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patricische Tugend der christlichen Inful zu. Man vernimmt von nun an ihr Walten. Die Juden hatten von einem ewigen Weltreiche unter dem Scepter ihres Messias geträumt, Christus vergeistigte diese Hoffnung, indem Er an die Stelle politischer Macht eine neue Lehre sezte. Wie nun, wenn die Staatsverhältnisse so umgeprägt wurden, daß sie jener Lehre nach Möglichkeit entsprachen? Das war ein durchaus christlicher Gedanke, der den wahren Kern des Dogma's der Paruste enthielt. An seiner Ausführung arbeiteten zuerst die römischen Christen, die Errichtung eines göttlichen Staates, einer civitas Dei, schwebte ihnen als wohlbewußter Plan vor. Zwei Mittel führten zum Zwecke: Ausbreitung der Kirche nach allen Seiten, Herbeiziehung einer möglichst großen Menschenzahl; denn sowie einmal die Gläubigen einen furchtbaren Haufen ausmachten, ließ sich erwarten, daß die Kaiser zulezt nachgeben und sich der Kirche in die Arme werfen würden, wie es denn auch wirklich geschehen ist. Die Masse der Gläubigen mußte zweitens auch eine gute Gliederung, und besonders ein tüchtiges Haupt bekommen, daß sie sich wie ein Ganzes bewegen, Einem Antriebe folgen mochte, denn nur dadurch konnte sie den Gegnern Schrecken einflößen, Achtung abnöthigen. Ein großer Menschenhaufe, ohne Einheit und Organisation, ist wie ein Körper ohne Kopf. Diese beiden Richtungen waren, wie wir oben gezeigt haben, der Kirche angeboren, sie gehörten schon dem ersten judenchristlichen Element an, aber vollkommen sind sie erst von den Lateinern, von dem römischen Geiste, der sich mit dem jüdischen vermählte, ausgebildet worden. Wie unendlich viel leztere Ehe unserer Kirche genüzt habe, ersieht man am Deutlichsten aus einer Vergleichung der römischen Väter mit den griechischen. Diese: Justinus, Athenagoras, Theophilus, Kles mens von Alexandrien, Origenes, Eusebius, Chrysostomus, und wie sie alle heißen mögen, behandeln den christlichen Glauben wie eine neue Art von Philosophie, die sich mit

glänzenden Redensärten ausschmücken lasse; wenn auch das Herz einiger derselben was jedoch nur bei wenigen der Fall ergriffen ist, zeigt sich doch überall sophistischer Bodensatz. Die griechischen Väter sind mehr oder minder ächte Enkel jener alten griechischen Schwäher, die nicht eher geruht, bis sie sich um Ehre, Macht, Selbstständigkeit und gute Sitten philofophirt hatten, eine heillose Sucht nach Bereinzelung, das Gelüften, eine besondere Meinung für sich zu haben, klebt ihnen an. *) Wie ganz anders stehen die römischen Väter da! Zwar gibt es sehr wenige unter ihnen, die man unter die großen Geister zählen darf, aber der Trieb nach Einheit, Ordnung, ist allen gemeinsam. Ein Ganzes wollen sie ausmachen, im Ganzen fühlen sie sich; sie wissen, daß ohne Einheit Nichts herauskommt, darum werden die Stränge der Gewalt angezogen, und so ward durch sie Virgils schönster Ausspruch zum zweiten Male und in edlerem. Sinne bewährt: **)

Excudent alii spirantia mollius aera,

Credo equidem, vivos ducent de marmore voltus,
Orabunt causas melius, coelique meatus

Describent radio, et surgentia sidera dicent.

Tu regere imperio populos, Romane, memento,
Hae tibi erunt artes, pacisque imponere morem,
Parcere subjectis, et debellare superbos.

Bereits im Laufe des zweiten Jahrhunderts fand das neue Element vielfache Gelegenheit sich zu entfalten. Jene überschwängliche Philosophie, welche schon auf mehrere Schrif ten des neuen Testaments mächtig eingewirkt hatte, wurde mit der Zeit immer mehr ins Abenteuerliche ausgebildet, und drohte in der Form christlicher Gnosis die Kirche zu überwuchern. Eine Menge Lehrer, die, aus dem Judenthume

*) Es wundert mich in der That nicht, daß gewisse deutsche Hers ren eine so zärtliche Vorliebe für die griechischen Väter haben, denn sie sind aus Einem Schrot und Korn mit ihnen.. **) Aeneis VI. 848 u. flg.

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abstammend, von den Griechen die sektirerische Rechthaberei erlernt hatten, traten, jeder mit eigenem Systeme, auf. Wäre es nach ihrem Kopfe gegangen, so würde die Kirchhe in so viele einzelne quecksilberne Punkte zerfallen seyn, als es ehrgeizige Führer gab: nie hätte sie dann Einfluß auf den Staat geübt, nie eine neue christliche Welt geschaffen. Haupts fächlich von Rom aus trat man diesem Unfuge entgegen; die Keher wurden kräftig zu: Paaren getrieben, die Einheit der Lehre, ohne welche jeder Aufschwung der Kirche zur Macht unmöglich war, mit Entschiedenheit gewahrt, und im Kampfe mit jenen Zertrümmerern, die ihre persönliche Ansicht dem Ganzen entgegensehen wollten, bildete sich allmälig, auf dem Boden der heiligen Bücher, aber mit steter Rücksicht auf das Machts. interesse der chriftlichen Gesellschaft, die Kirchenlehre aus. Man wird durchgehends die Regel bewährt finden, daß bei Streitigkeiten jedes Dogma so bestimmt wurde, wie es für Macht und Kraft der Kirche am Ersprießlichsten war. Nebenbei machte die Kirche gegen Außen die reißendsten Fortschritte. In der andern Hälfte des zweiten Jahrhunderts durfte Ler= tullianus mit Wahrheit also rühmen: *) Si hostes exertos, non tantum vindices occultos agere vellemus, deesset nobis vis numerorum et copiarum Plures nimirum Mauri et Marcomanni, ipsique Parthi, vel quantaecunque unius tamen loci et suorum finium gentes, quam totius orbis Hesterni sumus, et vestra omnia implevimus, urbes, insulas, castella, municipia, conciliabula, castra ipsa, tribus, decurias, palatium, senatum, forum. Sola vobis relinquimus templa. Possumus dinumerare exercitus vestros: unius provinciae plures erunt, cui bello non idonei, non promti fuissemus, etiam impares copiis, qui tam libenter trucidamur§ si non apud istam disciplinam magis occidi liceret, quam occidere. Potuimus et

*) Apologeticus cap. 37. Opp. ed. Semler vol. 5.

inermes nec rebelles, sed tantummodo discordes, solius divortii invidia adversus vos dimicasse. Si enim tanta: vis hominum in aliquem orbis remoti sinum abropissemus a vobis, suffudisset pudore utique dominationem vestram tot qualiumcunque amissio civium etc. *) Wie kräftig in diesen und ähnlichen Stellen altrömischer Geist vom christlichen veredelt weht! Nur so gelangt man in der rauhen Wirklichkeit zu Macht und Anerkennung! Hand in Hand ging damit die Blüthe innerer Organisation. Von der Mitte des zweiten Jahrhunderts an erkennen die Lateiner **) dem römischen Bischofe, wie man aus einer Reihe von Zeugnissen beweisen kann, hohen Vorrang zu. Protestantische Parteis schriftsteller haben hierin die Wirkung römischer Herrschsucht und Arglist gesehen. Gewiß mit Unrecht! Die praktischen Las. teiner fühlten, daß eine Gesellschaft ohne Haupt nie gedeihe, fie überließen die Vereinzelung den Griechen. Ich will noch erinnern, daß die Klementinen mit aller Macht auf Unterordnung unter die Bischöfe, auf Gliederung der ganzen Kirche, mit einem römischen Haupt an der Spike, dringen, woraus ersichtlich, daß der jüdische Geist so gut wie der lateinische der Hierarchie, als der einzigen Form, unter der damals das Christenthum bestehen konnte, zustrebte.

An wilden Verfolgungen der Kirche durch die heidnischen Kaiser hat es nicht gefehlt. Aber stärker ging sie jedesmal aus denselben hervor, bald gab es mehr Christen im römis schen Reiche als Heiden, und so ist es denn gekommen, daß nicht volle dreihundert Jahre, nachdem Christus im Namen Tibers hingerichtet worden war, die Nachfolger desselben sich vor dem Kreuze beugen mußten. Wir sind dem Konstantinus

*) Man vergleiche außerdem Tertullianus gegen die Juden Kap. 7, Justin gegen Tryphon Kap. 117. Frenäus 1, 3.

**) Auch Irenäus gehört zu ihnen, als ein Mann, der nur der Sprache nach Grieche, der Denkweise nach Lateiner war, und auch auf lateinischem Boden wirkte.

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keinen Dank schuldig für seinen Ucbertritt. Der Nuhen ist cs, der Staatsvortheil, der ihn dazu bestimmte, deun mit dem Heidenthum konnte fortan kein Kaiser mehr, herrschen; Dieß ward durch Julians kindischen Versuch offenbar, sein Erbe mußte zu dem Christenthum zurückkehren. Ein größeres Verdienst für unsere Kirche, als durch seinen Uebertritt, ers warb sich Konstantin durch Verlegung des Reichssizes nach Byzanz, weil dadurch Rom, das Bollwerk der abendländischen Kirche, von dem verpestenden Einfluß des kaiserlichen Hofes befreit ward. Durch die Einführung des Christenthums in den Palast von Byzanz änderten sich nur etliche Formen, nicht aber die abscheuliche Despotie. Auch war das elende sklavische Volk, das die griechischen Provinzen des römischen Reichs anfüllte, keiner Erhebung fähig. Die christliche Geistlichkeit blieb zu den Kaisern in einem schmählichen Verhältnisse; beide, Hof und Klerisei, haben sich gegenseitig Jahrhunderte lang verdorben. Folge und äußeres Zeichen diefer Erniedrigung war das Aufkommen des Islam, und zulezt mußten die elenden Reste des griechischen Kaiserthums die wohlverdiente Schande erleben, von asiatischen Barbaren, denen sonst nie Europäer erlagen, gefällt zu werden.

Die Geschichte des byzantinischen Reichs liefert den Be= weis, daß die christliche Kirche unter jenen Formen der Welt Nichts zu nühen vermochte. Anders ging es in Rom. Der dortige Bischof, von lähmender Aufsicht befreit, konnte sich allmälig zum Herrn von Rom machen, in der That hat er die ewige Stadt mehrmals gegen Einheimische und Barbaren gerettet; aber sein Einfluß erstreckte sich allmälig auf das ganze, eben in Erneuerungswehen begriffene Abendland. Größtentheils von Rom aus waren die zahlreichen germanischen Stämme, die Gründer neuer naturgemäßer Staaten, für das Christenthum gewonnen worden. Die Kirche füllte sich von Nun an mit einem unverdorbenen Urvolke, mit heldenmüthis gern Kriegern, bei denen übcrströmende Kraft durch christliche

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