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wisse legale Form, die mit dem Deckmantel der sponsalia de praesenti alles Ungesetzliche und Rohe barg 2).

Dazu kam, dass die Leichtigkeit, mit der die Ehen eingegangen werden konnten, und die Erasmus in so treffender Weise kennzeichnete 3), des nöthigen Correctivs in der Möglichkeit der Scheidung entbehrte 4), und dass der sacramentale Character der Ehe, welcher, wenn wir von den späteren Theorien des Melchior Canus absehen 5), derzeit beständig in der Consenserklärung der Ehegatten gefunden wurde, selbst den Mangel der elterlichen Einwilligung rechtlich irrelevant machte 6).

Das erstere traf zwar nur den Frieden der einzelnen Ehen, aber das doch in der härtesten Weise, und wirkte somit wenigstens mittelbar schädlich auf das Gemeinwesen ein, die andere Consequenz aber, welche die Kirche in den tridentinischen Schlüssen den reformatorischen Lehren gegen

2) Vgl. Erasmus de matrimonio S. 69. (Lugd. 1650.) Luther Tischreden in Werke (Erlang. Ausg.) 62, 230.

3) a. a. O. S. 67. f.: »Quaesitum est, an etiam solo nutu possit contrahi matrimonium, et responsum est posse. Quaesitum, an literis scriptis coëat matrimonium, responsum est coire. Quaesitum est, an signo, veluti si quis nummi fracti dimidium det puellae, responsum est coisse matrimonium. Quaesitum est, an per procuratores inter absentes coëat matrimonium, responsum est coire, si procurator a certa persona de contrahendo cum certa mandatum acceperit. Quaesitum est, an facto fiat ratum matrimonium, veluti si iuvenis dicat: Si me habes pro coniuge da basium; responsum est coire. Quaesitum est, an silentio coeat matrimonium, veluti si puellae pater dicat patri iuvenis: Do filiam meam uxorem filio tuo: rursum proci pater respondeat: Et ego filium meum do maritum filiae tuae, si nec iuvenis nec puella contradicat, sed tantum obticescat uterque, ratum erit matrimonium.<<

4) Daher erklärte sich auch Erasmus in dem Commentar zum ersten Corintherbriefe (Annot. in Nov. Test. Basil. 1515.) gegen die Unauflöslichkeit der Ehe. Vgl. Richter Beitr. z. Gesch. d. Ehescheidungsr. S. 8. f. (Berlin 1858.)

5) Uebrigens ist dieser nicht, wie Phillips Lehrb. d. KR. S. 449. (Regensb. 1862.) behauptet, Urheber der Lehre, dass der Priester minister sacramenti bei der Ehe sei; dieselbe findet sich vielmehr schon bei Hildebert von Tours († 1134.) Sermon. de diversis 45. op.p. (ed. Paris. 1708.) p. 856.

6) Vgl. Richter KR. §. 267. (Leipz. 1858.) Schwabenspiegel art. 55. (Lassberg.)

über scharf zuspitzte 7), war mit den Anschauungen der germanischen Völker, mit ihrem ganzen Recht der Eheschliessung in schneidendem Widerspruch. Dies war denn auch der fast einzige Punkt 8), wo die weltlichen Fürsten und Behörden das kirchliche Recht durch Strafbestimmungen zu ergänzen suchten, während sonst die Ehegesetzgebung als unzweifelhafte Domäne allein der Kirche zufiel 9). Es lag aber klar zu Tage, dass dergleichen indirecte Maassnahmen, sei es, dass sie wie die Freiburger Statuten v. J. 1339. 10) die eine solche Ehe schliessenden Personen mitsammt dem trauenden Pfarrer für strafbar erklärten, sei es dass sie, wie die Hamburger 11), Bamberger 12), Celler 13) in der Heimlichkeit der Verbindung einen genügenden Enterbungsgrund anerkannten, den Uebeln kaum Abhülfe gewähren konnten.

In der Regelung der Eheschliessungsform lag das einzige Mittel zur Besserung.

So kam es denn, dass nicht allein Männer wie Erasmus 14), die überhaupt die Waffen der Kritik und des Spottes gegen die Lehren der Kirche kehrten, auch die Ehe

7) Sess. 24. c. 1. de reform. matr.

8) Ueber andere Reactionen des Staates klagt die Freisingische Synode v. J. 1480. bei Hartzheim Conc. Germ. 5, 517. (Colon. 1761.) und das Costnitzer Concil bei v. d. Hardt Conc. Constant. I, 11, 735. (Lips. et Berol, 1697-1700.). Beispiele bei Förstemann Neue Mittheil. I, 2, 78. (Halle u. Nordhausen 1843. ff.). Westphalen Monum. ined. rer. Germ. (1730—45.) 4, 3078. Seibertz Urkb. z. Land. u. Rechtsgesch. des Herzogth. Westphal. 2, 405. (Arnsberg 1839-54.). Jäger Jurist. Magaz. f. d. deutsch. Reichsstädte 5, 278. (Ulm 1790. ff.).

9) Vgl. Schwabenspiegel art. 201. (Lassberg.) Vgl. Culmer R. lib. 5. c. 43. herausg. von C. K. Leman S. 153. (Berlin 1838.). Wiener Stadtr. bei Rauch Rer. Austr. Scr. 3, 57. (Vindobon. 1794.). Friedberg a. a. O. S. 106.

10) bei Schreiber Urkdb. der Stadt Freiburg 1, 342. (Freiburg 1828.)

11) Stadtr. v. J. 1276. VI. 7. X. 8. bei Lappenberg Hamburg. Rechtsalterth. Bd. I. (Hamburg 1845.)

12) Zöpfl d. alte Bamberg. R. Urkb. 155. (Heidelberg 1839.)

13) bei Leibnitz Scr. Rer. Brunsvic. (Hannov. 1707-11.) 3, 483. Vgl. auch Pufendorf observ. iur. univ. II. Appdx. 19. (Hannov. 1744. ff.)

14) a. a. O. S. 66.

doctrin zum Gegenstand ihrer reformatorischen Vorschläge machten wenn auch hier mit bemerkenswerther Schüchternheit und Unsicherheit 15) sondern auch streng kirchlich gesinnte, einsichtige Cleriker wie Bischof Berthold von Chiemsee 16) auf die Nothwendigkeit durchgreifender Maassregeln hinwiesen.

Das tridentinische Concil endlich trug den vielfachen Vorschlägen Rechnung, brachte diesen wie den anderen in der Ehedoctrin aufgetauchten Missständen Abhülfe, und setzte eine bindende bei Strafe der Nichtigkeit der ehelichen Verbindung zu befolgende Form der Eheschliessung fest 17), die mit geringen von der Kirche ausgegangenen Modificationen, mit durchgreifenden vom Staate vorgenommenen, von der Kirche nur geduldeten Aenderungen den Kern des heutigen katholischen Eheschliessungsrechtes bildet.

Die protestantische Kirche gelangte nicht zu solch' festem Abschluss ihrer Doctrin; vielmehr lässt sich durch die Jahrhunderte hindurch ein Schwanken der Ansichten verfolgen, welches für das praktische Recht höchst bedeutungsvoll wurde, und an dessen Nachwehen die heutige Zeit mit ihren Trauungsweigerungen und ihrer in Ehesachen herrschenden Unklarheit mühselig genug zu tragen hat.

Da ist es die bis jetzt noch nicht einmal in Angriff genommene Aufgabe der Wissenschaft, auf den Principien der reformatorischen Doctrinen das protestantische Eheschliessungsrecht aufzubauen 18).

15) a. a. O. S. 67.

16) Tewtsche Theologey ed. Reithmeier S. 685. (München 1852.) 17) sess. XXIV. de reform. matr. c. 1.: »Qui aliter quam praesente parocho vel alio sacerdote de ipsius parochi seu ordinarii licentia et duobus vel tribus testibus matrimonium contrahere attentabunt, eos sancta synodus ad sic contrahendum omnino inhabiles reddit, et huiusmodi contractus irritos et nullos esse decernit, prout eos praesenti decreto irritos facit et annullat.<<

18) Die Natur dieser Zeitschrift und der mir zugemessene Raum machen es mir unmöglich, eine vollständige, genau eingehende Dogmengeschichte zu geben. Ich bemerke aber, dass ich eine solche schon fast vollständig ausgearbeitet habe, und zusammen mit anderen Untersuchungen über das Recht der Eheschliessung in nicht allzu langer Frist veröffentlichen zu können hoffe.

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Der Hauptgegensatz, in den die reformatorische Ehelehre zu der katholischen trat, lag nicht so sehr in der Leugnung des Sacramentsbegriffes der Ehe das war vielmehr die Anfangs noch dazu zweifelhafte 19) Summe mehrer anderer Factoren wie in der Bekämpfung der geistlichen Ehejurisdiction und des Cölibats.

Die Kirche hatte die Ehegerichtsbarkeit das ganze Mittelalter hindurch fast unbestritten ausgeübt; wenn irgend eine Materie, so schien diese zu ihrer eigensten Competenz zu gehören 20). Aber all' die zahllosen Missbräuche, an denen die kirchliche Gerichtsbarkeit überhaupt krankte, waren auch hier zu Tage getreten, und die beispiellose Unwissenheit der Richter, die Verschleppung der Sachen nach Rom, das aussaugende Erpressungssystem waren Mängel, die sich überall zur Genüge, am Meisten, am Grellsten und am Unerträglichsten aber in Ehesachen geltend machen mussten, wo es sich eben nicht um blosse, mehr oder minder wesentliche, vermögensrechtliche Fragen, sondern um das Wohl und Wehe von Familien, um sittliche Interessen handelte.

So formulirten denn auch im J. 1522 die von katholischen Fürsten 21) ausgehenden Beschwerden der deutschen Nation eigene die Ehejurisdiction betreffende „gravamina“ 22). Nicht besser stand es mit den Cölibatsvorschriften.

Von gränzenloser Verachtung war der Clerus gegen den Ehestand durchdrungen, den er, wenngleich für ein Sacrament, doch in seltsamen Widerspruch damit, für unheilig, für unrein, für des Priesters unwürdig erachtete. Luther 23)

19) So zuerst bei Luther im Sermon vom ehelichen Stand v. J. 1519. bei von Strampff Dr. Mart. Luther über die Ehe S. 205. (Berlin 1857.) bei Zwingli in de vera et falsa religione Schriften im Auszuge v. Usteri u. Vögelin II, 1, 186. (Zürich 1820.)

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20) Vgl. Friedberg a. a. O. S. 104. ff.

21) Darauf macht mit Recht aufmerksam Laurent l'église et l'état S. 215. (Bruxelles 1858.)

22) c. 69. bei Schilter de libertate eccl. Germ. (Jenae 1683.) S. 906. f. c. 76. ebendas. S. 911.

23) Tischreden in Werke (Erlang. Ausg.) 61, 301. Vgl. auch Zimmermann, Lommler etc. Concordanz zu Luthers Werken 1, 648. (Darmstadt 1828. ff.)

und Melanchthon 24) berichten beide, dass zu ihrer Jugendzeit dergleichen Anschauungen überall verbreitet, und von der Geistlichkeit durch Wort und Schrift gepredigt worden

wären.

Freilich contrastirte mit diesen idealen Vorschriften das Leben der Geistlichkeit in Schrecken erregendem Grade. Die Unsittlichkeit des Clerus überstieg alles Glaubliche, und trat mit frecher, selbstbewusster, in keiner Weise zu entschuldigender Offenheit und Schamlosigkeit auf: sein Leben war die Persiflage seiner Theorien 25).

Dennoch aber trug die Kirche Bedenken, durch Aufhebung des Cölibats den Rathschlägen Einsichtiger 26) nachzukommen, und selbst ein Gerson, der die Laster der zeitgenössischen Geistlichkeit offen genug rügte 27), scheute sich vor diesem Heilmittel 28), - dennoch blieb der auffallende, von Calvin 29) so scharf hervorgehobene Widerspruch bestehen zwischen dem Cölibat und der Sacramentalität der Ehe.

Die Opposition gegen diese beiden innerhalb der katholischen Kirche hervorgetretenen Consequenzen des Sacramentsbegriffes der Ehe und des Ordo musste aber der Reformation eine Theorie der Ehe aufdrängen, die mit sich selbst. uneins war.

Um die geistliche Ehejurisdiction an der Wurzel zu treffen, musste die Sacramentalität der Ehe ganz und gar geleugnet werden, wenn nicht die Bestrebungen des sechs

24) Apologie zur Augsburg. Confess. Art. 23.

25) Eine Anzahl Schriften darüber habe ich angeführt in meiner cit. Schrift S. 33. Vgl. überhaupt Theiner die Einführ. d. erzwung. Ehelosigk. (Altenburg 1828. [1845.]), Carové Vollständ. Samml. d. Cölibatges. (Frankf. 1833.)

26) So Wycliffe Of wedded men and wives and their children bei Vaughan tracts and treatises of J. de Wycliffe (London 1845.) S. 58. Franc. Zabarella bei v. d. Hardt a. a. O. I, 9, 254. Andere bei Carové a. a. O. S. 365. ff.

27) Die Schrift de modis uniendi et reformandi ecclesiam bei v. d. Hardt a. a. O. I, 5, 68—142. hat jedoch, wie Schwab Joh. Gerson S. 483. ff. (Würzb. 1858.) m. E. richtig dargethan hat, Gerson nicht zum Verfasser.

28) Dialog. Sophiae et Sapientiae super coelibatu sive castitate ecclesiasticor. Opp. 2, 617-34.

29) Institut. tot. christ. religion. S. 635. f. (Genevae 1550.)

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