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bruder, der avunculus; und zur Verwandtschaft gehören fortan nicht mehr nur die Weiberkognaten, sondern ebensowohl die Männerkognaten. Neben die matertera tritt die amita, neben den avunculus der patruus, und als avia erscheint fortan nicht mehr nur die Mutter der Mutter, sondern ebensowohl die Mutter des Vaters. Der Ehemann der avia wird avus, pýcpws, genannt. Viele verwandtschaftliche Beziehungen bezeichnende Wörter verflachen oder verändern ihre Bedeutung. Wie avus und avia gleichmäßig die mütterlichen und die väterlichen Großeltern bedeuten, so wird auch deios, vévvog und dis gleichmäßig zur Bezeichnung der mütterlichen und der väterlichen Geschwister verwandt. Frater, soror und sogar deλpòs und àdɛλy bezeichnen gleichmäßig die Geschwister von Mutter wie von Vaterseite; filius, filia, vids, dorárne bezeichnen gleichmäßig die Kinder des Vaters wie der Mutter. Dieselbe Erweiterung der Begriffe greift bei den Wörtern avatot, consobrini, sobrini statt. Der nepos wird zum Enkel, der navdepòs wird zum Vater der Frau, dann überhaupt zum Schwiegervater und sogar zum Schwiegersohn, in der späteren Sprache wieder zum Schwager, neben ihn tritt die navdepà hin; neben die Exopà tritt der éxʊpòs, neben die socrus der socer, und diese Wörter nehmen aud bie Bebeutung von πενθερὸς τὸ πενθερά an. Der gener und die nurus werden ganz im allgemeinen zum Schwiegersohn und zur Schwiegertochter, und der Begriff des raußpòs verflüchtigt sich noch mehr. Die àλto: werden zu Gemahlen von Schwestern, einerlei ob diese dieselbe Mutter oder denselben Vater haben, die janitrices zu Gemahlinnen von Brüdern in derselben Weise; die gleiche Ausdehnung erfährt der Begriff der glos, der des avunculus, der der matertera, und der des levir. Aber immerhin bleiben gerade diese Wörter als charakteristische Denkmäler einer vergangenen Zeit bestehen. Ihre Entstehung zur Bezeichnung der ganz speziellen Verwandtschaftsverhältnisse, zu deren Bezeichnung sie dienen, hätte unter der Herr= schaft der späteren Familienordnung gar keinen Sinn, wie sie denn auch wirklich unter der Herrschaft dieser Familienordnung allmählich vollständig verschwunden sind oder ihren Begriff, wie avunculus, Onkel, noch mehr verflüchtigt haben.

Alle die geschilderten Veränderungen der Familienordnungen stehen natürlich im engsten Zusammenhang mit Veränderungen der

ökonomischen Verhältnisse und der gesamten Rechts- und Sittenauffassungen der Völker, bei welchen sie eintreten. Bei den arischen Völkern haben sich diese Veränderungen, wenn auch bei den einzelnen Völkern in sehr verschiedenen Epochen, so doch fast alle in prähistorischer Zeit abgespielt; und ist es uns nicht möglich, die sie begleitenden oder erzeugenden Veränderungen in den äußeren Lebensbedingungen und im Fühlen und Denken dieser Völker zu verfolgen. Eine weitere gründliche Veränderung der Familienordnung aber steht bei vielen arischen Völkern dem Beginn ihrer Geschichte so nahe oder hat sich gar erst in historischen oder halbhistorischen Zeiten ereignet, daß es uns möglich ist, die sie bewirkende Ursache zu erkennen. Ich meine die Veränderung, wodurch der pater zum pater familias und wodurch die Frau zur desnoivo, zur mater familias wurde. Diese Veränderung steht im engsten Zusammenhang mit der festen An= siedelung der betreffenden Völker und mit dem Aufkommen des Begriffs des privaten Grundeigentums.

Der Mann, welcher für sich so viel Grundeigentum erworben. hat, daß er mit Weib und Kind von dem Erträgnis desselben leben kann, vielleicht allerdings nur unter Zuhilfenahme von ager publicus, und indem er seine und der Seinigen Arbeitskräfte, soweit sie zur Bestellung seines Landes nicht erforderlich sind, anderweitig zu verwerten sucht, gründet sich auf seinem Grundeigentum, seinem heredium, einen eigenen oixos, eine eigene domus, eine eigene familia, einen eigenen Hausstand. Er scheidet damit natürlich nicht vollständig aus seinem bisherigen Verwandtschaftskreis aus, er bleibt demselben vielmehr noch sehr nahe verbunden, er bedarf dieser Verbindung vielleicht noch sehr notwendig zu seinem eigenen Schutz und

1 Die Etymologie von familia ist nicht über alle Zweifel erhaben. Es steht in Zusammenhang mit ost. famel, lat. famulus, of. famelo = familia, und osf. faamat habitat. cf. Zvetaieff, Inscriptiones Italiae inferioris dialecticae, p. 105. Nach Curtius und anderen ist die Wurzel zu familia, soft. dhà, dadhâmi, pono, griech. de rídqui, und ist familia olzos. cf. Curtius, Griech. Etymologie, Nr. 309. Jhering, Geist des röm. R. II, 12, S. 151. Roßbach, Ehe, S. 14, Anm. 40. Andere Etymologie von Corssen, Aussprache 1, 142 f. 800. Corssen, in Kuhns Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung, 1874, S. 290 ff. Nissen, Pompejan Studien, S. 498 ff. Pernice, Labeo I, S. 323. Voigt, Die XII Tafeln II, S. 8. Altlateinische Form: famelia (C. I. L. I, 166), umbrisch: famedia.

zu seiner eigenen Erhaltung; aber er wird doch selbständig in seinem Hausstand. Er ist fortan nicht mehr nur Erzeuger und Mitarbeiter in der Familie seiner Frau, oder wenn er diese für seine Familie erworben hatte, so ist sie nicht mehr nur seine dáμap und in Abhängigkeit von seiner Mutter oder seinen Schwestern, sondern er ist ein selbständiger pater familias, und seine Frau, wenn sie auch noch so abhängig von ihm ist, ist doch die Genossin seiner Selbständigkeit, sie ist in seinem olxos die desnoiva, sie ist in seiner familia die mater familias. Seine Kinder treten zu ihm und zu ihrer Mutter in ein ganz anders ausschließliches Naheverhältnis, als dies möglich gewesen war, solange sie noch neben ihm oder gar über ihm einen avunculus oder neben oder über ihrer Mutter eine avia oder eine matertera oder eine amita hatten den Haushalt beherrschen sehen. Die Kinder werden zu filii familias und filiae familias. Die höchste Instanz über ihnen ist ihr pater familias, dessen patria potestas über sie regelmäßig erst mit seinem Tode erlischt.

Eine heiratende Tochter scheidet nur dann aus der familia ihres Vaters aus, wenn sie in die ihres Mannes eintritt. Ihre Kinder gehören niemals zur familia ihres Vaters. Der heiratende Sohn bleibt troß der Heirat in der familia seines Vaters; seine Frau kann in dieselbe eintreten; seine Kinder gehören ihr jedenfalls an.

Sobald der pater familias stirbt, wird seine Frau, die bisher seiner Gewalt unterworfen gewesen war, und werden seine filii und filiae familias, sowie diejenigen Enkel, deren Väter vorverstorben sind, gewaltfrei; diejenigen Enkel dagegen, deren Väter noch leben, fallen in deren patria potestas. Die familia, der olxos, im ursprünglichen Sinne des Wortes ist somit auseinander gefallen; es sind aus ihm eine Anzahl neuer olxot, neuer familiae entstanden. 3 Aber diese neuen familiae stehen doch immer noch in einem besonders

1 οἴκοιο ἄναξ. α, 397. 402.

2 κράτος ἐνὶ οἴκῳ, α, 359. φ, 353.

3 Demosth. 43, 19: Βούσελος γὰρ ἦν ἐξ Οἴου ..., καὶ τούτῳ ἐγέ γοντα πέντε υἱεῖς Νειμάμενοι δὲ τὴν οὐσίαν γυναῖκα αὐτῶν ἕκαστος ἔγημε . καὶ παῖδες ἐγένοντο αὐτοῖς ἅπασι καὶ παίδων παῖδες, καὶ ἐγέ νοντο πέντε οἶκοι ἐκ τοῦ Βουσέλου οἴκου ἑνὸς ὄντος, καὶ χωρὶς ἕκαστος ᾤκει τὸν ἑαυτοῦ ἔχων καὶ ἐκγόνους ἑαυτοῦ ποιούμενος.

nahen Verhältnis zu einander, sie bilden zusammen immer noch eine familia im weiteren Sinne des Wortes, die familia agnatorum. Diese familia wird fortgesezt durch die Nachkommen der agnati im Mannesstamm; aber mulier familiae suae et caput et finis est.1

Nicht immer gelingt es der neuen agnatischen Familienordnung, zu reiner, prinzipgetreuer Durchführung zu gelangen;2 und noch weniger gelingt es ihr, die auf dem Kognationsnerus beruhende ältere Familienordnung vollständig zu verdrängen. Darin, daß die agnatische Familienordnung nicht unbedingt darauf besteht, daß die Frau in die familia. ihres Mannes eintrete, und darin, daß sie nur den durch Männer vermittelten Verwandtschaftsnerus berücksichtigt, den durch Weiber vermittelten aber vollständig ignoriert, liegt der Keim ihres Untergangs beschlossen. Sie wird im Lauf der Geschichte durch eine neue, verbesserte kognatische Familienordnung verdrängt, welche an die Spitze der Familie den Vater und die Mutter stellt.

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3. Die römische Kognatenfamilie.

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Die älteste uns in historischen Zeiten entgegentretende römische Familie ist die gleichmäßig durch Männer wie durch Weiber fortgesezte Kognatenfamilie. Sie schließt regelmäßig mit dem 6. Grad der Verwandtschaft, weil sich die Blutsverwandten entfernterer Grade sehr häufig weder kennen, noch sich als Verwandte fühlen. Jedoch wird diese Grenze nicht in allen Beziehungen streng festgehalten. Die Angehörigen der Kognatenfamilie heißen cognati, necessarii, propinqui, cari, entsprechend der griechischen šra, čopes, aurreveiç,

11. 195 § 5. 1. 196 § 1 de V. S. 50, 16.

2 Am wenigsten und spätesten gelang ihr dies in Sparta. cf. Hermann, Griech. StA. § 26. 27. Polyb. 12, 6. Plut. Lyk. c. 14 sqq. Klenze, in der Zeitschr. f. geschichtl. Rechtswissensch. VI, S. 1—114. Leist, Zur Geschichte der römischen societas, S. 14 ff.

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1. 10 § 7 de grad. 38, 10. 1. 4 § 2 de in jus voc. 2. 4. Paul. 4, 11, 7. 1. 1 § 3 unde cognati 38, 8. Seltsam ist die Bezeichnung der Aszendenten und Deszendenten des 4., 5. und 6. Grades als abavus, atavus, tritavus und abnepos, adnepos, trinepos. cf. Leist 1. c. S. 12.

ἀγχιστεῖς, χηρωσταί, κηδεσταί, προςήκοντες; ihnen joliegen fid an bie Verschwägerten, affines, stai, noi. Die sämtlichen, den Kreis der cari bildenden Blutsverwandten feiern am 22. Februar das Fest der caristia oder der cara cognatio mit einem gemeinsamen Mahl, bei welcher Gelegenheit etwa unter den cari entstandene Zwistigkeiten möglichst beigelegt werden sollen. 1

Aber die rechtliche Bedeutung der Kognatenfamilie ist bereits am Beginn der römischen Geschichte wesentlich in den Hintergrund gedrängt durch die Agnatenfamilie. Der Schuh, den die cognati einem ihrem Verwandtschaftskreis angehörigen unmündigen Kinde angedeihen lassen müssen, beschränkt sich darauf, daß sie demselben, wenn es vaterlos ist und keinen Vormund hat, einen solchen erbitten müssen, daß sie sich der persönlichen Fürsorge für dasselbe unterziehen müssen und daß ihnen das Recht der potioris nomination nicht zusteht. Das Recht der suspecti tutoris postulatio teilen die männlichen Kognaten mit allen römischen Bürgern; aber während es Frauen sonst im allgemeinen nicht haben, steht es doch den Kognatinnen zu.5

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Das Schußrecht und die Schuhpflicht der Kognaten gegenüber anderen, eines besonderen Schußes bedürftigen Kognaten, namentlich gegenüber den der cognatio angehörigen Frauen, zeigt sich vor allem darin, daß sie von dem über schwere Vergehen seiner Frau oder seiner Kinder urteilenden Ehemann oder Vater als Familienrat, consilium, zuzuziehen sind, ferner darin, daß selbst infame Kognaten zur gerichtlichen Vertretung besonders hilfsbedürftiger Kognaten zugelassen werden und daß gewissen Kognaten das Recht zusteht, ohne weiteres sine mandatu für andere klagend aufzutreten.

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1 Valer. Max. 2, 1, 8. Ovid. Fast. 2, 617 sqq. Martial. 9, 55. Marquardt, Privatleben der Römer, S. 93. 245; StVerw. III, S. 125. 1. 2 pr. qui pet. tut. 26, 6.

31. 1 ubi pupillus 27, 2.

4 Vat. fr. 158.

5 1. 1 § 7 de susp. tut. 26, 10.

6 Dion. 2, 25. Plut. Rom. 22. Valer. Max. 2, 9, 2; 5, 8. 2. 3. Tac. Ann. 2, 50; 13, 32. Suet. Tib. 35. Kognatengerichte über Frauen, die ihre Männer ermordet hatten: Liv. Ep. 48. Valer. Max. 6, 3. 8. 1. 1 § 11 de postul. 2, 1.

31. 35 pr. de proc. 3, 3.

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