818. Analyse bei Ribbeck, Gesch. der röm. Dicht. 3 p. 59.

374. Oedipus. Mit einer Klage des Oedipus über die Pest beginnt die Handlung. Jocaste spricht einige Worte der Ermutigung. Auch das Chorlied bewegt sich in der Schilderung des schweren Unglücks. Da kommt Creon von Delphi und bringt den Orakelspruch, der befiehlt, dass der Mörder des Laios aus Theben vertrieben werde. Oedipus spricht seinen Fluch über diesen aus und schwört, dass er der verdienten Strafe nicht entgehen solle. Der Seher Tiresias naht mit seiner Tochter Manto. Sogleich fordert ihn Oedipus auf, den Thäter zu bezeichnen. Unter des Tiresias Leitung trifft Manto die Anstalten zum Opfer, allein dessen Anzeichen fallen äusserst ungünstig aus. Tiresias erkennt, dass ein anderer Weg zur Erforschung der Wahrheit einzuschlagen sei, dass man die Unterwelt befragen müsse. Creon, der den Tiresias zu diesem Werk begleitet hatte, kehrt zurück und erzählt die grausige Beschwörungsscene. Laios war ihnen erschienen und hatte Oedipus als seinen Mörder und als Teilhaber des mütterlichen Ehebetts erklärt. Als Oedipus diese Worte vernahm, zweifelte er nicht einen Augenblick daran, dass ein Komplott von Tiresias und Creon geschmiedet worden sei, um ihn von der Herrschaft zu verdrängen und Creon zum König zu machen; er liess daher diesen festnehmen. Allein die Angst und Unruhe wollte seitdem nicht mehr von seiner Seele weichen, er grübelt und erinnert sich, dass er an einem Dreiweg in Phokis einen Mann erschlagen, er forscht Jocaste aus. Die näheren Umstände stimmen auffällig. Da naht ein Greis aus Korinth und meldet, dass König Polybus gestorben und dass Oedipus zu seinem Nachfolger bestimmt sei. Als er Bedenken äusserte wegen eines Orakelspruchs, nach dem er das mütterliche Ehebett beflecken werde, eröffnet ihm der Korinther, dass Merope gar nicht seine Mutter, Oedipus vielmehr untergeschoben sei. Auf weitere Fragen hin erzählt der Greis, dass ihm vor Jahren Oedipus als Kind von einem königlichen Hirten auf dem Cithaeron übergeben worden sei. Jetzt ist das Entsetzliche nur noch durch einen dünnen Schleier verhüllt. Es bleibt bloss übrig, jenen Hirten herbeizurufen. Der alte Phorbas, der einst über die königlichen Herden gebot, erscheint, und damit kommt die volle Wahrheit an den Tag, dass Oedipus der Mörder seines Vaters und der Gemahl seiner Mutter ist. Ein Bote erzählt, dass Oedipus sich die Augen ausgestochen. Jocaste stösst angesichts des geblendeten Oedipus das Schwert in ihren unseligen Leib.

Das Original ist der König Oedipus des Sophokles. Oedipum ita contraxit ut in 1060 versibus cantica 330 versus complectantur, sacrificium et necromantia 230, ut ipsi fabulae 500 versus relinquantur" (F. Leo, Ausg. 1 p. 163). Die Hauptabweichung vom Original knüpft sich an die Person des Sehers Tiresias. Bei Sophokles wird er herbeigerufen, um mit seiner Seherkunst den Mörder des Laios ausfindig zu machen, bei Seneca dagegen kommt er von selbst und zwar mit seiner Tochter Manto. Bei Sophokles verkündet der Seher sofort nach

einem Wortwechsel, dass Oedipus der Mörder des Laios ist, bei Seneca ist erst eine längere Procedur nötig, ein Opfer und dann die Beschwörung der Unterwelt. Diese Abweichung hat natürlich darin ihren Grund, dass der Dichter zwei grausige Scenen erhalten will. Auch am Schluss hat das Streben nach starken Effekten den Nachdichter verleitet, noch eine letzte Zusammenkunft des Geblendeten und der Jocaste stattfinden und die Jocaste vor unseren Augen sterben zu lassen. Beide Neuerungen sind eine Verschlechterung des Originals; überhaupt steht die Kopie weit zurück, da sie die psychologische Entwicklung, die wir bei Sophokles so sehr bewundern, in den Hintergrund stellt. Ueber das Verhältnis Senecas zu Sophokles vgl. Fr. Strauss, Zeitschr. für österr. Gymn. 1892 p. 734; Lindskog, Studien zum antiken Drama, II p. 12.

Litteratur. J. Köhler, Senecae tragoedia quae Oedipus inscribitur cum Sophoclis Oedipo rege comparata, Neuss 1865; W. Braun, Der Oed. des Sen. in seinen Beziehungen zu den gleichnamigen Stücken des Sophokles und Euripides und zu Statius Thebais (Rhein. Mus. 22 (1867) p. 245). Eine Analyse der beiden Dramen stellt gegenüber Nisard, Etudes sur les poètes latins, 1, Paris 1878, p. 142-198; Analyse des Stücks von Seneca bei Ribbeck, Gesch. der röm. Dicht. 3 p. 69.

375. Agamemnon. Das Stück, das in Mycenae spielt, hat einen ähnlichen Eingang wie der Thyestes, es tritt zuerst ein Schatten auf und zwar der des Thyestes. Er gedenkt seiner Greuelthaten und verkündet das Unheil, das über Agamemnon hereinbricht. Nach einem Chorlied über das Glück der goldnen Mittelstrasse erscheint Clytaemnestra. Sie ist zum Verbrechen, zur Rache an Agamemnon entschlossen, die Amme wehrt in eindringlicher Weise ab. Als daher Aegisthus eingreift, zeigt Clytaemnestra sich schwankend, schliesslich aber erklärt sie doch, mit Aegisthus im Stillen die Sache überlegen zu wollen. Ein Krieger aus dem Heere des Agamemnon meldet in jubelnder Erregung die Ankunft des Königs; er erzählt der Freude heuchelnden Clytaemnestra, welche grosse Gefahren sie auf dem Meere überstanden haben; jetzt erscheint der Chor der gefangenen Troerinnen, darunter Cassandra, welche als Beute Agamemnon anheimfiel. Sie gerät in Verzückung und erhält eine Vision, in der ihr Sehermund verkündet, dass noch heute derselbe Kahn den Sieger und die Besiegten in Hades' Reich geleiten werde (753). Da naht der König selbst. Nach einem neuen Gesang der Troerinnen überkommt Cassandra wiederum eine Vision, ihr Geist weilt in den Gemächern des Königspalastes, und sie sieht, wie Agamemnon hingeschlachtet wird. Da stürzt Electra in höchster Angst mit Orestes heraus. Sie erblickt den Phoker Strophius, der gekommen war, Agamemnon zu begrüssen, und bittet ihn, Orestes zu verbergen. Strophius eilt mit Orestes und Pylades von dannen. Die jetzt auftretende Clytaemnestra und Aegisthus bestürmen Electra, den Aufenthaltsort des Orestes anzugeben. Diese verweigert standhaft die Antwort, Aegisthus droht ihr die schrecklichsten Strafen an, an einem von Mycenae entfernten Ort soll sie in ein finsteres Gemach eingeschlossen werden, sie wird durch Schergen abgeführt. Nun ist es Zeit, auch der Cassandra den Todesstoss zu versetzen. Mit dem Befehl der Clytaemnestra hiezu endigt das Stück.

Die Echtheitsfrage. Der Agamemnon wurde bezüglich seiner Echtheit in Zweifel gezogen; man hat auf sprachliche, metrische Verschiedenheiten und auf den doppelten Chor hingewiesen. Eine genaue Untersuchung der ganzen Frage hat F. Leo angestellt, Ausg. 1 p. 89-134. Er kommt durch eine eingehende Prüfung der vier Gesänge Agam. 589-636; 808-866 Oedip. 403-508; 709-763 zu dem Ergebnis, dass dieselben von einem und demselben Dichter herrühren müssen, dass man sonach, wenn man den Oedipus für echt hält, auch den Agamemnon für echt halten müsse. Zur Erklärung der Verschiedenheiten stellt er aber folgenden Satz auf (p. 133): „ita sentio Agamemnonem inter Senecae tragoedias eam

esse quam primam scripsit, Oedipum secundam; quo factum est etiam ut illa laxiorem adhuc referat anapaestorum condendorum artem. Oedipum autem scimus saltem ante Phoenissas scriptam esse."

Das Original. Von dem aeschyleischen Agamemnon weicht Seneca ungemein ab, besonders ist der Anfang und das Ende ganz anders angelegt. Während bei Aeschylus die Handlung mit dem Wächter beginnt, der endlich nach zehn Jahren das die Eroberung Trojas verkündende Feuerzeichen gesehen, lässt Seneca den Schatten des Thyestes und Aegisthus, der die Clytaemnestra zur That antreibt, auftreten. Am Schluss besteht die einschneidende Aenderung darin, dass Electra mit dem jungen Orestes aus dem Palast stürzt und ihn dem eben angekommenen Strophius aus Phokis zum Verbergen übergibt; bei Aeschylus erzählt Clytaemnestra, dass Orestes bei Strophius verweilt, und vom Auftreten der Electra ist keine Spur vorhanden (880 Dind.). Im griechischen Drama wird ferner Cassandra mit Agamemnon ermordet, Clytaemnestra erzählt es selbst (1404 Dind.); bei Seneca befiehlt Clytaemnestra, die anwesende Cassandra zum Tode zu schleppen. Bei Aeschylus ist der Charakter der Cassandra als Seherin festgehalten, bei Seneca wird sie zuletzt auf die Stellung eines kayyɛkos herabgedrückt, indem sie mit Seherblick verkündet, was im Palast vorgeht; es fehlt daher auch der letzte Aufschrei Agamemnons. Es fragt sich, ob diese Neuerungen von Seneca ausgegangen sind. Ein Blick auf die Fragmente des Aegisthus von Livius Andronicus zwingt uns die Frage zu verneinen; auch dort finden sich dieselben im wesentlichen; Ribbeck (Die röm. Trag., Leipz. 1875, p. 30) hat aus einer Uebereinstimmung (fr. 2 Agam. = 449 Dind.) den Schluss gezogen, dass Seneca oder wer der Verfasser dieser Deklamation gewesen ist, in dieser Partie den Text des alten Dichters vor Augen gehabt. Allein die Konkordanz wird vielmehr durch ein gemeinsames griechisches Original eines jüngeren Dichters zu erklären sein, welches Seneca noch neben dem Agamemnon des Aeschylus Seneca noch zu Rat gezogen hat (Fr. Strauss, De ratione inter Senecam et antiquas fabulas Romanas intercedente, Rostock 1887, p. 46). Analyse bei Ribbeck, Gesch. der röm. Dicht. 3 p. 64.

376. Thyestes. Das Drama führt uns zuerst den Schatten des Tantalus und einer Furie vor. Die Furie dringt in Tantalus, das Pelopidenhaus in neues Wirrsal zu stürzen.1) Auch fällt hier schon eine Andeutung über die entsetzlichen Dinge, die sich vorbereiten. Mit erschreckender Klarheit stehen sie vor unseren Augen, nachdem der jetzt auftretende Atreus seinen Racheplan entwickelt. Zwar sucht ihn sein Begleiter, der „satelles“ genannt wird, in einem an politischen Wendungen reichen Gespräch von demselben abzubringen, allein ohne Erfolg. Mit Atreus hat sich der Gedanke, an seinem Bruder, der ihm die Gattin verführt und das Unterpfand der Herrschaft entzogen (225), eine unerhörte Rache zu nehmen, unlösbar verbunden; sein fester Entschluss ist, die Kinder des Thyestes zu ermorden und sie dann als Speise dem Bruder vorzusetzen. Was folgt, ist die Durchführung des Rachegedankens. Thyestes war auf die Einladung des Atreus (296) in die Heimat zurückgekehrt; Furcht vor Atreus und bange Ahnungen machen ihn unschlüssig, ob er bleiben soll. Sein Sohn Tantalus beruhigt ihn, Atreus sei völlig ausgesöhnt, ja er wolle sogar die Herrschaft mit dem Bruder teilen. Mit schwerem Herzen stimmt Thyestes zu. Da kommt Atreus und heuchelt grosse Freude über die Ankunft des Thyestes, auch macht er den Vorschlag der gemeinsamen Regierung. Der Chor greift mit einem Liede ein, in dem er seine Freude über die Versöhnung ausspricht, aber doch zuletzt an die Wandelbarkeit aller Dinge erinnert. Mittlerweile ist das Furchtbare geschehen, ein Bote tritt auf und erzählt, dass Atreus die Kinder des Thyestes hingemordet, von ihrem Leichnam dem Vater ein Mahl bereitet und dieser es verzehrt habe. Selbst die Sonne habe angesichts dieser Greuel ihren Lauf zurückgelenkt. Der letzte Akt der Rache vollzieht sich vor unsern Augen. Atreus über

1) Ueber diesen Eingang vgl. F. Leo, Plaut. Forsch., Berl. 1895, p. 183.

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