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Privatrechtsstreitigkeiten. Die von den pontifices für Rechtsgeschäfte und prozessualische Handlungen aufgestellten Formulare, namentlich die legis actiones, standen bei dem Publikum in so hohem Ansehen, daß sich allmählich die Idee ausbildete, ihre Benußung sei obligatorisch, und namentlich für die legis actiones der Sag aufkam, daß die kleinste Abweichung von der vorgeschriebenen Formel Prozeßverlust zur Folge habe. So ward zur Plage, was zur Erleichterung des Publikums eingeführt worden war, und verfiel schließlich dem Fluche der Lächerlichkeit.

Der erste Schritt zur Verweltlichung der Jurisprudenz ward unter dem Pontifikat desselben Appius Claudius Centemmanus ge= than, der die Freizügigkeit unter den Tribus eingeführt und die appische Straße und die claudische Wasserleitung gebaut hat. Entweder er selbst oder sein Schreiber En. Flavius, mit oder ohne sein Wissen – das wird verschieden erzählt —, stellte die sämtlichen leges actiones in einem Buch zusammen und publizierte diese Zusammenstellung zu gleicher Zeit mit den fasti, dem religiösen Gerichtskalender. Das Buch existierte später unter dem Titel: jus civile Flavianum.2 Ungefähr 40 Jahre später, 252 v. Chr., ward der erste Plebejer, Tib. Coruncanius, pontifex maximus, und mit ihm beginnt die weltliche Jurisprudenz.

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Ante eum publice professum neminem traditur; ceteri autem ad hunc vel in latenti jus civile retinere cogitabant, solumque (solebantque?) consultatoribus vacare potius, quam discere volentibus se praestabant.

Is primus profiteri coepit. Cujus tamen scriptum nullum exstat, sed responsa complura et memorabilia fuerunt (feruntur?). Tib. Coruncanius hat also zuerst öffentlich juristischen Unterricht erteilt durch praktische Unterweisung bei Gelegenheit seiner Responsen. Nach ihm sind zu nennen:

2. Cincius Alimentus, Prätor 211; Sertus Aelius Pätus Catus, schrieb Jus Aelianum oder Tripertita, enthaltend: die

1 Gaj. 4, 11.

21. 2 § 7 de O. J. 1, 2. Gell. N. A. 6, 9. Cic. ad Att. 6, 1, 8. Die Hauptquelle für die folgende Aufzählung von Juristen ist 1. 2 $ 35 sqq. de O. J. 1, 2.

XII Tafeln, die Interpretatio derselben und die Legis actiones; P. Aelius, sein Bruder; P. Atilius Sapiens; M. Porcius Cato Cenforius, Konsul 195, † 149; vielleicht auch sein Sohn, wenn 1. 2 § 38 de O. J. richtig gelesen wird; (Regula Catoniana); endlich Numerius Fabius Pictor, ein Zeitgenosse Catos.

Als solche, die fundaverunt jus civile, bezeichnet Pomponius in 1. 2 de O. J. P. Mucius Scävola, Konsul 133, Pontifex Maximus 131 (10 libri); M. Junius Brutus, Prätor (7 oder 3 libri de jure civili), und Manius Manilius, Konsul 149 (Venalium vendendorum leges).

Ferner sind zu nennen:

C. Sempronius Tuditanus, Konsul 129 (Magistratuum libri); Q. Cosconius (actionum libri); M. Junius Gracchanus (Commentarii); P. Rutilius Rufus, Konsul 105; P. Verginius; Q. Tubero; Sextus Pompejus und Cölius Antipater, qui plus eloquentiae, quam scientiae juris operam dedit.

Als den ersten Begründer einer wahren Rechtswissenschaft und zugleich als Jureconsultorum dissertissimum nennt Cicero 2. Licinius Crassus. Pomponius dagegen nennt als ersten Begründer der Rechtswissenschaft Q. Mucius P. f. Scävola, Konsul 93, Pontifex Maximus, 82; Jus civile primus constituit generatim in libros decem et octo redigendo; ferner schrieb er libros definitionum s. öpwv. Er ist der älteste in den Pandekten extrahierte Jurist (cautio Muciana, praesumtio Muciana).

Seine auditores waren: C. Aquilius Gallus, Prätor 66 (formulae de dolo, stipulatio Aquiliana, postumi Aquiliani); L. Lucilius Balbus; Sert. Papirius und T. Juventius. Derselben Zeit gehört auch 2. Cincius an.

Der berühmteste Schüler des Aquilius Gallus war Servius Sulpicius, Konsul 50, ein Redner gleich Cicero oder ihm doch nicht viel nachstehend; institutus est a Lucilio Balbo, instructus est ab Aquilio Gallo. Reliquit centum et octoginta libros, darunter als erster duos perquam brevissimos ad Edictum.

Seine auditores waren: Alfenus Varus, Konsul; er schrieb Digesta, worin Responsen des Servius Sulpicius besprochen wurden; Schulin, Römische Rechtsgeschichte.

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fie sind von Paulus epitomiert und so in den Pandekten benußt; Aulus Ofilius, der fuit Caesari familiarissimus et libros de jure civili plurimos, et qui omnem partem operis fundarent, reliquit; de jurisdictione idem edictum praetoris primus diligenter composuit, nam ante eum Servius duos libros ad Brutum perquam brevissimos ad edictum subscriptos reliquit; ferner T. Cäsius, Aufidius Tucca, P. Aufidius Namusa, Flavius Priscus, C. Atejus, Pacuvius Antistius Labeo, des berühmten Labeo Vater, Cinna, P. Gellius. Von diesen 10 haben 8 Schriften hinterlassen, welche digesti sunt ab Aufidio Namusa in 140 Büchern.

Derselben Zeit gehören an:

C. Aelius Gallus, welcher de verborum, quae ad jus civile pertinent, significatione schrieb; Aulus Cascellius, Schüler eines sonst unbekannten Volcatius, der wieder ein Schüler des Q. Mucius gewesen zu sein scheint; C. Trebatius Testa, von dem mehrere wenig benußte Bücher existierten, z. B. de religionibus; D. Aelius Tubero, der zuerst orator war und sich erst später dem jus widmete; Ofilio operam dedit; doctisimus quidem habitus est juris publici et privati, et complures utriusque operis libros reliquit. Sermone tamen antiquo usus affectavit scribere, et ideo parum libri ejus grati habentur.

Die juristische Thätigkeit dieser Jureconsulti bestand hauptsächlich in respondendo, est enim sine dubio domus jureconsulti totius oraculum civitatis, wie Cicero den Crassus sagen läßt, in cavendo et agendo, in der Unterstüßung beim Abschluß von Rechtsgeschäften und bei der Führung von Prozessen, und in der Lehrthätigkeit, die in institutio, Unterweisung in den Anfangsgründen, und in instructio, praktische Unterweisung bei Gelegenheit des Respondierens, zerfiel. Die Schüler eines Rechtslehrers nannte man feine auditores, studiosi, die ihn audiebant. Weiter finden wir die Jureconsulti mit schriftstellerischen Arbeiten wissenschaftlicher und rein praktischer Art, wie Formularzusammenstellungen, beschäftigt, und sind sie zeitweise als Jurisdiktionsmagistrate von Einfluß auf die Ausbildung der magistratischen Edikte.

1 Cic. de or. 1, 45. 48.

3. Die Kaiserzeit.

a) Von Augustus bis Diokletian.

$ 31.

a) Die Gesekgebung.1

I. Unter der Regierung des Augustus sind noch viele leges im alten Sinne des Wortes, über welche die Centuriatkomitien auf dem Campus Martius abstimmten, erlassen worden. Sie waren zum Teil von einschneidendster Bedeutung für die Entwickelung des Prozesses, des Strafrechts und des Privatrechts. Von allen ist das wichtigste die lex Julia et Papia Poppaea; eigentlich 2 Gefeße, die in Verbindung mit einigen die Manumissionen beschränkenden Gesezen die doppelte Tendenz verfolgten, den Stand der römischen Bürger möglichst zu erhalten, und zwar möglichst rein, und den Staatsfäckel zu füllen.

Im Jahre 18 v. Chr. nahm der Senat einen in dieser Richtung ausgearbeiteten Gefeßesentwurf an: lex Julia de maritandis ordinibus; die Volksversammlung verwarf ihn aber. Erst im Jahre 5 n. Chr. ging der mehrfach gemilderte Gesetzesvorschlag bei der Volksversammlung durch; es mußte jedoch zunächst eine dreijährige, dann weiter eine zweijährige vacatio gewährt werden. Im Jahre 10 n. Chr. verlangten die Ritter so ungestüm Aufhebung des Ge sezes, daß Augustus sich genötigt sah, noch ein Jahr vacatio zu gewähren. Im Jahre 11 brachten die Konsuln M. Papius Mutilus und . Poppäus Sabinus einen Zusatzvorschlag, der manche Härten des Gesezes milderte, ein, und endlich wurden die beiden Gefeße Anno 12 definitiv genehmigt und in Kraft erflärt: Lex Julia et Papia (Poppaea), Leges, Novae leges, im Gegensatz zu den XII tabulae; sie zerfallen in eine Pars nuptialis und eine Pars caducaria.

1

Wlassak, Kritische Studien zur Theorie der Rechtsquellen im Zeitalter der klassischen Juristen, 1884. Baron, in der Krit. Vierteljahrsschrift,

N. F., VIII, S. 244 ff.

2 Horat. carm. saec. 17-20. Suet. Oct. c. 34.

II. Die üblen Erfahrungen, welche Augustus mit der lex Julia gemacht hatte, und ähnliche üble Erfahrungen über tumultuose Vorgänge in den Wahlkomitien bestimmten ihn, seinem Nachfolger zu empfehlen, die Rechte der Komitien bei Wahlen und bei der Gesetzgebung zu beschränken. Tiberius befolgte diesen Rat. Daß er sofort die Volkswahl dadurch zum Schein machte, daß er sie an eine vom Senat vorzunehmende Vorwahl band, wird uns ausdrücklich berichtet. Aber mit den Gesetzgebungskomitien muß gleichzeitig oder nicht viel später eine ähnliche Veränderung vorgegangen sein.

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Leges werden noch unter Tiberius und unter Claudius erwähnt. Welcher Art aber die Mitwirkung des Volkes bei Erlaß dieser Geseze war, läßt sich nicht eruieren.

Aus der Zeit nach Claudius werden keine leges mehr erwähnt, die mit Sicherheit als leges latae zu erkennen wären; es sind entweder Senatuskonsulte, wie wahrscheinlich die leges de imperio; oder leges ab imperatoribus datae, wie die leges Flaviae Salpensana et Malacitana.

Die in c. 3 de serv. publ. 7, 9 erwähnte lex vettibilici ist ganz unverständlich.

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III. An Stelle der leges traten die senatusconsulta. Senatskonsulte privatrechtlichen Inhalts begegnen uns von Augustus bis Septimius Severus.

Ihre Veranlassung ist sehr häufig eine oratio principis oder eine von einem candidatus principis verlesene epistola. Wie die senatusconsulta an Stelle der leges getreten find, tritt diese oratio später an Stelle der senatusconsulta. Sie wird Publikationsform für kaiserliche Erlasse.

IV. Edicta.

Die Jurisdiktionsmagistrate erließen im Beginn der Kaiserzeit bei ihrem Amtsantritt noch in derselben Weise Edicta wie früher;

1 Vellej. Paterc. 2, 124. 126. Tac. Ann. 1, 15. Dio Cass. 58,

20. Plin. Ep. 3, 20. Mommsen, Röm. StR. II3, S. 31.

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Gaj. 1, 136. Tac. Ann. 4, 16. Lex Junia Norbana,

3 Gaj. 1, 157. 158. Ulp. 11, 8. Tac. Ann. 11, 13 (1. 1 pr. ad Sc. Mac. 14, 6; Suet. Vesp. 11). Tac. Ann. 11, 14. 4 1. 2 § 9 de O. J. 1, 2. Gaj. 1, 4.

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