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Die lex Julia judiciaria Cäsars vom Jahre 46 v. Chr. schloß die tribuni aerarii vom album judicum selectorum aus1 und scheint außerdem für die dinglichen Singularklagen, und vielleicht auch für die hereditatis petitio, den Formularprozeß eingeführt, resp. wieder eingeführt zu haben. Die legis actio per judicis arbitrive postulationem, per manus injectionem und wohl auch per pignoris capionem behielt sie bei. Ob und was sie am Kriminalprozeß geändert hat, ist unerkennbar. Nach Cäsars Tod veranlaßte Antonius im Jahre 43 v. Chr. ein Gesetz, wonach ein Drittel der judices selecti aus seinen Centurionen und Veteranen ohne Rücksicht auf deren Zensus genommen werden sollte. Doch war diese Bestimmung nur von vorübergehender Bedeutung.

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Eine dauernde neue Ordnung der Gerichtsorganisation und des prozessualischen Verfahrens schuf die lex Julia judiciaria des Augustus.

Danach sollte jährlich vom Kaiser ein album judicum selectorum zusammengestellt werden. Dasselbe sollte aus vier Defurien bestehen, von denen eine aus Senatoren, eine aus Rittern, eine aus tribuni aerarii und eine aus ducenarii, d. h. aus Leuten mit dem halben Ritterzensus, gebildet werden sollte. Jede Dekurie sollte normalerweise 1000 Richter umfassen.

Das munus judicandi zu übernehmen war für die in das Album aufgenommenen Personen Bürgerpflicht, doch gab es Erkusationsgründe. Säumige wurden durch Strafen zur Erfüllung ihrer Pflicht angehalten."

Zu gleicher Zeit wurde die Bildung des Centumviralgerichts und seiner einzelnen consilia, die Bildung der in den verschiedenen Strafgesehen vorgesehenen oder noch einzuführenden quaestiones perpetuae und der quaestiones für den einzelnen Fall aus denselben, die Bildung der Rekuperatorengerichte, die Bestellung der

1 Dio Cass. 43, 25. Suet. Caes. 41. Die unter der Herrschaft der lex Julia judiciaria Cäsars gegebene lex Aelia Sentia seht das in ihr vorgesehene consilium in Rom zusammen aus fünf Senatoren und fünf Rittern. Gaj. 1, 20.

2 Gaj. 4, 30. Cic. Or. 21, 72 (46 v. Chr.).

3 Cic. Philipp. 1, 8, 19 sq. 5, 5, 12.

Suet. Oct. 32. Tib. 51. Claud. 15. 16. Plin. hist. nat. 33, 7. 6 Plin. Ep. 4, 29.

Einzelrichter und der Gang des Kriminalprozesses sowohl wie des Zivilprozesses neu geregelt. Der die Kriminalgerichte und den Kriminalprozeß ordnende Teil der lex Julia judiciaria wird von den klassischen Juristen lex Julia publicorum (judiciorum), der die Zivilgerichte und den Zivilprozeß ordnende Teil lex Julia privatorum (judiciorum) genannt.1 Gemeiner Kriminalprozeß wird der sogen. Quästionenprozeß; 2 der Prozeß vor der Volksgemeinde verschwindet vollständig, aber in einer Reihe von Fällen urteilt der Senat statt einer quaestio. Gemeiner Zivilprozeß wird der sogen. Formularprozeß. Es gibt fortan nur noch zwei Fälle, in denen lege agiert werden kann, nämlich damni infecti' und si centumvirale judicium futurum est. Aber damni infecti nemo vult lege agere, und auch durch die Prozesse, die vor das Centumviralgericht gehören, fristet die legis actio, nämlich die legis actio sacramento, nur noch ein sehr dürftiges Dasein, da die Kompetenz des Centumviralgerichtes sehr wesentlich beschränkt worden ist. Es ist nur noch Richter in Erbschaftsprozessen, vielleicht gar nur über die querela inofficiosi testamenti.

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Das munus judicandi ward schon Ende der Republik und vollends in der Kaiserzeit von dem vergnügungssüchtigen Volk mehr wie eine Last, als wie eine Ehre empfunden; deswegen fügte Caligula, ut levior labor judicantibus foret, den vier von Augustus

1 Vat. fr. 197. 198. 1. 4 de test. 22, 5. 1. 2. 3. pr. 1. 12 § 2. de accus. 48, 2.

2 Dio Cass. 56, 40.

3 So über Verbrechen wider den Staat oder die Person des Kaisers : Dio Cass. 52, 31. Suet. Oct. 66. Tac. Ann. 2, 28-32. 3, 22. 23. 37. 49. 50. 51. 4, 28-30. 6, 9. 10. 14, 48. 16, 30. Dio Cass. 57, 15. 17. 22. 60, 16. 76, 8. Capitol. Anton. Pius. 7. Marc. Anton. 25. Pertin. 10; ferner über gesehwidrige Verwaltung der Provinzen: Tac. Ann. 3, 66-70. 4, 15. 15, 20. Suet. Domit. 8. Plin. Ep. 2, 11. 12. 3, 9. 4, 9. 5, 20. 6, 29. 7, 6. 10. 33. 10, 20. 64; ferner über Verbrechen der Mitglieder des Senats, deren Frauen und Kinder: Dio Cass. 52, 31. 32. Tac. Ann. 13, 44. Suet. Cal. 2. Plin. Ep. 9, 13. Andere Beispiele: Tac. Ann. 2, 85. 4, 42. Histor. 4, 10. 40. Suet. Oct. 5. Plin. Ep. 9, 14. Walter, Gesch. des r. R. I, § 277. 311.

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eingerichteten Richterdekurien eine fünfte hinzu. Das Verlangen nach einer sechsten Richterdekurie schlug Galba ab.1

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An der juristischen Qualität der einzelnen Tage des Jahres, wonach sie teils ganz, teils gar nicht, teils nur teilweise für die Ausübung der Jurisdiktion geeignet waren, wurde durch die legis judiciariae nichts geändert. Die von Cäsar dem Jahre hinzugefügten 10 Tage wurden für dies fasti erklärt, einer davon aber, nämlich der 30. Januar, von Augustus in einen dies festus verwandelt. Am Anfang der Kaiserzeit wuchs die Zahl der Festtage ins ungeheuerliche, bis endlich nach verschiedenen ermäßigenden Bestimmungen anderer Kaiser Mark Aurel bestimmte, daß 230 Tage des Jahres der Rechtsprechung gewidmet, dies judiciarii, sein sollten. Ob unter den dies non judiciarii noch ein Unterschied zwischen dies nefasti und festi bestand, muß dahin gestellt bleiben."

Auch die Einrichtung des rerum actus übernahm die Kaiserzeit. Augustus war bemüht, die Zeit des rerum actus zu er weitern, und spätere Kaiser wirkten, allerdings mit vielfachen Schwankungen, in derselben Richtung.5

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Die Reihenfolge der im rerum actus zu verhandelnden Prozesse ward durch das Los bestimmt (causae ordinatae). Auch die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei welchen judices privati mitzuwirken hatten, pflegten zur Zeit des rerum actus vorgenommen zu werden. 7

Die außerhalb des rerum actus verhandelten Prozesse nannte man auch in der Kaiserzeit judicia extraordinaria. Dahin ge=

1 Suet. Galba 14.

2 Hartmann, Ordo judiciorum I, S. 81.

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Hartmann, Ordo judiciorum I, S. 147 sqq.

Gaj. 2, 279. Plin. Ep. 4, 29. 9, 25. Seneca Ep. 18. Juvenal 16, 35-50.

5 Suet. Oct. 32. Claud. 23. Galba 14.

6 Juv. 16, 35-50. Serv. ad Aen. 2, 102. 6, 431. Pseud.-Asc. in Verr. p. 155 Or.

7 Gaj. 1, 20. Suet. Galba 10. Plut. Galba 5.

8 Die judicia extraordinaria dürfen nicht mit den cognitiones extraordinariae verwechselt werden; dies sind durch das Kaiserrecht angeordnete cognitiones. Ueber den Begriff der judicia extraordinaria ef. Theoph. ad pr. J. de succ. subl. 3, 12, und diese Stelle selbst. § 8

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hörten namentlich wie schon früher die judicia recuperatoria und die Prozesse der Soldaten, sowie die arbitria.

II. Die Richter.

S 116.

Im Quästionenprozeß sowohl wie im Formularprozeß zerfällt das Verfahren in die zwei Abschnitte des jus und des judicium. In jure fungiert der Jurisdiktionsmagistrat als Richter, in judicio ein Geschworener oder ein Geschwornenkollegium.

Die Aufgabe des Jurisdiktionsmagistrats ist in jure im wesentlichen eine doppelte:

1. Er nimmt die Klage entgegen, entscheidet über deren formelle Zulässigkeit, hört die Antworten des Beklagten, erledigt Vorfragen und trifft provisorische Verfügungen.

2. Am Schluß des Verfahrens in jure stellt er die den Geschworenen vorzulegenden Fragen fest, im Quästionenprozeß in Gestalt eines vom Kläger zu unterschreibenden Protokolls, im Formularprozeß in Gestalt einer schriftlichen Instruktion an den Geschworenen oder an die Geschworenen; dann bildet er die quaestio oder ernennt den judex oder die recuperatores, und bevollmächtigt sie zur Entscheidung des Prozesses (judicare jubere).

Die Geschworenen entscheiden in judicio nach stattgehabten Beweisverhandlungen die ihnen vorgelegten Fragen. Im Quästionenprozeß präsidiert der Jurisdiktionsmagistrat dem Verfahren in judicio und spricht auf Grund der Entscheidung der Geschworenen das Urteil, das er dann auch selbst erequiert oder erequieren läßt. Im Formularprozeß leitet der unus judex oder der Obmann der recuperatores das Verfahren selbst, und die Geschworenen sprechen hier selbst das Urteil. Die Erekution ist Sache der Parteien.

J. de interd. 4, 15. c. 3 de int. 8, 1. Tac. Ann. 13, 51. Suet. Vesp. 10. 1. 17 de reb. cred. 12, 1. Plin. Ep. 3, 20, 9. Gaj. 4, 185.

Während des ganzen Prozesses steht dem Jurisdiktionsmagistrat eine modica coercitio, eine Disziplinargewalt über die Parteien und die Geschworenen zu.

Um die Geschworenengerichte bilden zu können, wurde einem jeden Jurisdiktionsmagistrat jährlich von den Quästoren aus dem album judicum die erforderliche Anzahl von Geschworenen zugelost.

Die Gesamtheit der einem einzelnen Jurisdiktionsmagistrat für die Aburteilung einer bestimmten Kategorie von Verbrechen zugelosten Geschworenen bildete die quaestio perpetua für diese Verbrechen. Aus dieser quaestio perpetua hatte der Magistrat die quaestiones für die einzelnen Fälle zu bilden. Welche Form die lex Julia judiciaria des Augustus für die Bildung dieser quaestiones vorgeschrieben hatte, wird uns nicht berichtet. Ueber die Bildung dieser quaestiones nach der sullanischen Gerichtsordnung erzählt uns der falsche Asconius S. 131. 132 Or. folgendes:

Cum multi judices in consilium a praetore suo advocandi essent, qui quaestor fuisset in publica causa, verbi gratia repetundarum, ambitus, majestatis, necesse fuerat, eos primum de decuria senatoria conscribi, cum senatus judicaret; deinde in urnam sortito mitti, ut de pluribus necessarius numerus confici posset; tertio, id est post urnam, permitti accusatori et reo, ut ex illo numero rejiciant, quos putaverint sibi aut inimicos aut ex aliqua re incommodos fore... Rejectione celebrata et in eorum locum, qui rejecti fuerant, subsortito praetore alios, quibus ille judicum legitimus numerus compleretur prima enim sortitio dicebatur, his perfectis jurabant in leges judices, ut obstricti religione judicarent. Cum jurassent omnes praeter ipsum praetorem, nomina eorum in libellis ... continebantur. Diese libelli wurden in einer arca in officio praetoris aufgehoben.

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Unter den zur Entscheidung von Zivilprozessen zu ernennenden Geschworenen müssen folgende Arten unterschieden werden:

1. Unus judex. Der unus judex kann durch Uebereinkunft von den Parteien gewählt werden; dann braucht er nicht aus dem album judicum entnommen zu werden. Unfähig sind nur Frauen, Geisteskranke, Taube, Stumme, solche, die eine Minderung ihrer bürgerlichen Ehre erlitten haben, und Leute unter 20 Jahren. Doch

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