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Paulus. Der Hirt des Hermas.

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Eingang der stark iranisch beeinflußten Schrift Poimandres mit der zweiten Einleitung des Hirten des Hermas verglichen und ersteren für die Vorlage der letzteren erklärt. Ich gehe jetzt weiter: das persönliche Verhältnis zwischen Hermas und dem Hirten, der sich vorstellt ἐγώ εἰμι ὁ ποιμήν, ᾧ παρεδόθης, ist weder aus christlichen noch jüdischen Voraussetzungen voll verständlich. Es scheint der gleichen Quelle wie die literarische Formel entnommen. Finden wir doch in den mandäischen Texten mit der Seele den Mann verbunden, der über sie eingesetzt ist (bzw. der ihre Rede anhört), und Manda d'Haije, der als der gute Hirt geschildert wird (Johannesbuch cap. 11. 12), kommt täglich oder nimmt in dem Herzen des Menschen Platz, während der christliche Hirt versichert: àлsotáλny . . . ἵνα μετὰ σοῦ οἰκήσω τὰς λοιπὰς ἡμέρας τῆς ζωῆς σου. Gerade daß der Christ von der Vorstellung keinen rechten Gebrauch zu machen weiß, spricht bei ihm für die Entlehnung. Rein äußerlich entnimmt er bald wie der Verfasser der Danielvision ein Bild, dessen Deutung er willkürlich ändert, so das Bild des Drachen, mit dem in der Vorlage der Himmelswanderer kämpfen muß, oder eine kunstvoll angelegte Allegorie, wie den himmlischen Turmbau mit dem Katalog der Tugenden und Laster, oder aus einer Hermetischen Schrift den für ihn sinnlosen Hinweis auf den Berg in Arkadien. Die Frage, wieweit dieser Autor „originell" ist, hat wirklich keine religiöse Bedeutung; man schadet der Religion, wenn man sie ihr beimißt.

Paulus entlehnt anders, und die Frage nach seiner Originalität hat nicht nur literarhistorisches, sondern religiöses Interesse, nur fragt es sich, ob man bei der Beantwortung allein auf die Tatsache der Entlehnung von Formeln, Bildern und einzelnen Vorstellungen oder auch darauf Wert legen will, was der Entlehnende aus ihnen macht, und wie er sie verwendet 1). Eine Originalität in jenem äußerlichen Sinn kann es in einer höheren Religion überhaupt nicht geben; sie liegt immer in der Persönlichkeit und dem Empfindungsleben ihrer großen Träger. Es kann nicht unfromm sein, ihnen so nahe wie möglich kommen zu wollen.

1) Es handelt sich dabei nicht nur um die schon besprochene Umgestaltung der Gedanken, die nötig ist, wenn die Vorstellung eines kosmologischen Urwesens sich mit der historischen Person der jüngsten Vergangenheit, die Lichtgottheit mit dem als Verbrecher hingerichteten Lehrer aus Galiläa verbinden soll. Als zweites kommt die Umgestaltung des persönlichen Verhältnisses zu diesem ,,Herrn", die Art der Hingabe in Frage. Der Unterschied ist so übergroß, daß ich es niemandem

Daß sich uns neben der orthodoxen Form der zarathustrischen Religion jetzt die reiche Fülle volkstümlicher iranischer Mystik zu erschließen beginnt, gibt der religionsgeschichtlichen Forschung neue Erkenntnis der langsamen Umbildung orientalischer in abendländische Religiosität, der Theologie ein neues Hilfsmittel für die Worterklärung und das historische Verständnis der spätjüdischen und frühchristlichen Literatur. Möchte es in dem Sinne des Mannes benutzt werden, dem dies Buch ein Freundschaftszeichen werden sollte und ein zweiter Abschiedsgruß geworden ist.

verdenke, wenn er sagt, hier sei etwas ganz anderes. Nur schließt der Unterschied die Beeinflussung doch nicht aus, sondern zeigt nur den Eigenbesitz des israelitischen Volkstums und der Einzelpersönlichkeit. Als drittes kommt dann die Kraft der Persönlichkeit in Frage; denn jede lebensfähige religiöse Neubildung ist Schöpfertat. Sie ist nicht bei Paulus allein; neben ihm stehen, uns im einzelnen unerkennbar, ähnliche, nur stärker im Judentum wurzelnde religiöse Persönlichkeiten, und ihnen vorausgeht die Reihe der schwächeren, die in unklarem Sehnen, in Bilderreden und apokalyptischen Träumen mit den neuen Gedanken der Unsterblichkeit, der Unvergänglichkeit der Kraft des Lebens, des Lichtes und des Guten in uns auch die persönliche Vorstellung eines ganz einzigartigen Vertreters übernommen haben, der vor allen anderen in das Lichtreich eingeht. Daß, was bei ihnen nur Ahnung und Traum war, Jesus in sich als erfüllt empfunden hat, scheint mir freilich die Grundbedingung für die ganze Weiterentwicklung. Indem er alles, was in schwerster Zeit die Sehnsucht der Propheten und Psalmisten seines Volkes von dem Erbarmen, der Treue und der Liebe Gottes gegen Israel gesagt hat, auf die Einzelseele überträgt und erweitert, erwächst ihm eine unendlich tiefe und doch einfache Auffassung des Verhältnisses von Gott und Mensch. Sie hat er zu künden und als Träger dieser Aufgabe als der Vermittler zwischen diesem Gott und den Menschen mit dieser Liebe selbstlos dem Sünder nachzugehen. In diesem Empfinden liegt die neue, religionsgründende Tatsache.

Beigabe I: Aion und ewige Stadt.

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I. Beigabe.

Aion und ewige Stadt.

Eine Einzelfrage auf dem Gebiete der manichäischen Literatur führte mich, während ich das iranische Erlösungsmysterium zu rekonstruieren und zu erläutern versuchte, zu einer Reihe von Beobachtungen und Vermutungen über die hellenistische Vorstellung eines Ewigkeitsgottes und über die noch heute lebendige Vorstellung der „Ewigkeit“ der Stadt Rom. Ihre sakrale Begründung in der Kaiserzeit galt es zu untersuchen, und zugleich an einem besonders auffälligen Einzelfall das Wesen des späteren Synkretismus darzustellen. Noch immer behandeln Philologen ja „gnostische" Anschauungen als ein besonderes, von der Volksreligion abgelöstes Gebiet, das man ohne Schaden für ihr Verständnis unaufgeklärt lassen kann. Daß es sich dabei um die wichtigste Frage der allgemeinen Religionsgeschichte handelt, habe ich versucht, für Theologen in dem Buch „,Historia monachorum und Historia Lausiaca", Göttingen 1916, darzulegen, und möchte es hier an einem philologischen Stoff weiter verfolgen 1). Den Rahmen des vorausgehenden Buches hätte die lange Untersuchung gesprengt ; sie ganz loszulösen, schien nicht möglich, da die Erläuterung der orientalischen und hellenistischen Mysterien, die dafür nötig ist, auch für das Erlösungsmysterium unentbehrlich ist und die Aionvorstellung zugleich mit dem Erlöserglauben ins Judentum dringt, wie denn auch dieser in Wahrheit „allgestaltige Gott" selbst zum Erlöser geworden ist. So sei es gestattet, diese Untersuchung hier als Beigabe und vielleicht als Erholung für einen philologischen Leser zu bieten. Eine kurze orientalistische Einleitung wird er freilich mit in den Kauf nehmen müssen; orientalische und klassische Philologie können einander auf dem Gebiet des Hellenismus nicht entbehren.

1) Zwei vorbereitende Versuche bieten der zweite Exkurs des Poimandres und meine Mitteilungen auf dem zweiten internationalen Kongreß für Religionsgeschichte, Basel 1905.

§ 1. Das Zwölf-Stunden-Mysterium.

Chavannes und Pelliot haben im Journal Asiatique Sér. X T. 18 (1911) S. 499 ff. eine chinesisch erhaltene manichäische Schrift herausgegeben und ebenda Sér. XI T. 1 (1913) S. 133 ff. dargelegt, daß bei dem Eindringen des Manichäismus in China zwei Originalwerke Manis auch dorthin kamen, Das Buch von den drei Zeiten und Das Buch von den zwei Wurzeln. Beide zusammen bildeten das Lehrbuch oder den Katechismus der Auditores. Von dem Buch von den zwei Wurzeln gelang es ihnen (S. 140, vgl. 381) Schluß und Subskription einer Handschrift in zwei mitteltürkischen Blättern (A. v. Le Coq, Abhandl. d. Preuß. Akad. 1912, Türkische Manichaica aus Chotscho I, S. 23 u. 7) wiederzufinden. Über den Inhalt erfahren wir dadurch leider wenig, doch ist das Buch wohl sicher identisch mit dem im Fihrist an erster Stelle der Sendschreiben erwähnten Briefe über die beiden Prinzipien. In dem Buch von den drei Zeiten erkannten die beiden Forscher auf Grund der schon von Cumont (Recherches sur le Manichéisme I 5) angeführten Stellen 1), doch seine Schlüsse im einzelnen berichtigend, die Epistula fundamenti, aus der Augustin viele Einzelheiten anführt. Im Schriftenverzeichnis des Fihrist schien sie zu fehlen. In Wahrheit bildet sie, wie ich jetzt sagen kann, dort das sechzehnte Kapitel des Buches der Geheimnisse, welches „Die drei Tage" betitelt war. Den Beweis hierfür und zugleich die volle Bestätigung der Behauptung Chavannes und Pelliots gibt das Berliner Fragment T. II D 120, das ich durch die besondere Güte Prof. F. W. K. Müllers kenne. Die drei Tage werden hier erklärt, 1) wenn Ormuzd mit seinen Kindern zum Streite zieht 2); 2) wenn der Vater der Größe in Bedrängnis hinaufführen wird 3); 3) wenn alle kampffrohen. Götter hineingeführt werden). Das ist in der Tat Anfang, Mitte und Ende

1) Entscheidend sind die auf Epistula fundamenti bezüglichen Worte Augustins, Contra Felicem II p. 828, 25 Zycha,,initium, medium et finem" verglichen mit Sikand-Gumanik-Vizar p. 18 Salemann:,,Die Grundlehre des Mani beruht auf der Unendlichkeit der Urprinzipien und das Mittelstück auf ihrer Vermischung, und das Ende auf der Scheidung des Lichts von der Finsternis“ (vgl. unten A. 4).

2) Er ist also hier der Urmensch mit seinen fünf Elementen oder Kindern. 3) Den, der in Bedrängnis ist, den Urmenschen, bzw.,,die Seele".

4) In das Lichtparadies, vgl. die Schilderung der àñoxatástasis in M 2 (Das mandäische Buch des Herrn der Größe, Sitzungsber. d. Heidelberger Akad. 1919 Abh. 12 8. 26). Dem entspricht die Beschreibung der drei Zeiten in dem „Fragment Pelliot" zu Paris (Journal Asiatique Sér. XI Tome I p. 115): im Anfang

Das manichäische Buch der drei Tage. Zweiter Tag.

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des Weltdramas, der großen Trilogie, dle Mani älteren Quellen entnommen hat1). Die drei Tage entsprechen drei Weltzeiten. Da auch das Buch von den beiden Wurzeln ursprünglich ein Sendschreiben war, dürfen wir annehmen, daß Mani selbst die Epistula fundamenti später als selbständigen Teil in das Buch der Geheimnisse aufgenommen hat. Daneben lief es, vereinigt mit dem ersten Sendschreiben, als grundlegendes Lehrbuch um.

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Wir dürfen erwarten, daß es in der chinesischen Schrift benutzt ist, und finden in der Tat in ihr an zwei Stellen (J. A. X 18 p. 540 -545 und 565-569) Angaben über die „drei Tage", die freilich anders gewendet sind, auch in dieser Form nicht auf Mani zurückzugehen brauchen, dennoch aber jetzt wohl erhöhte Beachtung verdienen. Die drei Tage mit ihren zwölf Stunden bringen hier der Seele die vollkommene Göttlichkeit; ihnen gegenüber stehen zwei Nächte mit ebenfalls zwölf Stunden, welche den Mächten der Finsternis und des Bösen entsprechen. Zugrunde liegt die altiranische, auch für Manis System grundlegende Gleichsetzung der Gottheit mit dem Licht, der widergöttlichen Macht mit der Finsternis. Ich führe die Erklärung des zweiten Tages (a. a. O. S. 566) an: „Le second jour, c'est la semence pure de l'Homme nouveau ). Les douze heures, ce sont les douze rois lumineux des transformations successives 3), ce sont aussi les merveilleux vêtements de la forme victorieuse de Yichou (Jésus) qu'il donne à la nature lumineuse; au moyen de ces vêtements merveilleux il pare la nature intérieure (ow avdρwños, mandäisch Adakas) et fait que rien ne lui manque; la tirant en haut, il la fait monter et avancer et se séparer pour toujours de sind Himmel und Erden noch nicht geschaffen, es gibt nur Licht und Dunkelheit, die in Feindschaft zueinander stehen; in der Mitte tritt das Licht in die Dunkelheit ein und dauert der Versuch, es wieder zu befreien; am Ende ist diese Befreiung vollzogen, die Finsternis wieder vom Lichte gesondert. Der mythologische Charakter ist in der Beschreibung mehr verdunkelt.

1) Den trilogischen Aufbau der Kosmogonie Manis habe ich in der Abhandlung Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur, Sitzungsberichte d. Heidelberger Akademie 1917 Abh. 10 S. 1 ff. beleuchtet und Spuren gleichen Aufbaues auch in der Literatur anderer von Persien einst beherrschter Länder nachgewiesen. Auch in der parsischen Kosmogonie waltet der gleiche Bau; er ist also älter als Mani.

2) Die paulinischen Termini καινὸς ἄνθρωπος und ἔσω ἄνθρωπος kehren in den Turfan-Fragmenten immer wieder; aus der christlichen Literatur stammen sie nicht.

3) Die Herausgeber übersetzen im Text,,de transformation secondaire", stellen aber in der Anmerkung die von mir bevorzugte Übersetzung zur Wahl.

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