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Zur

Geschichte der Eheschliessung.

Von

Dr. Emil Friedberg,

Docenten der Rechte an der Universität Berlin.

[Besonderer Abdruck aus Dove's Zeitschrift für Kirchenrecht. Jahr-
gang III.]

Tübingen 1863.

3

Druck von Heinrich Lpp.

+

Rec. Oct.21905

BK 2 BK 2005

Zweiter Artikel.

Die Mängel eines Eherechts, welches wie das vortridentinische einer festen, unumgänglich nöthigen Eheschliessungsform entbehrte, mussten sich in mehr als einer Beziehung fühlbar machen.

Nicht allein, dass die Ehehindernisse der Blutsverwandtschaft und Schwägerschaft beständig unberücksichtigt blieben

was besonders den Widerstand der Kirche gegen heimliche Ehen hervorrief, auch Doppelehen wurden möglich 1), und jede Art geschlechtlicher Zügellosigkeit erhielt eine ge

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1) Vgl. Pallavicini Hist.. Conc. Trid. 3, 216. (Antwerp. 1673.) · Die Verwirrung in Ehesachen, welche Döllinger Reformat. Gesch. 2, 442. ff. (Regensburg 1846.) allein dem Einfluss der Reformation zuschreibt, war, wie sehr sie auch durch dieselbe vergrössert sein mag, zum guten Theil schon vorher vorhanden. So lassen sich allein in Breslau in den wenigen Jahren 1474-81. mehrere Fälle der Bigamie und eine Trigamie nachweisen. Vgl. Klose Darstell. d. inner. Verhält. d. Stadt Breslau bei Stenzel Script. rer. Silesiac. 3, 68. 72. (Breslau 1847.). Vgl. auch die vielen gegen Bigamie erlassenen Gesetze (Jarcke Handb. d. Strafr. (Berlin 1830.) 3, 65. kennt gar keine), die ich zusammengestellt habe in meiner Schrift de finium inter ecclesiam et civitatem regundorum iudicio (Lipsiae 1861.) S. 107. f. - Dass übrigens im 16ten Jahrhundert die katholischen Territorien an Unsittlichkeit den protestantischen nichts nachgeben, erweist Sugenheim Baierns Kirchen- und Volkszustände im 16. Jahrh. 532. ff. (Giessen 1842.)

wisse legale Form, die mit dem Deckmantel der sponsalia de praesenti alles Ungesetzliche und Rohe barg 2).

Dazu kam, dass die Leichtigkeit, mit der die Ehen eingegangen werden konnten, und die Erasmus in so treffender Weise kennzeichnete 3), des nöthigen Correctivs in der Möglichkeit der Scheidung entbehrte 4), und dass der sacramentale Character der Ehe, welcher, wenn wir von den späteren Theorien des Melchior Canus absehen 5), derzeit beständig in der Consenserklärung der Ehegatten gefunden wurde, selbst den Mangel der elterlichen Einwilligung rechtlich irrelevant machte 6).

Das erstere traf zwar nur den Frieden der einzelnen Ehen, aber das doch in der härtesten Weise, und wirkte somit wenigstens mittelbar schädlich auf das Gemeinwesen ein, die andere Consequenz aber, welche die Kirche in den tridentinischen Schlüssen den reformatorischen Lehren gegen

2) Vgl. Erasmus de matrimonio S. 69. (Lugd. 1650.) Luther Tischreden in Werke (Erlang. Ausg.) 62, 230.

3) a. a. O. S. 67. f.: »Quaesitum est, an etiam solo nutu possit contrahi matrimonium, et responsum est posse. Quaesitum, an literis scriptis coëat matrimonium, responsum est coire. Quaesitum est, an signo, veluti si quis nummi fracti dimidium det puellae, responsum est coisse matrimonium. Quaesitum est, an per procuratores inter absentes coëat matrimonium, responsum est coire, si procurator a certa persona de contrahendo cum certa mandatum acceperit. Quaesitum est, an facto fiat ratum matrimonium, veluti si iuvenis dicat: Si me habes pro coniuge da basium; responsum est coire. Quaesitum est, an silentio coeat matrimonium, veluti si puellae pater dicat patri iuvenis: Do filiam meam uxorem filio tuo: rursum proci pater respondeat: Et ego filium meum do maritum filiae tuae, si nec iuvenis nec puella contradicat, sed tantum obticescat uterque, ratum erit matrimonium.«

4) Daher erklärte sich auch Erasmus in dem Commentar zum ersten Corintherbriefe (Annot. in Nov. Test. Basil. 1515.) gegen die Unauflöslichkeit der Ehe. Vgl. Richter Beitr. z. Gesch. d. Ehescheidungsr. S. 8. f. (Berlin 1858.)

5) Uebrigens ist dieser nicht, wie Phillips Lehrb. d. KR. S. 449. (Regensb. 1862.) behauptet, Urheber der Lehre, dass der Priester minister sacramenti bei der Ehe sei; dieselbe findet sich vielmehr schon bei Hildebert von Tours († 1134.) Sermon. de diversis 45. opp. (ed. Paris. 1708.) p. 856.

6) Vgl. Richter KR. §. 267. (Leipz. 1858.)

gel art. 55. (Lassberg.)

-

Schwabenspie

über scharf zuspitzte 7), war mit den Anschauungen der germanischen Völker, mit ihrem ganzen Recht der Eheschliessung in schneidendem Widerspruch. Dies war denn auch der fast einzige Punkt 8), wo die weltlichen Fürsten und Behörden das kirchliche Recht durch Strafbestimmungen zu ergänzen suchten, während sonst die Ehegesetzgebung als unzweifelhafte Domäne allein der Kirche zufiel 9). Es lag aber klar zu Tage, dass dergleichen indirecte Maassnahmen, sei es, dass sie wie die Freiburger Statuten v. J. 1339. 10) die eine solche Ehe schliessenden Personen mitsammt dem trauenden Pfarrer für strafbar erklärten, sei es dass sie, wie die Hamburger 11), Bamberger 12), Celler 18) in der Heimlichkeit der Verbindung einen genügenden Enterbungsgrund anerkannten, den Uebeln kaum Abhülfe gewähren konnten.

In der Regelung der Eheschliessungsform lag das einzige Mittel zur Besserung.

So kam es denn, dass nicht allein Männer wie Erasmus 14), die überhaupt die Waffen der Kritik und des Spottes gegen die Lehren der Kirche kehrten, auch die Ehe

7) Sess. 24. c. 1. de reform. matr.

8) Ueber andere Reactionen des Staates klagt die Freisingische Synode v. J. 1480. bei Hartzheim Conc. Germ. 5, 517. (Colon. 1761.) und das Costnitzer Concil bei v. d. Hardt Conc. Constant. I, 11, 735. (Lips. et Berol, 1697-1700.). Beispiele bei Förstemann Neue Mittheil. I, 2, 78. (Halle u. Nordhausen 1843. ff.). Westphalen Monum. ined. rer. Germ. (1730—45.) 4, 3078. Seibertz Urkb. z. Land. u. Rechtsgesch. des Herzogth. Westphal. 2, 405. (Arnsberg 1839-54.). Jäger Jurist. Magaz. f. d. deutsch. Reichsstädte 5, 278. (Ulm 1790. ff.).

9) Vgl. Schwabenspiegel art. 201. (Lassberg.) Vgl. Culmer R. lib. 5. c. 43. herausg. von C. K. Leman S. 153. (Berlin 1838.). Wiener Stadtr. bei Rauch Rer. Austr. Scr. 3, 57. (Vindobon. 1794.). Friedberg a. a. O. S. 106.

10) bei Schreiber Urkdb. der Stadt Freiburg 1, 342. (Freiburg 1828.)

11) Stadtr. v. J. 1276. VI. 7. X. 8. bei Lappenberg Hamburg. Rechtsalterth. Bd. I. (Hamburg 1845.)

12) Zöpfl d. alte Bamberg. R. Urkb. 155. (Heidelberg 1839.)

13) bei Leibnitz Scr. Rer. Brunsvic. (Hannov. 1707-11.) 3, 483. Vgl. auch Pufendorf observ. iur. univ. II. Appdx. 19. (Hannov. 1744. ff.)

14) a. a. O. S. 66.

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