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Den Beschluss machen, wie bereits erwähnt, die Illustrationen der St. Wenzelslegende. Unser Codex enthält somit eine Bibel in Bildern; die hinzugefügte St. Wenzelslegende weiset darauf hin, dass dieselbe in und für Böhmen geschrieben und illustrirt wurde, was überdies am letzten Blatte des Werkes durch den Namen des Urhebers desselben Weleslav ausdrücklich konstatirt wird.

Würde man absehen von der Anordnung der in neuerer Zeit speziell als Armenbibel bezeichneten Werke, deren einzelne Blätter stets alttestamentalische Typen und die denselben analogen neutestamentalischen Antitypen enthalten, so könnte auch diese Bibel eine Armen- oder vielmehr Laienbibel genannt werden. *) Denn die Geschichte des alten und neuen Bundes wird daselbst durch Bilder versinnlicht, um durch den blossen Anblick derselben die biblischen Begebenheiten dem Gedächtnisse fester einzuprägen. Die den Illustrationen beigefügten Aufschriften mochten als Gedächtnisshilfe den die biblischen Scenen erklärenden Priestern gedient haben. Dass solch' eine Absicht bei der Herstellung von Werken dieser Art vorschwebte, geht aus der typologischen Bilderhandschrift Summa caritatis des Stiftes Lilienfeld, welche den Abt Ulrich (1345–1351) zum Verfasser hat, hervor. Abt Ulrich bemerkt in seiner Vorrede, er habe das Werk in der Absicht abgefasst, um den armen Clerikern, denen kein grosser Büchervorrath zu Gebote steht, in Bildern und kurzen Worten die Wahrheiten des Christenthums darzulegen, denn Gemälde sind, wie er sich ausdrückt, die Bücher der Laien. **)

Die Ansicht, welche die Herausgeber der Constanzer Biblia pauperum aussprechen, dass nemlich die Darstellungen der Armenbibel in der Form eines Buches, als ein nur Wenigen zugängliches Manuscript, nicht Selbstzweck gewesen sein konnten, sondern dass dieselben den Charakter eines Malerbuches an sich trugen, ***) dürfte für unsere Bilderbibel kaum gelten. „Ganz im Geiste der alten bildenden Meister, welche schrankenlose Willkühr nicht kannten, enthielten die gezeichneten Armenbibeln für sich nicht bloss Vorschriften in belehrenden Worten, sondern auch in der Darstellung bei Dekorationen der Kirchen." Nach dieser Bemerkung führen die Herausgeber der genannten Bibel einige Beispiele von typologischen Darstellungen auf Wandgemälden, wie auch Tafel,- Glas- und Nadelmalereien, ferner Skulpturen in Stein und Holz, Metall, Elfenbein- und Email-Arbeiten, und endlich MiniaturHandschriften an, in welchen den Darstellungen der typologischen Armenbibel entsprechend, die alttestamentalischen Vorbilder mit den analogen Bildern des neuen Bundes vorkommen †).

*) Ueber die typologische Auffassung des Inhaltes der Bibel handelt ausführlich Dr. G. Heider im Jahrbuch der k. k. Central-Commission. V. Band: „Beiträge zur christlichen Typologie."

**) Camesina und Heider, die Darstellungen der Biblia pauperum im Stifte St. Florian. S. 5. ***) Laib und Schwarz, Biblia pauperum zu Constanz. S. 20.

†) Als das erste Beispiel dieser Art werden in der Constanzer Biblia pauperum die Wandgemälde im Kreuzgange des Klosters Emaus zu Prag angeführt, wo nämlich der Darstellungsweise der Armenbibel entsprechend, unter den neutestamentalischen Scenen die Prototypen des alten Bundes vorkomen. Auf ähnliche Weise waren, wie es scheint, viele Klöster in Böhmen ausgeschmückt, und nicht wenige Fresken dieser Art mögen sich unter den Schichten der Kalktünche bis auf diesen Tag bergen. So wurden vor einigen Jahren Wandgemälde dieser Gattung im Kreuzgange des Convents der Grandprioratskirche des Maltheser-Ordens zu Strakonic unter dem Kalkanwurfe aufgedeckt, welche höchst wahrscheinlich aus dem XIV. Jahrhundert herrühren.

Bei der Betrachtung der Zeichnungen der Lobkowicer Bilderbibel wird sich aber niemand veranlasst finden, in diesem Bilderwerke ein Malerbuch zu vermuthen, dessen Darstellungen bei der künstlerischen Ausführung biblischer Scenen massgebend gewesen wären. Die Bildertypen in unserer Bibel sind zumeist eigenthümlich, und ihnen analoge Darstellungen dürften sich schwerlich irgendwo vorfinden. Man gewahrt vielmehr, dass der Urheber dieser Bilder die biblischen Sujets selbstständig aufgefasst, und geleitet von seiner schöpferischen Phantasie, energisch und mit einer für jene Zeit bewunderungswerthen Technik und Gewandheit ausge. führt hatte. In seinen Zeichnungen gibt sich das Streben kund, nicht bloss den Sinn und die Bedeutung der bezüglichen biblischen Stellen, sondern auch die Stimmungen der dargestellten Personen lebhaft zur Anschauung zu bringen. Er sucht bald durch symbolische Attribute, bald durch energische Gesten, insbesondere der Hände, das Thun und Lassen, die Reden und Gesinnungen der handelnden Personen dem allgemeinen Verständnisse nahe zu rücken.

Jede Seite des Blattes enthält, bis auf wenige Ausnahmen wo eine Darstellung die ganze Blattseite ausfüllt, zwei Bilder, die ringsum von rothen Linien eingeschlossen sind. Die Zeichnungen vom ersten bis zum achtundvierzigsten Blatte sind mit der Feder kräftig und mit geübter Hand ausgeführt; die Bilder auf den nachfolgenden Blättern verrathen, wie bereits erwähnt wurde, eine viel schwächere Hand, und werden erst gegen den Schluss des Werkes bedeutsamer. Die einzelnen Figuren haben die in Werken dieser Art ungewöhnliche Höhe von 4 bis 5 Zoll. Der Wurf der Gewänder ist keineswegs knitterig, sondern leicht dahinfliessend und mit richtiger Verständniss behandelt. Wenn auch die Extremitäten häufig verzeichnet sind, so erscheint doch die Haltung des Körpers zumeist ungezwungen, der Ausdruck der Gesichtszüge in vielen Fällen der Situation entsprechend, und insbesondere die Mimik der Hände in ihrer reichen Manigfaltigkeit bewundernswerth. Beim Anblick dieser Bilder wird jeder Kenner der Darstellungen, wie solche in Bildwerken des Mittelalters vorkommen, gewahr werden, dass sich der Zeichner dieser Bilderbibel von den damals gewöhnlichen Kunsttypen entfernte, und dem eigenthümlichen Fluge seiner Fantasie und der Eingebung seines naiv gläubigen Gefühls folgend, seinen Bildern einen selbstständigen Charakter verlieh.

Die Bilder stellen sich in blossen Federumrissen dar, die nur stellenweise illuminirt sind. Die Umrisse waren ohne Zweifel mit schwarzer Farbe ausgeführt, dieselbe ist aber mit der Zeit abgeblasst und in ein dunkles Braun übergangen. Dafür spricht auch die Farbe der Ueberschriften, welche allerdings wegen des kräftigeren Auftrags der Tinte dunkler erscheint, aber an einzelnen Stellen, wo schwächere Striche vorkommen, im Tone den Umrissen der Bilder gleicht.

Die Farben, zumeist Saftfarben, werden nur bei einzelnen Darstellungen angewendet; die Gesichter der zahllosen Gestalten haben insgesammt an den Wangen ein lichtes Roth, und die Lippen derselben sind mit Minium tingirt. Ueberdies hatte der Künstler, um das vorgerückte Alter zu bezeichnen, einen leichten bräunlichen Ton angewendet, mit dem er unter den Augen, an der Stirn und zuweilen an den Wangen leichte Striche hinmalte. Die Gewandung der Figuren ist nicht illuminirt; bloss einige absonderliche Gewänder, dann die Schmucksachen und die Streife an der Kleidung vornehmer Personen wie auch die Rüstungen der Krieger machen Ausnahmen davon. Die Bäume sind schematisch, ornamental dargestellt

und durchaus grün bemalt; auch die Gebäude, Altäre, Gefässe, Werkzeuge u. s. w. sind zum Theil wenigstens illuminirt. Dafür sind aber die Feuerflammen mit lebhaftem Roth und die Gewässer mit grünen Wellenstreifen markirt, am reichlichsten aber ergiesst sich das Roth dort, wo die Ueberschriften von Blut und Wunden reden.

Am oberen Rande eines jeden Bildes zieht sich zwischen rothen Linien gewöhnlich in zwei Zeilen eine Aufschrift hin, welche den Text der lateinischen Vulgata enthält, dessen Illustration das darunter befindliche Bild darstellt. Wenn der Raum über den einzelnen Darstellungen zur Aufnahme des Bibeltextes nicht hinreichte, so wurde der Rest desselben unter das Bild oder an den Rand des Blattes hingeschrieben, oder wohl auch in das Bild selbst. Ausser diesen Aufschriften sind den meisten handelnden Personen die Namen derselben beigefügt. Die Schrift ist eine minuta erecta, wie sie in Handschriften aus der zweiten Hälfte des XIII. und aus dem Anfange des XIV. Jahrhunderts vorkommt. Die grosse Häufung der Abbreviaturen rührt ohne Zweifel daher, dass der Schreiber genöthigt war den Schrifttext oder dessen wesentlichen Inhalt auf einen kleinen Raum zusammenzudrängen; denn in den Fällen, wo für eine kurze Aufschrift der Raum hinreichte, machte er nur wenige, oft gar keine Abbreviaturen.

In vorliegender Abhandlung hatte ich die Ueberschriften mit Ausserachtlassung der Abbreviaturen und der paläografischen Eigenthümlichkeiten des Originals angeführt, dafür haltend, dass durch die genaue Wiedergabe der Schriftzüge mit allen den zahllosen Abkürzungen wie sie im Original vorkommen, der Hauptzweck nicht gefördert, und das Lesen der Texte bedeutend erschwert werden würde. Uebrigens wird der Charakter der Schriftzüge des Originals durch die Ueberschriften mehrerer Durchzeichnungen, die dieser Abhandlung beigelegt sind, veranschaulicht. - Aus dem Ductus der Schrift kann nicht entnommen werden, ob dieselbe und somit der Codex der zweiten Hälfte des XIII. oder dem beginnenden XIV. Jahrh. angehöre; hingegen gewahren wir in demselben Merkmale anderer Art, die uns zu der Annahme berechtigen, dass die Ausführung dieses Werkes vor dem Ende des XIII. Jahrh. statt gefunden habe. Vergleicht man nemlich die in der Lobkowicer Bibel vorkommenden Architekturformen mit jenen, welche sich in dem Passional der Aebtissin Kunigunde, dessen Ursprung durch die Jahrzahl 1312 sichergestellt ist, vorfinden, so wird man bemüssigt, einen bedeutenden Zeitabstand zwischen der Entstehungszeit unserer Bibel und jenes Passionals anzunehmen. Während die architektonischen Ornamente an den Baldachinen, Säulen, Thronsesseln u. s. w. im Passional durchwegs die Formen des freien gothischen Styles weisen, gewahren wir an den Objecten dieser Art in der Lobk. Bibel die prägnanten Kennzeichen des romanischen Styls, und ausnahmsweise nur Formen, welche dem Style der Uebergangsperiode der romanischen zur gothischen Architekturform entsprechen. Weitere Anhaltspunkte bietet in dieser Beziehung das Costüm in den Darstellungen unseres Codex, worauf an den entsprechenden Stellen die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll. Schliesslich muss werden, dass, mit Ausnahme dreier Blattseiten deren jede von einem Bilde ausgefüllt wird, auf jeder Seite des Buches zwei Bilder vorkommen; somit enthält das ganze Werk auf seinen 375 Seiten die Rückseite des letzten Pergamentblattes ist leer - die bedeutende Anzahl

von 747 bildlichen Darstellungen.

bemerkt

Die Bilder.

Blatt I. Enthält zwei auf den Anfang des ersten Kapitels der Genesis sich beziehende Illustrationen. (Tafel 1.)

Oberes Bild. Ueberschrift: In principio creavit Deus coelum et terram. Terra autem erat inanis et vacua, et tenebrae erant super faciem abyssi; et spiritus Domini ferebatur super aquas (et dixit Deus fiat lux) et facta (est lux). (Gen. I. 1—3.)

Dem lateinischen Plural tenebrae entsprechend, wird die Finsterniss durch zwei schlafende jugendliche Gestalten personificirt, welche sitzend, das Haupt auf die eine Hand stützend und die andere geschlossen haltend, sich darstellen. Die Oberkörper sind nackt, der untere Theil derselben ist von einem gemeinsamen, in trefflich motivirten Falten herabfliessenden Gewande umschlossen. *) Beachtenswerth ist die Zeichnung dieser Figuren, insbesondere der gehobenen Beine und der Faltung der Gewänder; die unteren Extremitäten sind, wie fast an allen Gestalten in diesem Werke, verzeichnet. Dem Wortlaut des Textes gemäss schweben die tenebrae über dem Antlitze (faciem) des Abyssus: dieser Abyssus ist durch einen weiten Rachen angedeutet, aus dem sich breite, grün tingirte Wellen, als der Urstoff der Erde und der Gewässer, hervorwälzen. Ueber dem Abyssus schwebt der Geist des Herrn in Gestalt einer Taube; das Kreuz im Nimbus der letzteren ist grün, der Schnabel und die Füsse roth. Rechts von diesem Bilde ist der das Licht schaffende Urheber des Weltalls dargestellt. Das Licht wird durch einen sitzenden Jüngling symbolisirt, der in jeder Hand ein Füllhorn hält, dem rothe Flammen entströmen; die Figur ist von einem Kreise eingefasst und der Name lux roth hingeschrieben. Der Schöpfer, eine Gestalt von edlem Gesichtsausdrucke, deren Gewandung durch die vorgebeugte Haltung des Körpers gut motivirt erscheint, hält in der Rechten einen Zirkel, an dem ein Gradbogen befestigt ist, und in der Linken eine Wage. Der Zeichner hatte auf diese originelle Weise die nächstfolgende, am Anfang der unteren Ueberschrift vorkommende Stelle der Genesis versinnlichen wollen: „et vidit Deus lucem quod esset bona“, indem er die vollkommene Zweckmässigkeit des erschaffenen Lichtes durch Wage, Zirkel und Gradmesser bezeichnete.

*) Die hier vorkommende Personificirung der Finsterniss ist durchaus originell, und vergeblich würde man noch einer ähnlichen Darstellung derselben in einem anderen Werke suchen. (Vergl. Piper, Mythologie der christl. Kunst. II. 362.)

Unteres Bild. Ueberschrift: Et vidit Deus lucem quod esset bona et divisit eam a tenebris. Appellavitque lucem diem et tenebras noctem, et factum est vespere et mane, dies unus. (Gen. I. 5.)

In der Mitte die Gestalt des Schöpfers, wie derselbe mit ausgestreckten Armen den Tag von der Nacht scheidet. Leider ist der obere Theil dieser Gestalt verwischt; in der Mitte derselben ist im Pergamente eine Vertiefung sichtbar, die wahrscheinlich von dem Knoten des Bindfadens herrührt, mit dem der seiner Deckeln beraubte, an einem feuchten Orte liegende Codex zusammengebunden war. Die den Tag und die Nacht personificirenden kleinen Figuren sind von Kreisen umschlossen; das Wort dies ist bei der Gestalt des Tages roth, und no x bei der Personifikation der Nacht schwarz hingeschrieben.

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Bl. I. Rückseite. Oberes Bild. Ueberschrift: Dixit autem Deus: Fiat firmamentum in medio aquarum et dividat aquas ab aquis, et factum est ita. Et vocavit Deus firmamentum coelum [et creavit angelos et creatos in gratia iam confirmavit]. Die eingeschlossenen Schlussworte der Ueberschrift sind bekanntlich nicht in der Vulgata enthalten. Im linken oberen Winkel des Bildes gewahrt man Wellenstreife und unter diesen die Beischrift: haec sunt aquae quae sunt super firmamentum; über den unteren Rand nach rechts hin erheben sich gleichfalls Wellen und über denselben stehen die Worte: haec sunt aquae quae sunt sub firmamento. Durch diese Beischriften wird der Text der Genesis I. 7, divisitque aquas, quae erant sub firmamento ab his, quae erant super firmamentum, kompletirt. Zwischen der oberen und unteren Wasserregion erhebt sich die Gestalt des Schöpfers, dessen rechte Hand nach oben, die linke nach unten hinweiset, die Trennung der Wässer andeutend. Im oberen Theile des Bildes stehen von einem den Himmel symbolisirenden Sternenkreise umschlossen, drei kleine Engelgestalten.

Unteres Bild. Ueberschrift: Dixit autem Deus: Congregentur aquae quae sub coelo sunt in locum unum et appareat arida, et factum est ita. Dixit quoque Deus: Germinet terra herbam virentem et facientem semen et lignum pomiferum faciens (am unteren Rande) fructum. Et factum est ita. Et vidit Deus quod esset bonum, factumque est vespere et mane, dies tertius. (Gen. I. 9-13.) In der Mitte steht der Schöpfer mit der Rechten segnend und die Linke ausstreckend. Rechts von demselben ist das Meer durch koncentrische Wellenkreise, links die Erde dargestellt, aus welcher ein Aepfel tragender Baum sich erhebt. Die Erde ist auf schematische Weise durch hervorspringende Prismen angedeutet, schematisch ist auch der mit Ausnahme der Aepfel durchaus grün gemalte Baum gezeichnet. Auf ähnliche, in diesem Werke sich häufig wiederholende Weise sind die Bäume wie auch die Erde in den meisten Darstellungen des früheren Mittelalters behandelt.

Blatt II. Oberes Bild. Ueberschrift: Dixit autem Deus: Fiant luminaria in firmamento coeli ut dividant diem ac noctem et illuminent terram et stellas (sic) luminare majus ut praesit diei, luminare minus ut praesit nocti. (Gen. I. 14-16.) In des Bildes Mitte steht der Schöpfer die Arme ausstreckend; über seinem vom Kreuznimbus umgebenen Haupte breitet.

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