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deren Inhalt sich auf eine Bilderbibel bezieht, die gegen den Schluss des XIII. Jahrhunderts in Böhmen zu Stande kam. Dieselbe stellt sich somit als ein Denkmal böhmischer Kunstbestrebung dar, und ist geeignet die Aufmerksamkeit des Kunstund Culturforschers, welcher Nation er auch angehören mag, durch die Bedeutsamkeit und Originalität ihres bildlichen Inhalts zu fesseln. Die biblischen Begebenheiten werden hier allerdings im Geiste und nach der Weise des Mittelalters aufgefasst und bildlich dargestellt. Deutlich spiegelt sich darin die Subjektivität des christlichen Mittelalters ab, deren mächtiger Einfluss die ursprünglichen Typen der antiken Vorzeit zersetzte und ausschied und an der Stelle derselben ihre eigenen charakteristischen Typen und Gebilde hinstellte. Wir finden hier eine auffallende Analogie mit der Behandlungsweise der alten Legendenstoffe und der Sagen des klassischen Alterthums, welche bekanntlich in den Dichtungen des Mittelalters einer ähnlichen Metamorphose sich unterziehen mussten. Dieses Uebergiessen des antiken biblischen Inhalts in die Formen des Mittelalters fesselt beim Anblicke der Bilder dieses Codex die Aufmerksamkeit des Culturforschers in hohem Grade, indem ihm dadurch ein tiefer Einblick sich öffnet in die socialen Verhältnisse, die Gebräuche, Gesittung und die naiv gläubige Denkweise des Volkes in jener fernen Zeitepoche; wie denn nur wenige gleichzeitige Denkmale dieser Gattung sich vorfinden dürften, die alle diese Momente so reichlich und lebhaft zur Anschauung brächten, als es in der Lobkowicer Bibel der Fall ist.

Der spezielle Kunstforscher wird überdies den hohen Werth vieler mit ungemeiner Sicherheit und Zartheit ausgeführten Darstellungen in diesem Werke nicht verkennen, und sein Augenmerk auf das Streben des Künstlers richten, mit Zuhilfenahme der Symbolik, der Händesprache und durch die allseitige Benützung der charakteristischen Handlungsmomente die in den Ueberschriften angedeuteten Situationen prägnant darzustellen. Der Urheber jener Bilder hat in der That zu diesem Zwecke alle Mittel angewendet, die ihm der beschränkte Ideenkreis und die primitiven technischen und Kunstverhältnisse seiner Zeit darboten.

Die Zeichnungen dieser Bilderbibel haben eine gewisse Verwandtschaft mit den Bildern des Passionals der Aebtissin Kunigunde (vom J. 1312), woraus auf die

Existenz einer eigenthümlichen Kunstpraxis in Böhmen in der zweiten Hälfte des XIII. und am Anfang des XIV. Jahrh. zu schliessen ist, aus welcher sich als herrliche Blüte die böhmische Kunstschule unter Karl IV. entwickelt hatte. Der Urheber der Darstellungen der Lobkowicer Bilderbibel ist als Zeichner dem Miniator des Passionals ebenbürtig, während der letztere als Maler den ersteren weit übertrifft.

Eine vollständige Publicirung des ganzen, weit über sieben Hundert Darstellungen umfassenden Bildercyklus der Lobkowicer Bibel wird man hier wohl nicht erwarten. Meine Absicht bei der Herausgabe dieser Schrift war, ein wichtiges, bisher wenig bekanntes, dem Lande Böhmen angehörendes Kunstdenkmal in weiteren Kreisen bekannt zu machen und zugleich einen Beitrag zur Culturgeschichte des Mittelalters, insbesondere aber meines Vaterlandes Böhmen zu liefern; und diesen Zweck glaube ich durch die Schilderung jener Darstellungen zu erreichen, die durch ihre culturhistorische oder künstlerische Bedeutsamkeit besonders hervortreten.

Als solche müssen die auf das Buch der Genesis sich beziehenden Illustrationen auf den ersten 47 Blättern des Werkes bezeichnet werden; die bildlichen Darstellungen auf den übrigen Seiten des Codex sind weniger sorgfältig und zumeist flüchtig ausgeführt und gewähren dem Culturforscher eine viel geringere Ausbeute als die Bilder der ersten Abtheilung unserer Bibel. Jedoch unterliess ich es nicht auf jene Darstellungen dieser zweiten Abtheilung die Aufmerksamkeit zu richten, wo, insbesondere gegen den Schluss des Buches, eine grössere Sorgfalt in der künstlerischen Behandlungsweise sich kund gibt.

Durch eine Anzahl von sorgfältig ausgeführten, dieser Abhandlung beigefügten Durchzeichnungen wird der Typus und der Charakter der geschilderten Bilder veranschaulicht *).

Zum wärmsten Danke fühle ich mich verpflichtet dem Besitzer dieser Bilderbibel, Sr. Durchlaucht Fürsten Georg zu Lobkowic, der mir dieselbe zum

*) Die Bilder wurden von dem akad. Maler Herrn Scheuwel und Herrn A. Baum gezeichnet; nicht umhin kann ich dankend zu erwähnen, dass der kunsterfahrene Architekt H. Baum mir bei der Lösung dieser schwierigen Aufgabe mit Rath und That beigestanden.

Zwecke der eingehenden Durchforschung ihres Inhalts bereitwillig anvertraute, wie auch der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, unter deren Aegyde die Herausgabe dieser Schrift ermöglicht ward. Schliesslich möge bemerkt werden, dass eine böhmische Bearbeitung desselben Gegenstandes in den diesjährigen „Památky archaeologické" erscheinen wird.

Prag, im Februar 1871.

Dr. Joh. Erasm. Wocel.

Der Codex.

Die Bilderbibel der fürstl. Lobkowicischen Bibliothek ist ein Pergamentcodex von 11" 9" Höhe und 9" 4" Breite. Ursprünglich bestand derselbe aus 25 Lagen zu 8 Blatt, enthielt daher 200 Blätter. Gegenwärtig zählt die vierte und fünfundzwanzigste Lage je 7, die zwanzigste Lage bloss 6 Blatt und die achtzehnte Lage fehlt gänzlich, somit sind 12 Blätter in Verlust gerathen und die Handschrift, wie sie auf unsere Tage sich erhalten, zählt 188 Blätter. Die aus neuerer Zeit herrührende, mit Bleistift verzeichnete Paginirung reicht fortlaufend bis zum letzten Blatte, das mit 187 paginirt erscheint, welcher Irrthum davon rührt, dass die Blattzahl 16 zweimal vorkommt. Am unteren Rande des letzten Blattes einer jeden Lage [Quaternion] befindet sich die Signatur derselben. Die Quaternionen von 1 bis 14 sind mit grossen, der Unzialschrift entsprechenden Ziffern bezeichnet, von Lage 16 bis 19 geschieht die Signirung mit Minuskelschrift, von 20 bis 25 mit feiner Cursivschrift. Diese der Entstehungszeit der Handschrift angehörenden Signaturen lassen mit voller Sicherheit auf die Lücken des Werkes schliessen, auf welche auch die Unterbrechungen der Reihenfolge der biblischen Darstellungen hindeuten.

Das Pergament ist von verschiedener Stärke, zum Theil fest, elastisch und gebräunt, zum Theil, zumal gegen die Mitte des Buches, schwächer und von lichterer Weisse; dasselbe hat stellenweise Risse und Löcher, von welchen einige zugenäht sind.

Der Einband des Buches ist nicht mehr der ursprüngliche. Die Buchbinderstiche und die ungleichen Randschnitte lassen vermuthen, dass dieses Werk in zwei oder drei Theile gesondert und gebunden war. Der ursprüngliche Einband war wie es scheint nicht von langer Dauer; das Buch mochte lange Zeit ohne feste Deckeln bloss mit Bindfaden zusammengeschnürt an einem feuchten Orte gelegen haben, und war, wie aus dem tiefen Eindrucke des Knotens am ersten Blatte in der Figur des Schöpfers im unteren Bilde ersichtlich ist, mit schweren Gegenständen belastet. In einer viel späteren Zeit erbarmte sich jemand des Werkes und liess es mit festem Pappeinbande versehen, an dem bloss der Rücken und die Ecken mit Leder überzogen wurden. Auch ward der Schnitt des Bandes vergoldet, woraus zu schliessen ist, dass der damalige Besitzer den Werth des Werkes zu schätzen wusste. *) Der Rücken des Buches wurde mit einer grauen Deckfarbe überstrichen; am oberen Rande des Rückens hatte man in späterer Zeit in einer Breite von drei Fingern die Deck

*) Die Blätter wurden, wahrscheinlich um sie zu vergolden, neu beschnitten, wodurch viele Worte der Ueberschriften und einige Partien der Bilder weggeschnitten wurden; dasselbe Schicksal hatte auch die Handschrift von Werinhers Gedicht vom Leben der Maria, (Kugler, Kleine Schriften zur Kunstgeschichte. I. 30.)

farbe weggeschabt, und auf die weisse Lederfläche den gegenwärtigen Titel BILDER BIBL hingeschrieben.

Das Blatt zwischen dem Deckel und der ersten bildlichen Darstellung des Codex ist vom starken, rauhen Papier, dessen Wasserzeichen zwei sich kreuzende Schlüssel und die Buchstaben WW weiset.

Dass diese Bibel in früherer Zeit sehr häufig benützt ward, ersieht man aus den be schmutzten und abgegriffenen Ecken der einzelnen Blätter; übrigens deuten zahlreiche Mackel und Schmutzflecken darauf hin, dass dieselbe nicht eben schonend behandelt wurde.

So viel mir bekannt, kommt die erste Erwähnung dieser Bilderbibel in Schotky's Buche „die Karolinische Zeit" (Prag 1830) vor. Damals befand sich dieselbe im Besitze des Prof. Dr. Schuster in Prag. *)

Man war bisher der Meinung, dass dieser Codex einem der im J. 1782 aufgehobenen Klöster in Böhmen angehört habe und späterhin von Dr. Schuster acquirirt worden sei. Als ich aber das Buch genauer untersuchte, gewahrte ich am oberen Rande des ersten Pergamentblattes die matten Spuren einer ausradirten Aufschrift, von der bloss die Jahrzahl A°. 1725 sichtbar erschien. Um nun zu erfahren, in wessen Besitze der Codex am Anfange des verflossenen Jahrhunderts gewesen, ersuchte ich Herrn Stolba, Professor der Chemie am böhmischen polytechnischen Landesinstitut, durch Anwendung der entsprechenden Reagentien die Lesbarmachung der weggekratzten Schriftzüge zu versuchen, und nicht wenig war ich überrascht, als die Aufschrift: Milit. Ordinis Crucigerorum cum Rubra Stella Cathalogo inscriptus. Pragæ Ao. 1725, deutlich hervortrat. Der Codex gehörte somit vor 145 Jahren dem ritterlichen Kreuzherrn-Orden mit dem rothen Stern zu Prag; auf welche Weise derselbe an die späteren Besitzer überging, bis er von Dr. Schuster erworben wurde, ist völlig unbekannt. Den Inhalt des Codex bilden Darstellungen aus der Geschichte des alten und neuen Bundes, an welche sich Illustrationen der Legende des böhmischen Landespatrons Herzogs Wenzel anschliessen.

Die Lobkowicer Bibel gehört nicht in die Kathegorie der typologischen Handschriften, weder der sogenannten Bibel der Armen (biblia pauperum), noch jener, welche als Spiegelbilder des Erlösungswerkes (speculum humanae salvationis) bezeichnet werden. Während in den Werken dieser Gattung das Hauptbild stets eine Scene aus der Geschichte des neuen Bundes darstellt, an welche sich als Vorbilder alttestamentalische Darstellungen anschliessen, enthält unser Codex in ununterbrochener Folgereihe Abbildungen, durch welche die Geschichte des alten Bundes illustrirt wird, an die sich die das neue Testament illustrirenden Darstellungen anreihen.

*) In neuerer Zeit hatte Waagen im deutschen Kunstblatt (Jahrgang 1850) und sodann in seinem Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (1862) die Aufmerksamkeit auf die Lobkowicer Bibel gerichtet, woher andere deutsche Forscher ihre Notizen über dieselbe schöpften. Nähere Andeutungen über diesen Codex enthält mein im Jahre 1852 im Časopis českého Musea veröffentlichter Aufsatz: Vyvinování křesťanského umění. Ich kann nicht umhin zu erwähnen, dass Waagen mich vor Jahren aufgefordert hatte, eine ausführliche Schilderung der für die Kunstgeschichte Böhmens hochwichtigen Lobkowicer Bibel zu veröffentlichen; ich versuche es daher mein dem verdienstvollen Forscher, der leider nicht mehr unter den Lebenden wandelt, gegebenes Versprechen durch die Herausgabe dieser Schrift zu lösen.

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