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Beleuchtung, Gewittererscheinungen, Meeresleuchten, Meteore, die Aussicht von Bergen oder die weite Rundschau auf das nahe Land vom Meere aus, nicht bloß lebendig empfindet, sondern auch mit Anmut schildert. Er ist der Vater jener wissenschaftlichen und künstlerischen Länder- und Völkerbeschreibung, die ALEXANDER VON HUMBOLDT zur Vollendung erhob und Neuere, wie z. B. HAECKEL in seinen „Indischen Briefen", nicht ohne Glück und Geschick fortsetzten. Begleiten wir Forster mit flüchtigen Strichen auf seiner großen Reise, so erkennen wir, wie offenen Sinn er für alles Naturschöne, für das malerisch Liebliche wie für das erhaben Großartige besaß und daß auch der Zauber des Romantischen sich ihm erschlossen hat.

So erzählt er S. 10:,,Die Stadt Santa Cruz auf Madera lag Nachmittags um 6 Uhr gerade vor uns. Hier sahen wir die Berge von einer Menge tiefer Klüfte und Thäler durchschnitten und auf den Rücken derselben verschiedene Landhäuser, deren überaus anmutige Lage zwischen Weinbergen und hohen Cypressen der Gegend ein sehr romantisches Aussehen gab." „Früh am 29. wurden wir durch den malerischen Anblick der Stadt Funchal sehr angenehm überrascht." Im Oktober 1772 beobachtet er ein herrliches Abendleuchten in der Nähe Süd-Afrika's (S. 42): „Kaum war es Nacht geworden, als die See rund um uns her einen großen, bewunderungswürdigen Anblick darbot. So weit wir sehen konnten, schien der ganze Ozean in Feuer zu sein. Jede brechende Welle war an der Spitze von einem hellen Glanz erleuchtet, der dem Lichte des Phosphors glich, und längs den Seiten des Schiffs verursachte das Anschlagen der Wellen eine feuerhelle Linie.. Es war in diesem Phänomen so etwas Sonderbares und Großes, daß man sich nicht enthalten konnte, mit ehrfurchtsvoller Verwunderung an den Schöpfer zu denken, dessen Allmacht dieses Schauspiel bereitet hatte. Der Ozean war weit und breit mit tausend Millionen dieser kleinen Tierchen bedeckt. Alle organisiert zum Leben; alle mit einem Vermögen begabt, sich zu bewegen, nach Willkür zu glänzen, andere Körper durch

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bloße Berührung zu beleuchten.. Diese Betrachtungen drängten sich aus dem Innersten unseres Herzens empor und geboten uns den Schöpfer in seinen kleinsten Werken zu ehren; eine Empfindung, die ich bei dieser Gelegenheit auch allen meinen Lesern zutraue." In der Dusky-Bai fesselt ihn der malerische Farbenkontrast, den die Vegetation in ihren verschiedenen Schattierungen hervorruft, S. 93: ,,Sanft wehende Winde führten uns nach und nach bei vielen felsichten Inseln vorbei, die alle mit Bäumen und Buschwerk überwachsen waren, deren mannigfaltiges dunkleres Immergrün mit dem durch die Herbstzeit verschiedentlich schattierten Grün des übrigen Laubes malerisch vermischt war und sehr angenehm gegen einander abstach. Ganze Scharen von Wasservögeln belebten die felsichten Küsten, und das Land ertönte überall von wildem Gesang der befiederten Waldbewohner. Es ergötzte sich das Auge an der wildnisartigen Landschaft, die Salvator Rosa nicht schöner hätte malen können." Mit derselben Empfänglichkeit für das Pittoreske und großartig Wilde rühmt er (S. 111) die Schönheit der Kaskaden-Bucht bei Neu-Seeland. Sie erklettern einen Berg; von dort her ist die Aussicht weit und prächtig, eine Wassersäule stürzt sich mit reißendem Ungestüm über einen senkrecht stehenden Felsen, aus einer Höhe von ungefähr 300' herab. Wie die Flut schäumt und sich bricht und sich hindurchdrängt durch die Felsen, so daß sie selbst im Sprühregen stehen, wie sie das schöne Schauspiel des Regenbogens und der prismatischen Färbung des Wasserstaubes bewundern — alles das kommt zu lebendigem, warmem Ausdruck. „Zur Linken dieser herrlichen Scene stiegen schroffe, braune Felsen empor, deren Gipfel mit überhängendem Buschwerk und Bäumen gekrönt waren; der bezaubernde Gesang von Vögeln von allen Seiten machte die Schönheit dieser wilden, romantischen Gegend vollkommen." Eine Wasserhose schildert er S. 144 — „zugleich machte die schreckenvolle Majestät eines Meteors, welches See und Wolken vereinigte, unsere ältesten Seeleute verlegen." Berühmt ist die Schilderung von O-Tahiti; er beginnt

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im Aug. 1773 sein Tagebuch: „Ein Morgen war's! schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Tahiti 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, der uns bis hierher begleitete, hatte sich gelegt; ein vom Lande wehendes Lüftchen führte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen und kräuselte die Fläche der See. Waldgekrönte Berge erhoben ihre stolzen Gipfel in mancherlei majestätischen Gestalten und glühten bereits im ersten Morgenstrahl der Sonne . . . Noch schien alles im tiefsten Schlaf; kaum tagte der Morgen, und stille Schatten schwebten noch auf der Landschaft dahin." Wie prächtig, wie malerisch gelangt hier jeder Reiz zur vollen Anschaulichkeit; echt poetische Morgenstimmung ruht über diesen wenigen und doch so eindringenden Zeilen! S. 219 schreibt er sodann voll Enthusiasmus: „Es war eine der schönsten Gegenden, die ich in meinem Leben gesehen. Kein Dichter kann sie so schön malen. Wir sahen von oben herab auf die fruchtbare, überall angebaute und bewohnte Ebene und jenseits dieser in das weite blaue Meer hinaus!.. Hier legten wir uns auf den weichen Rasen hin, beim feierlich einförmigen Geräusch des Wasserfalls, dazwischen dann und wann ein Vogel schlug.. Wir hätten den ganzen Tag in dieser reizenden Einöde zubringen mögen.. Noch einmal betrachteten wir die romantische Gegend, kehrten alsdann in die Ebene zurück."

An solchen farbenprächtigen, gemütvollen Schilderungen fand HUMBOLDT sein anregendes Vorbild. Seine ,,Ansichten der Natur", sein,,Kosmos" geben allenthalben Zeugnis, wie innig Naturerkennen und Naturempfinden sich gegenseitig bedingen und vertiefen und wie über der naturschildernden Prosa ein stimmungsvoller Hauch von Poesie liegt, wenn ein Meister wie er die Feder führt.

Daß aber, besonders durch Forster's Beispiel hervorgerufen, die ethnographische und naturwissenschaftliche Reisebeschreibung, welche bald keck emporwucherte, auch manche wunderliche Blüte der Empfindsamkeit trieb, kann nicht überraschen. Als typisch hierfür mag uns die Schilderung eines Tages unter dem

Äquator gelten, wie sie sich in der „Reise in Brasilien in den Jahren 1817-1820" von v. SPIX und V. MARTIUS (III, S. 889) findet:

„Es ist drei Uhr Morgens, ich verlasse meine Hängematte, denn der Schlaf flieht mich Aufgeregten; ich öffne die Läden und sehe hinaus in die dunkle, hehre Nacht. Feierlich flimmern die Sterne, und der Strom glänzt im Wiederscheine des untergehenden Mondes zu mir herüber. Wie geheimnisvoll und still ist alles um mich her! Ich wandle mit der Blendlaterne hinaus in die kühle Veranda und betrachte meine trauten Freunde, Bäume und Gesträuche, die um die Wohnung her stehen. Manche schlafen mit dicht zusammengelegten Blättern, andere aber, die Tagesschläfer sind, ragen ruhig ausgebreitet in die stille Natur auf... Der Tag bricht an; eine unbeschreibliche Feier liegt über der Natur: die Erde erwartet ihren Bräutigam, und siehe! da ist er; wie rote Blitze leuchtet der Sonnenrand, jetzt steigt die Sonne empor in einem Nu ist sie ganz über dem Horizonte, auftauchend aus feurigen Wellen, und wirft glühende Strahlen über die Erde hin. Die magische Dämmerung weicht, große Reflexe flüchten sich verfolgt von Dunkel zu Dunkel, und auf einmal steht rings um den entzückten Beschauer die Erde in frischem Tauglanz, festlich, jugendlich heiter: die schönste Braut. . Der Wald steht im Glanze seiner Lorbeerblätter; andere Blüten entfalten sich, andere hat schneller Liebesgenuß bereits hinweggerafft Mittag ist vorüber, trüb, schwer, melancholisch hängt diese Stunde über der Natur; immer tiefer greift die Spannung, und das Weh ist da, welches die Lust des Tages gezeugt hat.. Der Sturm ist da.. und vorüber. Schon lächelt der Himmel aus tiefblauem Auge die Erde wieder an, und bald hat sie den Schreck vergessen. Die Sonne sinkt und tritt, umgeben vom buntesten Farbenschmelze, aus dem westlichen Thore des Firmaments; Ruhe und Liebe hat sie der Kreatur zurückgelassen; mit dem Dunkel des Abends wird Tier und Pflanze zu neuen Ahnungen fortgerissen, und trauliches Geflüster und Schwirren belebt die Schatten

des Waldes; verjüngte Liebessehnsucht atmet in den wollustreichen Düften, die aus neu erschlossenen Blumen strömen . . Da steigt in stiller Kühle, ruhig, mild und gespensterhaft, der silberweiße Mond über den dunkeln Wald hervor, und in neue, weichere Formen verschmelzen sich die Gestalten. Es kommt die Nacht; in Schlaf und Traum sinkt die Natur, und der Äther, sich in ahnungsvoller Unermeßlichkeit über die Erde wölbend, von zahllosen Zeugen fernster Herrlichkeit erglänzend, strahlt Demut und Vertrauen in das Herz des Menschen: die göttlichste Gabe nach einem Tag des Schauens und des Genießens." Hier haben wir die ganze Skala sentimentaler Naturschwelgerei - vom Morgen bis zum Abend empfindsam sich den Eindrücken hingebend, doch unvermögend, in wirklich künstlerischer Form den überwallenden Gefühlen Worte zu leihen.

Es ist höchst charakteristisch, daß die Reisen zu Schiff in weite Fernen mit weit größerem Behagen und höherem Genuß empfunden und geschildert werden als die inländischen; man ist leicht versucht, aus dem Schweigen der Reisenden, welche im vorigen Jahrhundert Europa oder auch nur Deutschland durchzogen, auf einen Mangel an jeglichem Natursinn zu schließen, aber es bleibt wohl zu beachten, daß das Reisen vor 100 Jahren in Deutschland noch höchst unbequem war und den reinen Naturgenuß nur schwer aufkommen ließ. So geht z. B. der Lady Montague im Jahre 1716 die Schönheit der sogen. ,,Sächsischen Schweiz" noch nicht auf, sondern sie schreibt:,,Wir kamen bei Mondschein über die schrecklichen Abgründe, welche Böhmen von Sachsen trennen und an deren Fuße die Elbe hinfließt; an vielen Stellen ist der Weg so schmal, daß ich auch nicht einen zollbreiten Raum zwischen den Rädern und dem Rande des Abgrundes erblicken konnte;" und ihr Gatte bestätigt es, daß er selbst in den Alpen keinen so gefährlichen Weg kenne. Im Spätherbste 1721

berichtet SCHERR in seiner

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1 E. BOLL, Das Reisen in Deutschland vor 100 Jahren, im Globus von ANDREE, Braunschweig 1867, Bd. XII, S. 142.

BIESE, Naturgef. im Mittelalter etc.

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