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sophie gemacht hat, weiter aus, indem es ihn zu tieferem Nachdenken über die Grundsätze des Wahren und Falschen oder zur Moralphilosophie und einer methodischen Behandlungsweise einzelner Systeme überhaupt anleitet. 42). Aber auch hier blieb er seinen frühgewonnenen Grundansichten um so leichter treu, da die Philosophie aus den Händen ihrer grossen Meister entnommen und wie die Beredsamkeit zu rednerischen Kunstgriffen, so jene zu den Grübeleien der Sophisterei und zu leeren Fechterkünsten mehr und mehr erniedrigt war. Keine der Lehren daher zog ihn durch ihre Wahrheiten so an, dass er eins der damaligen Häupter hätte auszeichnen oder sich vorzugsweis zum Schüler des einen und anderen bekennen mögen. 43) Denn wenn er das Bekenntniss ablegt, dass er in Akademus' schattigen Hainen um den Begriff und das Wesen der Dinge 44) sich bemüht habe: so räumt er nichts anderes ein, als dass es ihm um Wahrheit 45), wess Ortes er

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82. J. Dousa ad Hor. c. XI. p. 668.): auch durch H'. Aufenthalt in Athen bestätigt gefunden, könnten wir ihn vom J. 705–711 u. c. ausdehnen, wo dura tempora emovere loco grato. Scheinen nun die Worte anzudeuten, dass die Zeit für seinen Aufenthalt in Athen eigentlich noch nicht abgelaufen, und dadurch jene längere Frist von sieben Jahren vielleicht zweifelhaft zu machen: so wird der Zweifel durch Epist. II, 2, 81gehoben. Denn dass jenes ingenium kein anderes, als das des Venusiners sei, wird mehr als nur wahrscheinlich, sobald man l. c. in Zusammenhang aufnimmt. Dass eine bestimmte und nicht bloss dem Florus bekannte Person angedeutet wird, ist an sich klar und welche in dieser Selbstrechtfertigung gemeint, die Vs. 65-86 ausschliesslich erfüllt, wäre es weniger? selbst abgerechnet, dass alle inneren und äusseren Angaben zustimmen. Wie H. mitten im Volksgetümmel zu Rom stets fortfuhr, ein beschauliches Leben zu führen; wie er ohne Sklavengefolge, allein den Circus und Markt durchschlenderte, um nach dem Preise des Kohls und Getreides zu fragen (Sat. I, 6, 112.); wie er auch auf der Strasse ganz versenkt in seine Gedanken (Sat. I, 9 init. Vgl. I, 4, 133 — 36.); wie er wortkarg und kleinlaut mehr als vorlaut war (Sat. I, 6, 56 s.); wie er endlich nie einen geschmeidigen Weltton sich aneignen mochte, sondern den Büchern am liebsten lebte (Epist. I, 18, 96 bis Ende), liegt jedem vor Augen. Und dennoch könnte man jenes insenuit libris statua taciturnius exit risu populum quatit · anders als auf Horatius deuten?

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42) Epist. 1, 2, 43-45, wo das dignoscere rectum und quaerere verum wohl für keinen einen Doppelsinn zulassen wird. Anders ist es mit dem Worte ars, welches Lambin durch Vertauschung mit doctrina deutlicher machen will und alle Ausl. scheinen ihn zu verstehen. Ich gestehe, dass H. für mich klarer spricht, als jenes Scholion, da ars oder artes, auch noch durch Zusätze wie philosophorum, rhetorum, grammaticorum verdeutlicht, der eigentliche Ausdruck ist f. initia doctrinae solidioris d. i. das strenge, nach Regeln und Grundsätzen geordnete Verfahren bei einer Wissenschaft, Methodologie. So tézvŋ oder tέzval. S. Walch. z. Tacit. Agric. pag. 150.

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48) Doch leitet uns die Zeit, als er in Athen studirte, darauf, dass er mit Cratippus, dem Haupte der Peripatetiker und Lehrer des jungen Cicero, könnte in Verkehr gestanden haben. Auch Philodemus, einer der vornehmsten Epicureer der Zeit (Cic. de Fin. II, 35. extr. das. Ausl.), dessen H. nur einmal (Sat. 1, 2.) als eines Epigramma→ tisten Erwähnung thut, und Theomnestus, ein namhafter Akademiker, mit dem auch Brutus in Verbindung stand, mögen seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen sein.

44) inter silvas Academi quaerere verum. Epist. II, 2, 45.

45) Dass hierin Grundbestreben seines Lebens, wie seiner Dichtungen beruhe, muss aus der ganzen Darstellung vielmehr, als aus Einzelnem sich ergeben. Doch spricht er selbst schon früh aus (Sat. 11, 6, 72 —76, um 723 u. c.), dass ihm das Aufsuchen einer höheren philosophischen Wahrheit in allen Dingen im Verein mit seinen Freunden von höchster Bedeutung sei, um zu lernen, was nicht zu wissen Fehler sei, nämlich ob Reichthum oder Tugend beglücke, ob Bedürfniss oder Gesinnung Freunde vereinige, endlich worin das Wesen und der Zweck des höchsten Gutes beruhe. Nicht unwichtig zu bemerken ist, dass H. in demselben J., wo er diess aussprach, durch Mäcenas eine sorgenfreie Existenz bekam. S. darüber unten.

sie finden möge, allein zu thun gewesen sei, und nur diess liegt um so klarer da→ rin, als Römischer Rationalismus die vielfach gespaltenen Denksysteme der Griechischen Weisen theoretisch mehr und mehr zu verschmilzen und durch bindenden Verstand unter Hauptgesichtspunkten zusammen zu fassen bedacht war. 46)

Verfolgen wir nun aber Horatius' philosophische Denkart bis zu reiferer Entwicklung, weil darin der Aufschluss über seine sittlichen und politischen Bekenntnisse liegt, und forschen wir nach einem bestimmten Ergebniss, welches er aus jener selbständigen Prüfung vieler Systeme gewonnen: so trug diese vornehmlich dazu bei, ihn überall auf den wahren Standpunkt in seinen künftigen Verhältnissen zu stellen und über den Plan seines Lebens in sich selbst klar und gewiss zu machen. Bedurfte es dazu eines eklektischen Verfahrens, welches ihn alle Ideen von ihrer ursprünglichen Reinheit bis zu den weitesten Entartungen durchmessen liess, so verlor er doch nie sich selbst aus dem Auge. Geleitet durch die Schärfe seines Urtheils, kehrt er bereichert im Bewusstsein seiner Geistesfreiheit und veredelten Willenskraft zurück, von wo er ausging, zu seiner ursprünglichen Natur. Sieht er daher die bürgerliche Freiheit gefährdet, so handelt er für die Herstellung derselben mit der Tugend und Aufopferung eines Stoikers, so lange Vernunft und Bürgerpflicht es von ihm zu fordern scheint; doch schmiegt er sich nicht gleich Cato, Brutus und anderen unter die bindenden Vorschriften 47) des strengen Sittensystems, sobald er erkennt, dass das Vaterland, durch seine Kämpfe und die zunehmende Ausartung der alten Sitten aller Mässigung und Selbstbeherrschung entwachsen, sich selbst reif gemacht hat für einen anderen Zustand der Dinge. Seine Neigung wiederum und die Fähigkeit, alle Genüsse des Lebens rein in sich aufzunehmen, verbunden mit der scheinbaren Gleichgültigkeit gegen die Einwirkungen der Gottheit 48), stellen ihn den Augen der Welt als einen vollendeten Epicureer

46) Die Römischen Denker liebten es, auf Socrates die Grundlehre des Wahren und Falschen zurückzuführen, weil er als Lehrer des Plato auch auf dessen Schüler, den Aristoteles und Xenocrates, das spätere Haupt der Akademie, in allen Hauptsätzen einwirkend und bestimmend gedacht wurde. So hingen Socratiker, Platoniker, Akademiker, Peripatetiker in so lückenloser Folge zusammen, dass Cicero in allen sittlichen Grundansichten sie nicht selten in die engste Verbindung setzt, (z. B. de off. I. init. ibid. III, 4. de fin. B. et M. II, 11, 34.) weil sie alle zuletzt aus der einen Tugend den Zweck des Lebens entwickelten. Derselbe setzt sogar die Stoische Lehre in jener Beziehung mit den Socratikern und der Akademie in Zusammenhang, (Prooem. Paradox. De fin. B. et M. II, 12, 38 das. die St. bei Görenz.) woraus erhellt, dass Cicero oft nur einen Wortunterschied vielmehr, als einen in der Sache begründeten setzt. Danach sind auch Horatius' Worte inter silvas Academi q. v. im weiteren Sinne zu fassen, nicht nach Cruq. zu künstlicher Deutung: iucunde Academicos dicit in silva q. v., qui ita quaerunt, ut id negent inveniri posse. Wie denn auch Hor. Epist. I, 4, 4 in ähnlichen Worten eine allgemeine philosophische Betrachtungsweise andeutet, ohne an die Schattengänge der Akademie zu denken.

47) Nur wie es gut dünkt und seiner persönlichen Freiheit und der des Römischen Staates (s. Wieland z. Epist. I, 1, 13. p. 43.) zusagt, kehrt er auch zu einzelnen Grundsätzen der Stoa in späterer Zeit zurück, aber überall ohne sich ihr zu verpflichten, z. B. Epist. I, 1, 16-17. Selbst verbunden mit Epicurischen Grundsätzen, wie z. B. dem Zenonischen εἰς ἑαυτὸν συνειλεῖσθαι (Antonin. τῶν εἰς ἑαυτὸν libr. VII, 28.) das Epicurische tn túxy άvtitάooɛoαι (Diog. Laert. X, 120.) begegnet Hor. Od. III, 29, 53-55. Vgl. Sat. II, 2, 135. Wie H. sich gegen alle politischen und sittlichen Starrheiten und Paradoxien Stoischer Narren übrigens erklärt, bedarf kaum der Nachweisung. s. T. Schmid. Ep. I, 1, 101-108.

48) Sat. I, 5, 101 bekennt er sich zu dem Epicurischen: vò panágiov naì ãødαg

HORAT. EPISTELN.

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dar. Begreiflich, wenn man bedenkt, dass er sich selbst als Anhänger des grossen Meisters zu zeichnen 49) scheint und das öffentliche Urtheil sich zu leicht anlehnt an einzelne hervorspringende Züge seines Characters, wenn sie auch an dem eigentlichen Wesen desselben nicht grösseren Antheil haben, als etwa die ursprüngliche Lehre ihres Schöpfers an den späteren Missdeutungen derselben. Beachten wir, dass Horatius den Epicurismus mitunter als eine Schule der Schwelgerei und Verweichlichung darstellt; dass er die Tugend und das Recht wie eingesetzt zum äusseren Nutzen durch Uebereinkunft der menschlichen Gesellschaft nimmt 50): so erkennt nur Unkunde der wahren Lehre etwas anderes darin, als eine Darstellung des Römischen Epicurismus, welcher nicht viel mehr als den Namen gemein hatte 51) mit einem der einflussreichsten Denker der Vorzeit. Anders urtheilt Horatius. Er hatte aus unmittelbarer Anschauung erkannt, dass sein Meister mit nicht geringerem Rechte, als er selbst, sich hinwegsetze über die Stimme der Unweisen: ,, nie begehrte ich von der Menge gelobt zu werden, denn dem Volke gefällt nicht, was ich weiss, was dem Volke gefällt, verstehe ich nicht."52) Nur eine vorurtheilsfreie Forschung konnte nach Lucretius' erleichterndem Vorgange 53)

τον οὔτε αὐτο πράγματα ἔχει οὔτε ἄλλῳ παρέχει. Diog. Laert. X, 139. Lucian. Icaromenipp. c. 32. Vgl. Hor. Od. III, 3, 35-36. Od. I, 34. dazu Lessings Rettung des H.

49) Sat. I, 5, 101-103. Epist. I, 4. extr. ibid. I, 15. Wie weit es Ernst ist mit solchen Bekenntnissen, haben schon die Ausl. gelehrt, am besten Wieland. Uebrigens ist es bekannt, dass die allgemeine Stimmung ums Ende der Republik sich fast nur in jene zwei Systeme zu denken wusste. Sowie dem strengen Römer die Moral der Stoa mehr zusagte, um in ihr, wie späterhin im Neoplatonismus, bei dem abschreckenden Bilde der Gegenwart Trost zu finden; so zog den Genusssüchtigen der Epicurismus in die Zurückgezogenheit eines den politischen Stürmen abholden Lebens. In dem Gegensatze beider liegt der Character der Römischen Welt vollständig erklärt und es ist daher wichtig zu beachten, dass Horatius den Einwirkungen beider zu Zeiten sich hingab, ohne je mehr sich davon beherrschen zu lassen, als er für gut fand.

60) Sowie H. die verkehrte Richtung im Stoicismus an vielen Grosssprechern seiner Zeit nachweist, wird auch der neue Epicurismus von ihm an lebenden Erscheinungen selbst angedeutet, welche ihn zu schmutzigem Cynismus, häufiger zu einer Anleitung cinädenartiger Schwelgerei oder Völlerei erniedrigten. Nicht nur die grosse Anzahl halblateinischer Graeculi, sondern auch die grössere der scurrilsten Schmarotzer, z. B. Mänius, Pantolabus, Cupiennius gehörten dahin. Selbst Mäcenas wird in jener Beziehung nicht geschont (Sat. I, 2, 25. S. unten.) und es darf nicht gezweifelt werden, dass Schol. Cruq. das Recht auf seiner Seite hat, wenn er zu Sat. II, 4. in der Hauptperson des Gedichtes (wer diese gewesen, s. unten.) einen Epicurischen Gastronomen erkannte. Dass übrigens manche Aussprüche des Epicurus Anlass geben konnten zu Missverständnissen, darf nicht verneint werden. S. z. B. Hor. Sat. I, 3, 98. vgl. Diog. Laert. X, 150. Epist. I, 6, 81. vgl. Cic. Tusc. V, 41, 119. Vor allem musste die angedeutete Ansicht von dem apathischen Zustande der Götter im Stande sein, Missbräuche zu erzeugen.

51) Non ab Epicuro impulsi luxuriantur, sed vitiis dediti luxuriam suam in philosophiae sinu abscondunt et eo concurrunt, ubi audiunt laudari voluptatem. nec aestimatur voluptas illa Epicuri, ita enim mehercules sentio, quum sicca et sobria sit; sed ad nomen ipsum advolant quaerentes libidinibus suis patrocinium aliquod ac velamentum. So der Stoiker Seneca de vit. beata. XII. und ähnlich a. a. O.

52) Senec. Epist. XXIX. „,nunquam volui populo placere. nam quae ego scio non probat populus; quae probat populus ego nescio." Vgl. Hor. Epist. I, 1, 70 sq., wo er dieselbe Ansicht als Philosoph und Denker äussert. Ebenso als Dichter schon in früherer Zeit. Sat. I, 10, 73; später Epist. I, 19, 37 und sonst, wo malignus, profanus, infidus, scelestus als Epitheta für die Menge seine Gesinnung genugsam bezeichnen.

53) Dass derselbe von H. mit Eifer studirt wurde, lehren gemeinschaftliche Ansich

den Weg zur Schule der Wollust bahnen und den Kern aus der Schale lösen, mit der bis zur Unkenntlichkeit er von Pöbel und Theoretikern entstellt war. Einer Eigenthümlichkeit, wie der Horazischen, musste es aber vor anderen leicht werden, der wahreren Anschauung nicht, zu verfehlen, da die eigene Natur finden lehrte, was in ihrem Keim schon vorhanden war. Früh als Knabe gewöhnt an ein selb→ ständiges Urtheilen und an Uebereinstimmung der äusseren mit der inneren Natur, spürte der Jüngling desto eifriger, um den Endzweck des wahren Lebens zu ent→ decken und da er diesen erkannt hatte in der vollendeten Harmonie der Seele mit dem Körper: so zog vor anderen Systemen der Inbegriff so anschaulicher Lebensweisheit ihn an, wie sie in der unverfälschten Lehre des Epicurus/geboten war. Denn nirgends fand er, um sich Trost zu verschaffen für die Schlechtigkeit seiner mit der Epicurischen vielfach verwandten Zeit, eine bequemere Freiheit im Denken, nirgends eine strengere. Verbannung aller Hindernisse zu vollendeter Glückseligkeit, nirgends eine Sittenlehre, welche mit geringerem Aufwand eine Arzenei für die Seele oder ein schmerzloseres Leben verhiess. So musste er einen anderen Stoff in der vielverkannten Wollust seines Lehrers erkennen, als die meisten, Sie führt ihn dahin, die Krankheit der Seele und des Körpers als die wahre Disharmonie der Natur 54) zu setzen, das Gemüth zu reinigen von allen Affecten und Vorurtheilen 55), den ungestörten Frieden der Seele als höchstes Lebensglück in dem eige nen Selbst und in der Gegenwart zu finden. 56) Hatte der Jüngling auf diesem Wege die Weisheit betrachten gelernt als die Kunst für sich glücklich zu leben: so eignete die Erfahrung des Mannes sich die Grundsätze der Aristippischen Lehre um so leichter an, je natürlicher diese auf dem Boden jenes tief gewurzelten Epicurismus erwuchsen und beide Richtungen sich gegenseitig ergänzend zu einem untrennbaren Ganzen verschmolzen. Wenn die Vorschriften des Epicurus und sein eigenes Beispiel den Jüngling vom öffentlichen Geschäftsleben, sogar von geselligen Verbin+ dungen entfremdeten und auf sich selbst verwiesen 57); wenn die Lehre des Zenó

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ten beider und sogar viele Nachahmungen von diesem (wovon unten.); s. Heind. z. Sat. I, 3, 98. Wieland z. Sat. I, 5, 103, wo er L. in physicis den Lehrer des Dichters nennt. Vgl. unten Note 70. 6167 anda,91

(54) Die Epicurische dovn forderte wesentlich das Geistige und Körperliche als ein Untrennbares zu setzen. Dauernde Seelenruhe und beständige körperliche Lust gehört zu ihrem Wesen. Diog. L. X, 136. Daher bedarf sie neben der άzaqagia »und απονία auch der υγίεια τοῦ σώματος. Ibid. 128. 181. 136.

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55) ira gignit insaniam. Epic. b. Senec. Ep. XVIII. Diog. L. X, 144. 151.ę Vgh Not. 69. 70. si

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56) non est in rebus vitium, sed in ipso animo. Epic. b. Senec, Ep. XVII. Daher der Ausspruch stulti vita ingrata est, trepida est, tota in futurum fertur. Ibid. XV. Vgl. damit Hor. Od. I', 9, 13—16. III, 8, 27. III, 29, 32. und sonst. Auch Aristippus hält jeden Genuss für ein povózoovov. Athen. XII. 544. a. Uebrigens steht Epicurus darin wieder der cyrenaischen Lehre entgegen, dass er die vollendetste geistige Lust in sofern nur in die Gegenwart setzt, als sie zugleich auch das Vergangene und Zukünftige geniesse: (Diog. L. 11, 89.) und in Eins zusammen fasse: ein streitiger Punkt, den Athen. 1. c. gegen Aristippus entscheidet und worin auch Horatius, geleitet durch die politischen Verhältnisse seines Vaterlandes, mehr zum Epicurismus sich neigt; während er in seinen Lebensgenüssen ganz am gegenwärtigen Moment festhält.

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57) In Epicurus' Lehren und Leben galt der Ausspruch, dass ein Weiser sich aller öffentlichen Geschäfte zu enthalten habe; (Diog. Laert. X, 5, 10.) doch bewies E. gegen das Vaterland stets die gleiche Treue und Anhänglichkeit. l.C. Aehnlich Aristippus, doch mit einem Zusatz, der dem Römer unentbehrlich war: all yo to n οὐδ ̓ εἰς πολιτείαν ἐμαυτὸν κατακλείω, ἀλλὰ ξένος πανταχοῦ εἰμι. Xenoph.

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ihn nicht mit dem einen oder anderen versöhnen konnte, obwohl seine Anhänger bis auf Augustus die bedeutendsten Staatsgeschäfte verwalteten: so führt Aristippus ihn in die hohen und niederen Cirkel der Welt ein und giebt ihm Anleitung, um eine vollendete Meisterschaft in der Kunst des Lebens mit anderen zu gewinnen. 58) Denn sowie jener aus der Socratischen Lehre vom Begehrungs- und Verabscheuungswerthen die Glückseligkeit als Streben des Menschen erkannte, jedoch nach eigener Deutung die Lust als Zweck des Lebens sich entwickelte: ebenso selbständig entnahm er aus der Socratischen Geistesfreiheit die Bedingung möglichst grosser Ungebundenheit für die persönliche Existenz und bereitete sich danach seine Stellung zur Welt. Indem der Römer diese Grundsätze entlehnt, weiss er auch sie, gleich denen des Epicurus, mit seinem politischen und sittlichen Streben zu verschmilzen. Ja sie sind ihm unentbehrlich, um selbst nicht verschlungen zu werden von den Wogen der verwickeltsten Weltverhältnisse. So bleibt er frei und befriedigt in sich, und fern von jeder Einmischung in die Staatsgeschäfte, aber den höheren Interessen der Menschheit im Grossen und Einzelnen zugewandt, ist er zu sehr Philosoph, um nur Bürger von Rom zu sein 59) und dennoch zu sehr Römischer Bürger, um zu einem Weltbürger zu entarten. Durch diese Ausgleichung seiner inneren Welt mit der äusseren politischen wird ihm der sicherste Stempel wahrer Weisheit ein ununterbrochener Gleichmuth, ihre Aufgabe alle Erregungen der Seele zu besänftigen 6o), ihr letzter Endzweck die Tugend, welche über alle

Apol. II, 1, 13. Sowie aus jenem sich das Epicurische lade Boas, als ein dem Philosophen Unentbehrliches, erklärt und Horatius oft seine Zuflucht dahin nimmt (Epist. I, 17, 10. 18, 103 u. sonst.); ebenso ist er, wenn die Umstände es fügen, auch mit diesem Aristippischen dɛivov nálaιoua, wie Socrates 1. c. es nennt, vertraut. Ep. I, 1, 15.

58) Es werde nur daran erinnert, mit welcher überzeugenden Kraft H. seine Erfahrungen aus einer Lehre, in der τὸ δύνασθαι πᾶσι θαῤῥούντως ὁμιλεῖν als Hauptgewinn des Studiums der Philosophie galt (Diog. L. II, 68.), anderen mitzutheilen wusste. S. Epist. I, 18, die Wieland bezeichnend ein kleines practisches Handbuch der Kunst mit Grossen zu leben nennt. Wie H. diese Kunst sich selbst zu Nutz machte, sehen wir unten.

59) Die Zeiten, wo jenes civis Romanus sum bis an die Grenzen der Erde drang und seine Geltung hatte (Cic. or. in Verr. V, 57.), kannte H. nur noch von Hörensagen; aber dennoch bewahrt er seine Gesinnung für das alte republikanische Römerthum, bis es selbst sich ausgelebt hat. (S. unten Not. 100.) Von da an leitet ihn sein philosophischer Gleichmuth, in Ermanglung der politischen Freiheit, die persönliche und moralische wenigstens zu sichern; die Dinge aber zu lassen, wie sie sind. Ebenso seine Lehrer in der Philosophie. S. unten 1. c. Vgl. Note 146.

60) Wie oft auch H. ausspricht, dass ihm diess Erforderniss zur Glückseligkeit in jeder Lage nothwendig erscheine: so thut er es doch vor allem Epist. I, 6 v. A. Das Nichtbewundern ist freilich schon dem Pythagoras Grundsatz geworden (Plut. de audit. VIII.), doch beweist nicht nur die Unbekanntschaft des H. mit dessen Lehre, sondern auch die Ausdehnung, womit der Dichter sein nil admirari auf alle physischen und moralischen Erscheinungen und sogar auf die Tugend bezieht (Hor. I. c. 41.), dass nichts weiter darin gesucht werden darf, als jenes antistoische Vermeiden aller Affecte für Geist und Körper, die Epicurus des Weisen unwürdig nennt und Aristippus ausschliesst vom wahren Lebensglück, möge man mit sich selbst oder mit der Welt leben. Indem der Dichter hierin rein practische Zwecke verfolgt (s. Not. 61.), so darf auch an Democritus' evevμía (Diog. L. IX, 45.) oder άquovía und áraqağía (Stob. ecl. II, 76.) erinnert werden, weil auch er nur aus materiellen Rücksichten forschte, nicht um die abstracte Wahrheit zu finden, sondern zu seinem Genuss, mochte er die Seele oder den Körper angehen. Dass H, daher nicht an Platos ❤góvnois oder die Aristotelische

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