noch so unbescholten 1), wird geachtet, wenn er nicht reich ist. Jeder hat so viel Glauben, als er Geld hat, der Arme geniesst um so weniger Vertrauen, je weniger man ihm in seiner Lage selbst den Meineid zum Verbrechen anrechnet, 137-146. Den Armen verspottet man wegen seines defecten Anzuges, während der Sohn des gemeinsten Menschen, welchem sein Vermögen anständige Kleidung gestatte, den Sitz einnehme, welchen die Lex Roscia theatralis 2) dem Rittercensus bestimmt habe, 147-159. Niemand wolle einen armen Eidam, dessen Vermögen es nicht mit der Aussteuer der Tochter aufnehmen könne. Dürftigkeit stehe an sich schon der Geltendmachung verdienstlicher Eigenschaften im Wege, aber in Rom sei es noch schlimmer, da selbst das Nothwendigste dort so theuer und die Sitte manches Ersparniss verbiete, manche Ausgabe verlange, die man auf dem Lande leicht vermeiden könne, 160- - 170. In vielen Gegenden Italiens sei selbst der Gebrauch der Toga noch nicht durchgehends eingeführt und selbst bei festlichen Gelegenheiten sei zwischen den Vornehmsten und Niedrigsten kein Unterschied, ja selbst die obersten Magistrate begnügten sich mit der Tunica, 171-179, während in der Stadt der Aufwand die Kräfte des Einzelnen übersteige und der arme Client sogar den Zutritt zu dem Patrone erst durch Geschenke an die Sklaven erkaufen müsse, 180 - 189. IV. Dazu kämen endlich die mannigfachen Gefahren, welchen man in der Hauptstadt ausgesetzt sei: a) drohender Einsturz der Häuser, 190-196; Feuersbrünste, welche den Sorglosen unter dem Dache so leicht überraschten, 197 202. Ein Armer, der sein Weniges dabei verloren, finde dann nirgends Nahrung und Obdach, 203 211, während der Einsturz des Hauses eines Reichen als ein öffentliches Unglück betrachtet werde und eine Feuersbrunst einem kinderlosen Clienten so viele Geschenke und Beisteuer einbringe, dass man auf den Gedanken kommen möchte, er habe sein Haus selbst angesteckt, 212-222. Daher der Rath, sich in einer kleinen Landstadt anzukaufen und sich der ländlichen Arbeit zu widmen ; es sei doch immer etwas werth, auch nur Eine Scholle Landes sein nennen zu können, 223-231. b) Dazu geselle sich das Geräusch und Gewühl der Hauptstadt, welches den Schlaf und die Ruhe 1) Die v. 137 u. f. nicht mit Namen aufgeführten unbescholtenen Zeugen sind: P. Corn. Scipio Nasica, welcher das Bild und die Heiligthümer der Göttermutter Cybele, aus Phrygien auf italischem Boden anlangend, bei sich aufnahm, nachdem er vom Senate als,,in tota civitate virum bonorum optimus" erklärt ward, Liv. 29. 14, und L. Caecil. Metellus, welcher bei einem Brande des Vestatempels das Palladium aus den Flammen rettete. Ovid. Fast. lib. VI. v. 437 seqq. 2) Dieses Gesetz wurde vom Volkstribunen L. Roscius Otho gegeben und bestimmte die Rangordnung im Theater. S. Dio Cass. 1. XXXVI. c. 25. Horat. Epod. 4. 16. Dazu Bentleii Not. in dess. Edit. Vergl. auch Sat. XIV. v. 324. raube 1), 232 -- 238. Der Reiche lasse sich zu seinen Geschäften in einer Sänfte tragen, wo er lesen, schreiben, seinen Nachtschlaf nachholen könne, während sich der Arme stossen und treten lassen müsse, 239 248. Schilderungen von Einzelnem: Gedränge beim Nachhausetragen der vertheilten Sporteln — 253; Gefahr durch die Wagen, deren Umsturz den armen Fussgänger spurlos zermalmt und der dann vergebens von den Seinigen zu Hause erwartet wird, -267. c) Es drohe sonst auch bei Nacht allerlei Gefahr durch die Höhe der Häuser, wenn Ziegel oder Geschirr herabfalle, so dass man für leichtsinnig gelten könne, wenn man Abends ausgehe, ohne sein Testament gemacht zu haben, und zufrieden sein müsse, wenn nichts weiter als die geräumigen Becken auf die Vorübergehenden ausgeschüttet würden, 268277. Auch könne der einsame Wanderer tüchtig durchgeprügelt werden von Trunkenbolden und sonst rohen Burschen, die sich vor den Reichen und Vornehmen, welche mit grossem Gefolge nach Hause gingen, wohl in Acht nähmen, 278–287. Beschreibung einer solchen Prügelscene 2), 288 — 301. Endlich d) fehle es auch nicht an Strassenräubereien, ja bewaffnete Angriffe kämen vor, so oft dem Räubergesindel die Zufluchtsörter ausser der Stadt verwehrt wären, so dass es seine Subsistenzmittel in der Hauptstadt suchen müsse. So gross sei die Sittenverderbniss, dass alles Eisen jetzt zu Ketten verwendet werden müsse, daher das alte Rom glücklich zu preisen sei, das zu den Zeiten der Könige und der Republik nur ein Gefängniss gebraucht habe, 302-314. Damit schliesst Umbricius seine Klagen, weil sein Wagen ihn längst erwartet. Uebrigens ist er noch keineswegs fertig, sondern erbietet sich, indem er dem Dichter Lebewohl sagt, wenn dieser sich auch einmal in seine Vaterstadt Aquinum 3) zurückziehen wolle, ihn dort zu besuchen und neuen Stoff zu seinen Satiren beizutragen, 315-322. 1) Der v. 238 genannte Drusus ist wohl der Kaiser Claudius, welcher nach Sueton. c. 33,,nonnumquam in iure dicendo" einschlief, so dass er,,vix ab advocatis de industria vocem augentibus excitaretur.“ S. auch c. 5 u. 8. Uebrigens fand dieser,,classische" Schlaf bei Tage statt; denn Suet. sagt c. 33 ausdrücklich von Claudius:,,Somni brevissimi erat." Von den Vitulis marinis schreibt Plin. Hist. nat. 1. IX. c. 13: , Nullum animal graviore somno premebatur." 2) Das v. 296 gebrauchte Wort,, proseucha" bedeutet: jüdisches Bethaus. S. Schol. und Curtius Anecdot. delphic. Berol. 1843. 4. p. 25. Vergl. auch Hermann Spicileg. 1. 1. p. 35. Es würde demnach mit dieser Anrede der Beleidiger sein unglückliches Opfer einen gemeinen Juden schimpfen.,, Ubi consistas?" in dems. V. An welcher Ecke stehst du? Das jetzt verschollene Geschlecht der Berliner,,Eckensteher" kommt unwillkürlich ins Gedächtniss. Nach Heinrich wurden um die Proseucha herum allerlei kleine Gewerbe getrieben. S. dess. Edit. Iuv. Vol. II. p. 165. 3) Die v. 320 genannte Ceres Helvina ist dieselbe, welcher Iuvenal einen Denkstein geweiht. S. oben uns. biograph. Einleitung. SATIRA III. Quamvis digressu veteris confusus amici, Laudo tamen, vacuis quod sedem figere Cumis Ianua Baiarum est et gratum litus amoeni Secessus; ego vel Prochytam praepono Suburae. 5 Nam quid tam miserum, tam solum vidimus, ut non 10 15 20 Hic tunc Umbricius: Quando artibus, inquit, honestis 25 DIE DRITTE SATIRE. Wenn gleich innig betrübt ob des alten Genossen Hinweggang, Lob' ich es, dass er den Sitz im einsamen Cumae zu nehmen Und der Sibylle beschliesst noch einen der Bürger zu schenken. Ist es doch Bajae's Thor und winket das Ufer zur holden 5 Ländlichen Still'; auch ich zieh' Prochyta vor der Subura. Denn wo giebt es ein Nest so öd und erbärmlich, wovor nicht Schlimmer zu halten es sei, stets Brände zu fürchten, der Häuser Einsturz immer erneut, und tausend Gefahren der grausen Hauptstadt und noch dazu im August vorlesende Dichter? 10 Aber dieweil auf ein Fuhrwerk man das sämmtliche Haus bringt, Steht an dem alternden Bogen er still und der feuchten Capena. Hier, wo Numa dereinst sich die nächtliche Freundin bestellte, Haben den Tempel und Hain mit der heiligen Quelle die Juden Jetzo gepachtet, die Heu und den Tragkorb führen im Hausrath ; 15 Denn ein jeglicher Baum muss Zinsen entrichten an unser Volk und es bettelt der Wald, aus dem die Camenen vertrieben; Hin zu Egeria's Thal und den Grotten, die ungleich ächten, Stiegen wir nieder: wie uns viel näher doch wäre des Wassers Heilige Kraft, wenn Gras mit dem grünenden Rande die Quelle 20 Einschlöss' und nicht Marmor entstellte den wirklichen Tuffstein! Hier Umbricius denn: Weil ehrliche Künste, so sprach er, Nichts mehr gelten in Rom und die Arbeit nimmer Gewinn bringt, Heut' auch knapper die Hab', als gestern sie war, und das Wen'ge Morgen noch mehr wird schmelzen dahin: so wollen wir dorthin 25 Wandern, wo Daedalus einst abzog die ermatteten Schwingen. Dum nova canities, dum prima et recta senectus, Et Catulus; maneant, qui nigrum in candida vertunt, Quae nunc divitibus gens acceptissima nostris, Et quos praecipue fugiam, properabo fateri, |