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einer seine Vorstellungen den anderen aufzwingt; und gar bald werden diese Vorstellungen mit den Vorstellungen von der Gottheit, die alles und auch den Menschen erschaffen hat und regiert, in Verbindung gebracht, und die Lebensregeln erscheinen dann als von dieser Gottheit gesetzt und gelehrt. Das sind die dépotes der Griechen (von ridqu:), das ist das fas der Römer (von fari abgeleitet).1

Kommen dann Lebenslagen, in denen man sich mit den bekannten Lebensregeln nicht oder nicht sicher zu helfen weiß, oder entsteht Streit, den man nicht einfach durch Niederwerfung des Gegners beenden kann, so wendet man sich um Rat und Hilfe entweder direkt an die Götter selbst oder an Leute, die sich eines besonderen Ansehens oder einer besonderen Macht erfreuen, namentlich an solche, die in dem Ruf einer besonderen Kenntnis der göttlichen Lebensregeln fteben, an die θεμιστοπόλοι per δικασπόλοι ἄνδρες Ser Grieden, οἵτε θέμιστας πρὸς Διὸς εἰρύαται, benen Ζεὺς ἐγγυάλιξε θέα Morag, an die pontifices, die Bundmacher, der Römer. Diese zeigen dann die dix (verwandt mit deixvou, zeigen), fie dicunt jus (ver

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1 Mit der etymologischen Identifizierung von déus und fas, nach Analogie von dp und fera 2c., die Michel Bréal in der Nouv. rev. hist. de droit franç. et étr., 1883, S. 608 versucht hat, kann ich mich nicht einverstanden erklären.

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π, 402: ἀλλὰ πρῶτα θεῶν εἰρώμεθα βουλάς. εἰ μέν κ' αἰνήσωσι Διὸς μαγάλοιο θέμιστες ... Heber δίε Drater der Grieden pergl. Ser mann, Gottesdienstl. Altert. der Griechen, § 37 ff. Ueber die auspicia der Römer vergl. Mommsen, Röm. StR. I2, S. 73 ff.;_Marquardt, Röm. StVerw. III, S. 385 ff., über die haruspices S. 393 ff.

Dies sind natürlich in erster Linie die Bases, aber auch andere Leute. A, 237 sqq. I, 98 sqq. II, 386. 542. X, 186. Hymn. in Cererem t. 111. p. 439.

103.

4 Ueber die Ableitung des Wortes pontifex gehen die Meinungen der Gelehrten weit auseinander. cf. Marquardt, Röm. StVerw. III, S. 227. Mir scheint die Ableitung a ponte faciendo die einzig mögliche. Unter dem pons möchte ich aber keine körperliche Brücke, sondern ein geistiges Band verstehen.

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Aix im Sinne von gezeigtem Recht, Urteil Σ, 508. λ, 570. Hesiod. Op. 36. 217. 219. 248 sqq. 222 sqq. Theog. 85. Sehr charakteristisch: dix d'idove déμiotas tóvy (nämlich Zeus), Hesiod. Op. 9. 10; pher: σκολιαῖς δὲ δίκαις κρίνωσι θέμιστας, 219; ferner: ῥηθὲν δίκαιον,

Schulin, Römische Rechtsgeschichte.

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wandt mit jungere), das Verbindende, Vereinigende. Diese jurisdictio oder judicatio hat zunächst rein den Charakter einer Beleh= rung; ein etwaiger Streit wird dadurch nicht entschieden, sondern es wird nur gezeigt, wie er entschieden werden könne. Aber wenn ein mächtiger und angesehener Mann, ein Priester, ein König, ein Aeltester, sein Urteil gesprochen hat, so wird doch in den meisten Fällen derjenige, gegen welchen es lautet, sich fügen, sei es, daß er die Richtigkeit des Urteils anerkennt oder dem Richter doch kein falsches Urteil zutraut, sei es, daß er die Macht des Richters, der sich auf die Seite seiner Gegners gestellt hat und damit litem suam fecit, oder die Macht des Gottes, den der Richter vertritt, fürchtet.

Erst wenn eine Menschengemeinschaft sich fester organisiert hat, sei es zu religiösen, sei es zu staatlichen Zwecken, fängt sie auch an, die Beobachtung gewisser Lebensregeln von ihren Genossen zu ver langen und eventuell zu erzwingen, und stellt sie für Streitfälle einen Richter auf, dessen Spruch sich die streitenden Parteien fügen müssen. Die Organisation ersetzt hier die Freiwilligkeit der Unterwerfung des Einzelnen unter die von der Allgemeinheit als richtig erkannten Lebensregeln und unter das richterliche Urteil. Der Einzelne, der sich nicht fügen will, mag die Gemeinschaft aufgeben, er mag ins exilium gehen; damit entzieht er sich der Pflicht des Gehorsams, damit beraubt er sich aber auch des Schußes, den ihm die Gemeinschaft zu gewähren im stande ist. Er wird ein elender extrarius, qui extra, focum sacramentum jusque sit, ein ἀφρήτωρ, ἀθέμιστος, ἀνέστιος.

Die Griechen des homerischen Zeitalters kennen noch keine Lebensregeln, deren Beobachtung die Allgemeinheit von dem Einzelnen unbedingt verlangte, und sie kennen noch keinen anderen Richter,

6, 414. v, 322. Epitheta, wie ideia oder exoth, passen genau genommen nur zur dizn, als dem Ausspruch über das Recht, nicht auch zur déμic, als dem Recht selbst; und diesen Sprachgebrauch beboachtet auch Hesiod ausnabmslos. Bei Somer beibt es aber einmal: οι βίῃ εὶν ἀγορῇ σκολιάς κρίνωσι θέμιστας, ἐκ δὲ δίκην ἐλάσωσι, θεῶν ὅπιν οὐκ ἀλέγοντες. Π, 387. 388. Aber man beachte, daß diese Stelle in der Patroklie steht, die zweifellos einer der jüngsten Bestandteile der Ilias ist, wohl jünger als Hesiod.

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1 I, 63.

als einen von den streitenden Parteien selbst gewählten, dessen Spruch sich dieselben nur deswegen fügen, weil sie sich ihm fügen wollen. Die dutores, eine unterschiedlose Masse von Moral- und Rechtsfäßen, von Sitten und Gebräuchen, stehen unter dem ausschließlichen Schuße der Götter, des als Erinnyen personifizierten Gewissens des Einzelnen3 und der Selbsthilfe; und selbst die Könige, wenn sie zu Gericht fißen, geben weiter nichts als einen Rat, dessen Befolgung fie vielleicht mit ihrer persönlichen Macht erzwingen, aber durchaus nicht als Organe der Allgemeinheit. Auch von Aeltesten oder einer Volksversammlung als offiziellen Richtern findet sich nirgends eine Spur. Es ist dies ein Umstand, der auf ein sehr hohes Alter wenigstens des Grundstocks der homerischen Gedichte hinweist.

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Wie die historischen Zeiten für Griechenland beginnen, haben die Griechen Staaten, welche die Beobachtung gewisser Lebensregeln von ihren Angehörigen unbedingt verlangen und sich durch Verlegung dieser Lebensregeln selbst für verlegt erachten, und haben sie in diesen Staaten eine richterliche Gewalt. Aber die Erinnerung daran, daß die Unterwerfung des Einzelnen unter die Staatsgewalt ursprünglich eine freiwillige war, hat sich doch noch nicht vollständig verloren und kommt namentlich nicht nur in der Bezeichnung der

1 Man lese nur, was alles als déus bezeichnet wird in folgenden Stellen: 7, 45. Hes. Op. 136. E, 386. 387. A, 779. w. 286. §, 56. 57. , 91. I, 32. 33. 2, 651. 652. B, 93. Y, 581. I, 63. 64. I, 133. 134. 275. 276. T, 176. 177. , 129. 130. T, 44. 45. II, 796. 797. Στα λιπαραὶ θέμιστες (Ι, 156. 298) werden als λαμπροί pópo erläutert (cf. T, 180), vielleicht für Rechtsbelehrung. Es ist zu beachten, daß es sich um Abgaben unterworfener, unfreier Städte handelt, die man verschenken kann. Beipiele von δίκη oder δίκαιον: υ, 294. 322., 414. p, 312 (cf. p, 28. p, 475). ¤, 275. x, 39. 40. », 215. , 82 sqq. t, 42. 43. t, 168. w, 255. d, 691. §, 59. T, 180. 2 cf. 83. 84. x, 39. 40. v, 215. p, 28. ß, 69. Y, 4. II, 386. Hes. Op. 123.

3 cf. p, 475.

* Gehr caratteriftid ift hier I, 98 sqq.: πολλῶν λαῶν ἐστι ἄναξ, καί τοι Ζεὺς ἐγγυάλιξεν σκήπτρον τ' ἠδὲ θέμιστας, ἵνα σφίσι βουλεύῃσθα. cf., 567 sqq.

cf. II, 542; ferner erinnere ich an Minos, Herakles und Thesus. 6 Auch in der berühmten Gerichtsszene auf dem Schild des Achilleus (2, 497 sqq.) urteilen die répovtes nur als von beiden streitenden Teilen angerufene Schiedsrichter.

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lykurgischen Geseße als pîrpai,1 sondern ganz besonders in der Bestimmung Lykurgs zum Ausdruck, daß seine Geseze allmonatlich neu beschworen werden sollen. Auch im athenischen Bürgereid findet sich ein Anklang hieran, indem jeder unter die Epheben aufgenommene Süngling [dwören mugte: καὶ εὐηκοήσω τῶν ἀεὶ κρινόντων ἐμπ φρόνως, καὶ τοῖς θεσμοῖς τοῖς ἱδρυμένοις πείσομαι, καὶ οὔστινας ἂν ἄλλους τὸ πλῆθος ἱδρύσηται ὁμοφρόνως· καὶ ἄν τις ἀναιρῇ τοὺς θεσμούς, ἢ μὴ πείθηται, οὐκ ἐπιτρέψω, ἀμυνῶ δὲ καὶ μόνος καὶ μετὰ πάντων. Diefer Eid ist vollständig analog dem beim Abschluß internationaler Verträge von den Bürgern der kontrahierenden Staaten zu schwörenden Eid, wie er uns z. B. in den inschriftlich erhaltenen Verträgen zwischen kretischen Staaten entgegentritt."

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Die Römer, wie sie zuerst in die Geschichte eintreten, stehen schon auf einer viel höheren Kulturstufe als die ältesten uns bekannten Griechen. Sie haben schon einen fest organisierten Staat, der zu gleicher Zeit Religionsgenossenschaft ist, und einen staatlichen Richter. Der Staat verlangt unbedingte Befolgung gewisser Lebensregeln von seinen Angehörigen und stößt die Fehlbaren aus oder bestraft sie. Die Zulässigkeit der Selbsthilfe ist schon auf ein sehr geringes Maß reduziert.

Aber Erinnerungen und Anklänge an eine ältere Kulturperiode, die der ältesten bekannten griechischen entspricht, finden sich doch auch in dem bekannten römischen Recht noch genügende, um daraus den Schluß ziehen zu können, daß das Volk, welches Rom gegründet hat, in vorhistorischen Zeiten eine ähnliche Entwickelung durchlaufen hat wie die Griechen. Ich verweise hier namentlich auf die Stellung der pontifices als Berater des Volkes und auf die große Beliebtheit der Schiedsgerichte neben den staatlichen Richtern; ich verweise auf die noch in historischer Zeit vorhandenen Ueberreste der Selbsthilfe, der sacratio, der Rache; und verweise endlich auf Etymologie und

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Η ρήτρας = φράτραι = συνθήκαι διὰ λόγων, Hesych. cf. Sermann, Griech. StA. § 23, Anm. 8.

2 Seit Einführung des Ephorats schwören nicht mehr die Bürger, sondern insp the nóλews epopot. Hermann, Griech. StA. § 23, Anm. 7. 3 cf. Hermann, Griech. StA. § 121, Anm. 6. Stob. Serm. 43, 48. cf. Cauer, Delectus inscriptionum graecarum, 1. Aufl., S. 45. In der zweiten Auflage S. 70 ist die Sammlung unvollständiger.

Bedeutung des Wortes lex, das, von ligare abgeleitet, noch in spätester Zeit, ähnlich wie pipa, sowohl Vertrag wie Gesetz bedeutet.1

II. Vorstellungen der Römer vom Recht.

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Unter Recht, jus, im weitesten und erhabensten Sinne des Wortes versteht die römische Jurisprudenz, in deutlich erkennbarer Anlehnung an die griechische Philosophie, die gesamte Richtschnur für das menschliche Wollen und Handeln, oder, wie einer der schärfsten Denker unter den römischen Juristen, Celsus, sich ausdrückte: jus est ars boni et aequi, das System des Guten und Gerechten. Als dieses Rechtes Vorschrift wird bezeichnet: honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere. Die justitia wird demnach definiert als die constans ac perpetua voluntas jus suum cuique tribuendi; von der Jurisprudenz heißt es, sie sei divinarum atque humanarum rerum notitia, justi atque injusti scientia."

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Wo es darauf ankommt, das Recht in diesem weitesten Sinne des Wortes von dem Recht im gewöhnlichen Sinne des Wortes zu unterscheiden, wird es als jus naturale bezeichnet. Dieses jus naturale wird auf eine quaedam innata vis, auf einen instinctus naturae zurückgeführt, oder, wie es bei Cicero heißt, auf einen magister et imperator omnium deus: ille legis hujus inventor, disceptator, lator, cui qui non parebit, ipse se fugiet. Es sind dies die auf Grund der unbewußt wirkenden da xai vópo: den Menschen allmählich zum Bewußtsein gekommenen panta nai kopaλý θεῶν νόμιμα * δεr Grieden, δε θέμις κατ ̓ ἤθεα,

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δίς κοινοὶ νόμοι

1 cf. Corffen, Aussprache 1, 144. Mommsen, Röm. Gesch. I, 73, Anm. Herzog I, S. 112.

2 Hes. Op. 276 sqq. Plat. Protagor. p. 322. Aristot. Rhet. 1, 13, 2. 31. 1 pr. de just. et jur. 1, 1.

1. 10 de just. et jur. 1, 1.

5 Cic. de invent. 2, 22. 65.

Isid. Orig. 5, 4 (c. 7 D. 1).

7 Cic. de rep. 3, 22.

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Soph. Antigon. 454. 455.

9 Hes. Op. 135.

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